Heusinger von Waldegg

Heusinger von Waldegg

Heusinger von Waldegg, Edmund, hervorragender deutscher Eisenbahntechniker, geb. 12. Mai 1817 in Langenschwalbach, gest. 2. Februar 1886 in Hannover; er machte in Hannover bei einem Buchhändler in den Jahren 1832 bis 1837 die Lehrlingszeit durch, bekundete aber keine Neigung zu diesem Gewerbe und ging nach Göttingen und Leipzig, wo er sich insbesondere dem Studium der Physik und Mechanik hingab.

In die Zeit des Aufenthaltes H. in Sachsen fällt die Erbauung der ersten sächsischen Eisenbahnen. Das neue Verkehrsmittel wirkte auf H. derart mächtig ein, daß er sich entschloß, diesem fürderhin seine Dienste zu widmen. Im Jahre 1841 finden wir ihn eine Zeitlang in der Gutehoffnungshütte bei Sterkrade beschäftigt, die damals neben dem Bau von Dampfschiffen sich auch dem Bau von Lokomotiven zuwendete. Noch im Jahre 1841 trat H. als Werkmeister in die Werkstätte der Taunusbahn zu Kastel bei Mainz über, wurde 1844 zum zweiten Maschinenmeister in Frankfurt a. M., im Jahre 1846 zum ersten Maschinenmeister und Vorstand der Zentralwerkstätte in Kastel ernannt. 1854 erhielt er von der hessen-homburgischen Regierung den Auftrag zur Verfassung des Projekts für die Linie Frankfurt-Homburg, die einige Jahre später unter seiner Leitung ausgeführt wurde. Weiters hat H. auch Entwürfe für die Deisterbahn, dann für die Südharzbahn, Nordhausen-Nordheim geliefert. 1845 beteiligte sich H. eifrigst an der Gründung des Organs für die Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung; dieses Journal stand 1846 bis 1863 unter Leitung des Baurats Scheffler in Braunschweig. Als die Zeitschrift Ende 1863 zum Organ des VDEV. erhoben wurde, übernahm H. im Auftrag des Vereins die Redaktion, die er bis an sein Lebensende führte.

Die Eisenbahntechnik verdankt H. eine Reihe von bemerkenswerten Erfindungen. Die Konstruktion der Personenwagen mit seitlichem Gang rührt von ihm her; er machte sich ferner um die Vervollkommnung der Kupplungseinrichtungen verdient; er führte die nach ihm benannte Lokomotivsteuerung sowie schmiedeiserne Doppelscheibenräder ein; er ließ sich ferner ein eisernes Oberbausystem mit zweiteiliger Schiene patentieren, das sich bei Straßenbahnen gut bewährt hat.

Bemerkenswert sind auch seine Bestrebungen um die Entwicklung des deutschen Bahnnetzes; insbesondere ist das Zustandekommen der Bahn von Braunschweig nach Hannover zum nicht geringen Teil seinen Bemühungen zu verdanken. In den letzten Jahren war H. für den Bau leichter Straßenbahnen tätig. Bei Hannover führte er eine solche zur Verbindung einer Wollwäscherei mit der Station Wülfel aus und wenige Monate vor seinem Tod gelang es H. nach Bewältigung großer Schwierigkeiten, die Konzession für die hannöversche Vororte-Straßenbahn zu erwirken, deren Baubeginn er nicht mehr erleben sollte.

So anerkennenswert aber auch die eben erwähnte Tätigkeit H. war, so tritt sie doch gegenüber seinen Leistungen auf literarischem Gebiet zurück, die in der Tat ganz außerordentliche genannt werden müssen. Das Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, das zahlreiche Aufsätze aus seiner Feder enthält, ist eine unerschöpfliche Fundgrube technischen Wissens. Zu demselben veröffentlichte H. von Zeit zu Zeit Supplemente, die die Fortschritte auf dem Gebiet einzelner Zweige der Eisenbahntechnik zusammenfassen. Von diesen Supplementen seien insbesondere erwähnt: Musterkonstruktionen für Eisenbahnbau und Betrieb, Sammlung bewährter Bahnhofsgrundrisse, Sammlung der neuesten Oberbaukonstruktionen, die Schmiervorrichtungen und Schmiermittel für Eisenbahnwagen, die Systeme für Vizinal- und Straßenbahnen. Seine beiden Hauptwerke sind das Handbuch der Ingenieurwissenschaften und das Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik. Diese beiden Werke, worin H. unter Mitwirkung einer Zahl hervorragender Fachgenossen das große Gebiet der allgemeinen und speziellen Eisenbahntechnik in umfassendster Weise behandelt hat, haben in den technischen Kreisen Deutschlands und des Auslands größte Anerkennung und Verbreitung gefunden.

Außerdem bearbeitete H. die umfangreichen Berichte über die Verhandlungen der technischen Kommission des deutschen Eisenbahnvereins und gab seit vielen Jahren den Kalender für Eisenbahntechniker heraus. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte sich H. mit den Vorarbeiten für die Enzyklopädie des Eisenbahnwesens.

Röll.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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