- Verlorene Steigung
Verlorene Steigung (loss in level; pente perdue; salto perduto). Die Verbindung zweier Punkte einer Eisenbahn kann durch eine Linie gleichbleibender, einheitlicher Neigung oder durch eine gebrochene Linie erfolgen. Im letzteren Falle ergibt sich dann eine »verlorene Steigung«, wenn hierdurch eine Vergrößerung der Zugkraftsarbeit, also der Betriebskosten gegenüber der Linie mit einheitlicher Steigung bedingt ist, was nicht bei allen, sondern nur bei bestimmten Abweichungen von der einheitlichen Steigung der Fall ist. Es sollen nun die Fälle erörtert werden, in welchen bei Abweichung von der einheitlichen Steigung eine V. nicht entsteht oder entsteht.
Fall 1. Bezeichnen in Abb. 53 S1 das einheitliche Neigungsverhältnis der Strecke AB, S2 und S3 die Neigungsverhältnisse der gebrochenen Strecke AC und CB, so ist
S1 = h1/l1, S2 = h2/l2, S3 = h3/l3,
h1 = h3 – h2 = S3 l3 – S2 l2;
W = (Wl + Wc), der Bahnwiderstand (Lauf- und Krümmungswiderstand), und W die Grenze zwischen schädlicher und unschädlicher Neigung oder die Bremsneigung (s. Neigungsverhältnisse, Bd. VII, S. 321). Wird S1 < W, S2 W, S3 > W, also S1 und S2 als unschädliche und S3 als schädliche Neigung angenommen, so sind beim Zugsgewicht Q die entsprechenden Arbeitsleistungen für die Fahrt A–B, also für die Bergfahrt
für A–B: 1. A1 = (W + S1) l1 Q = (W l1 + h1) Q;
für A–C: 2. A2 = (W – S2) l2 Q = O, Grenzfall;
für C–B: 3. A3 = (W + S3) l3 Q = (W l3 + h3) Q.
Setzt man in Gleichung 1 h1 = S3 l3 – S2 l2 oder, da W = S2, h1 = S3 l3 – W l2 so ist
A1 = [W (l1 – l2) + S3 l3] Q;
und da l1 – l2 = l3 ist,
A1 = (W + S3) l3 Q;
daher A1 = A3,
und da A2 = O.
So ist die Arbeitsleistung auf der einheitlichen Neigung ebenso groß wie auf der gebrochenen Neigung ACB; es besteht also eine V. nicht.
Für die Fahrt B–A oder Talfahrt muß auch S3 eine unschädliche Neigung sein, wenn V. vermieden werden soll. Unter der vorher gemachten Voraussetzung, daß S1 und S2 unschädliche Neigungen bezeichnen, ist
für B–A: 1. A1 = (W – S1) l1 Q = (W l1 – h1) Q;
für C–A: 2. A2 = (W + S2) l2 Q = 2 W l2 Q;
für B–C: 3. A3 = (W – S3) l3 Q = (W l3 – h3) Q;
es muß also sein
A1 = A2 + A3;
für die Grenze der unschädlichen Neigung ist S3 = W
daher A3 = O,
dann ist A1 = A2,
also V. nicht vorhanden, denn
(W l1 – h1) Q = (W l2 + h2) Q.
Für h2 = h3 – h1 l2 = l1 – l3,
(W l1 – h1) Q = (W l1 – W l3 + h3 – h1) Q,
(W l1 – h1) Q = (W l1 – h1) Q;
da W l3 – h3 = O,
so ist A1 = A2.
Eine V. ist daher nicht vorhanden, wenn nicht nur die einheitliche Neigung, sondern auch die hiervon abweichenden Neigungen unschädlich sind.
Fall 2. Sind dagegen Neigung S2 und S3 (Abb. 53) schädliche, so ist V. vorhanden.
Fall 3. In Abb. 54 bezeichnen S1 die einheitliche, S2 und S3 die hiervon abweichenden Neigungen und
S1 = h1/l1, S2 = h2/l2, S3 = h3/l3,
h1 = h2 + h3 = S2 l2 + S3 l3,
W = (Wl + Wc) den Bahnwiderstand, daher W die Grenze der schädlichen und unschädlichen Neigung. Wird angenommen, daß
S1 > W,
S2 W, S3 > W, S2 < S1, S3 > S1,
so sind für die Fahrt in der Richtung A–B, also Bergfahrt, die Arbeitsleistungen
A–B 1: A1 = (W + S1) l1 Q = (W l1 + h1) Q,
A–C 2: A2 = (W + S2) l2 Q = (W l2 + h2) Q,
C–B 3: A3 = (W + S3) l3 Q = (W l3 + h3) Q;
aus 2 folgt, da h2 = h1 – h3, l2 = l1 – l3,
A2 = (W l1 + h1) Q – (W l3 + h3) Q,
A2 = A1 – A3,
A1 = A2 + A3.
Für die Bergfahrt ist die Arbeit auf der einheitlichen schädlichen Neigung ebenso groß wie die Arbeit A2 + A3 auf der gebrochenen Linie ACB, die Steigung S2 kann eine schädliche oder unschädliche sein. Für die Fahrt B–A oder Talfahrt ist auf der schädlichen Neigung keine Zugkraftsarbeit, sondern nur Bremsarbeit erforderlich. Damit V. vermieden wird, müssen daher die Neigungen BC und AC ebenfalls schädliche sein und beide von A nach B ansteigen, dann ist auch auf der gebrochenen Linie BCA keine Zugkraftsarbeit erforderlich. Zur Vermeidung einer V. müssen daher im Falle 3 die in gleicher Richtung ansteigenden Neigungen S2 S3 schädliche sein.
Dolezalek.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.