Aluminothermisches Schweißverfahren

Aluminothermisches Schweißverfahren

Aluminothermisches Schweißverfahren (Thermit-Schweißung) (aluminothermic method; procédé aluminothermique; processo alla termite), beruht darauf, daß ein Gemisch von Aluminium und Metall-Sauerstoffverbindungen, angezündet, von selbst ohne äußere Wärmezufuhr weiterbrennt, wobei es Temperaturen von ungefähr 3000° C erzeugt, und unter gleichzeitiger Bildung einer aus Aluminiumoxyd bestehenden Schlacke (Corund) das Metall in reinem, kohlefreiem Zustand ausscheidet.

Für die Werkstätten der Eisenbahnen kommt das Oxyd des Eisens in Betracht, dessen Gemisch mit Aluminium den Namen »Thermit« trägt.

Man kann nun je nach der zu leistenden Arbeit entweder nur die durch das Verbrennen des T. erzeugte hohe Temperatur oder außer dieser auch noch das gleichzeitig aus dem T. ausgeschiedene weiche, kohlearme und schmiedbare Eisen verwenden. Je nach dem Verwendungszweck ist daher »T. rot« und »T. weiß« (nur zur Erhitzung) oder »T. schwarz« (zum Aufschweißen und Ausbessern) zu wählen. Diesem Zweck entsprechend sind auch die zu verwendenden Schmelztiegel (Spezial- und Abstich- oder Spitztiegel) angepaßt: Erstere werden durch Neigen entleert, während bei letzteren der Abfluß der flüssigen Masse selbsttätig durch eine am tiefsten Punkte des Tiegels vorgesehene Öffnung erfolgt.

Die hohe Temperatur des flüssigen T. allein gelangt bei der Stumpfschweißung von Rohren, Rund-, Quadrat- und Profileisen zur Anwendung, wobei die Zuführung frischen Materials nicht notwendig ist. Dieses Verfahren wird durch die Eigenschaft der Schlacke, einen hohen Schmelzpunkt zu besitzen, daher jene Stücke, die sie überzogen hat, vor dem Schmelzen durch mit diesen in Berührung gelangendes flüssiges T.-Eisen zu schützen, ermöglicht. Dementsprechend wird zuerst die Schlacke des durch Verbrennung des T. entstandenen flüssigen Gemisches in die Form, die die zu schweißenden Enden umgibt, gegossen; die Schlacke erstarrt sogleich an den äußeren Flächen der Schweißstücke sowie an den inneren Wandungen der sie umgebenden Form und schützt beide vor der Berührung mit dem der Schlacke nachfließenden T.-Eisen, das den zwischen den beiden Schlackenüberzügen verbleibenden Zwischenraum ausfüllt, und durch Abgabe seiner hohen Temperatur die vorher gut aneinander gepaßten und blank gereinigten Schweißstellen auf ihre Schweißtemperatur erhitzt, worauf die Schweißung durch Aneinanderpressen der zu schweißenden Enden erfolgt. Nach dem Erkalten kann das an der Schweißstelle anhaftende Eisen sowie die Schlacke durch einen leichten Hammerschlag entfernt werden.

Die vorbeschriebene Eigenschaft der Schlacke bedingt jedoch diese bei der zweiten Anwendungsart des A., in jenen Fällen zu entfernen, in denen es sich nicht nur um die Erhitzung der zu schweißenden Stücke handelt, sondern wo die Zuführung frischen Materials notwendig ist. Dies tritt bei der Ausbesserung von Fehlern (Blasen, Lunkern, Ausbröckelungen, Ungänzen u.s.w.) der Guß- und Schmiedestücke, sowie bei dem Schweißen gebrochener und ausgebrochener Stahlguß-, Gußeisen- und Schmiedebestandteile ein. Bei der Ausbesserung kleiner Fehler wird die fehlerhafte Stelle sauber gereinigt, bis zur Rotglut erwärmt und sodann mit einer entsprechenden Lehm- oder Sandform von ungefähr 40 mm Höhe umgeben. Hierauf wird das durch die Verbrennung des T. entstandene flüssige Eisen, jedoch ohne Schlacke, auf die auszubessernde Stelle gegossen. Das nach dem Erstarren auf dieser Stelle etwa überstehende T.-Eisen kann in noch rotwarmem Zustand leicht mit einem Meißel entfernt werden.

Größere teilweise ausgebrochene oder gänzlich gebrochene Stücke werden nach dem A. in der Weise ausgebessert, daß die ausgebrochenen Stücke aus T.-Eisen neu angegossen oder die Bruchstellen mit T.-Eisen ausgefüllt und umgössen werden. In allen Fällen muß die zu schweißende Stelle sowie deren Umgebung mittels Schabern und Drahtbürsten sorgfältig gereinigt werden. Bei größeren Stücken ist die Bruchstelle um 15–30 mm zu erweitern, um die Wiedervereinigung dieser Stücke nicht nur durch Umguß, sondern auch durch Zwischenguß der Bruchstelle zu erzielen. Diese Erweiterung der Bruchstelle kann durch Auskreuzen oder durch Ausbohren nebeneinander liegender Löcher erfolgen, wobei die zwischen den Löchern verbleibenden Stege die zu schweißenden Stücke in ihrer richtigen Lage zueinander erhalten. Es ist jedoch zu beachten, daß in dem geschweißten Stück infolge der beim Schweißen auftretenden örtlichen Erhitzung und nachfolgenden Abkühlung Spannungen auftreten, die zu neuerlichen Brüchen neben der Schweißstelle führen und die vorgenommene Ausbesserung zwecklos machen können. Um das Auftreten solcher Spannungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, jene Teile des zu schweißenden Stücks, die in der Schweißstelle Spannungen hervorrufen können, mit der letzteren anzuwärmen oder die Bruchstelle vor der Schweißung um jenen Betrag aufzuspreizen, der der rechnerisch festgestellten, beim Erkalten eintretenden Zusammenziehung entspricht. Bei der Schweißung von Radspeichen hat sich folgendes Verfahren bewährt: Der an die gebrochene Speiche anschließende Felgenkranz wird vor und während der Schweißung beiderseits der Speiche auf Rotglut angewärmt. Nach erfolgtem reichlichen Einguß des T.-Eisens werden, so lange sich der Umguß in noch rotglühendem Zustand befindet, Hammerschläge in der Richtung der Speiche gegen den Felgenkranz geführt, durch deren Erschütterungen das Entstehen von Spannungen verhindert und ein dichterer Guß erzielt wird. Auch können diese Spannungen durch Ausglühen des geschweißten Stücks aufgehoben werden.

Das zu schweißende Stück ist an der Schweißstelle vor der Schweißung mindestens auf dunkle Rotglut zu erwärmen und vor dem Eingüsse des T.-Eisens vom Staub sowie von der Oxydschichte zu reinigen. Die Form wird entweder vor dem Erwärmen der Schweißstelle auf diese aufgesetzt, in welchem Fall die Anwärmung der Schweißstelle durch die Abgase eines kleinen Koksofens erfolgt, die durch die Form geleitet werden, oder es wird die Schweißstelle vorher im offenen Feuer erhitzt und die Form sodann rasch aufgesetzt. Alle Fugen derselben sind wegen der Dünnflüssigkeit des T.-Eisens gut mit Lehm zu verschmieren.

Man kann die Menge des aus dem T. ausgeschiedenen Eisens (50%) erhöhen, indem man dem T. bis 50% linsengroße Stücke Abfallschmiedeeisen oder -stahl zusetzt (Schrot), die vorher durch Ausglühen vom anhaftenden Öl und Schmutz zu reinigen sind. Selbstverständlich wird durch diesen Zusatz die Verbrennungstemperatur des T. vermindert und die chemische Zusammensetzung sowie die Güteziffer des aus dem T. ausgeschiedenen Eisens beeinflußt.

Die folgende Tabelle gibt Aufschluß über jene Menge des Schrots, die dem T. zugesetzt werden kann:


Aluminothermisches Schweißverfahren

Ist es erwünscht, dem T.-Eisen eine stahlähnliche Zusammensetzung zu geben, so setzt man dem T. bei Stahl-, Stahlguß- und Schmiedeeisen-Schweißungen, falls sie bloß eine T.-Menge bis 15 kg benötigen, 3–4% Stahlzusatz (Ferromangansilizit) zu, indem man diesen kurz vor Beendigung der Verbrennung des T. in den Schmelztiegel wirft. Bei größeren T.-Mengen vermischt man das T. vor dem Entzünden mit 3% haselnußgroßen, vorher rotwarm gemachten Ferromanganstücken. Das Mangan wirkt auf das Eisen desoxydierend, gibt ihm größere Dünnflüssigkeit und bewirkt dichteren Guß, jedoch auch eine stärkere Schrumpfung. Bei Schweißungen von Gußeisen darf dem T. kein Mangan zugesetzt werden, da dieses die Schweißstelle sehr hart und jede nachherige Bearbeitung schwierig macht. Für jene Schweißungen, bei denen das T. bloß zur Erhitzung der Schweißstelle dient, ist jeder Zusatz selbstverständlich überflüssig.

Zum Anzünden des T. dient ein Entzündungsgemisch, das in Form eines flachen Häufchens auf das im Schmelztiegel befindliche T. aufgestreut und durch ein brennendes Sturmstreichholz oder durch Berühren mit einem glühenden Eisenstab entzündet wird.

Die Gußform, die vor dem Gebrauch gut getrocknet werden muß, kann in vielen Fällen der in den Eisenbahnwerkstätten vorkommenden Ausbesserungen ohne Modell nur durch Aufstampfen auf die Bruchstelle und Ausschneiden des für den Umguß nötigen Raumes sowie des Eingusses und des Steigrohres hergestellt werden. Die Luftlöcher werden durch Einstechen eines spitzen Stahldrahtes erzeugt.

Die Dimensionen des Umgusses hängen von dem auszubessernden Material sowie von dem Bruchquerschnitt ab. Die Breite des Umgusses schwankt zwischen 50 und 300 mm, die Dicke desselben zwischen 15 und 50 mm. Die Ausführung von Zwischengüssen ohne Umguß ist nicht zu empfehlen.

Der Einguß ist bei Schweißungen von Ungänzen und Brüchen so anzubringen, daß das T.-Eisen über der Bruchstelle, bei Stumpfschweißungen dagegen neben der Schweißstelle einfließt.

Das Steigrohr ist derart anzuordnen, daß dessen Oberkante jene des Eingusses überragt. Es hat während des Erstarrungsprozesses des eingegossenen Eisens als Vorratskammer für Material zum Nachfließen zu dienen, somit dichteren Guß herbeizuführen und die Bildung von Hohlräumen zu verhindern. Es ist daher das im Steigrohr vorhandene Eisen nach erfolgtem Einguß in flüssigem Zustand zu erhalten, was durch Nachfüllen kleiner T.-Mengen in das Steigrohr und Entfernung der sich in diesem absetzenden Schlacke erreicht wird.

Als Formmaterial wird 50% Eisenberger Klebesand, 40% guter Flußsand und 10% Lehm oder Ton oder nur Flußsand mit einem Zusätze von 5–6% Roggenmehl verwendet.

In den Eisenbahnwerkstätten wird das A. hauptsächlich bei jenen Ausbesserungen angewendet, bei denen es darauf ankommt, das gebrochene Stück so rasch als möglich wieder gebrauchsfähig zu machen. Es ist bei allen jenen Fällen anwendbar, die auch nach früher angewendeten Verfahren, jedoch mit größerem Zeitaufwand und geringerer Zuverlässigkeit ausbesserungsfähig waren, z.B. bei gebrochenen Feuerkistenrahmen, Untergestellbestandteilen, Radspeichen, verschiedenen Stangen u.s.w.

Das A. kann auch zum Hartlöten von Kupfer mit Kupfer und Kupfer mit Eisen verwendet werden. Das für diesen Zweck zu wählende »Sinterthermit« spaltet sich bei seiner Verbrennung nicht in Schlacke und Eisen, sondern bildet unter Erzeugung von Weißglut ein Gemisch von Schlacke und Metallkügelchen, wodurch die zu lötenden Stücke auf helle Rotglut erwärmt werden. Das bei diesem Verfahren anzuwendende Hartlot darf kein Zink enthalten. Das Sinterthermit wird beim Hartlöten als 2 mm starkes Blech in dünnen Schichten um die Lötstelle herumgelegt und mittels des Entzündungsgemisches entzündet. Es empfiehlt sich, zwischen dem Hartlot und dem Sinterthermit eine Zwischenlage von dünnem, ausgeglühtem Asbestpapier einzulegen, um ein Vermengen des T. mit dem Hartlot zu vermeiden.

Alter.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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