- Eisenbahngründung
Eisenbahngründung, die gesamte, auf die Herstellung einer Privateisenbahn gerichtete Tätigkeit. Wenn in den Ländern des Privatbahnsystems das Bedürfnis einer Eisenbahnverbindung besteht, so treten meist einige an der Herstellung der Bahn zunächst Interessierte (Einzelpersonen, Gemeinden, Körperschaften u.s.w.) zusammen, um vorerst allgemeine Ermittlungen über die wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung des Eisenbahnunternehmens sowie über seine technischen Unterlagen anzustellen. Sind diese Ermittlungen beendet und nach der Meinung der Teilnehmer von günstigem Erfolg, so wird zur Bildung der eigentlichen Gründungsgesellschaft (Gründungskomitees, Ausschüsse, Konsortien u. dgl.) geschritten, die alles das besorgt, was zur Verwirklichung des Unternehmens notwendig ist.
Aus der Tätigkeit der Gründungsgesellschaften können mancherlei Rechtsverhältnisse entspringen. So werden z.B. Verträge mit den beteiligten Personen (Ingenieuren, Feldmessern, Zeichnern u.s.w.) über deren Leistungen geschlossen. Es werden ferner Vereinbarungen mit Gemeinden, Grundbesitzern, Interessenten aller Art, Kapitalisten oder auch mit dem Staat wegen Unterstützung des Unternehmens durch Leistung von Beihilfen, Hergabe von Grund und Boden, Übernahme von Aktien und Obligationen u. dgl. getroffen.
Derartige Vereinbarungen werden meist ausdrücklich oder stillschweigend nur bedingungsweise Bedeutung haben. Sie werden nach dem Willen der Vertragschließenden erst wirksam, wenn das Unternehmen, auf das sie sich beziehen, zu stande kommt.
Die Tätigkeit der Gründungsgesellschaft umfaßt insbesondere die Vornahme der allgemeinen Vorarbeiten (also Trassierung der Linie, Ausarbeitung des allgemeinen Eisenbahnprojekts nebst dem Kostenvoranschlag) sowie Beschaffung der sonstigen für das Konzessionsgesuch nötigen technischen und finanziellen Unterlagen; die Erwirkung der Konzession, die Aufbringung des Anlagekapitals, die Bildung der Aktiengesellschaft, der die Konzession entweder unmittelbar verliehen oder von den Gründern gemäß einem in der Konzessionsurkunde enthaltenen Vorbehalte übertragen wird (s. Aktien).
Es kommt nicht selten vor, daß Gründungskomitees Konzessionen lediglich zu dem Zweck erwerben, um sie mit übermäßigem Gewinn an andere Gesellschaften zu veräußern. Derartigen Machenschaften sucht die genehmigende Behörde dadurch zu steuern, daß die Weitergabe der Konzession verboten oder nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der genehmigenden Stelle gestattet wird.
Die Mitglieder des Gründungskomitees behalten sich nicht selten bei Veräußerung der Konzession auch andere Vorteile, so insbesondere die Bekleidung von Stellen im Direktorium, Verwaltungsrat u. dgl. vor; in einzelnen Fällen stellte sich das Gründungskomitee sogar einen bestimmten Anteil am Ertrag der Bahn sicher.
Die Aufbringung des Anlagekapitals erfolgt in der Regel unmittelbar durch die Gründungsgesellschaft im Wege der Aufforderung zu Zeichnungen. In anderen Fällen wird die Geldbeschaffung von den Gründern vorweg einem Bankhaus oder einem Finanzkonsortium übertragen. Die Kosten einer derartigen Geldbeschaffung sind natürlich bedeutend größer als bei unmittelbarer Bildung einer Aktiengesellschaft durch die Gründer.
Mit der Bildung der Aktiengesellschaft, die die Konzession übernimmt, erreicht die Tätigkeit der E. ihr Ende.
Bei Staatsbahnen kann von einer eigentlichen E. nicht gesprochen werden. Hier werden die Vorermittlungen und die Vorarbeiten für eine als zweckdienlich anerkannte Linie von der Regierung verfügt und wird die Herstellung der Bahn durch Gesetz angeordnet
v. der Leyen.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.