- Dynamometer
Dynamometer (tension dynamometer; dynamomètre de traction; dynamometro di trazione). D. zur Messung der von der Lokomotive ausgeübten Zugkraft können als besondere Vorrichtungen zwischen Lokomotive und Wagenzug statt der Kuppelung eingehängt werden, oder sie sind in das Untergestell eines besonderen Meßwagens eingebaut und mit der Zugvorrichtung in Verbindung.
D., die statt der Kuppelung eingehängt werden, bestehen gewöhnlich aus einer Gruppe von Schneckenfedern. Die durch die Zugkraft der Lokomotiven hervorgerufene Zusammendrückung der Federn wird durch einen Schreibstift auf einen Papierstreifen übertragen, der entweder durch ein Uhrwerk oder durch den Antrieb von einer Wagenachse aus vorgeschoben wird. Die Aufzeichnungen solcher einhängbarer D. sind erst nach Vollendung der Fahrt zugänglich. Zur Bestimmung der geleisteten Arbeit muß die nach der Zeit aufgenommene Schaulinie der Zugkraft nach dem zurückgelegten Weg umgezeichnet werden. Einhängbare D. sind in vielen Ausführungen in Verwendung. Die Grundform eines D. mit Schneckenfedern ist in Abb. 378 dargestellt. Die Vorrichtung wird mit den beiden Backen A im Auge des Zughakens des einen Fahrzeuges durch einen Bolzen befestigt, während der Bügel B im Zughaken des zweiten Fahrzeuges eingehängt wird. Die beiden Platten C drücken auf 4 Spiralfedern D. Die Zusammendrückung der Federn wird durch ein Schreibwerk auf einen Papierstreifen übertragen, der durch ein Uhrwerk bewegt wird.
D., die in eigenen Meßwagen eingebaut sind, können kräftiger ausgebildet werden, wodurch es möglich ist, die Aufzeichnung der gemessenen Zugkraft vollkommener zu gestalten. Als D. für Meßwagen können neben Gruppen von Schnecken- und Blattfedern auch Meßdosen und Preßzylinder Verwendung finden. Bei der Verwendung von Blattfedern werden gewöhnlich nach Abb. 379 die einzelnen Federblätter nicht aufeinandergelegt, sondern mit einem Zwischenraum eingefügt, damit die Reibung zwischen den Federblättern nicht die Genauigkeit der Messung beeinflußt. Preßzylinder, bei denen die Messung der Zugkraft durch die Größe des Flüssigkeitsdruckes stattfindet, haben sich als nicht genügend genau erwiesen, da die Reibung der Kolbendichtungen eine erhebliche Größe erreichen kann. Der Maßstab für die Kraftmessung muß durch Eichung erfolgen. Diese wird gewöhnlich auf Zerreißmaschinen der Festigkeitslaboratorien vorgenommen.
Die Aufzeichnung der Zugkraft erfolgt gewöhnlich auf Papierstreifen, die entweder von einem Uhrwerk fortlaufend mit der Zeit, oder durch ein Triebwerk abhängig von den Umdrehungen einer Wagenachse, also fortlaufend mit dem zurückgelegten Weg bewegt werden. Mitunter kann, je nach Bedarf, jede der beiden Bewegungsarten in Anwendung kommen. Die Aufzeichnungen in Abhängigkeit von der Zeit ermöglichen eine sehr genaue Beobachtung der wechselnden Zugkräfte, wie dies z.B. beim Anfahren, bei Bremsungen u.s.w. notwendig ist. Die Aufzeichnungen nach dem zurückgelegten Wege gestatten dagegen die Bestimmung der geleisteten Arbeit auf sehr einfache Weise, da die Fläche unter der Zugkraftschaulinie die geleistete Arbeit vorstellt. Häufig sind mit der Schreibvorrichtung Integratoren verbunden, die nach Art der Planimeter die aufgezeichnete Fläche bestimmen und die bis zu jedem Augenblick geleistete Arbeit unmittelbar ablesen lassen.
Gewöhnlich werden auf einem breiten Papierstreifen neben der Zugkraftschaulinie auch Schaulinien der Fahrgeschwindigkeit von besonderen Geschwindigkeitsmessern verzeichnet und Marken für Weg, Zeit, Windrichtung, Windstärke u.s.w. entweder selbsttätig oder von Hand eingetragen. Auf vollkommen ausgebildeten Meßwagen bestehen Einrichtungen, die am Papierstreifen auch die Stellung von Regler und Steuerung auf der Lokomotive sowie den Dampfdruck selbsttätig verzeichnen.
Meßwagen, die für Versuche mit durchgehenden Bremsen eingerichtet sind, besitzen neben dem D. auch Vorrichtungen zum Messen des Bufferdruckes und Indikatoren zur Bestimmung des Über- oder Unterdruckes in den Bremsleitungen, Bremszylindern und Behältern (s. Meßwagen).
Durch das Verzeichnen aller Vorgänge auf einem Papierstreifen ist der Überblick sehr erleichtert und können alle Messungen sehr genau durchgeführt werden.
Die D. messen die Zugkraft am Zughaken des Tenders. Es ist das jene Zugkraft, die für die Förderung der nützlichen Last allein Verwendung findet und daher als nützliche Zugkraft bezeichnet wird.
Messungen mit dem D. besitzen daher für den Betrieb großen Wert, da hierdurch die Wirtschaftlichkeit der Lokomotive nachgeprüft werden kann. Es ist auch zweckmäßig, Brennstoff- und Wasserverbrauch (an elektrischen Lokomotiven Stromverbrauch) auf die Leistung am Tenderzughaken zu beziehen. Das Verhältnis der nützlichen Zugkraft zur indizierten Zugkraft (Zugkraft am Umfang der Triebräder bei reibungsloser Maschine) stellt den Gesamtwirkungsgrad der Lokomotive dar. Auch dieses Verhältnis besitzt für den Betrieb besonderen Wert, da hierdurch die Eignung verschiedener Lokomotivbauarten sicher beurteilt werden kann.
Versuche mit D. sind das vorteilhafteste Mittel, um die Fahrwiderstände der Wagen zu ermitteln, deren Größe ebenfalls für den Zugförderdienst von großer Wichtigkeit ist.
In Abb. 380 ist ein nach Zeit aufgenommenes Zugkraftschaubild dargestellt, das für Bestimmung des Zugwiderstandes gedient hat. Im Schaubild sind auch die Fahrgeschwindigkeit und die Neigungsverhältnisse der Strecke verzeichnet.
Die Vorteile einer genauen und wissenschaftlichen Messung der Lokomotivzugkräfte durch D. wurden lange nicht genügend gewürdigt. Gegenwärtig besitzen jedoch alle großen Eisenbahnverwaltungen Meßwagen mit D. Neben der eigentlichen Erprobung der Lokomotiven und Bestimmung der Zugwiderstände sind die D.-Wagen ein wichtiges Hilfsmittel für die Aufstellung wirtschaftlicher Zuglasten und Fahrzeiten.
Eine Ergänzung der Messungen mit D. ist durch die Aufzeichnung der Ausschläge von frei in der Fahrrichtung schwingenden Pendeln möglich, die die Größe der Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte unmittelbar angeben oder für die ganze Strecke integrieren. Desdouits hat zuerst eine solche Vorrichtung ausgeführt. Auch der Meßwagen der belgischen Staatsbahnen besitzt eine ähnliche Vorrichtung von Doyen und Huberti.
Literatur: Rev. gén. d. ch. 1883, S. 222. – Zeitschr. d. Ing. 1901. S. 1141, 1902. S. 1144, 1676. – Organ. 1907. S. 153. – Stockert-Richter, Eisenbahnmaschinenwesen. III. S. 326. 1908. – Bulletin. Sept. 1905, April 1909, März 1911. – Glasers Ann. 1911, Sept., S. 107. Nov. 1912. S. 382.
Sanzin.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.