Escher

Escher

Escher, Alfred Dr., geboren zu Zürich 20. Februar 1819, gestorben 19. Dezember 1882, hat als Staatsmann und oberster Leiter der bedeutendsten Eisenbahnunternehmungen der Schweiz auf die Politik und Entwicklung des Eisenbahnwesens seines Heimatlandes einen hervorragenden Einfluß ausgeübt.

Durch seine Verdienste um das Zustandekommen der Gotthardbahn hat sein Name eine Bedeutung gewonnen, die weit über die Grenzen seines Vaterlandes reicht.

Er besuchte das Gymnasium und die Universität in Zürich und studierte dort und später in Bonn, Berlin und Paris Jurisprudenz, Staatswissenschaften und Theologie.

Am 14. August 1842 erwarb er sich den Doktortitel von der juridischen Fakultät der Universität Zürich. Während einiger Semester hielt er selbst Vorlesungen an dieser Universität, namentlich über schweizerisches Bundesstaatsrecht.

Im Jahr 1844 wurde E. in den Größen Rat des Kantons Zürich gewählt. Im Jahr 1845 begegnen wir ihm als Tagsatzungsgesandten, später (1846) im Erziehungsrat, einmal als außerordentlichen Gesandten im Kanton Tessin und im Jahr 1849 als Bürgermeister (Regierungspräsident) der Republik Zürich.

Er leitete darin das Erziehungswesen. Im schweizerischen Nationalrat erschien er vom Anfang an bis zu seinem Tod. Obschon E. nicht die volle Macht der Rede in seiner Gewalt hatte, verstand er es, durch die geschickte Verwendung und die Klarheit seiner Argumente zu überzeugen. Viermal wurde er zum Präsidenten des Nationalrats gewählt; dreimal nahm er die Wahl an. Im Jahr 1849 wurde E. in die nationalrätliche Kommission zur Prüfung der schweizerischen Eisenbahnfrage gewählt und gehörte der Minderheit, bestehend aus fünf von elf Mitgliedern an, die dem Gesellschaftsbau vor dem Staatsbau den Vorzug einräumen wollten. Die gesetzgebenden Räte traten dieser Anschauung in ihrer Mehrheit bei und das erste schweizerische Gesetz über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen vom 28. Juli 1852 beruhte auf dem Grundsatze des Privatbahnsystems.

Zu seiner Stellungnahme für dieses System bestimmte E. namentlich auch die Befürchtung, daß, wenn das schweizerische Eisenbahnnetz durch den Bund ausgebaut würde, die östliche Schweiz nicht die ihrer Industrie und ihrem Verkehr entsprechende Berücksichtigung finden würde.

Die erste Unternehmung, an deren Spitze er demgemäß trat, war die Zürich-Bodenseebahn. Diese erweiterte sich am 1. Juli 1853 durch Fusion mit der Nordbahn (Zürich-Baden) zu der schweizerischen Nordostbahn. E. war vom Anfang an ihr Direktionspräsident und später Präsident des Verwaltungsrats der Nordostbahn.

Im Jahr 1856 gründete er die Schweizer Kreditanstalt in Zürich, auch war er bei der Begründung der eidgenössischen polytechnischen Schule (1854) beteiligt, deren Aufsichtsbehörde er als Vizepräsident von der Gründung der Anstalt bis zu seinem Tod angehörte.

Im Jahre 1862 trat der damalige Bundespräsident Stämpfli mit einem Plan für den Rückkauf der schweizerischen Bahnen auf, dem E. als überzeugter Anhänger des Privatbahnsystems mit Erfolg entgegentrat.

Die Überschienung der Alpen, an deren Ausführung sich E. demnächst beteiligen sollte, bildet die größte Leistung und zugleich den Abschluß seiner öffentlichen Tätigkeit.

Der Stand der Bohrungsarbeiten am Mont-Cenis-Tunnel gestattete schon im Jahr 1863 die Herstellung großer Alpentunnel als ein von der Technik gelöstes Problem zu betrachten.

Anderseits waren die Züricher und die schweizerische Nordostbahn im Begriff, durch den Bau der Zürich-Zug-Luzern-Bahn mit der Zentralschweiz in nähere Verbindung zu treten. Sie beteiligten sich somit am 7. August 1863 zum erstenmal an der nun aus 15 Kantonen und zwei Eisenbahngesellschaften bestehenden sog. Gotthardvereinigung. Am 28. September 1863 wurde E. in deren Ausschuß gewählt, in dem ihm vermöge seiner Stellung und Erfahrung in Eisenbahnsachen und seiner ausgedehnten Beziehungen eine Führerrolle zufallen mußte. Nachdem diese Vereinigung eine Anzahl technischer und finanzieller Gutachten beigebracht, bestand ihre nächste Aufgabe darin, in der Schweiz und im Ausland die Subventionen aufzubringen, ohne die das Unternehmen nicht durchzuführen war. Da aber auch im Osten und im Westen der Schweiz Alpenbahnbestrebungen auftraten, so entwickelte sich ein bedeutungsvoller, technischer und eisenbahnpolitischer Kampf auf nationalem und internationalem Boden um die Priorität der Gotthardbahn.

Nachdem sowohl Deutschland als auch Italien sich für die letztere ausgesprochen hatten, traten die beiden Staaten mit der Schweiz am 15. September 1869 zu einer Konferenz in Bern zusammen, als deren Ergebnis der Staatsvertrag vom 15. Oktober 1869 über den Bau und Betrieb einer Gotthardeisenbahn zu betrachten ist. Eine weitere Folge hievon war der von E. namens der Gotthardvereinigung und einer Reihe deutscher Finanzinstitute am 10. Oktober 1871 abgeschlossene Vertrag über die Beschaffung des Baukapitals der Gotthardbahn.

Bei der Konstituierung der Gotthardbahngesellschaft am 6. Dezember 1871 trat E. als Präsident der Direktion an die Spitze der Unternehmung und übernahm gleichzeitig die Leitung des Baudepartements. Auf diesem Gebiete erwarteten ihn dann aber in der Folge die größten Enttäuschungen, indem Oberingenieur Hellwag am 3. Februar 1876 gegenüber dem ursprünglichen Kostenvoranschlag einen Fehlbetrag von 102∙4 Millionen Franken nachwies. Die Folge hievon war die Verschiebung der Ausführung eines Teiles der im Bauprogramm vorgesehenen Linien und die Erhöhung der staatlichen Subventionen von 85 Millionen Franken durch den Zusatzvertrag am 12. März 1878 um weitere 28 Millionen Franken für die durchgehende Stammlinie der Gotthardbahn Immensee-Pino; ferner die Zuwendung einer besonderen Beihilfe von 6 Millionen Franken durch die Schweiz und Italien an die Zweiglinie Giubiasco-Lugano-Chiasso über den Monte Ceuere am 16. Juni 1879.

In den Verhandlungen des schweizerischen Parlamentes vom Juli und August 1878, die dieser Rekonstruktion der Unternehmung vorangegangen waren, wies E. mit Recht auf die bescheidenen Hilfsmittel hin, die der Gotthardvereinigung zu Gebote standen, als sie die Vorarbeiten schuf. Er konnte auch noch mitwirken, als der Grundstein zu der Rekonstruktion gelegt wurde, dann mußte er die Durchführung des Werkes, das er begründet hatte, anderen überlassen.

Ein nebensächlicher Umstand gab den äußeren Anlaß zu seinem Rücktritte von der Verwaltung.

Während Luzern als Sitz der Gesellschaft bezeichnet worden war, befand sich der Teil der Verwaltung, der dem Direktionspräsidenten speziell unterstellt wurde, am Wohnort des letzteren, in Zürich, bis die Forderung eines Beitrages an die von der Schweiz zu leistende Nachsubvention auch an die Stadtgemeinde Luzern gerichtet wurde. Nun erhob letztere mit Nachdruck den Anspruch, daß die Verwaltung in ihrem ganzen Umfang nach Luzern verlegt werde.

E. gab seine Entlassung und schloß am 27. Juli 1878 seine Wirksamkeit bei der Gotthardbahn. Mitglied des Nationalrates und Präsident des Verwaltungsrates der Schweizer. Nordostbahn blieb er bis zu seinem Tode.

Seine Verdienste wurden nach seinem Tod durch Aufstellen seines Standbilds vor dem Bahnhof in Zürich geehrt.

Dietler.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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