- Bauökonomie
Bauökonomie, die Gesamtheit der Grundsätze, nach denen vorzugehen ist, um mit dem geringsten Kostenaufwand die den gegebenen wirtschaftlichen und örtlichen Verhältnissen am meisten entsprechende Bauart und Ausführung einer Eisenbahnlinie sicherzustellen.
Soll eine wirtschaftlich richtige Eisenbahnanlage geschaffen werden, so müssen – sofern es sich nicht um eine Eisenbahn handelt, die aus staatlichen (insbesondere militärischen) Rücksichten eine bestimmte Leistungsfähigkeit erhalten muß – vor dem Bau folgende Vorfragen gelöst werden: 1. Wie groß ist der zu erwartende Verkehr? 2. Ist er entwicklungsfähig? 3. Wie hoch dürften sich danach die Beförderungs- und sonstigen Einnahmen und 4. wie hoch die voraussichtlichen Betriebskosten stellen?
Die bei Lösung der Fragen 3 und 4 gewonnenen Ziffern bilden die Grundlage für die Ermittlung des Kapitals, das höchstens aufgewendet werden darf, wenn das Eisenbahnunternehmen lebens- und ertragsfähig sein soll. Aufgabe des Ingenieurs ist es sodann zu ermitteln, ob mit dem so berechneten Anlagekapital die Eisenbahn hergestellt werden kann. Ist dies der Fall, so ist der Bau der Eisenbahn wirtschaftlich gerechtfertigt, die Eisenbahn ist bauwürdig (s. Bauwürdigkeit).
Unter Rücksichtnahme auf den vorhandenen Verkehr und auf seine etwaige Steigerung wird man sodann die Art der Anlage (Hauptbahn, Nebenbahn, Kleinbahn, normal- oder schmalspurig u.s.w., s. Bahnarten) feststellen und die Linie ermitteln, die bei möglichster Anschmiegung an das Gelände hinsichtlich ihrer Richtungs- und Neigungsverhältnisse die Abwicklung des Verkehrs und somit die Betriebskosten am günstigsten gestaltet.
B. und Betriebsökonomie stehen somit im innigsten Zusammenhange und kann man allgemein sagen, daß alles, was die Anlagekosten verringert, den Betrieb verteuert und umgekehrt. Das Streben nach einem möglichst niedrigen Baukapital darf nicht dazu führen, die Dauerhaftigkeit und Erweiterungsfähigkeit der einzelnen Bestandteile der Anlage und die Betriebssicherheit zu beeinträchtigen sowie die Betriebskosten unverhältnismäßig zu erhöhen.
Die Anlage muß somit derart gestaltet werden, daß sie bei einem geringsten Kapitalsaufwand die schon vorhandenen oder in absehbarer Zeit zu erwartenden Verkehrsbedürfnisse möglichst vollkommen befriedigt. Um dieses Ziel zu erreichen, darf beim Entwurf der Gesamtanlage nicht schablonenmäßig vorgegangen werden, vielmehr müssen ihre Einzelheiten dem Charakter der zu erbauenden Bahn sowie den örtlichen und klimatischen Verhältnissen gut angepaßt werden. Sorgfalt ist auch der Einrichtung des Baudienstes (s. Bauleitung), der Wahl des Bausystems (s.d.) und der tatsächlichen Baudurchführung zuzuwenden. Eine unter Beachtung dieser allgemeinen Grundsätze hergestellte Eisenbahn gewährleistet eine wirtschaftliche Anlage (s. auch Anlagekosten, Baukosten).
Literatur: Sax, Die Eisenbahnen Wien 1879. – Stern, Die Ökonomik der Lokalbahnen, Wien 1882.
v. Enderes.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.