- Schneepflüge
Schneepflüge (snow-ploughs, charrues à neige), bauliche oder mechanische Einrichtungen zur Säuberung der Eisenbahn von dem auf ihr lagernden Schnee. Die Benutzung der S. ist überall da angezeigt, wo bauliche Anlagen, die das Heranwehen des Schnees und dessen Ablagerung auf der Bahn verhindern, überhaupt nicht oder nicht in ausreichender Weise vorhanden sind, oder wenn die Bahn durch den ruhig fallenden Schnee so hoch überschüttet wird, daß der Betrieb nicht mehr ordnungsmäßig aufrecht erhalten werden kann.
Während noch auf der Versammlung der Techniker des VDEV. in Dresden im Jahre 1865 die Vertreter der norddeutschen Eisenbahnen sich bezüglich der S. mehr ablehnend verhielten, da sie diesen keinen besonderen Wert und Nutzen beilegten, und nur die Eisenbahnverwaltungen, deren Linien mehr die schneereicheren Mittel- und Hochgebirge durchzogen, insbesondere die österreichischen und ungarischen Bahnen, diese Hilfsmittel regelmäßig und mit Erfolg anwendeten, so hat sich doch nach größeren Schneefällen und den dadurch hervorgerufenen bedeutenden Stockungen auch bei den norddeutschen Eisenbahnverwaltungen die Ansicht Bahn gebrochen, daß der S. unter Umständen auch für ihre Bahnstrecken empfehlenswert ist und mit diesem nicht nur bei Gleisverwehungen, sondern auch bei ruhigem Schneefall, sobald der Schnee eine größere Höhe erreicht, der Betrieb besser und billiger aufrecht erhalten werden kann, als bei dem Verfahren durch Ausschaufeln mit der Hand. Hierzu traten die aus anderen Ländern, vor allem Norwegen und Nordamerika, berichteten Erfolge über die dort mit eigenartigen Pflügen erzielten günstigen Ergebnisse, die vielfach aufmunternd wirkten und eine ganze Anzahl neuer S. entstehen ließen.
Die S. lassen sich wie folgt einteilen:
1. Schlepppflüge auf Rädern.
2. S., die vorn an den Lokomotiven fest angebracht sind.
3. S. auf besonderen Wagen, u.zw.
a) Pflüge mit Keilwirkung;
b) Dampfschneeschaufeln, Kreiselpflüge.
1. Schlepppflüge auf Rädern. Der hierher gehörige, vom Ingenieur Marin erbaute, »Schneeräumer für Bahnzwecke« benannte Pflug soll weniger den durch Schneetreiben und außergewöhnliche Schneefälle niedergegangenen Schnee, als jene Mengen beseitigen, die nach dem Befahren der Strecke mit größeren Pflügen noch auf oder neben den Gleisen liegen bleiben.
Dieser Schneeräumer ist so eingerichtet, daß man mit ihm nicht nur das Gleis selbst, sondern nach Bedarf auch die Bahnkrone in der vollen Breite von 5∙50 m vom Schnee säubern, dabei jedoch allen zu nahe liegenden Gegenständen ausweichen, nötigenfalls auch nur innerhalb der Umgrenzungslinie des lichten Raumes arbeiten kann. Wie nach der Seite, so ist der Pflug auch nach der Höhe verstellbar; man kann damit das Gleis nicht nur bis zur Höhe von Schienenoberkante, sondern auch, zwischen und seitlich der Schienen hinabgreifend, die Bettungsoberfläche möglichst ohne weitere Nacharbeit vom Schnee freilegen. Dabei bedarf er nur einer Bedienung durch 2 geschulte Arbeiter unter Leitung eines Bahnmeisters. Der Schneeräumer ist in den Abb. 289 a–d dargestellt.
Er ist keilförmig gestaltet, läuft auf 4 Rädern, ist mit Zughaken versehen, und wird von einer Lokomotive, die im Bedarfsfall vorn mit einem andern S. versehen sein kann, mittels steifer Kupplung gezogen und wird so die Strecke mit einer Geschwindigkeit von 15–25 km/Std. befahren. Die besonderen Einrichtungen des Pfluges sind aus den Abb. 289 a–d ersichtlich und möge dazu noch bemerkt werden, daß er ein Eigengewicht von 4000 kg besitzt, wovon etwa 800 kg auf den zu hebenden Teil entfallen. Die zulässige Belastung beträgt 2500 kg und das Gesamtgewicht mit Mannschaft 6500 kg. Der Pflug hat auf den Strecken der österreichischen Staatsbahnen und auf den Bahnhöfen Admont, Villach, St. Michael, den Strecken Tarvis-Pontafel, Tarvis-Laibach sowie auf der Arlbergbahn seinerzeit sehr günstige Ergebnisse erzielt.
2. S. vorn an der Lokomotive. Über die Grundform der größeren Pflüge sei vorweg bemerkt, daß man in den ersten Zeiten des Eisenbahnbetriebs die einfache Keilgestalt des Schlepppflugs auch auf die an den Lokomotiven befestigten und die auf eigenen Rädern laufenden Pflüge übertrug. Bei lockerem Schnee, geringer Höhe und in geringer Ausdehnung der verschneiten Strecken genügten solche Pflüge auch, nicht aber, wenn der Schnee feucht war, sich dichter gelagert hatte und, von unterem Schneewehen herrührend, mit Sand und Humusteilen untermengt war. Dann reichten auch 2, ja 4 Maschinen nicht aus, den Pflug vorwärts zu treiben; oft traten dabei Entgleisungen ein oder man blieb stecken, so daß die Lokomotiven weder vor- noch rückwärts konnten. Es erklärt sich dies durch die Wirkungsweise des Keilpflugs, die lediglich darin besteht, den Schnee zu teilen und nach beiden Seiten zu drücken. Dadurch werden große Pressungen hervorgerufen, die nicht nur hemmend wirken, sondern sogar den Pflug heben und dadurch die Lokomotive zur Entgleisung bringen können. Diese Übelstände lassen sich vermeiden, wenn der Pflug so gestaltet wird, daß er zunächst den Schnee auf eine gewisse Höhe anhebt und ihn dann erst seitwärts auswirft. Man würde dieses bei der in Abb. 290 schematisch dargestellten Form erreichen können.
Der Keil a b c d e f bewirkt mit der Schneide a b das Ausschneiden und Ausheben des Schnees, während der erst in einiger Höhe mit der Schneide g h quer aufgesetzte zweite Keil g h i k l m die gehobenen Schneemassen teilt und nach beiden Seiten auswirft. Da letzteres erst in größerer Höhe geschieht, so kann der am Boden seitwärts liegende Schnee keinen oder doch keinen erheblichen Seitendruck mehr hervorrufen. Der obere Keil des Pfluges darf nicht zu niedrig sein, damit der Schnee nicht über die oberen Kanten h k und h m hinausgeschoben wird und wieder ins Gleis fällt. Man vermeidet dieses auch, indem man entweder überschlagende Flächen h o k und h n m anbringt oder den oberen Keil hinreichend hoch macht.
Dieser vorbeschriebenen Grundform passen sich die neueren Pflüge mehr oder weniger sämtlich an; dadurch werden die früheren Mängel vermieden und die Vorteile erreicht, daß durch das Aufsteigen des Schnees auf die Keilfläche a b e f der Pflug belastet und dadurch eine Entgleisung verhütet wird, daß ferner das Festfahren des Pfluges nicht mehr so leicht möglich ist, da die Verdrückung des Schnees nach der Seite erst in einer Höhe beginnt, bei der der seitlich liegende Schnee erheblichen Widerstand nicht mehr leistet, während anderseits der ausgehobene Schnee weit seitwärts geschleudert werden kann.
Je nachdem die im folgenden besprochenen Pflüge sich der vorbeschriebenen Grundform mehr oder weniger nähern, ist auch die Wirkung und Leistungsfähigkeit ungleich. Man darf dabei jedoch nicht außer acht lassen, daß die Beschaffenheit des Schnees – ob derselbe locker und leicht oder naß und schwer ist, ob er frisch gefallen ist oder schon länger liegt, vielleicht schon eine Eiskruste erhalten hat – wesentlichen Einfluß ausübt; derselbe Pflug, durch dieselbe Lokomotive getrieben, kann unter Umständen eine Schneewehe von 1∙5–2 m Höhe ohne Schwierigkeit durchdringen, während er in einer andern wesentlich niedrigeren Verwehung den Dienst versagt.
Zur Beschreibung der einzelnen Formen übergehend, möge zunächst der Pflug der österreichischen Staatsbahnen erwähnt werden, der in den Abb. 291 a–c dargestellt ist.
Dieser kommt der alten Keilform sehr nahe, da die Vorderkante der Schneide nur um 400 mm bei 700 mm Höhe des Pfluges nach hinten geneigt ist. Immerhin genügt auch diese geringe Neigung schon, um Entgleisungen zu verhüten und anderseits den Schnee weit genug fortzuschleudern. Die genannte Verwaltung bediente sich früher großer, auf eigenen Rädern laufender Pflüge; sie hat diese jedoch seit langem aufgegeben und statt deren alle Lokomotiven, die Tenderlokomotiven vorn und hinten, für die Anbringung der kleinen Pflüge eingerichtet, die nach Bedarf mit einem Zeitaufwand von nur einer halben Stunde bewirkt werden kann, nötigenfalls unter Anwendung von Zwischenstücken, wie ein solches in Abb. 3 dargestellt ist. Da die Beschaffungskosten gering sind, so hält man eine große Anzahl solcher Pflüge in Vorrat, um, wenn nötig, alle im Betrieb befindlichen Lokomotiven damit auszurüsten. Die Verwaltung ist der Ansicht, daß dadurch die Freihaltung der Strecke sicherer gewährleistet wird als durch vereinzelte Sonderfahrten besonderer schwerer Pflüge (Organ, 10. Erg.-Bd., S. 64).
Der kleine norwegische S. ist in Abb. 292 in Seitenansicht und in den Abb. 293 a u. b in Vorder-, Hinter- und Seitenansicht dargestellt; mit ihm hat die Verwaltung der genannten Bahnen sehr günstige Erfahrungen gemacht.
Man hält es dort für schwer möglich, mit Hilfe anderer Mittel das Gleis hinreichend kurze Zeit vor dem Eintreffen eines jeden Zuges freizuschaffen, weil es in Norwegen erfahrungsmäßig bei starkem Schneefall oder beim Schneesturm stets von neuem wieder mit frischen Schneemassen verlegt wird. Aus diesem Grund hat man es als unumgänglich nötig angesehen, jedem Zug selbst ein kräftiges Hilfsmittel in Gestalt des an der Lokomotive angebrachten S. beizugeben. Dabei haben sich die Pflüge besser bewährt, die stärker im Blech, kräftiger gebaut und 500 bis 1000 kg schwer waren.
Älter, aber auch schon nach dem eingangs erwähnten Grundgedanken erbaut, ist ein S. der Northern Pacific-Eisenbahn in Amerika. Er ist aus Holz hergestellt, mit Eisenbeschlag versehen und vorn an der Lokomotive so befestigt, daß er nach der Höhe verstellt werden kann, wobei er in der tiefsten Stellung mit kleinen Rollen auf den Schienen läuft (Heusingers Handbuch der speziellen Eisenbahntechnik, Bd. IV).
Schließlich mögen als hierher gehörig noch die kleinen Schneeräumer erwähnt werden, die auf der Gotthardbahn an den Berglokomotiven (6–8-Kuppler) fest angebracht sind (Abb. 294) und mit denen Schneehöhen von 0∙3–0∙35 m noch ungehindert durchfahren werden können (Schwz. Bauztg. 1887, S. 127 ff.). Auch zahlreiche Schmalspurbahnen (so z.B. die bosnisch-hercegovinischen Staatsbahnen) verwenden ähnliche S.
3. S. auf besonderen Wagen.
a) Pflüge mit Keilwirkung. Zu den älteren Pflügen dieser Art sind die meist aus Holz gefertigten, auch wohl mit Eisenblech beschlagenen Pflüge mehrerer österreichischer Eisenbahnverwaltungen zu nennen, deren Form durch das in Abb. 295 gegebene Schema veranschaulicht wird. An diesem ist die untere und obere Keilfläche nach außen windschief gehalten, so daß der Schnee gleichzeitig gehoben und seitwärts ausgeworfen wird.
In Abb. 296 ist ein nach vorstehenden Grundsätzen von der Runel Car & Snow Plow Co. U. S. N. für die New York Central and Hudson River Railway gebauter S. dargestellt. Dieser S. läuft auf 2 2achsigen Drehgestellen und besitzt beiderseits zur Verbreiterung der freizulegenden Fahrrinne die im Bild ersichtlichen Schneiden, die die Arbeit des Pfluges wesentlich erleichtern und dessen Wirkung sehr erhöhen. Dieser S. ist sehr groß und bedarf zur Förderung mindestens 2 Lokomotiven; die Höhe des S. reicht bis zur normalen Profilhöhe. Im rückwärtigen Teil des S. ist ein Raum für die Begleitmannschaft eingebaut. Der Vorderteil des S. trägt immer Belastung.
Den großen fahrbaren Pflug der norwegischen Staatsbahnen stellt die Abb. 297 dar. Er wird besonders bei großen Schneefällen verwendet und ist deshalb oben mit Blech verschlossen, damit kein Schnee hineinfallen kann. Die Form des Pfluges entspricht im allgemeinen den unter 2 vorgeführten Grundsätzen, d.h. der Schnee wird zunächst durch die untere Keilfläche nur gehoben und erst später durch den mittleren Keil nach beiden Seiten ausgeworfen. Der Pflug hat ein Leergewicht von 6∙5 t, das sich durch die eingebrachte Belastung auf 10 t erhöht. Es wurden mit ihm stets befriedigende Erfolge erzielt, wenngleich es in einzelnen Fällen nötig war, 3 Lokomotiven und mehr zum Schieben zu verwenden. Die parallelen Seiten des Pfluges tragen hinten bewegliche Flügel, die man schräg nach außen stellen und dadurch die Bahn auf größere Breite freilegen kann. Beim Rückwärtsfahren müssen diese Flügel eingezogen werden (Zentralbl. d. Bauverw. 1887, S. 87).
Auch auf der Gotthardbahn werden bei größeren Schneefällen und beim Schneetreiben große, auf eigenen Rädern laufende Pflüge angewendet.
Zu erwähnen wären noch die S. nach der Bauweise Szarbinowski (Abb. 298), bei denen die unter 2 dargelegten Grundsätze in noch weitergehender Weise durchgeführt sind.
Abb. 298 zeigt ein perspektivisches Bild der grundsätzlichen Bauweise dieses Pfluges. Der Pflug geht bis 10 cm über Schienenoberkante hinab, in der Breite bis zur Umgrenzungslinie der Fahrzeuge. Durch Ausbreitung der hinten am Pflug angesetzten Flügel kann man das Gleis bis auf 3∙8 m Breite hinreichend räumen. Durch die sehr flach gestaltete schiefe Ebene wird der Schnee ausgeschnitten und leicht gehoben und erst durch den in der Höhe von etwa 1 m über Schienenoberkante aufgesetzten Keil das Teilen und Auswerfen des Schnees bewirkt. Letzteres geschieht so leicht und auf solche Entfernung, daß der Schnee bei schneller Fahrt 5–6 m seitwärts geschleudert wird. Szarbinowski hat eine besondere Vorkehrung getroffen, um Kippmomente, wie sie bei schräger Schneelage vorkommen, zu vermeiden, indem er vor die Schneide des oberen Keils noch eine besondere bewegliche Schneide gesetzt hat, die wie ein Steuer derart ausgedreht werden kann, daß die Querschnitte der nach beiden Seiten auszuwerfenden Schneemengen gleich groß werden. Das Lenken dieser beweglichen Schneide geschieht von dem mit dem Pflug verbundenen Wagenkasten aus.
Um in scharfen Bogen Entgleisungen des Pfluges zu verhüten, sind seitlich unten am Auslauf der unteren Keilfläche bewegliche Seitenschneiden S S1 angeordnet, die sich parallel zur Tangente der Kurve, nötigenfalls unter etwas Überschuß über die Parallelität, stellen lassen, wodurch man bewirkt, daß der Vorderkörper genau im Sinn der Krümmung gelenkt wird. Diese Einrichtung hat sich beim Durchfahren eines in einem Bogen von 180 m belegenen, 0∙9 m hoch verwehten Gleises gut bewährt; ebenso das Steuerruder. Neuerdings hat man an dem Pflug zwischen Vorder- und Hinterachse einen 2seitigen Bahnräumer angebracht, da die durch die Räder des Pfluges aufgedrückten kleinen Erhöhungen beiderseits die Spurrinne zu beseitigen hat. Der Szarbinowskische S. hat sich durchaus gut bewährt und allen zu stellenden Anforderungen entsprochen, sogar Schneehöhen von 1–8 m Höhe ohne Schwierigkeiten bewältigt.
Das Gewicht des Pfluges nebst Zubehör stellt sich auf 13.000 kg.
b) Dampfschneeschaufeln, Kreiselpflüge. Im Anfang der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts begann man bei den Bahnlinien Nordamerikas, die fast alljährlich durch große Schneefälle und Schneestürme zu leiden haben, besondere Maschinen zu erbauen, die große Mengen Schnee zu bewältigen und die verschneiten oder verwehten Strecken rasch zu räumen im stande waren. Die erste solcher Dampfschneeschaufeln ist von dem Ingenieur Jull erfunden. Die damit erzielten Erfolge waren so überaus günstig, daß sich bald unter dem Vorsitz von J. S. Leslie eine Gesellschaft bildete, die als Rotatary Steam Snow Shovel Manufacturing Co. die Anfertigung der Maschinen im großen Maßstab betrieb.
Abb. 299 a zeigt eine schaubildliche Darstellung des Schneeräumers und seiner Maschine, Abb. 299 b die Vorderansicht des Messerrads und Abb. 299 c die Ansicht des das Auswerfen des Schnees bewirkenden Schaufelrads. In der Mitte des aus starken Stahlplatten gebildeten Vorderrahmens, der gegen die zu beseitigenden Schneemassen gedrückt wird, befindet sich die Welle c, auf der an 4 Flügeln starke, um 30° versetzte Stahlmesser befestigt sind, die mit einer Geschwindigkeit von 200 Umdrehungen in der Minute umlaufen, den vor ihnen liegenden Schnee in dünnen Scheiben abschneiden und hinter sich in die Trommel d befördern. In dieser Trommel befindet sich auf der hohlen Welle c (Abb. 299 c) ein starkes Schleuderrad, das mit gleicher Geschwindigkeit, jedoch in entgegengesetzter Richtung umläuft, den aus dem Messerrad heraustretenden Schnee erfaßt und aus der Öffnung (Abb. 299 a) weit fortschleudert. Die entgegengesetzten Bewegungen der beiden Wellen werden durch die Kegelräder g erzielt, zu deren Bewegung eine besondere Dampfmaschine auf den Wagen angebracht ist. Der ganze Pflug mit Zubehör, also einschließlich des über dem zweiten (in der Zeichnung fortgelassenen) Drehgestell befindlichen Dampfkessels, dem das Ganze überdeckenden Wagenkasten, Kohlen- und Wasserbehälter wiegt 40–50 t. Die Fortbewegung des Pfluges geschieht, wie bei den vorbeschriebenen Pflügen, durch schiebende Lokomotiven, deren unter Umständen 2 und mehr verwendet werden.
Damit man je nach der Örtlichkeit und der Richtung des herrschenden Windes den Schnee sowohl nach rechts als nach links auswerfen kann, sind die Messer der Messerwelle derart verstellbar eingerichtet, daß sie um 60° gedreht werden können. Man läßt dann beide Räder (Messerrad wie Schleuderrad) anders umlaufen und stellt auch das Auswurfrohr für die andere Richtung. Die mit diesem Schleuderpflug angestellten Fahrten haben durchwegs gute Erfolge ergeben; so wird u.a. erwähnt, daß ein Einschnitt von 330 m Länge, in dem der Schnee 2–2∙5 m hoch lagerte, in 31 Min. freigemacht und der Schnee dabei in einem Bogen von 22 m Scheitelhöhe gegen 100 m weit seitlich geschleudert wurde.
In neuerer Zeit ist von Leslie eine wesentliche Änderung der Dampfschneeschaufel insofern vorgenommen worden, als an Stelle der 2 Räder – des Messerrads und des Schleuderrads – nur ein Rad angeordnet ist, das das Ausschneiden des Schnees und gleichzeitig auch das Auswerfen besorgt.
Das Rad besteht aus einer Anzahl (im ganzen 10) kegelförmiger Zellen G (Abb. 300 a–c), deren Wandungen an der Vorderseite zu beweglichen Messern H H' ausgebildet sind, die durch Stangen J in solcher Abhängigkeit voneinander stehen, daß ein Messer des Paares den Schnee ausschneidet, während das andere zur Führung bzw. Bildung der Eintrittsspalte dient. Die Lockerung des vor der Welle befindlichen Schnees wird durch die Dorne O bewirkt. Beim Vortreiben des Pfluges wird der in die Zellen eintretende Schnee sofort in schraubenförmige Bewegung gesetzt und, ohne daß er vorher zur Ruhe kommt, durch die Schleuderkraft in Wirbeln ausgeworfen.
In Abb. 301 ist eine von der Firma Henschel & Sohn in Kassel für die Gotthardbahn gebaute Dampfschneeschleudermaschine Bauart Leslie dargestellt, die sich sowohl auf der genannten Bahn als auch bei den preußischen Staatsbahnen bewährt hat.
Die Schneeschleudermaschine besteht aus einem auf 4 bzw. 6 Achsen ruhenden Wagenkasten, der an seiner Vorderseite ein Schleuderrad trägt, und aus einem Tender gewöhnlicher Bauart.
Das Schleuderrad von etwa 3 m Durchmesser wird gebildet aus einer Anzahl strahlenförmig angeordneter Messerschneiden. Es sitzt auf einer in der Längsmittellinie der Maschine gelagerten Achse, der die Drehbewegung von der Antriebsmaschine durch Kegelräder mitgeteilt wird. Diese Übertragung erfolgt in einem Lagerbock aus Stahlguß, der auf den beiden Längsträgern der Maschine ruht.
Die Bewegung des Schleuderrades, das sich quer zur Fahrtrichtung dreht, erfolgt durch eine im Innern des Gehäuses befindliche 2zylindrige Dampfmaschine von 700 eff. PS., die befähigt ist, dem Schleuderrad bis zu 150 Umdrehungen in der Minute zu verleihen.
Der erforderliche Dampf wird in einem ebenfalls im Innern des Wagenkastens befindlichen Kessel erzeugt.
Der Vorgang des Schneeräumens findet in folgender Weise statt:
Durch die Antriebsmaschiene wird das vordere Schleuderrad in schnelle Umdrehungen (etwa 150 f. d. Min.) versetzt. Es faßt dann mit den an seiner Vorderseite befindlichen Messerschneiden den Schnee schichtenweise, ihn zunächst in die einzelnen Fächer des Schleuderrades werfend. Durch die schnelle Umdrehung wird der Schnee hinausgewirbelt und rechtwinklig zur Fahrtrichtung in hohem Bogen bis zu 60 m weit seitwärts fortgeschleudert.
Je nach den Verhältnissen der Strecke oder nach der herrschenden Windrichtung ist es möglich, durch Änderung der Gangrichtung des Rades den Schnee rechts oder links von der Strecke fortzuschleudern. Dem gleichen Zweck dient eine über dem Schleuderrad befindliche Leitschaufel, die von dem am vorderen Ende der Maschine befindlichen Führer der Schneeschleuder gesteuert wird.
Die Messer an der Vorderseite des Schleuderrades sind derartig eingerichtet, daß sie je nach der Gangrichtung des Schleuderndes sich von selbst umsteuern, also stets mit der scharfen Kante voran in den Schnee eindringen.
Das Schleuderrad ist in einem das Bahnprofil möglichst ausfüllenden Gehäuse eingebaut, so daß also beim Vorwärtsgang der Maschine ungefähr das freie Bahnprofil ausgeschnitten wird.
Hinter dem Gehäuse befinden sich an der Vorderseite der Maschine kleinere Schneeschuhe, die dazu dienen, den Raum für die Spurkränze der Radreifen und die vom Gehäuse selbst nicht berührten Teile vom Schnee zu reinigen. Diese Eisbrecher und Schneeschuhe lassen sich von Hand mittels Schraubenspindel sowie auch durch Druckzylinder heben und senken; sie ermöglichen ein ungehindertes Passieren von Bahnübergängen, Weichen u.s.w.
Die Fortbewegung der Maschinen erfolgt, je nach der Dichte des Schnees, durch 1 oder 2 Schiebelokomotiven.
Die Schneeschleuder ist bestimmt, Schneeverwehungen bis zu 3 m Tiefe in frisch gefallenem oder fest gefrorenem Schnee in kürzester Zeit von der Bahn zu entfernen. Die hohe Umdrehungszahl des Schleuderrades befähigt die Maschine, auch sehr dichte Schneeverwehungen in kurzer Zeit zu durchqueren und in frisch gefallenem Schnee mit einer Geschwindigkeit von 15 km/Std. vorwärtszukommen.
Ingenieur Jull hat später noch eine andere Dampfschneeschleuder ersonnen, die sich von der älteren dadurch unterscheidet, daß Messer- und Schleuderrad vereint sind, indem beide durch eine kegelförmige, mit schraubenförmigen Blechflügeln versehene Trommel ersetzt wurden. Die Achse dieser Schraube steht schief zur Mittellinie, u.zw. mit ihrem unteren Ende in der rechtsseitigen Ecke des Gehäuses. Die schneckenförmigen Flügel schneiden den Schnee ab, schrauben ihn nach hinten und werfen ihn unmittelbar aus. Die auf solche Weise wesentlich vereinfachte Maschine hat sehr gute Erfolge erzielt.
Von der Görlitzer Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahnmaterial wurde eine Schneeschleuder erbaut, bei der das Abschneiden und Lösen des Schnees, wie auch das Auswerfen nach der Seite von einem sehr kräftig gebauten Schleuderrad bewirkt wird, das mit festen, muldenförmigen, radial gestellten Schaufeln versehen ist, so daß verstellbare Teile dabei ganz vermieden sind.
Abb. 302 a–d geben Längen- und Querschnitte sowie einen Grundriß. Das Schaufelrad hat die bedeutende Breite von 950 mm; es ist von einem eisernen Rahmen umfaßt, der zwar nur bis 150 mm über Schienenoberkante hinabgeht, an der Unterkante aber eine stellbare Klappe enthält, die nach Bedarf gesenkt und so das Gleis bis Schienenoberkante geräumt werden kann. Das Schleuderrad dreht sich nur nach einer Richtung. Um den Auswurf des Schnees beliebig nach rechts oder links bewirken zu können, sind die Auswurföffnungen verstellbar angeordnet, u.zw. die eine kurz vor dem Scheitel des Rades, die andere unterhalb der mittleren Höhe; erstere bewirkt den Auswurf nach rechts, letztere nach links. Je nachdem man die zu benutzende Auswurfstelle dem einen oder andern Punkt nähert, wird die Auswurfhöhe größer oder kleiner. Abb. 303 zeigt für verschiedene Stellungen der Auswurföffnung die Wurflinien, wobei die Geschwindigkeit der Wurfschaufel mit 120 Umdrehungen angenommen ist. Die Bewegung der Schaufel erfolgt durch unmittelbaren Kurbelangriff der aus 2 hintereinander angeordneten Dampfzylindern bestehenden, senkrecht über der Schaufelwelle montierten Dampfmaschine. Ein besonderer Dampfkessel ist nicht vorhanden, die Speisung erfolgt vielmehr durch die hinter den Pflug gespannte Lokomotive, u.zw. geschieht dieses mittels einer großen Kupferspirale, die den Bewegungen der Fahrzeuge leicht folgt. Die Leistung der Maschine kann bis auf 700 PS. gesteigert werden; bei geringer Inanspruchnahme besorgt die dampfgebende Lokomotive auch zugleich das Vorschieben des Pfluges, bei größeren Schneemengen und dementsprechend stärkerem Widerstand muß jedoch noch eine besondere Schiebelokomotive beigegeben werden. Die mit der Kreiselschaufel in der Nähe von Görlitz an besonders hergerichteten Schneehaufen angestellten Versuche haben recht befriedigende Ergebnisse erzielt.
In letzter Zeit wurde für die ungarischen Staatsbahnen ein solcher S. bezogen, der jedoch einen ungemein großen Dampfverbrauch aufweist, wodurch seine Verwendungsfähigkeit eigentlich sehr beeinträchtigt wird.
Über S. für Straßenbahnen s. Bd. III, S. 273.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.