- Karawankentunnel
Karawankentunnel. Auf der österr. Staatsbahnlinie von Klagenfurt einerseits und Villach anderseits nach Triest liegt der zweigleisige 7976 m lange Tunnel, der zwischen Rosenbachtal auf der Nordseite, wo die genannten Linien zusammentreffen und Birnbaum oberhalb Aßling auf der Südseite die Karawanken durchfährt, deren größte Erhebung über dem Tunnel auf 962 m ü. M. liegt. Die Entfernung der Stationen Rosenbach und Aßling beträgt rund 14 km.
Die Höhen-, Steigungs- und geologischen Verhältnisse sind aus dem Längenschnitte, Abb. 185, zu ersehen. Am ungünstigsten für die Bauausführung war auf der Südseite des Tunnels die etwa 2 km lange Strecke im Oberkarbon liegende Strecke wegen der blähenden Wirkungen des bedeutenden Gebirgsdruckes und der ausströmenden Methangase, die, mit Luft gemischt, Schlagwetter erzeugen.
Die Arbeiten wurden von der Staatsbahnverwaltung auf der Nordseite am 20. Juni und auf der Südseite am 10. Juli 1901 begonnen und vom 22. August 1901 ab durch die Bauunternehmung E. Groß & Co. fortgesetzt und zu Ende geführt. Der Durchschlag des Sohlstollens erfolgte am 17. Mai 1905, 4892 m vom Nordmunde, die Fertigstellung des Tunnels am 30. September 1906 nach 5¼ Jahren Bauzeit und ein Jahr nach der für den 1. Oktober 1905 in Aussicht genommenen Vollendung, da die Schwierigkeiten bei diesem Bau namentlich in den Karbonschichten ganz außergewöhnlich große gewesen sind.
Auf der Nordseite wurde der Sohlstollen mit 6–7 m2 Querschnitt zuerst von Hand, dann mit elektrischen Kurbelstoßbohrmaschinen (Bauart Hauber) bei einem durchschnittlichen Tagesfortschritt von 5–6 m aufgefahren. Dem Sohlstollen folgte der Firststollen, der mit Hilfe von Aufbrüchen mit Handbohrung hergestellt wurde. Der Vollausbruch erfolgte in Zonen von 8–8∙5 m Länge in der Weise, daß zwischen 2 Aufbruchzonen 3 Zwischenzonen lagen. In jeder Zone wurde mit dem Vollausbruch erst begonnen, nachdem die Nachbarzonen ausgebrochen und ausgemauert waren. Zur Ausmauerung des ausgebrochenen Tunnels diente die Längsträgerzimmerung mit Mittelschwelle. Die Ausmauerung erfolgte mit lagerhaften Bruchsteinen (Urkalk), da nirgends so großer Druck auftrat, daß Quadergewölbe erforderlich gewesen wären.
Auf der Südseite wurden die Bohrungen im Stollen erst von Hand, dann mit Solenoidbohrmaschinen (Bauart Union, Elektr. Gesellschaft) ausgeführt. Wegen unzureichender Leistungen dieser Maschinen wurden auch hier die elektrischen Kurbelstoßbohrmaschinen wie auf der Nordseite eingeführt und bis zu einer Stollenlänge von 1100 m eine Tagesleistung von 3–4∙5 m erzielt, von da ab mußte in dem ungünstigen gebrechen Karbonschiefer mehrfach zur Handbohrung mit 2 m Tagesfortschritt übergegangen und der Stollen fast unmittelbar nach dem Ausbruche kräftig eingebaut werden, wobei in den ungünstigsten Strecken Eisenbau mit Betonausfüllung versucht wurde, der sich aber nicht bewährte. Die elektrischen Bohrmaschinen wurden dann namentlich wegen der Schlagwettergefahr in der Karbonstrecke durch Preßluftstoßbohrmaschinen (R. Mayer, Schwarz, Ingersoll) ersetzt und hiermit Tagesleistungen bis zu 4∙5 m erzielt. Wegen des Auftretens von Methangasen und der schwierigen Lüftung wurde von Firststollenaufbrüchen abgegangen und der Firststollen von einer Seite wie der Sohlstollen mit Bohrmaschinen aufgefahren und die erforderlichen Schuttlöcher von oben nach unten durchgebrochen. Vollausbruch und Mauerung erfolgten wie auf der Nordseite in Zonen von 8–9 m Länge und so, daß der Ausbruch in einer Zone erst begonnen wurde, nachdem die Nachbarzonen fertig ausgemauert waren. Der Gebirgsdruck in der 2000 m langen Karbonstrecke war stellenweise so bedeutend, daß die Ausmauerung in Quadern Gewölbe mit 1∙3–1∙5 m und die Widerlager teils in Quadern, teils in Bruchsteinen mit 1∙8–2 m Stärke und der Sohlgewölbe mit 1 m Stärke erfolgen mußte, trotzdem sind Risse im Gewölbe, Verdrückungen und Verschiebungen der Widerlager vor Einziehung der Sohlgewölbe nach innen vorgekommen, so daß umfangreichere Rekonstruktionsbauten erforderlich waren. Die Förderung erfolgte auf einer Bahn von 0∙76 m Spurweite im Tunnel mit elektrischen und Benzinlokomotiven außerhalb auch mit Dampflokomotiven.
Zum Betriebe der maschinellen Anlagen für Bohrung, Lüftung, Förderung, Beleuchtung und Arbeitsmaschinen der Werkstätten dienten Turbinen, die auf der Nordseite durch die Wasserkräfte des Rosenbaches mit 600 bis 1000 l/Sek. bei 72 m Gefälle und 575–960 PS. und des Bärengrabenbaches mit 110–440 l/Sek. bei 78 m Gefälle, daher 75–290 PS. betrieben wurden. Auf der Südseite wurden die Turbinen durch das Wasser des Rothweinbaches 2500–3200 l/Sek. bei 26 m Gefälle angetrieben, daher 625–800 PS. zur Verfügung standen. Die Kosten des Tunnels betrugen für die 4937 m lange Nordstrecke 15,900.000 K, für die 3039 m lange Südstrecke einschließlich der 3∙6 Mill. K betragenden Rekonstruktionskosten 20,870.000 K, daher zusammen 36,760.000 K oder durchschnittlich 4609 K/m.
Literatur: Hannak, Tunnelbau u. Geschichte der Eisenbahnen der österr.-ung. Monarchie. 1898–1908, Bd. II. – J. Fischer, Bauarbeiten am Karawanken-T. (Nord). Ztschr. d. Verb. d. Bergbaubetriebsleitg. Teplitz 1905. – J. Fischer, Stollenvortrieb u. Vollausbruch i. Karawanken-T. (Nord). Österr. Wschr. f. öff. Bdst. Heft 23 u. 39. 1906. – Hennigs, Lange Eisenbahntunnels. Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. 1910. – Heine, Alpentunnel. Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. 1910. – Herzog, Der Bau des Karawanken-T. (Süd). Elektr. Bahnen u. Betriebe. 1905.
Dolezalek.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.