- Winkelmessungen
Winkelmessungen. Die Winkel werden nach der Ebene, in der ihre Schenkel liegen, benannt, u. zw. kommen im Vermessungswesen Horizontal- und Vertikalwinkel und nur selten schiefe Winkel vor. Zu ihrer Messung hat man Horizontalwinkel-Meßinstrumente und Vertikalwinkel-Meßinstrumente; für die Bestimmung von schiefen Winkeln gibt es wohl auch Apparate, die gelangen jedoch in der Praxis des Bauingenieurs nur ganz ausnahmsweise zur Verwendung.
I. Horizontalwinkel-Meßinstrumente. Die Horizontalwinkel werden entweder im Gradmaße gemessen oder aber sie werden durch Zeichnung dargestellt, so daß 2 Arten dieser Instrumente zu unterscheiden sind: Numerische Horizontalwinkel-Meßinstrumente, deren Hauptvertreter der Theodolit und das Bussoleninstrument sind, und der Meßtischapparat, der unmittelbar auf dem Felde die Horizontalwinkel graphisch durch Zeichnung zu bestimmen gestattet.
Beim Theodolite hat man 2 Konstruktionen: den einfachen Theodolit und den Repetitionstheodolit.
a) Der einfache Theodolit (Abb. 251) besteht aus 2 Hauptteilen: α) aus einem festen Teile, dem sog. Körper des Instruments, der auf seiner oberen, ebenen Fläche eine Gradteilung trägt, Limbus genannt; dieser ist mit der hohlen Zentralbüchse und 3 Armen mit Stellschrauben (Dreifußunterbau) fest verbunden und kann mittels Libellen (Alhidadenlibellen) scharf wagrecht gestellt werden und β) aus einem beweglichen Teile, Alhidade genannt, der als Abseh- oder Visiervorrichtung ein Fernrohr zum Anzielen von Objekten besitzt, die die Endpunkte der Schenkel der zu messenden Winkel bilden.
Die Alhidade besteht aus einem linealartigen oder scheibenförmigen Teile, Alhidadenregel oder- scheibe, ist mit Trägern verbunden, die die Lager für die Drehachse eines Fernrohrs abgeben, besitzt eine stählerne, konisch oder zylindrisch abgedrehte Achse, die Alhidaden- oder Stehachse, die in der durch den Mittelpunkt des Limbus gehenden, normal zu ihm stehenden Bohrung der Zentralbüchse Aufnahme findet; die Visiervorrichtung läßt sich um diese Achse, die beim Gebrauch eine vertikale Lage haben muß, frei im Horizont drehen, läßt sich mittels einer Klemme fixieren und durch eine Feineinstellvorrichtung im Horizont sanft derart verstellen, daß mit dem Vertikalfaden des Fernrohrfadenkreuzes bestimmte Gegenstände scharf eingestellt werden können. Die Alhidadenregel oder -scheibe trägt einen oder zwei diametral gelegene Zeiger (Indices, Nonien oder Mikroskope), die bei der Drehung der Zielvorrichtung an der Teilung des Horizontalbereiches sich bewegen und ihre jeweilige Lage abzulesen gestatten.
Die Maßeinheit für die Teilung des Horizontalkreises bildet der Grad, der bei der Sexagesimal- oder alten Teilung den 90. Teil des Quadranten bildet, und in 60 Min. und diese in 60 Sek. geteilt werden, wie es bei der Zeiteinteilung üblich ist. Die neue Centesimalteilung oder auch französische Teilung hat als Einheit den Neugrad oder Degré, den 100. Teil des Quadranten, der wieder aus 100 Min. und diese aus 100 Sek. besteht. Die Symbole für diese Teilungen sind aus folgenden Anschreibungen zu ersehen: 90° = 100d, 1° = 60', 1' = 60'' sowie 1d = 100‵ 1‵= 100‵‵.
Neben diesen am meisten verbreiteten Teilungen der Kreise an geodätischen Instrumenten kommt auch die Nonagesimalteilung vor, bei der der alte Grad dezimal untergeteilt ist und geschrieben wird z.B. 64∙62°; sie verbindet die Vorteile der Sexagesimalteilung mit der Dezimalteilung der Einheit.
Die Ablesevorrichtungen an Horizontalkreisen sind zumeist Nonien, mit der Angabe von 20'' bis 1', die mittels Lupen eine bequeme Feststellung des Nullpunktes der Ablesung gestatten.
In neuerer Zeit kommen neben den Schraubenmikroskopen (Abb. 252), die vornehmlich auf feineren und größer dimensionierten Theodoliten mit einer Ableseschärfe von Bruchteilen der Sekunde Verwendung finden, Schätzmikroskope (Abb. 253), außer diesen Nonien- und Indexmikroskope in der Ingenieurpraxis vor (die zwei letztgenannten Konstruktionen hat die Firma Fennel & Söhne in Kassel eingeführt), die eine äußerst bequeme, die Augen schonende Ablesung der Teilungen bieten.
Als wichtige Instrumentteile kommen auf dem Theodoliten vor:
1. Alhidadenlibellen, eine oder deren zwei (Kranzlibellen), zumeist kleine Röhrenlibellen oder auch eine Dosenlibelle, die zur Vertikalstellung der Alhidadenachse oder zur Horizontierung des Limbus dienen und außerdem
2. eine Achsenlibelle, die sich als Reiterlibelle auf die Achse des kippbaren Fernrohrs aufsetzen läßt, mit dem Zwecke, die normale Lage der Fernrohrdrehachse zur Alhidadenachse oder deren Parallelismus zum Limbus zu überprüfen.
Die vertikal zu stellende Visierebene ist im Fernrohre enthalten und ist bestimmt durch den Mittelpunkt des Objektivs und den Vertikalfaden des Fadenkreuzes oder durch die Visierlinie (Verbindungsgerade des Objektivmittelpunktes mit dem Kreuzungspunkte des Fadenkreuzes) und dem Vertikalfaden. Die Visierebene muß bei justiertem Theodolite normal zur Fernrohrdrehachse stehen oder parallel zum Limbus sein, oder es soll der Kollimationsfehler, d.i. die Abweichung der Visierlinie von der Normalen zur Fernrohrdrehachse, Null sein.
Die Fadenkreuzplatte, das Diaphragma, enthält mehrere Justierungsschräubchen, die eine Verdrehung und eine geradlinige Verschiebung gestatten, welche Einrichtung für die Justierung notwendig ist.
Der Theodolit besitzt 3 Achsen: Die Alhidadenachse (auch Stehachse), die Fernrohrdrehachse oder Kippachse und die Visierachse oder Visierlinie, welche 3 Achsen gegenseitig aufeinander normal stehen müssen.
Die Rektifikation des Theodoliten umfaßt: Die Überprüfung der gegenseitigen Lage der genannten 3 Achsen; die Justierungsvorvorrichtungen befinden sich an den Lagern der Fernrohrachse und an der Fadenkreuzplatte.
b) Repetitions-Theodolit. Neben der Alhidadenachse ist bei dieser Konstruktion noch eine zweite, die Limbusachse, vorhanden, die die Alhidadenachse umschließt und mit dieser in der Zentralbüchse des Unterbaues eingeschoben ist. Der Limbus läßt sich sowohl mit der Alhidade als auch mit der Zentralbüchse festklemmen und außerdem sind für Alhidade und Limbusachse besondere Feineinstellvorrichtungen vorhanden.
Durch die beschriebenen Einrichtungen kann bei festgeklemmtem Limbus die Alhidade allein, oder, bei festgeklemmter Alhidade und gelöstem Limbus, Limbus und Alhidade als ein Stück in der Zentralbüchse beliebig gedreht und fein im Horizont verstellt werden.
Zur Messung von Vertikalwinkeln dient das Universalinstrument (Abb. 254). Ein reiner Theodolit besitzt keinen Vertikalkreis auf der Fernrohrdrehachse, er gestattet nur Horizontalwinkel zu messen; solche Instrumente sind früher vornehmlich gebaut worden, kommen aber gegenwärtig nur bei großen Typen vor. Die Praxis braucht Instrumente, die neben Horizontal- auch Vertikalwinkel geben und als Universalinstrumente bezeichnet werden.
Der Vertikalkreis ist zumeist mit der Fernrohrachse fest verbunden, steht auf ihr normal, macht alle Bewegungen des Fernrohres mit und an den fixen Armen, Alhidadenarme genannt, sind diametrale Ablesevorrichtungen: Nonien oder Mikroskope, angebracht.
Nur selten kommen Universalinstrumente vor, bei welchen der Vertikalkreis fix und die Ablesemittel die Bewegungen des Fernrohres mitmachen würden.
Die Vertikalwinkel, die gemessen werden, sind entweder Zenith- oder Horizontdistanzen, je nachdem, ob sie sich auf eine Vertikale oder Horizontale als Nullrichtung beziehen und werden von 0° bis 180° bzw. von 0° bis + 90° oder 0° bis – 90° gezählt.
Die Horizontdistanzen, bezogen auf den horizontalen Schenkel, werden in Höhen- oder Elevations- und Tiefen- oder Depressionswinkel unterschieden, je nachdem der zweite Schenkel über oder unter dem Horizonte sich befindet; die Größe beider, Höhen- und Tiefenwinkel, bewegt sich zwischen 0° und 90°.
Bei Universalinstrumenten hat man vor dem Gebrauche auf die Teilung des Vertikalkreises zu achten, die entweder für Zenith- oder Höhen- und Tiefenwinkel durchgeführt ist; in neuerer Zeit werden Vertikalkreise mit durchlaufender Teilung versehen und sind derart auf der Fernrohrachse montiert, daß bei horizontal gerichteter Visierebene (in diesem Falle zur Messung von Vertikalwinkeln, bestimmt durch den Mittelpunkt des Objektives und den Horizontalfaden, bei 3 Fäden den Mittelfaden) die Lesungen an den diametralen Nonien beim Okular 0° und beim Objektive 180° (Vertikalkreis links vom Fernrohr) geben.
Bussoleninstrumente. In manchen Fällen werden auch Bussolen zur Horizontalwinkelmessung herangezogen; sie werden mit theodolitartigen Instrumenten verbunden, wodurch Bussoleninstrumente entstehen. Den Hauptbestandteil bildet da wohl eine auf einer feinen Stahlspitze aufgesetzte, gut ausbalanzierte Deklinationsnadel von größerer Empfindlichkeit, deren Enden an der Teilung eines Gradringes spielen und die unter dem Einflüsse des Erdmagnetismus in einer bestimmten Richtung, in der Ebene des magnetischen Meridians, zur Ruhe gelangt. Die Stahlspitze fällt mit dem Mittelpunkt der Teilung des erwähnten Gradringes zusammen, mit dem auch eine Visiervorrichtung, zumeist ein Fernrohr, verbunden ist, so daß nach allen Richtungen des Horizontes visiert werden kann.
Wird mit dem Fernrohre ein Punkt anvisiert, so können in der Ruhestellung der Magnetnadel an ihren Enden Ablesungen am Gradringe gemacht werden; die Lesung am Nordende der Nadel gibt unmittelbar das magnetische Azimut α, falls bei Stellung der Nadelenden auf 0° bis 180° die Visierebene des Fernrohrs im magnetischen Meridian sich befand.
Werden mit dem Fernrohr 2 Objekte angezielt und die Lesungen an den Nadelenden gemacht, so gibt die Differenz den Horizontalwinkel der beiden magnetischen Richtungen.
Bussoleninstrumente kommen bei forstlichen Vermessungen sowie bei den Arbeiten in der Grube, bei Markscheiderarbeiten zur ausgedehnten Verwendung. Die Abb. 255 zeigt einen Grubentheodolit mit aufgesetzter Vollbussole.
In der forstlichen Praxis werden Bussoleninstrumente von verschiedenen Abmessungen gebraucht und begegnet man vielfach solchen, die mit exzentrischen Fernrohren versehen sind.
II. Meßtischapparat. Die Horizontalwinkel werden auf dem Meßtische unmittelbar durch Zeichnung dargestellt und bei Verwendung geeigneter Aufnahmemethoden kann ein Plan im bestimmten Maßstabe eines Geländeteils hergestellt werden. Der Meßtisch steht heute vornehmlich bei den topographischen Aufnahmen des Militärs in Verwendung; in der Ingenieurpraxis begegnen wir ihm bei Verwendung einer Kippregel, die zur Distanz- und Höhenmessung eingerichtet ist, unter dem Namen Tachygraphometer.
Zum Meßtischapparate gehören folgende 2 Hauptteile:
1. Der Meßtisch, bestehend aus einem mit Papier überzogenen Zeichenbrette, das durch ein Mittelstück mit einem Stative in sicherer Verbindung steht; es sind Einrichtungen vorhanden, die die Zeichenebene wagrecht zu stellen und außerdem auch durch geradlinige Verschiebung und Drehung so in ihrer Lage zu ändern gestatten, daß die Zentrierung und Orientierung des Meßtisches erzielt wird. 2. Die Kippregel oder das Perspektivlineal, eine mit einem Zeichenlineale in Verbindung stehende Visiervorrichtung; außerdem werden noch als Hilfsapparate beim Meßtisch benutzt:
a) eine Setzlibelle zum Horizontalstellen der Zeichenebene;
b) eine Lotgabel zum Absenkeln von Punkten auf die Erdoberfläche und umgekehrt;
c) eine Orientierungsbussole zur Orientierung des Meßtischbrettes nach dem magnetischen Meridian oder nach gegebenen Punkten und
d) Maßstab, Zirkel, Pikiernadeln u.s.w. Wenn mit der graphischen Winkelmessung gleichzeitig Distanz- und Höhenmessungen auszuführen sind, so wird das Fernrohr mit distanzmessenden Fäden versehen und auf die Fernrohrachse ein Vertikalkreis, zumeist mit einer Versicherungslibelle, montiert, um die Neigung der Mittelvisur des Fernrohrs zu erhalten.
Abb. 256 zeigt den Meßtischapparat mit seinen wesentlichen Bestandteilen: Meßtisch (planchette, tavoletta pretoriana nach dem Erfinder Prof. Prätorius der ehemaligen Universität zu Altdorf bei Nürnberg benannt), die Kippregel, die Setzlibelle, die Lotgabel und die Orientierungsbussole.
Von den vielen Meßtischkonstruktionen werden nachfolgend 2 kurz geschildert: der Meßtisch der Firma Starke & Kammerer (Abb. 257) in Wien und jener von Ertel & Sohn in München (Abb. 258). Aus den beiden Abbildungen läßt sich neben dem Kopfteile des Stativs namentlich die konstruktive Ausführung des Mittelstückes ersehen. Mit diesem soll dem Meßtischblatte eine weit ausladende Unterlage gegeben werden, die mit 3 Stützschrauben die horizontale Lage der Tischebene herbeizuführen gestattet, wobei diese zugleich um eine kurze, vertikale Achse grob und fein gedreht und auch durch Klemmen in einer bestimmten Lage festgehalten werden kann. Außerdem kommt eine sog. unabhängige (geradlinige) Bewegung des Tischblattes in Betracht, die bei gleichzeitiger Zentrierung und Orientierung notwendig ist. Bei der Ertelschen Konstruktion kann nach Lüftung der Herzschraube das ganze Mittelstück samt dem darauf ruhenden Tischblatte auf den 3 Stützschrauben innerhalb eines Kreises von 8 cm Durchmesser beliebig verstellt und durch Anziehen der Herzschraube wieder festgestellt werden.
Bei dem Starkeschen Meßtische ist die Verschiebung etwas geringer, 5–6 cm im Durchmesser und wird dadurch erzielt, daß die 3 zur Befestigung des Tischblattes auf dem dreiarmigen Teller dienenden Klemmschrauben gelockert werden.
Als Visiervorrichtungen stehen 2 Kippregelkonstruktionen in Verwendung:
1. ein einfaches Perspektiv- oder Regellineal (Abb. 259), bestehend aus einem um eine kurze, beim Gebrauche horizontal zu stellende Achse mit dem Zielfernrohre und einem auf einer Seite abgeschrägten Lineale zum Ziehen von Bleistiftstrichen (Rayonen), wobei beide durch einen säulenförmigen Ständer zum Fassen des Instruments verbunden sind; außerdem ist zur bequemen Rektifikation eine Hilfslibelle (kleine Reiterlibelle) beigegeben;
2. die zweite Kippregel (Abb. 260) hat einen Vertikalkreis, eine Nivellierlibelle (Doppellibelle) ist mit dem Fernrohre in Verbindung und ermöglicht, auf optischem Wege Distanz- und Höhenmessungen zu machen.
Das Messen eines Horizontalwinkels auf dem Felde erfolgt in der Art, daß der Meßtisch über dem gegebenen Scheitel horizontal aufgestellt wird; dann erfolgt die Zentrierung, wobei ein gegebener Punkt des Meßtischbrettes in die Lotlinie des entsprechenden Scheitelpunktes mittels der Lotgabel gebracht werden muß (zentrische Aufstellung); meist ist auch die Lage eines Winkelschenkels in der Zeichnung gegeben, so daß sie dem in der Natur entsprechen muß (orientierte Aufstellung). Bei horizontaler und orientierter Lage des Tischblattes wird die Kippregel derart auf das Meßtischbrett aufgelegt, daß die abgeschrägte Kante an der gegebenen Linie scharf anliegt, wodurch die Visierebene der Kippregel in die Richtung des ersten Schenkels gebracht ist; hierauf wird sie abgehoben und in der Richtung des zweiten Schenkels so gestellt, daß die Linealkante durch den Scheitel des endgültig zu zeichnenden Winkels geht, worauf längs der abgeschrägten Kante des Perspektivlineals mit hartem Bleistifte der zweite Rayon oder Schenkel des Winkels ersichtlich gemacht wird.
Bei der praktischen Meßtischaufnahme bzw. bei der bildlichen Darstellung des Geländes ist der Hauptzweck des Instruments, unmittelbar durch Bestimmung der Winkel einer Figur auf dem Felde, diese selbst im verjüngten Maße zu erhalten oder allenfalls mit einer distanz- und höhenmessenden Kippregel die Geländepunkte von einem Standpunkt aus nach der Polarmethode festzulegen, um rasch einen Koten- und Schichtenplan zu gewinnen.
Ausführung der Richtungs- und Winkelmessungen in einem gegebenem Punkte: dem Standpunkte oder Station S.
Der Theodolit wird zentrisch über dem Winkelscheitel S aufgestellt, entweder auf der nach dem Augenmaße horizontal gestellten Kopfplatte eines Stativs, auf der festen Unterlage eines Pfeilers, einer Mauer u.s.w.
Wird ein Stativ zur Aufstellung verwendet, so sind unbedingt solid gebaute, nicht zu leichte Stative zu verwenden, deren Füße mit der Stativkopfplatte fest verbunden und mittels kräftiger Metallschuhe mit Dornen ins Erdreich eingedrückt werden können. Die sichere Verbindung des Theodolites mit dem Stative erfolgt mit der Herz- oder Zentralschraube (in Deutschland Stengelhaken genannt), die mit ihrer Spindel in die Bohrung der Zentralbüchse des Theodolitunterbaues, die als Mutter wirkt, eingeschraubt werden kann.
Einen in allen Teilen justierten Theodolit vorausgesetzt, wird nach eingedrehter, jedoch gelüfteter Herzschraube und eingehängtem Senkel durch Verschiebung des Theodolites die Zentrierung roh ausgeführt und dann mittels Alhidadenlibellen das Instrument horizontiert. Nach Wiederholung dieser Operationen wird in Kürze zentrische und horizontale Aufstellung des Instruments erreicht, worauf die Herzschraube angezogen wird.
Nun wird der Vertikalfaden des Fadenkreuzes auf das Bild des Gegenstandes A bisezierend, d.h. so eingestellt, daß durch den Faden das Bild des Objektes in Hälften geteilt wird, worauf die Ablesung a an dem Zeiger gemacht und in einem Protokoll eingetragen wird.
Wäre z.B. a = 42° 40' 20'', so gibt dieser Winkel die Richtung des Strahles , bezogen auf den Nullradius des Horizontalkreises.
Hätte man einen zweiten Punkt B angezielt, wäre die Lesung b = 68° 45' 30'' gemacht, wobei b > a ist, so würde die Differenz der beiden Lesungen den Winkel geben:
∢ ASB = ∢ ω = b – a = 68° 45' 30''
∢ ASB = ∢ ω = b – a = 42° 42' 20'' = 26° 3' 10''
Für viele Richtungs- und Winkelmessungen reicht die Genauigkeit der Ablesung an einem Zeiger nicht aus, weil die Lesungen mit Instrumentalfehlern behaftet sind, u. zw. sind es die Exzentrizitäten der Alhidade und der Visierebene. Um sie unschädlich zu machen, muß stets an diametral angebrachten Ablesevorrichtungen abgelesen und außerdem muß jede Richtung in 2 Lagen des Fernrohres, einmal bei der Kreislage links (K. l.) und nach durchgeschlagenem Fernrohre und erfolgter Drehung der Alhidade um 180° bei Kreislage rechts (K. r.) beobachtet werden. Die Mittel aus den erhaltenen Lesungen sind frei von den erwähnten Instrumentalfehlern.
An der Hand des folgenden Manuals soll durch die Ausführung von Richtungsmessungen von einer Station S aus nach den Punkten A, B, C ... N, d.i. die Herstellung eines Satzes besprochen werden; im Manuale sind nur 3 Richtungen eingetragen.
Nach Aufstellung des Theodolites (zentrisch und horizontal) wird das Instrument in die Normallage gebracht; Kreis links, alle Klemmen und Feineinstellschrauben können mit der rechten Hand bedient werden. In dieser ersten Fernrohrlage werden sukzessive die Punkte A, B, C ... bis N anvisiert, an den diametralen Ablesevorrichtungen abgelesen und die Lesungen ins Manuale eingetragen. Nach Erledigung des letzten Punktes N wird das Fernrohr durchgeschlagen und die Alhidade um 180° gedreht; dadurch gelangt der Kreis auf der Fernrohrdrehachse rechts vom Fernrohre und nun werden in dieser zweiten Fernrohrlage die Einstellungen auf die Objekte in umgekehrter Reihenfolge von N ... über C B bis nach A gemacht und die Ablesungen gleichfalls im Protokolle verbucht.
Dadurch ist ein vollständiger Satz oder Gyrus erledigt.
Bei der Mittelbildung der Lesung der Nonien I und II werden die Grade vom Nonius I und bei jener aus K. 1. und K.r. die Grade von K. 1. angesetzt.
Die Richtungen können auf eine beliebige Ausgangsrichtung reduziert werden; angenommen, es wäre auf den Strahl zu reduzieren, so werden die reduzierten Richtungen nach Subtraktion der Lesung für A in der Kolonne Mittel aus K.l. und K.r. von jenen nach B, C ... erhalten.
Manuale für Satzbeobachtungen.
Instrument: Nr. 2416 der Firma Starke & Kammerer; Standpunkt: S; Datum: 12. Mai 1921; Beobachter: N.N.
Die Reduktion der Richtungen könnte auch z.B. auf den magnetischen Meridian erfolgen, wenn die Lesung am Horizontalkreise nach dem magnetischen Norden bekannt wäre (Bussoleninstrument). Wäre die Deklination der Station S gegeben, so ließe sich die Reduktion auf den astronomischen Meridian durchführen.
Erfordert die Richtungsmessung eine größere Genauigkeit, z.B. für Triangulierungen, so muß man mehrere Sätze machen, wobei auch der Einfluß der Teilungsfehler des Kreises (periodisch und unregelmäßig) berücksichtigt werden kann. Vor Beginn eines Satzes wird jedesmal der Limbus verdreht; diese Verdrehung nimmt man so vor, daß der Umfang der Kreisteilung gleichmäßig zur Messung herangezogen wird; bei 2 Sätzen soll die Verstellung 90°, bei 4 Sätzen 45° und bei n Sätzen 180°/n betragen, da jede Ablesevorrichtung den halben Kreisumfang zurücklegt.
Damit werden die Resultate der Satzbeobachtungen im allgemeinen um den Betrag der jedesmaligen Verdrehung verschieden sein. Um daher ein Endresultat zu gewinnen, müssen die Mittel aller Sätze reduziert werden, indem man einer Richtung in allen Sätzen denselben Wert zuteilt (zumeist 00° 00' 00'' für die erste Richtung) und alle übrigen hierauf umrechnet, dadurch daß jeder berechnete Mittelwert von allen übrigen desselben Satzes subtrahiert wird. Der Mittelbetrag aus den reduzierten Mitteln gibt endlich das Resultat von Richtungsbeobachtungen.
Beschränkt man das Verfahren auf nur 2 Richtungen, so hat man reine Winkelmessungen.
Die Richtungsmessungen machen Exzentrizitätsfehler sowie auch 2 Achsenfehler unschädlich und gewähren gegenüber dem folgenden Verfahren der Repetitionsmessung den Vorteil größerer Zeitersparnis und seltener Irrungen.
Winkelmessung durch Repetition. Hierzu braucht man einen Repetitionstheodolit. Angenommen, der Winkel A S B = ω soll n-mal repetiert oder ein Multiplum von nω soll gemessen werden.
Der Theodolit befindet sich in zentrischhorizontaler Lage über dem Scheitel S. Bei festgestelltem Limbus und gelöster Alhidade, richtet man das Fernrohr auf den Zielpunkte, stellt mit den Alhidaden-Einstellvorrichtungen scharf ein und liest a ab; nach gelöster Alhidadenklemme wird die Alhidade mit dem Fernrohr rechts gedreht und die scharfe Einstellung mittels der Alhidaden-Einstellvorrichtungen auf B bewirkt, was die Lesung b1 gibt, so zwar, daß der einfache Winkel wäre:
ω = b1 – a.
Sodann wird die Limbusklemme freigemacht, Alhidade samt Limbus nach vorsichtigem Anfassen unter dem Horizontalkreis links gedreht und auf das linke Objekt A der Vertikalfaden mit Hilfe der Einsteilvorrichtungen des Limbus scharf eingestellt, so daß die fingierte Lesung b1 absolut keine Änderung erfährt.
Nunmehr wird die Alhidadenklemme gelöst, die Alhidade mit dem Fernrohre von links nach rechts gedreht, wobei der Zeiger der Ablesevorrichtung zum zweiten Male den Bogen für den Winkel ω an der Limbusteilung beschreibt, und es erfolgt die scharfe Einstellung auf B; fingiert man die Ablesung b2, so folgt:
ω = b2 – b2 oder 2 ω = b2 – a
Der beschriebene Vorgang wird so lange wiederholt, bis die vorgeschriebene Zahl von Repetitionen erreicht ist und schließlich wird nach der nten Repetition durch Einstellung auf B die zweite Ablesung b gemacht, so daß nunmehr ist:
nω = b – a, also ω = 1/n(b – a)
für den einfachen Winkel.
Es ist klar, daß zum Zwecke der Unschädlichmachung von Instrumentalfehlern stets diametrale Nonien abgelesen und in 2 Kreis- oder Fernrohrlagen gemessen wird.
Nachstehend folgt ein Protokoll für die Aufschreibung der Beobachtungs- und Rechenergebnisse; es wurde eine vierfache Repetition mit einem Theodolite von 20'' Angabe ausgeführt.
Es empfiehlt sich, vor der Repetition den Winkel einfach zu messen und nur einen Nonius abzulesen. Die Ablesung des einfachen Winkels und die vorläufige Berechnung des Vielfachen durch Multiplikation mit der Repetitionszahl wird notwendig, um zu erkennen, ob und wie oft der Kreisumfang von den Ablesevorrichtungen zurückgelegt wurde; ferner läßt der Vergleich mit dem endgültig berechneten Wert ersehen, ob ein Fehler während der Messung gemacht wurde oder nicht.
Manuale für Repetitionsmessung.
Instrument: Nr. 1042 der Firma Hildebrand, Freiberg; Standpunkt: S; Datum: 21. Juni 1921; Beobachter N.N.
Die Berechnung des vierfach repetierten Winkels bis auf den wahrscheinlichsten Wert des einfachen, das Resultat, ist aus dem Manuale abzulesen.
Die Ablesungen am Horizontalkreise können sämtlich gemacht werden, indem man den Limbus samt Ablesevorrichtung in bequemer und gut beleuchteter Stellung vors Auge des Beobachters dreht; daher entfällt hier die Notwendigkeit, das Instrument von allen Seiten frei zugänglich zu haben wie bei Richtungsbeobachtungen.
Messung von Vertikalwinkeln erfolgt mit einem Theodolite, der einen Vertikalkreis hat, einem Universalinstrumente und es soll die Messung der Zenitdistanz sowie der Höhen- und Tiefenwinkel kurz geschildert werden.
Bei K. l. wird der Horizontalfaden (oder Mittelfaden, wenn 3 Horizontalfäden vorhanden sind) auf das Objekt P eingestellt und als Mittel der Ablesungen an diametralen Ablesevorrichtungen L erhalten. Nach dem Durchschlagen des Fernrohrs und Drehen der Alhidade um 180° erfolgt die Einstellung auf das Objekt bei K. r., wobei R erhalten wird.
Ein Kreis mit durchlaufender Teilung, entgegengesetzt dem Uhrzeigersinn beziffert, vorausgesetzt, wird erhalten:
die Zenitdistanz und
die Zenitlesung.
Manuale für Messung der doppelten Zenitdistanz.
Instrument: Nr. 216 der Firma Rud. & Aug. Rost; Standpunkt: 5; Datum: 3. August 1921; Beobachter: N.N.
Da
ist,
so folgt
daher
wobei die
einfache Zenitdistanz mit ζ = 81° 30' 27∙5'' folgt und, da die Zenitlesung 89° 55' 12∙5'' beträgt, unbedingt aber vom Mechaniker beabsichtigt wurde den Vertikalkreis so zu montieren, daß die Zenitlesung 90° werde, so beträgt der sog. Indexfehler:
i = + 4' 47∙5''.
Dieser Indexfehler könnte durch verstellbare, fliegende Nonien beseitigt werden; praktischer ist es, mit i zu rechnen und diesen Betrag als Korrektur zu verwerten.
Bei feinen Messungen von Zenitdistanzen kommen empfindliche Libellen an den Nonienträgern des Vertikalkreises zur Anwendung, die bei hergestellter Visur abgelesen werden und Korrektionen zu bestimmen gestatten, die an die Lesungen am Vertikal kreise angebracht werden.
In der Praxis des Bauingenieurs kommt zur Messung von Höhen- und Tiefenwinkeln die Nivellierlibelle zur Verwendung, wie sie an Universal-Nivellierinstrumenten (s. Universal-Nivellierinstrumente, S. 73) am Fernrohre angebracht ist und mit der Vertikalkreislibelle oder Versicherungslibelle sowie den diametralen Nonien des Vertikalkreises in Verbindung gebracht wird (Abb. 253).
Ist bei einspielender Nivellierlibelle die Nivellierebene (bestimmt durch den Mittelpunkt des Objektives und den Mittelfaden) horizontal, werden die Nonien, u. zw. I auf 0° 0' 0'' und II auf 180° 0' 0'' gestellt, so müßte durch diese Verstellung die auf den Nonienarmen angebrachte Vertikalkreislibelle scharf einspielen; ist dies nicht der Fall, so wird sie mit ihren Justierungsschräubchen zum Einspielen gebracht. Hierdurch hat man die horizontale Lage sozusagen versichert.
Wenn nun der horizontale Mittelfaden auf ein Objekt P eingestellt und die Vertikalkreislibelle mit der Feinschraube der Alhidade des Vertikalkreises zum Einspielen gebracht wird, so kann man auf dem Nonius I direkt den Höhen- oder Tiefenwinkel ablesen.
Diese Einrichtung zur Vertikalwinkelmessung ist entschieden für den Praktiker die vorteilhafteste.
Winkelinstrumente. Während die Winkelmeßinstrumente: Theodolit, Universal- und Bussoleninstrument Winkel von beliebiger Größe zu messen und abzustecken gestatten, liefern die Winkelinstrumente Winkel von bestimmter Größe zumeist 90°, 60° oder 45°; sie werden zum Errichten und Fällen von Normalen verwendet, bei Aufnahme nach der Methode der rechtwinkligen Koordinaten, bei Bogenabsteckungen u.s.w.
Es sind meist kleine, in ihrer Theorie, Prüfung und Berichtigung sowie in ihrem Gebrauch einfache Instrumente; sie beruhen auf der Reflexion oder Brechung des Lichtes, sind Spiegel- oder Prismeninstrumente.
Zu den Spiegelinstrumenten werden gerechnet: der einfache und doppelte Winkelspiegel zum Abstecken von 90° oder 45° bzw. 60°, das Spiegelkreuz für 180°; zu den Prismeninstrumenten zählt man: das einfache Glasprisma, das Prismenkreuz von Bauernfeind und jenes von Starke; in neuester Zeit kommen hierzu die Pentagone: das einfache Pentagon und das Doppelpentagon, die ein für allemal justiert, lichtstark und bequem zu handhaben sind, so: daß ihre Verwendung in der Aufnahmepraxis täglich steigt.
Ausführliches über W. und die einschlägigen Instrumente findet sich: Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde. Stuttgart 1893. – Hartner-Doležal, Hand- und Lehrbuch der Niederen Geodäsie. Wien 1921. – Jordan-Eggert, Handbuch der Vermessungskunde. Bd. II. Stuttgart 1914.
Doležal.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.