- Kranbrücken
Kranbrücken (swinging bridges; ponts-grue, ponts à charnières; ponti di gru), bewegliche Brücken (s.d.), bei denen die Freimachung der Fahrstraße durch Drehung, entweder des ganzen Brückentragwerks oder jedes der Hauptträger um eine sich am einen Ende der Brücke, bzw. jedes Hauptträgers befindliche senkrechte Achse stattfindet.
Zu den K. müssen auch die beweglichen Brücken gerechnet werden, die zur Freimachung der Fahrstraße mittels eines Drehkranes aus ihrer normalen Lage geschwenkt werden.
Die Bauart, bei der jeder Hauptträger sich um eine an seinem einen Ende befindliche lotrechte Achse dreht, kommt ausschließlich für Eisenbahnbrücken in Betracht und ist eine Erfindung des holländischen Ingenieurs F. W. Conrad (siehe Minutes of proceedings of the English Institution of Civil Engineers 1844), der diese Brücken bei dem Bau der holländischen Eisenbahn vielfach anwandte und ihnen den Namen »Kraanbruggen« gab. Später sind diese K. auch in Belgien, Nord-Deutschland und Amerika gebaut worden.
Abb. 241 zeigt die Anordnung einer einfachen K. Die beiden kranförmigen Hauptträger drehen um ihre Wendesäulen a, die sich mit ihren unteren Enden in Drucklager auf dem Widerlager stützen und mit ihren oberen Enden in Halseisen r drehen, die im Mauerwerk des Widerlagers kräftig verankert sind.
Die anfänglich aus Gußeisen, später aber aus Schweißeisen hergestellten Hauptträger sind durch drehbar an ihnen befestigten Verbindungsstangen e und e verbunden.
Damit die Drehung der Hauptträger möglich ist, muß die Verbindungslinie der Drehpunkte einer jeden Verbindungsstange parallel zu der Verbindungslinie a a der Wendesäulen liegen.
Die freien Enden der Hauptträger werden durch eine auf dem Widerlager angebrachte Hebevorrichtung (Exzenter, Schraubenwinden oder Keile) so weit gehoben, bis die Halseisen entlastet sind.
Die Schienen werden mittels Unterlagsplatten oder hölzerner Längsschwellen auf den Hauptträgern befestigt.
Zur Bewegung dieser K. dient eine an einen der Hauptträger befestigte gerade oder gebogene Zahnstange oder auch ein Zahnsektor, in den ein auf dem Widerlager angeordnetes Zahnrad eingreift. Das Zahnrad wird mittels eines Zahnradvorgeleges von Hand gedreht.
Die einfache K. nach der in Abb. 241 angegebenen Bauart ist für Lichtweiten von höchstens 7 m gebaut worden. Für größere Lichtweiten (bis zu 10 m) hat man sog. doppelte K. angewandt, bei denen auf jedem Widerlager Krane angeordnet sind, deren Spitzen in der Mitte der Schiffahrtsöffnung zusammenkommen. Ein kräftiger Balken ist mit den Spitzen sämtlicher Hauptträger einer jeden Brückenhälfte drehbar verbunden. Die zwei Balken liegen, wenn die Krane eingeschwenkt sind, gegeneinander und werden kräftig miteinander verbunden.
Die K. sind einfach und billig; Nachteile sind, daß sie a) keine Fahrbahntafel; b) keine Windverstrebung haben und daher in seitlicher Richtung nur geringe Steifigkeit besitzen und daß c) bei einfachen K. die Spurlager und die Hebevorrichtungen, bei doppelten K. die Spurlager, die Halseisen und das Mauerwerk der Widerlager von der Verkehrslast stark beansprucht werden. Bei der K. über die Vecht bei Berkum in der Strecke von Zwolle nach Groningen hat man den unter c) genannten Nachteil teilweise behoben, indem man die Hauptträger an der oberen Seite bis hinter die Wendesäulen verlängert und auch unter diesen Hauptträgerenden eine Hebevorrichtung angeordnet hat, so daß die Hauptträger, wenn die K. befahren wird, nur auf den Hebevorrichtungen ruhen. Bei der Neponset-K. bei Boston (Ver. Staaten von Amerika) hat man dasselbe erreicht, indem man die Hauptträger als Fachwerkbalken gleicher Höhe ausgebildet hat, die mit dem einen Ende auf einem Drehzapfen ruhen. Die anderen Enden der Hauptträger ruhen auf parallel zu der Verbindungslinie der Drehzapfen drehbar unter den Hauptträgern befestigten Querbalken, die mittels Eisenstangen an einem Holzgerüst bei den Drehzapfen aufgehängt sind. In geschlossenem Zustande ruhen die Hauptträger einerseits auf den Drehzapfen, andererseits auf festen Lagern. Soll die Brücke ausgeschwenkt werden, dann werden die Querbalken durch die Eisenstangen ein wenig hoch gezogen, bis die Hauptträgerenden sich von den festen Lagern abgehoben haben. Die unter a) und b) angeführten Nachteile sind aber so schwerwiegend, daß K. und besonders die doppelten K. dem jetzigen Verkehr nicht mehr gewachsen sind. Die meisten sind bereits ausgewechselt, die letzte doppelte K. sogar schon vor etwa 25 Jahren.
K., bei denen die ganze Brückenkonstruktion sich um eine an einem Ende befindliche Achse dreht, können sowohl für Straßen als für Eisenbahnen angewandt werden; es sind aber nur wenige ausgeführt worden, obwohl sie nicht die Nachteile der oben beschriebenen K. haben. Eine derselben ist die Sing-Sing-Brücke der New York Central and Hudson River Eisenbahn (Abb. 242). Das Ende eines der Hauptträger ruht auf dem Drehzapfen, das Ende des andern Hauptträgers ruht auf einer Laufrolle, die sich während des Ausschwenkens auf einer Schiene auf dem Widerlager bewegt. Das andere Brückenende ist an einem Drehpunkt, der sich senkrecht über den Drehzapfen befindet, aufgehängt. Soll die Brücke ausgeschwenkt werden, so wird erstgenannter Drehpunkt ein wenig gehoben, wobei die Brücke von ihren festen Lagern auf dem Widerlager, wo sich der Drehzapfen nicht befindet, abgehoben wird.
Als Beispiel einer Brücke, die mittels eines Drehkranes aus ihrer normalen Lage geschwenkt werden kann, ist in Abb. 243 die 1913 in der Strecke von Vlissingen nach Rosendaal an der Stelle einer alten K. gebaute Brücke in Liniendarstellung gegeben. Für jedes der zwei Gleise ist eine besondere Brücke gebaut. Die nördliche K. ist in geöffnetem, die südliche in geschlossenem Zustande gezeichnet. Der Kran A ruht auf dem seitwärts von der Bahn auf das Widerlager der alten Brücke aufgestellten Drehzapfen D und trägt an seinem Ende einen Querbalken Q, der an seinem langen Arm mit einem Gegengewicht g beschwert und mit einer Laufrolle x ausgerüstet ist, die sich auf der Laufbahn l bewegen kann. Der andere Kranarm trägt das Gegengewicht G und liegt bei geschlossener Brücke auf einem festen Lager auf. Die eigentliche Brücke B, die in geschlossenem Zustande bei I und II ebenfalls auf festen Lagern ruht, ist als eine ungleicharmige Drehbrücke, Bauart Joosting, eingerichtet (s. unter Drehbrücken, Bd. III, Seite 415 und 416); nur ist der Hebel H nicht an einem Drehzapfen, sondern an dem kurzen Arm des Querbalkens Q aufgehängt. Soll die Brücke ausgeschwenkt werden, dann senkt man das Ende S des langen Hebelarmes; dadurch wird die Brücke und zu gleicher Zeit auch der Gegengewichtsarm des Kranes von ihren festen Lagern gehoben. Der Kran kann nun mittels eines Zahnrads, das in einem festen Zahnkranz Z eingreift, mit der Brücke ausgeschwenkt werden.
Die Schienen sind in gewöhnlicher Weise mittels hölzerner Querschwellen auf die Hauptträger angebracht und sind ein wenig länger als die Hauptträger, so daß ihre Enden auf einen Balken auf dem Widerlager aufliegen.
Literatur: Hb. d. Ing. W., Bd. II, 4. Abt., 3. vermehrte Aufl. Leipzig 1907, von Prof. W. Dietz und die in diesem Werke angegebene Literatur.
Joosting.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.