Planfeststellung

Planfeststellung

Planfeststellung nennt man in Preußen und anderen deutschen Staaten das bei der landespolizeilichen Prüfung der Entwürfe für neue Eisenbahnen sowie für die Umgestaltung und Ergänzung von Eisenbahnanlagen zu beobachtende Verfahren. (Wegen des Plangenehmigungsverfahrens in anderen Ländern vgl. die Art. Bauentwurf u. Baurecht.)

Das Verfahren bei der Prüfung der aufgestellten Bauentwürfe ist in Preußen neuestens durch Erlaß d. Ministers d. ö. A. vom 7. Februar 1914, V. 54, D. 2, E.-Verordn.-Bl. 1914, S. 36 (vgl. auch Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874, §§ 15 u. 18–22) geregelt worden. Darnach wird der von dem Eisenbahnunternehmen auf Grund der ihm erteilten Konzession aufgestellte Bauentwurf zunächst – bei Privatbahnen durch Vermittlung der zuständigen Eisenbahnaufsichtsbehörde (Eisenbahnkommissar, s.d.) – dem Minister d. ö. A. vorgelegt, der bei der ihm obliegenden Feststellung der Entwürfe zu Eisenbahnanlagen (§ 4 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838) den Erfordernissen des gesamten Staatswohls Rechnung zu tragen hat.


Bei Aufstellung der Entwürfe ist es die Aufgabe der Eisenbahnverwaltung, nicht nur den Anforderungen des Eisenbahnbetriebs und des Eisenbahnverkehrs zu genügen, sondern unter Abwägung aller Verhältnisse gleichermaßen auch den sonstigen Interessen in dem Sinne gerecht zu werden, daß Schädigungen von den Interessenten des öffentlichen oder privaten Rechtes abzuhalten sind, soweit dies technisch angängig und wirtschaftlich vertretbar ist, und zwar auch dann, wenn solchen Beteiligten nach dem bestehenden Recht ein zivilrechtlicher Entschädigungsanspruch nicht zur Seite steht. Bei Abwägung der hiernach zu berücksichtigenden Umstände sind nicht lediglich die zur Zeit der Entwurfsaufstellung bereits vorhandenen örtlichen Verhältnisse in Betracht zu ziehen, sondern es darf auch die Weiterentwicklung nicht unberücksichtigt bleiben, die in der nächsten Zukunft zu erwarten ist. Voraussetzung ist hierbei, daß bereits feste Tatsachen vorliegen, durch die eine bestimmte Weiterentwicklung sichergestellt ist (Erlaß d. preuß. Ministers d. ö. A. vom 7. Februar 1914).


Nachdem sich der Minister mit dem Entwurf allgemein einverstanden erklärt hat, erfolgt in allen Fällen, in denen durch den Plan landespolizeilich zu schützende Interessen oder Interessen der benachbarten Grundstücke berührt werden, ein landespolizeiliches Prüfungsverfahren. Die landespolizeiliche Prüfung ist bei Staatsbahnen von der Eisenbahndirektion unter Mitteilung eines Lageplans, dem geeignetenfalls die erforderlichen Schnitte beizufügen sind, und eines Verzeichnisses der nach § 14 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838 vorzusehenden Anlagen (Wege- und Vorflutverzeichnis) bei dem Regierungspräsidenten (im Landespolizeibezirk Berlin beim Polizeipräsidenten in Berlin) zu beantragen.

Sind auf Grund einer Durchsicht der Pläne durch den Regierungspräsidenten etwaige Rückfragen bei der Eisenbahndirektion zu stellen, so sind diese zunächst zu erledigen. Andernfalls ordnet der Regierungspräsident die Offenlegung der Pläne u.s.w. und den Erlaß einer Bekanntmachung an. Die Offenlegung hat in jedem einzelnen Gemeinde- oder Gutsbezirk zu jedermanns Einsicht während 2 Wochen stattzufinden. Sind Einwendungen gegen den Plan nicht erhoben, so gibt der Regierungspräsident die Entwürfe nach Prüfung an die Eisenbahndirektion mit einem seine etwaigen Bemerkungen enthaltenden Schreiben zurück, nachdem er die Pläne mit dem Vermerk »landespolizeilich geprüft« versehen hat.

Sind Einwendungen gegen den Plan erhoben, so sind solche vom Regierungspräsidenten alsbald der Eisenbahndirektion bekanntzugeben und, soweit sie nicht von dieser ohneweiters als berechtigt anerkannt werden, durch Beauftragte des Regierungspräsidenten und der Eisenbahndirektion in einer nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Verhandlung (landespolizeilicher Prüfungstermin) unter Leitung eines Beauftragten des Regierungspräsidenten zu erörtern. Der Regierungspräsident hat diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, und die durch die Einwendungen betroffenen Grundbesitzer sowie den Vorstand des Gemeinde- oder Gutsbezirks von dem mit der Eisenbahndirektion zu vereinbarenden Termin zu benachrichtigen. In dem Verhandlungstermin, in dem die Erschienenen mit ihren Erklärungen zu hören sind und die ganze Angelegenheit nach allen Richtungen eingehend zu erörtern und aufzuklären ist, sind die Beauftragten des Regierungspräsidenten und der Eisenbahndirektion nicht zur selbständigen Entscheidung befugt, es obliegt ihnen vielmehr lediglich als Kommissare des Ministers, die ministerielle Entscheidung vorzubereiten. Über die Verhandlung ist eine in alle Punkte eingehende Niederschrift aufzunehmen, die von den Beauftragten des Regierungspräsidenten und der Eisenbahndirektion gemeinsam zu vollziehen ist. Nach Erledigung der Verhandlungen hat der Regierungspräsident in einem an die Eisenbahndirektion zu richtenden Schreiben zu den Erklärungen seiner Beauftragten Stellung zu nehmen und die vorgelegten Entwurfstücke, nachdem die Pläne mit dem Prüfungsvermerk versehen sind, unter Beifügung der schriftlich oder zu Protokoll erhobenen Einwendungen an die Eisenbahndirektion zurückzugeben.

Nunmehr hat die Eisenbahndirektion die landespolizeilich geprüften Pläne dem Minister d. ö. A. zur vorläufigen Feststellung einzureichen. Sind Meinungsverschiedenheiten zwischen der Eisenbahndirektion und dem Regierungspräsidenten verblieben, so hat die Eisenbahndirektion ihre Stellung zu begründen. Ist die Angelegenheit bezüglich des dem Minister vorgelegten Materials zur Entscheidung reif, so entscheidet dieser, indem er zu den einzelnen Punkten Stellung nimmt und den Plan – erforderlichenfalls nach Vornahme der nötigen Änderungen – feststellt. Die Pläne gehen an die Eisenbahndirektion zurück. Diese und der Regierungspräsident erhalten von den zu den einzelnen Punkten getroffenen Entscheidungen Kenntnis. Der Regierungspräsident hat den Beteiligten, die Einwendungen erhoben hatten, von den sie berührenden Entscheidungen Mitteilung zu machen. Diese durch den Minister erfolgte Feststellung der Pläne ist insofern eine vorläufige, als sie im Enteignungsverfahren noch eine Abänderung erfahren kann. Bedarf es keines Enteignungs-Planfeststellungsverfahrens, so wird die zunächst als vorläufig bezeichnete Feststellung ohneweiters zu einer endgültigen.

Wenn nach dem so von dem Minister auf Grund der §§ 4 und 14 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838 festgestellten Plan Änderungen an bestehenden Anlagen erforderlich werden, so sind diese als auf polizeilicher Verfügung beruhend zu erachten, gegen die der Rechtsweg nur darüber statthaft ist, ob ein Eingriff in Privatrechte vorliegt, für den Entschädigung zu gewähren ist. Die Wiederbeseitigung der in Frage kommenden Teile der Bahnanlage kann jedoch im Wege der gerichtlichen Klage nicht verlangt werden.

Wird für den vorläufig festgestellten Plan noch die Enteignung von Grundstücken erforderlich, so ist das förmliche Enteignungsverfahren einzuleiten.

Über die P. für Kleinbahnen sind im § 17 des Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 ähnliche Bestimmungen wie für Hauptbahnen getroffen; jedoch wird bei Kleinbahnen, nachdem über die etwa erhobenen Einwendungen beschlossen ist, der Plan durch den Regierungspräsidenten (im Landespolizeibezirk Berlin durch den Polizeipräsidenten in Berlin) im Einvernehmen mit der zuständigen Eisenbahndirektion festgestellt.


Wenn aus der beabsichtigten Kleinbahnanlage Nachteile oder erhebliche Belästigungen der benachbarten Grundbesitzer und des öffentlichen Verkehrs nicht zu erwarten sind, kann – sofern es sich nicht um die Benutzung öffentlicher Wege mit Ausnahme städtischer Straßen handelt – der Minister d. ö. A. den Beginn des Baues ohne vorgängige Planfestsetzung gestatten.


Der P. auf Grund des Kleinbahngesetzes bedarf es für Kleinbahnen nicht, wenn eine Planfestsetzung zum Zweck der Enteignung stattfindet. Diese Planfestsetzung zerfällt wiederum in eine vorläufige Feststellung des Bauplanes im Sinne des § 15 des Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874, die durch den Regierungspräsidenten unter Mitwirkung der Eisenbahndirektion, die die Pläne mit ihrem Prüfungsvermerk versieht, zu erfolgen hat, und in das darauffolgende Verfahren der P. zum Zweck der Enteignung nach §§ 18–22 des Enteignungsgesetzes (vgl. Erlaß d. preuß. Ministers d. ö. A. und des Innern vom 21. November 1900, IV A. 8025/III 18561).

Giese.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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