- Böschungen
Böschungen (side-slopes; talus; scarpe) sind die seitlichen Begrenzungsflächen der Aufträge oder Dämme und der Abträge oder Einschnitte des Bahnkörpers. Ihre Neigungen zur Wagrechten sind von dem Gewichte, der Kohäsion und dem Reibungswinkel der Bodenarten, auch von den Belastungen, den dynamischen Einwirkungen fahrender Züge sowie von dem Grade der Durchfeuchtung und von etwaigen Angriffen fließenden Wassers abhängig.
Die Neigungen können für einige der genannten Einflüsse theoretisch ermittelt werden; da aber nicht allen Einflüssen Rechnung getragen werden kann, so werden die Böschungsneigungen in den einzelnen Fällen auf Grund der Erfahrungen bestimmt.
Die Kohäsion des Bodens ist in den Einschnitten im ursprünglichen Zustand vorhanden, nicht aber in den Dämmen, da sie bei Lösung des Bodens, der zu den Aufträgen verwendet wird, größtenteils zerstört worden ist. Unter gleichen Verhältnissen können daher Einschnittsböschungen steiler gehalten werden wie Dammböschungen. Der Reibungswinkel der zu den Aufträgen verwendeten Bodenarten bewegt sich zumeist von 22°–45°, ihr Tangentenwert daher von 1 : 2∙5 – 1 : 1. Mit Rücksicht auf die übrigen Einflüsse gibt man den B. aber flachere Neigungen als sie durch die Reibungs- und Kohäsionsverhältnisse bedingt wären.
Die aus Erde hergestellten Eisenbahndämme erhalten (Abb. 198) zumeist 11/2- bis 11/4füßige, die Steindämme 11/4–1füßige B., wobei die Steine an der Oberfläche und teilweise auch im Innern so gesetzt werden, daß die großen Zwischenräume verschwinden und eine teilweise Lagerung der Steine erreicht wird (Rollierungen).
Steilere B. der Aufträge erlauben Steinsätze (Abb. 199); hierbei werden die Steine so gesetzt, daß 4/5- und 1/2füßige B. haltbar sind. Noch steilere B. der Aufträge ermöglichen Trocken- und Mörtelmauern (s. hierüber Stütz- und Futtermauern). Im ungünstigen Boden mit sehr kleinem Reibungswinkel werden 2- bis 3füßige, auch Stufenböschungen erforderlich. Die Eisenbahneinschnitte erhalten in der Regel 1–11/2füßige B. (Abb. 200). Im Boden mit großer Kohäsion, also im Felsboden, werden je nach der Kohäsion, also der Gesteinfestigkeit und der Gesteinschichtung, steilere, 1/2- bis 1/6füßige, auch senkrechte B. ausgeführt (s. Abb. 201, 202 und 203).
Im ungünstigen Boden kommen flachere 2- und 3füßige und Stufenböschungen (Abb. 204) zur Verwendung; diese haben den Vorteil, daß bewegte Erdmassen, auch fließendes Wasser an den Stufen zur Ruhe kommen, wodurch die darunterliegenden Böschungsteile geschützt werden.
Böschungssicherungen. Damm- wie Einschnittsböschungen mit Ausnahme der im festen Felsboden werden gegen die atmosphärischen Einflüsse und fließendes Wasser durch Bekleidungen geschützt.
Bei geeigneter Bodenart werden die B. besämt, um eine schützende Grasdecke zu erzielen.
Eignet sich der Boden nicht unmittelbar zur Besamung, so wird auf die aufgerauhten oder gefurchten B. (Abb. 205) eine 15–30 cm starke Mutterbodenschicht aufgebracht, in die in der Regel ein den Boden- und klimatischen Verhältnissen angepaßter Grassamen eingesät wird.
Wenn Rasen zur Verfügung steht und rasche Sicherung erforderlich ist, bekleidet man die B. mit Flachrasen. Die durch Abstechen auf den Wiesen gewonnenen Rasenziegeln, 6 bis 20 cm dick und 25–50 cm lang und breit, werden entweder unmittelbar oder nach Aufbringen einer 10–20 cm starken Mutterbodenschicht auf die B., meist in feuchter Jahreszeit (nicht Winter und Hochsommer) und so verlegt, daß die Rasenfläche sichtbar bleibt und teilweise mit 30–40 cm langen Holznägeln gegen Abrutschen gehalten. Auch kann man die B. nur teilweise mit Flachrasen bedecken (Abb. 206) und die Mittelfelder mit Mutterboden füllen und besamen.
Bei Kopfrasen- oder Packrasen-Verkleidung (Abb. 207) werden die Rasenziegel in wagrechten oder wenig geneigten Schichten ziegelverbandartig und meist so verlegt, daß abwechselnd Wurzeln und Grasflächen aufeinanderliegen. Die äußeren vorspringenden Kanten werden abgestochen, um glatte B. zu erzeugen, oft läßt man sie auch stehen in der Meinung, daß die vorstehenden Ecken von selbst abfallen und die Zwischenräume mit guter Erde füllen. Bei Verwendung von Kopfrasen können die B. auch etwas steiler gehalten werden wie bei Flachrasen, vor denen sie auch die Vorzüge eines stärkeren und dichteren Graswuchses wie größerer Sicherheit gegen Abrutschen bei nachträglichen Sackungen der Dämme haben.
Bepflanzungen der B. kommen zur Verwendung, wenn Rasen nicht zu beschaffen sind oder Besamung und Rasen infolge trockener warmer Witterung nicht gedeihen. Hierbei werden, wie Abb. 208 zeigt, die den klimatischen und Bodenverhältnissen der Gegend angepaßten Pflanzen in mit Mutterboden gefüllte Baumgruben versetzt. Zu hohe und dichte Pflanzungen erschweren das Austrocknen der B. und des Bahnplanums. Auch die Füße der von Wasser bespülten B. können durch geeignete Pflanzungen (Weiden) gegen Unterwaschungen geschützt werden.
Flechtzäune. Im ungünstigen, losen, auch mit Wasser durchzogenen rolligen Boden können Flechtwerke nach Abb. 209 eine gute Sicherung der B. bilden. Die geneigte Lage der Flechtzäune ist wegen geringerer Belastung günstiger als die parallel zur Bahnachse. Die einzelnen, von den Flechtzäunen gebildeten Felder haben 1–3 m Seitenlänge. Die auch keimfähigen Pflöcke werden bei 50–125 cm Gesamtlänge in Abständen von 40–50 cm geschlagen und mit Reisig (Weiden, Fichten, Tannen) umflochten. Die Felder werden mit Mutterboden gefüllt und bepflanzt oder auch nur bepflanzt. Die Pflanzen, auch etwaige keimfähige Pflöcke haben feste Wurzel gefaßt, wenn die Flechtzäune verdorrt und vermodert sind und schützen dann ausreichend die B.
Auch die B. der dem Hochwasser ausgesetzten Bahndämme können zweckmäßig durch Flechtwerke gesichert werden, wie Abb. 210 zeigt. Allerdings werden hierbei die B. auch zu verflachen sein.
Eine weitere Sicherung der dem Hochwasser ausgesetzten B. kann durch Faschinen erfolgen, wie Abb. 211 zeigt.
Sobald Steine zur Verfügung stehen, ist die Sicherung mittels Steinwürfen, Steinsätzen und Pflasterung (Abb. 212) den vorgenannten Sicherungen der B. gegen Angriffe durch fließendes Wasser wegen größerer Dauerhaftigkeit und geringerer Erhaltungskosten vorzuziehen. Man kann hierbei die B. wesentlich steiler halten, an Auftragmasse sparen und näher an den Wasserlauf heranrücken. Unter Niedrigwasser können nur Steinwürfe, darüber auch Steinsätze und noch höher auch Pflasterungen verwendet werden.
Die Sicherung der B. gegen die Einflüsse des aus dem Boden kommenden Wassers durch Sickerungen und Steinrippen s. Rutschungen, die Sicherung durch Trocken- und Mörtelmauern s. Stütz- und Futtermauern.
Dolezalek.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.