Sibirische Eisenbahn

Sibirische Eisenbahn

Sibirische Eisenbahn (s. Karte Abb. 85).


Inhaltsübersicht: I. Geschichte. – II. Bau und Ausrüstung. – III. Finanzierung. – IV. Verkehr.


I. Geschichte.


Schon in den Fünfzigerjahren wurde im fernen Osten die erste Anregung zum Bau von Eisenbahnen in Sibirien gegeben. Damals (1857) erteilte der Generalgouverneur von Ostsibirien den Auftrag, eine Kunststraße zu erbauen, die den Ort Ssophiisk (am Amur) mit dem Hafen Alexandrowsk (an der Tatarenstraße) verbinden und so hergestellt werden sollte, daß sie jederzeit als Damm für eine Eisenbahn gebraucht werden könne. Die Straße ist im Laufe der Jahre erbaut worden, mit der Eisenbahn dauerte es länger. Immerhin gab dieser Auftrag die erste Anregung für die Erbauung von Eisenbahnen in Sibirien, namentlich aber zum Bau der ersten dortigen Eisenbahn – der Ussuribahn – von Wladiwostok-Chabarowsk (1893–1897). Seit jener Anregung ist die Erörterung und Förderung der Frage, Sibirien in seiner ganzen Ausdehnung vom Ural bis zum Stillen Ozean durch eine Eisenbahn zu erschließen, nicht von der Tagesordnung abgesetzt worden. Eine tatkräftige Förderung ließen jedoch die Zeitverhältnisse nicht zu. Der Orientkrieg hatte die Erkenntnis von der Notwendigkeit des Baues von Eisenbahnen mit zwingender Gewalt aufgedrängt. Kaiser Alexander II. (1855–1881) richtete indes sein Augenmerk auf das europäische Rußland. Jahrelang wurde darüber gestritten, ob die Verbindung einer S. mit dem europäischen Eisenbahnnetz in nördlicher Linienführung, d.h. St. Petersburg-Rybinsk-Wjätka-Perm, oder in südlicher Richtung, d.h. Moskau-Nishni-Nowgorod-Kasan-Jekaterinburg erfolgen solle. 1875 trat zum ersten Mal das Ministerium der Verkehrsanstalten mit einem Entwurf hervor. Darnach sollte die S. zunächst nur bis Irkutsk, u.zw. »auf dem mathematisch kürzesten Weg« geführt werden. Es blieben hierbei sämtliche Städte bis zu 105 Werst (111 km) seitlich liegen. Dieser Entwurf schlug vor, die Bahn im Anschluß an Ssamara über Ufa-Slatoust-Tscheljäbinsk bis Irkutsk (3043 Werst = 3247 km) weiter zu bauen. Die Verhandlungen zogen sich jahrelang hin. Inzwischen war der Zar Alexander III (1881 bis 1894) zur Regierung gekommen, dessen Interesse sich ganz besonders den asiatischen Besitzungen zuwandte.

Das änderte die Stellungnahme der Regierung. Es wurde von Ssamara aus zunächst weiter gebaut, so daß die Teilstrecken bis Ufa (453 Werst = 483 km) 1888, bis Slatoust (299 Werst = 319 km) 1890 und bis Tscheljäbinsk (148 Werst = 158 km) 1892 für den Verkehr eröffnet werden konnten. Damit war der Ausgangspunkt der S. erreicht, wenngleich der Punkt Tscheljäbinsk immer noch etwa 200 Werst von der geographischen Grenze Sibiriens entfernt liegt.

Inzwischen wurden die Vorarbeiten gefördert. Namentlich wurden geologische Untersuchungen gemacht, um die Fundstätten von Gold, Kupfer, Eisen, Steinkohle abzugrenzen, auch die für Besiedlungszwecke geeigneten, in großem Umfang vorhandenen Ländergebiete festzustellen und so die Punkte zu finden, die bei der Linienführung der Bahn berücksichtigt werden mußten, abgesehen von den spärlich gesäten, wenigen größeren Städten, an die, entgegen den früheren Absichten, die Bahn möglichst herangeführt werden sollte. Unter dem Druck des Zaren entschloß sich dann das Ministerkomitee, zu bestimmen, daß der Bau mit der Ussuribahn begonnen werden solle. Am 17. März 1891 erließ der Zar ein Handschreiben an den Thronfolger, durch das dieser beauftragt wurde, bei seiner Rückkehr von der Weltreise in Wladiwostok den ersten Spatenstich zu tun und zu verkünden, daß es des Zaren Wille sei, daß eine ununterbrochene Eisenbahn vom Stillen Ozean zum Ural geführt werde, um hier Anschluß an das europäische Eisenbahnnetz zu finden. Gleichzeitig bestimmte der Zar, daß die Bahn für Rechnung und unter Leitung der Regierung erbaut werden soll. Der Thronfolger erfüllte den Befehl am 19. Mai 1891. Gleich darauf wurde der Bau der Ussuribahn in Angriff genommen. Ebenso wurde mit den Vorarbeiten für die Strecke Tscheljäbinsk-Tomsk begonnen. Nach Rückkehr des Thronfolgers wurde das Komitee für den Bau der S. eingesetzt. Zum Vorsitzenden wurde der Thronfolger ernannt und das Komitee mit ganz besonderen Vollmachten ausgestattet.

Nicht nur die bauliche Durchführung des ganzen Unternehmens ruhte in erster Linie in der Hand des Komitees, sondern namentlich auch die sämtlichen zahlreichen Hilfsunternehmungen, die für die gedeihliche Entwicklung der Bahn und des Landes sehr wichtig waren.

Die Linienführung verursachte zunächst in dem wenig erforschten, wenig bekannten Lande außerordentliche Schwierigkeiten. Allerdings waren bei der Ussuribahn in dieser Beziehung wenig Bedenken; denn sie war durch den Flußlauf auf der einen und den Ozean auf der andern Seite von selbst gegeben. Anders lagen die Verhältnisse auf dem westlichen Teil des großen Schienenwegs. Hier wuchsen die Schwierigkeiten beim Vorschreiten nach Osten ständig und machten zunächst eine Unterbrechung des Bahnbaues mit Erreichung des Baikalsees notwendig, weil die Baikal-Umgehungsbahn sehr große und schwierige Vorarbeiten forderte. Das gewählte Aushilfsmittel, die Einstellung großer Prähme, die den Verkehr über den großen See vermitteln sollten, entsprachen nicht den Anforderungen des Verkehrs, was auch besonders hervortrat, als der Boxeraufstand in China die schnelle Beförderung von Truppen notwendig machte1. 1899 wurde der Bau der Baikal-Umgehungsbahn (244 Werst = 260 km) genehmigt. Am 1. Juni 1904 war er so weit fertiggestellt, daß ein Verkehr aufgenommen werden konnte. Es war dadurch der Anschluß an die Transbaikalbahn 1031 Werst (= 1100 km) erreicht und ein durchgehender Verkehr mit letzterer ermöglicht. Hiermit war der Bau in der Richtung nach Chabarowsk zunächst zu einem gewissen Abschluß gekommen, denn die erstmaligen (1894/95), ganz allgemein gehaltenen Untersuchungen der ursprünglich geplanten Linienführung der Reststrecke Ssrjetensk-Chabarowsk rd. 1900 Werst (= 2027 km) hatten ein wenig günstiges Ergebnis gehabt. Die vollständige Menschenleere, die außerordentlich niedrige Temperatur im Winter, sehr starke Niederschläge im Sommer, Krankheiten, die die Arbeiter der Forschungsexpedition ergriffen (Skorbut u.s.w.), dazu das Fehlen jeglicher Verkehrswege mit einziger Ausnahme des Amur gaben Anlaß, den Plan, auf dem direkten Wege weiter fortzuschreiten, nochmals nachzuprüfen. Dazu kamen politische Erwägungen, die es Rußland wünschenswert erscheinen ließen, Wladiwostok auf dem Weg durch die nördliche Mandschurei möglichst schnell zu erreichen. Verhandlungen mit der chinesischen Regierung führten (1896) zu einer Verständigung dahin, daß mit Hilfe der russisch-chinesischen Bank von dem Grenzpunkt Mandschurija – Station der chinesischen Ostbahn – eine Bahn in der Richtung nach Wladiwostok zum Punkt Pogranitschnaja – Endstation der chinesischen Ostbahn- 1388 Werst (= 1481 km) zunächst erbaut werden solle und daß Rußland dann zu den beiden genannten Punkten Anschlußlinien erbauen werde, sowohl von der Transbaikalbahn 353 Werst (= 377 km), als auch von der Ussuribahn 115 Werst (= 123 km). Auch kam in Betracht, daß der Weg durch die Mandschurei kürzer, und keine erheblichen Bauschwierigkeiten bot, daher auch billiger war und daß vor allem in kürzerer Zeit die Verbindung mit Wladiwostok herzustellen sein würde. Die Chinesische-Ostbahn-Gesellschaft begann die Bauarbeiten im August 1897 zunächst auf der Strecke Mandschurija-Charbin-Pogranitschnaja2 1388 Werst (= 1481 km). Der Bau wurde außerordentlich beschleunigt, namentlich als die Unruhen (1900) drohten und damit die Notwendigkeit eintrat, größere Truppenkörper aus Rußland in die Mandschurei zu bringen. Es gelang schon am 21. Oktober 1901 den Verkehr auf der Bahn zu eröffnen.

Um diese große Verbindungsbahn dem durchgehenden Verkehr dienstbar zu machen, mußten, wie oben ausgeführt, 2 Anschlußlinien erbaut werden.

Zum Anschluß an die Transbaikalbahn mußten bei der Station Karymskaja bis Mandschurija 353 Werst (377 km) und anderseits zum Anschluß an die Ussuribahn bei der Station Nikolsk von der Endstation der chinesischen Ostbahn Pogranitschnaja 115 Werst (123 km) erbaut werden. Die Bauzeit war bis 1902 vorgesehen, doch mußte auch hier mit Rücksicht auf die politischen Ereignisse in der Mandschurei an der schnelleren Fertigstellung mit allem Nachdruck gearbeitet werden. Es gelang, die Anschlußstrecken bis zum Februar 1901 in der Hauptsache fertigzustellen, am 12. Oktober 1901 waren sie für den Verkehr frei.

Während der Bau der großen Bahn so den Ussurifluß erreicht hatte, war von Wladiwostok aus an der Fertigstellung der östlichsten Teilstrecke bis Chabarowsk gearbeitet. Es konnte schon am 30. November 1894 der Verkehr eröffnet werden.

Damit war das ursprünglich gesteckte Ziel, ganz Sibirien mit einer Eisenbahn zu durchqueren, nur zum Teil und nur unvollkommen erreicht. Einmal war der Baikalsee ein Hindernis geworden, das den ununterbrochenen Schienenweg störte, und sodann fehlten die letzten rd. 2000 Werst (2134 km) (die Amurbahn). Beide Fehlstücke sind ja wohl durch Hilfsunternehmungen, soweit die Zeitverhältnisse das möglich machten, ergänzt worden, es waren aber offenbar Notbehelfe. Dazu erwies sich vor allem der Ersatz der fehlenden Baikal-Umgehungsbahn sehr bald als wenig leistungsfähig, obgleich alle Vorkehrungen getroffen und keine Mittel gespart worden waren, um diesen Verkehr möglichst sicherzustellen. Es mußte vor allem das fehlende Stück – die Baikal-Umgehungsbahn – hergestellt werden. Am 23. Juni 1899 wurde der Bau genehmigt. Zu Anfang 1902 waren die Pläne für die vielen und schwierigen Kunstbauten hergestellt. 3 Jahre sollte mindestens der Bau in Anspruch nehmen. Da brach im Februar 1904 der Krieg mit Japan aus. Es mußte die Fertigstellung beschleunigt werden. Am 12./25. September 1904, gegen 2 Jahre früher, als es in Friedenszeiten gelungen wäre, wurde der durchgehende Verkehr ermöglicht und Rußland in die Lage gebracht, Truppen beschleunigt dem Kriegsschauplatz zuzuführen.

Die Erfahrungen, die Rußland mit der Leistungsfähigkeit der S. gemacht hatte, traten zum Teil in dem unglücklichen Ausgang des Krieges, zum Teil in den durchgreifenden Änderungen und Ergänzungen, die sehr bald nach Beendigung des Krieges vorgenommen werden mußten, deutlich zu tage. Der Frieden mit Japan wurde in Portsmouth im September 1904 geschlossen und obgleich Rußland erschöpft durch die schweren Opfer des Krieges war, so wurde doch alsbald an die Ergänzung der Leistungsfähigkeit der ganzen S. geschritten (s. Bau und Ausrüstung).

Aber noch eine zweite schwerwiegende Folge hatte der Krieg mit Japan. Kaiser Nikolai II., der nur widerwillig die Richtlinien verlassen, die sein Vater für die Durchführung des großen, russischen, ununterbrochenen Schienenwegs vorgezeichnet, und dem Bau der chinesischen Ostbahn zugestimmt hatte, griff jetzt von neuem den Gedanken auf und bestimmte, daß nunmehr, u.zw. mit Beschleunigung, der Bau der Amurbahn durchgeführt werde (s. Bd. I, S. 147 ff.).

Seit dem Oktober 1913 sind für den Verkehr bis zum Januar 1915 bereits 1646 Werst (1756 km) eröffnet worden. Die Reststrecke von 452 Werst (482 km) mit der großen Brücke über den Amur bei Chabarowsk befindet sich seit der zweiten Hälfte 1912 im Bau. Ist auch diese Teilstrecke vollendet, so wäre die S., wie ursprünglich beabsichtigt, als »rein russisches« Unternehmen durchgeführt worden. Mag auch der leitende Gedanke Alexander III. die wirtschaftliche Erschließung und Hebung des großen asiatischen Besitzes gewesen sein, die Durchführung ist bestimmt und zweifellos von politischen Erwägungen getragen worden. Die militärische Sicherung der entfernten Grenzen des Reiches mag zunächst vorgeschwebt haben, aber schon die Führung der Bahn durch die Mandschurei zeigt deutlich das Streben nach Machterweiterung. Die Gründe für die Wahl der Linienführung der S. durch die Mandschurei – große, technische Schwierigkeiten beim Bau der Amurbahn, kürzerer Weg – galten nur so lange, bis das vorgesteckte Ziel erreicht war, dann wurde das alte Programm wieder aufgenommen und schnell durchgeführt. Dieses Mal unter der ausdrücklichen Begründung, Rußland müsse, sicher vor feindlichen Kanonen Wladiwostok, den Stillen Ozean erreichen können. Das Ziel wird aller Wahrscheinlichkeit nach bald erreicht sein, wenngleich an der allerempfindlichsten Stelle, beim Überschreiten des Amurstroms auf einer großen Brücke bei Chabarowsk die Bahn ganz nahe an die Grenze herantritt.

Gleichzeitig mit dem Bau der S. förderte die Staatsregierung eine große Zahl von »Hilfsunternehmungen«, die dazu bestimmt waren, die wirtschaftliche Entwicklung zu beleben, zum Teil diese erst zu ermöglichen. Hierher gehört in erster Reihe die Besiedelung des Landes mit Bauern aus dem europäischen Rußland. Soweit es sich bisher übersehen läßt, ist das Werk tatsächlich in seinen Hauptpunkten geglückt. Der Ansiedlerstrom bewegte sich regelmäßig und mächtig dorthin. Allerdings hat die Staatsregierung durch Wegebauten, landwirtschaftliche Schulen, Niederlagen landwirtschaftlicher Maschinen und sonstiger Bedarfsgegenstände, geologische Untersuchungen, Schiffbarmachung von Flußläufen, Hilfsleistung durch Geldunterstützungen und Darlehen bei Errichtung der Ansiedelungen viel getan, um das Einleben der Siedler und deren wirtschaftliches Gedeihen zu fördern. Neben dieser wichtigen Vorbedingung für die Hebung von Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe ging die Erziehung in Schule und Kirche gleichmäßig einher.

Alle diese Aufgaben zu lösen, war um so schwieriger, als der weitaus größte Teil des Landes, der erschlossen werden sollte, eine völlig menschenleere Einöde war. Daß es trotzdem gelungen ist, die Produktivität des Landes in so kurzer Zeit so gewaltig zu heben, ist zweifellos ein glänzendes Zeugnis für die Fähigkeit des russischen Volkes auf kolonisatorischem Gebiet.

Die Rückwirkung dieser Unternehmungen kommt in dem wachsenden Verkehr deutlich zum Ausdruck. So groß und schnell ist der Verkehr auf der Bahn gewachsen, daß diese den Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte und den Ausbau eines zweiten Gleises bis Karymskaja, Anschlußstation für die chinesische Ostbahn, und den Umbau der Gebirgsstrecke notwendig machte.

Dieser sehr schnell wachsenden Verkehrszunahme und den damit gleichermaßen wachsenden Verwaltungsgeschäften ist es wohl auch zuzuschreiben, daß die bisher unter dem Namen S. zusammengefaßte Teilstrecke Tscheljäbinsk-Innokentjewskaja in 2 Verwaltungsbezirke zerlegt worden ist. Es sind nunmehr an Stelle der »Sibirischen Eisenbahnverwaltung« eine in Omsk und eine in Tomsk getreten. Zum Bezirk Omsk gehören die Strecken: Tscheljäbinsk-Nowonikolajewsk (frühere S.), ferner Jekaterinburg-Tjumen, Bogdanowitsch-Ssinarskaja, Jekaterinburg-Tscheljäbinsk, zusammen 2549 Werst (2720 km). Zum Bezirk Tomsk gehören die Strecken: Nowonikolajewsk-Innokentjewskaja, Taiga-Tomsk, zusammen 1821 Werst (1943 km).


II. Bau und Ausrüstung.


A. Bau.

Allgemeines zum Bau.


Die S. hat russische Normalspur 0∙714 Faden (= 1∙523 m). Auf der Strecke Tscheljäbinsk-Ssrjetensk sind Schienen von 18 Pfund auf den laufenden Fuß verlegt worden. Die Schienen erwiesen sich sehr bald als viel zu leicht. Schienenbrüche häuften sich, die auch durch Erhöhung der Zahl der Schwellen nicht verhindert werden konnten, so daß schon 1899 mit dem Ersatz dieser leichten Schienen durch solche von 24 und 24 1/3 Pfund auf den laufenden Fuß vorgegangen werden mußte. Es waren aber nicht nur die zu schwachen Schienen der Entwicklung des Betriebs hinderlich, sondern ebenso bildeten die hölzernen Brücken, die viel zu kleinen Stationsanlagen, die übermäßig großen Abstände der Stationen voneinander, die ungenügenden Vorkehrungen für die Wässerversorgung die wichtigsten Hindernisse. Kurz bereits in den Jahren 1898/99 wurden alle diese Mängel festgestellt und gleichzeitig beschlossen, Abhilfe zu schaffen. 57 Zwischenstationen wurden erbaut. Ferner mußten die Schwellen größere Abmessungen erhalten und die Kiesbettung bis auf 0∙22 Faden (0∙469 m) verstärkt werden. Die Arbeiten sollten in 5–8 Jahren vollendet sein. Während sie in vollem Gang begriffen waren und der Betrieb allmählich günstig beeinflußt wurde, stellte es sich heraus, daß mit Rücksicht auf das Profil der Bergstrecken die Zugbelastung eine so ungleichmäßige war, daß auch hierdurch eine nicht unerhebliche Behinderung dem Betrieb erwuchs. Es handelte sich um die Strecken Atschinsk-Nishneudinsk 699 Werst (= 746 km) und Sima-Polowina 138 Werst (= 147 km), auf denen Steigungen bis 0∙0174 und kleinste Krümmungshalbmesser von 120 Faden (256 m) zugelassen waren. 1903 wurde eine Besserung dieser Verhältnisse beschlossen. Bald darauf brach der Krieg gegen Japan aus und die Arbeiten wurden zunächst verschoben. Aber im Krieg stellte sich die geringe Leistungsfähigkeit mit ihren bedenklichen Folgen für die Kriegführung heraus und nun wurde außer dem Umbau der Gebirgsstrecken auch ein 2gleisiger Ausbau der gesamten Bahn von Omsk bis Tanchoi auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits 1906 wurde die Durchführung dieser großen, umfangreichen und mehr als 200 Mill. Rubel in Anspruch nehmenden Arbeiten beschlossen und gleich im nächsten Jahre wurde mit dem Bau begonnen. So weit bekannt, ist der zweigleisige Ausbau bis Karymskaja (Abzweigestation zur chinesischen Grenze) durchgeführt, so daß von der Station Karymskaja, woselbst die Amur- und die chinesische Ostbahn zusammentreffen, bis Omsk, woselbst eine Teilung des sibirischen Verkehrs über Tjumen und Tscheljäbinsk stattfindet, bereits gegenwärtig ein zweigleisiger Betrieb durchgeführt wird.

Neben diesen gewaltigen Umbauten sind an der Ussuribahn, die zurzeit sich im Betrieb der chinesischen Ostbahn befindet, umfangreiche Bauten, um deren Leistungsfähigkeit zu erhöhen, seit 1913 in Durchführung begriffen. Der Kostenanschlag beträgt 40 Mill. Rubel.


Im Besonderen.


a) Die westsibirische Teilstrecke 1328 Werst (= 1417 km) beginnt bei der Station Tscheljäbinsk, führt über Kurgan (Werst 241), Petropawlowsk (Werst 490), Omsk (Werst 745), Kainsk (Werst 1049) und endet nach Überschreitung des Ob bei Werst 1328. Für den Bau der Bahn sind 15.362 Deßjätinen (16.789 ha) Land in Anspruch genommen, von denen 2577 Deßjätinen (2816 ha) käuflich erworben werden mußten. Die Bauarbeiten wurden 1892 begonnen, der Verkehr bis Omsk konnte schon am 30. August 1894, für die Reststrecke am 19. August 1895 eröffnet werden. Nur die Brücke über den Ob wurde erst am 31. März 1897 fertig. Diese Brücke hat eine Länge von 380 Faden (811 m). Die höchste Steigung beträgt 0∙0074, wobei von der Gesamtlänge der Bahn 56∙5% in einer Steigung, 92∙5% in der Geraden und nur der kleine Rest von 7∙5% in Krümmungen liegen. Der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt 120 Faden (256 m). Eine Werstbahnlänge (1067 m) erforderte nur 1223 Kubikfaden (11.876 m3) Bodenbewegung. Trotz dieser günstigen Verhältnisse hatte die Bauleitung doch mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen, denn einmal war die kurze Bauperiode (120 Tage) namentlich bei den Kunstbauten störend und sodann mußten Holz, Zement, Ziegelsteine u.s.w. auf sehr große Entfernungen herangeschafft werden. Z.B. Steine zum Bau der Brücke über den Irtysch und der Station Omsk 740 Werst (= 789 km). Ganz besondere Schwierigkeiten verursachte die Wasserversorgung. Das Wasser der vielen Seen konnte zur Speisung der Lokomotiven und als Gebrauchswasser für die Menschen nicht ohneweiters wegen des starken Salz- und Eisengehalts Verwendung finden. Es mußte auf chemischem Weg gebrauchsfähig gemacht werden.

b) Die mittelsibirische Strecke, 1715 Werst (1830 Am). Dazu kommen die Anschlußbahnen zur Stadt Tomsk 82 Werst (= 87 km) und von Irkutsk zum Baikalsee 64 Werst (= 68 km), dieser zweite Teil der S. umfaßt also 1861 Werst (1986 km). Die Bahn beginnt am rechten Ufer des Ob und führt dann weiter über Mariinsk (Werst 353), Atschinsk (Werst 542), Krasnojarsk (Werst 708), überschreitet den Jenissei, erreicht Kansk (Werst 933), Nishneudinsk (Werst 1236) und endet am linken Ufer der Angara bei Irkutsk (Werst 1715). Für den Bau sind in Anspruch genommen 24.718 Deßjätinen (25.911 ha) oder für eine Werstbahnlänge 13∙8 Deßjätinen (15∙1 ha). Die ganze Baulänge ist in 2 Teile zerlegt: I. bis Krasnojarsk und II. von hier bis Irkutsk. Bald nach Beginn des Baues der ersten Teilstrecke im Frühjahr 1893 ergab sich das Bedürfnis, die ganze mittelsibirische Strecke früher, als ursprünglich in Aussicht genommen, fertigzustellen. Es wurde daher die zweite Teilstrecke bereits 1894 in Angriff genommen und damit erreicht, daß die Strecke zu I am 15. Februar 1897, zu II am 16. August 1898 für den Betrieb eröffnet werden konnte.

Dieser zweite Teil der großen Bahn hat einen gebirgigen Charakter und erforderte erheblich viel größere Erdarbeiten (2060 Kubikfaden = 20.005 m3 Bodenbewegung auf 1 Werst). Es liegen zu I nur 25%, zu II 33% in der Wagrechten. Die größte Steigung beträgt 0∙0174. In der Geraden liegen zu I 70%, zu II 68%. Der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt 200 Faden (427 m). Die Arbeiten mußten, um die Fertigstellung zu beschleunigen, in Angriff genommen werden, bevor die Baupläne im einzelnen vollkommen hergestellt waren, selbst die Linienführung war nur ganz allgemein festgelegt. Dazu kam, daß sich verhältnismäßig nur wenig Unternehmer fanden. Auf den westsibirischen Strecken konnten 77% der Arbeiten im Ausgebotverfahren vergeben werden, an der mittelsibirischen Strecke nur 56%. Auch die Anmietung von Arbeitern in dem dünnbevölkerten Land war schwierig; die Mehrzahl mußte aus dem europäischen Rußland herangebracht werden. 23.000 Arbeiter wurden zeitweise beschäftigt, darunter 1472 Arrestanten. Namentlich zu den Kunstbauten, darunter 8 größeren Brücken, den Stationsgebäuden u.s.w. konnten nur europäische Arbeiter Verwendung finden. Unter den Brücken ist namentlich die über den Jenissei 408 Faden (870∙3 m) lang und überspannt den Strom auf 6 Bogen von je 68 Faden (145 m).

Besondere Erschwernisse für den Bau boten auch die klimatischen Verhältnisse (bis 40° unter Null) und die Bodenbeschaffenheit (nicht selten bis Anfang Juli noch gefroren). Dazu trat die Taiga (der Urwald) mit ihrem undurchdringlichen Waldbestand und dem metertiefen, sumpfigen Boden, die auf sehr weiten Strecken durchschnitten werden mußte. Auch wurden infolge des gebirgigen Charakters der Bahn viele Kunstbauten notwendig. Im Zusammenhang mit dem Bau der mittelsibirischen Bahn steht der Bau zweier Anschlußbahnen, u.zw.:

1. Zweigbahn nach Tomsk, ausgehend von der Station Taiga, 82 Werst (87 km) lang, nebst deren Fortsetzung bis zum Hafenplatz Tscheremoschnika am Tom, 7 Werst (7 km). Auch diese Bahn führt durch gebirgiges Taigagelände.

2. Zweigbahn Irkutsk – Station der Hauptbahn – zum Baikalsee. Sie führt durch gebirgiges Gelände auf dem linken Ufer der Angara, das von tiefen Ein schnitten durchbrochen ist und auf weite Strecken hin steil ins Tal abfällt. Am Endpunkt ist am Ufer des Sees eine Anlagestelle für die großen Eisbrecher-Prähme hergestellt worden. Auch der Bau der Hafen anlagen auf beiden Seiten des Sees verursachte große, bauliche Schwierigkeiten, die durch den Charakter des riesigen Gebirgssees begründet sind. Außerdem mußten die Prähme, die in England erbaut waren, in auseinandergenommenem Zustand bis an den See geschafft, hier zusammengesetzt werden, wozu wieder um ein ganzer Bestand an geschulten Arbeitern aus Europa herangeführt werden mußte. Im April 1900 konnte der Verkehr eröffnet werden.

c) Die Baikal-Umgehungsbahn. Die Wahl der Linienführung war schwer zu entscheiden. Für den ersten Teil der 244 Werst (260 km) langen Strecke standen mehrere Möglichkeiten offen, unter denen einem Bau am Ufer des Baikalsees, dem über das Syrkusunskgebirge oder durch das Tal des Irkut, der Vorzug gegeben wurde, namentlich auch weil dadurch der Bau eines 3∙5 Werst langen Tunnels vermieden werden konnte. Die Linienführung bewegte sich hiernach von der Station Baikal-Osero über Kultuk-Murino bis Myssowaja. Namentlich auf dem ersten Teil der Umgehungsbahn wurde der Bau durch die vielen Krümmungen, die Vorsprünge und die tief und scharf einschneidenden Buchten des felsigen Ufers außerordentlich erschwert, so daß, um große Stützmauern zu vermeiden, die wegen des hohen Ufers und des tiefen Sees schwer zu erbauen waren, 31 Tunnel durchgeschlagen, sowie Brücken über tief eingeschnittene Täler und Buchten errichtet werden mußten. Auf der Strecke Kultuk bis Murino ist das Gelände auch noch felsig, die Felsen steil abfallend und mit Wald bestanden. Nach Verlassen der Station Murino treten die Felsen vom See mehr zurück, so daß die Bahn bis zur Endstation Myssowaja in gewöhnlichem Gelände geführt werden konnte. Dazu trat das rauhe Klima und der fast stets unruhige, ein Erreichen der Baustellen behindernde See. Der Bahnkörper sollte nach dem Bauplan 2∙60 Faden (5∙55 m) breit sein, der Krümmungshalbmesser in der Regel 300 (640) und in Ausnahmefällen nicht weniger als 150 Faden (320 m), die Steigungen nicht mehr als 0∙008 betragen. Die durchschnittliche Bodenbewegung auf eine Werstbahnlänge hat 4734 Kubikfaden (10.098 m3), darunter 1893 Kubikfaden (4038 m3) Felsen betragen. Auch ist für die Umgehungsbahn ein Schienengewicht von 24 Pfund (1Sibirische Eisenbahn = 0∙4095 kg) auf den laufenden Fuß (0∙3047 m) zugelassen worden.

Begonnen wurde der Bau 1899; im Herbst 1904 war er vollendet.

d) Die Transbaikalbahn. Die gewählte Linienführung geht von Myssowaja aus und zieht sich dann durch das Tal der Sselenga hin, erreicht bei Werst 155 Werchneudinsk, überschreitet den Höhenzug von Zagan-Daban, folgt darauf dem Lauf der Flüsse Chilka und Baljaga, um bei Werst 328 die steilen Ufer der Chilka und darauf das Jablonoigebirge bei Werst 590 in einer Höhe von etwa 1000 m zu überschreiten. Endlich wird Tschita bei Werst 675, Nertschinsk bei Werst 952 und darauf die Endstation Ssrjetensk bei Werst 1031 erreicht. Die größte Steigung beträgt 0∙174, der kleinste Krümmungshalbmesser 150 Faden (320 m). Der Bau wurde 1895 begonnen und sollte 1898 beendet sein. Allein ein Hochwasser im Jahre 1897, das das Niveau der Flüsse bis 3 m über den bis dahin beobachteten höchsten Hochwasserstand hob, zerstörte auf einer Strecke von 357 Werst mehr oder minder die Bauten. Sie mußten z.T. erneuert, z.T. mußte die Linienführung geändert werden, wodurch ein Schaden von 12∙5 Mill. Rubel und eine Verzögerung in der Fertigstellung der Bahn hervorgerufen wurde. Der Betrieb konnte erst 1. Januar 1900 eröffnet werden. Die Schwierigkeiten nahmen mit jedem Kilometer weiter nach Osten zu, je mehr die Entfernung von der Basis – dem europäischen Rußland – wuchs. Große Mengen der Baumaterialien, wie Zement, Eisenteile, zu den Kunstbauten, namentlich aber auch die vielen geschulten Arbeitskräfte mußten über Wladiwostok herangeschafft werden. Auf diesem Bauabschnitt wurden bereits viele Chinesen neben den Verbannten und Sträflingen, aus den russischen Gefängnissen, verwendet. Diese Verhältnisse brachten es auch mit sich, daß sich Unternehmer nur schwer fanden. 72% aller Arbeiten mußte die Bauverwaltung selbst ausführen. Zu allen diesen Erschwernissen kamen auch hier noch die klimatischen Verhältnisse hinzu, die Kälte, der gefrorene Boden, die kurze Arbeitszeit im Winter, im Sommer die hohe Temperatur und in ihrem Gefolge Mücken u.s.w., Plagen, die die Arbeit außerordentlich erschwerten und vielfach zu einer Qual machten. Auch dieser Teil der Bahn mußte größtenteils durch felsiges Gelände geführt werden. Der gefrorene Boden stellte auch ganz besonders schwierige Aufgaben an die Sicherstellung der Wasserversorgung. Kurz, an die Tatkraft und die Opferwilligkeit des ganzen Personals, vom obersten Leiter bis zum letzten Arbeiter, waren fast übermenschliche Anforderungen gestellt.

e) Die Amurbahn ist bereits in Bd. I, S. 147 ff. behandelt worden. In der Zwischenzeit ist der Bau so weit fortgeschritten, daß die ganze westliche Hälfte der Bahn Kuenga-Alexjejewsk 1207 Werst (= 1288 km) am 15. Oktober 1913, die Endstrecke Alexjejewsk-Botschkarewo 50 Werst (= 53 km) im Dezember 1913 für den Betrieb eröffnet werden konnten. Desgleichen sind die Zweigbahnen Boljschoi Newer-Reinowo 64 Werst (= 68 km), Taptugary-Tschassowenskaja 26 Werst (= 28 km) im Oktober 1913, Alexjejewsk-Blagowjeschtschensk 103 Werst (= 110 km) im Dezember 1913, endlich Uschumun-Tschernjäjewo 37 Werst (= 39 km) für den Betrieb eröffnet worden; für die letztere ist allerdings der Zeitpunkt nicht genau festzustellen. Damit ist die westliche Hälfte der Amurbahn seit Ende 1913 dem Verkehr dienstbar. Während der Bauausführung dieser Strecke sind 5 Arbeitsbahnen von zusammen 170 Werst (181 km) zum Amurstrom hergestellt worden. Diese Hilfsgleise sind dann in der Folgezeit als wertvolle Verbindungsglieder zwischen der Hauptbahn und dem Strom regelrecht ausgebaut worden, um ständig dem Verkehr zu dienen. Von größeren Bauwerken können hervorgehoben werden: die Brücken über den Sejafluß bei Alexjejewsk, 382 Faden (815 m) lang mit 8 Bogen und bei Bjelogorja, 570 Faden (1216 m) lang mit 11 Bogen. Nähere Mitteilungen über den Bau der Amurbahn fehlen, weil der Krieg die Verbindungen unterbrochen hat. Das Gewicht der verlegten Schienen beträgt hier 24∙13 Pfund (1 Sibirische Eisenbahn = 0∙4095 kg) auf den laufenden Fuß (0∙3047 m).

Der Bau der östlichen Teilstrecke vom Fluß Bureja-Chabarowsk 611 Werst (= 652 km) ist im Herbst 1912 begonnen worden. Er sollte Anfang 1916 vollendet sein. Allein der Krieg ist hier störend dazwischen getreten. Aus Anordnungen der Regierung, die eine Umleitung der Transporte von Wladiwostok auf dem Wasserweg (Amur) bis Blagowjeschtschensk bezwecken, ergibt sich, daß der direkte Weg über Chabarowsk und die Amurbahn zurzeit (Oktober 1916) noch nicht für den Verkehr eröffnet worden ist. Aus erreichbaren Quellen ist zu erkennen, daß die Strecke Botschkarewo-Bureja 159 Werst (= 170 km) im Mai 1914 eröffnet worden ist. Die Fertigstellung der Reststrecke von 452 Werst (= 482 km) wurde durch den Ausbruch des Krieges verzögert. An großen Kunstbauten auf diesem Teil der Amurbahn sind vorhanden 8 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 2373 Faden (4962 m), darunter der längste von 746 Faden (1591 m) und die Brücke über den Amurstrom bei Chabarowsk. Mit 18 Öffnungen zu je 58 Faden (124 m) überspannt die Brücke mit 1044 Faden (2227 m) den Amur. Rd. 1,100.000 Pud (18.018 t) Eisen und rd. 6000 Kubikfaden (58.266 m3) Mauerwerk sind zu ihrer Herstellung erforderlich gewesen. Hier sind Chinesen in großer Zahl herangezogen worden.

f) Ussuribahn. Auch die Ussuribahn ist in 2 Bauabschnitte, den südlichen, Wladiwostok-Murawjew-Amurski, 378 Werst (403 km), und den nördlichen, von hier bis Chabarowsk, 344 Werst (367 km), geteilt worden. Der Bau des südlichen Teiles wurde im Mai 1891 begonnen und dem Betrieb im November 1894 übergeben; auf dem nördlichen Teil begann der Bau 1894 und der Betrieb 15. Oktober 1897. Für die Ausführung ist eine leichtere Bauart gewählt. Auf dem südlichen Teil sind zugelassen: Steigungen von 0∙015 und kleinste Krümmungshalbmesser von 120 Faden (260 m), auf dem nördlichen Teil Steigungen von 0∙010 und kleinste Krümmungshalbmesser von 200 Faden (427 m). Vor Erreichung der Endstation überschreitet die Bahn den Ussurifluß auf einer festen Brücke. Das fast vollständige Fehlen von Wegen erschwerte das Fortschreiten des Baues. Viele Wege mußten neu geschaffen werden. Dazu kam, daß reichlicher Regen den Bau aufhielt. Der Arbeitermangel war auch hier sehr groß und konnte nur durch Einstellung von Sträflingen bis zu 2000 Mann und von Chinesen bis zu 15.000 Mann behoben werden.

Zur Ussuribahn gehört noch die Verbindungsbahn zwischen dieser und der chinesischen Ostbahn. Sie zweigt bei der Station Nikolsk ab und erreicht nach 110 Werst (117 km) die Grenzstation Pogranitschnaja, wo sie Anschluß an die chinesische Ostbahn findet.


B. Ausrüstung.


Die erste3 Ausrüstung der S. mit Betriebsmitteln am 1. Mai 1903 und der Bestand Ende 1910 ergeben sich aus der folgenden Tabelle:


Sibirische Eisenbahn

III. Finanzierung.


Bald nachdem die Absichten der Staatsregierung, tatkräftig an den Bau der großen S. heranzutreten, bekannt wurden, gingen ihr Pläne und Angebote zur Durchführung des riesigen Unternehmens in großer Zahl, auch aus England und Frankreich zu. Es fanden sich darunter Angebote, die die Durchführung des Baues und des Betriebs ohne jede staatliche Beihilfe zu übernehmen bereit waren. Alle diese Angebote scheiterten an dem festen Willen Alexanders III., der bestimmt hatte, daß die S. als ein rein russisches Unternehmen aus staatlichen Mitteln und unter staatlicher Leitung durchgeführt werden solle. Darnach war es Aufgabe des Finanzministers, Quellen zu erschließen, aus denen die großen Summen beschafft werden konnten.

Die Baukosten der einzelnen Teilstrecken der S., wie sie 1903 durch das Komitee für die S. festgestellt worden sind, wobei der Kostenvoranschlag der Baikal-Umgehungsbahn mit in den Kostenanschlag eingesetzt ist, ergeben für:


Sibirische Eisenbahn

Soweit handelt es sich hier ausschließlich um die bauliche Herstellung der S. Nun kommen aber noch, wenn man sich ein Bild von den Gesamtkosten des Unternehmens machen will, die Kosten der Hilfsunternehmungen in Betracht, u.zw.:


1. Dampffähre auf dem Baikalsee6,744.340 Rubel
2. Chinesische Ostbahn253,496.850 Rubel
3. Chinesische Ostbahn Schutz
der Bahn46,293.386 Rubel
4. Chinesische Ostbahn Verluste
durch Zerstörung bei den
Unruhen 190070,000.000 Rubel

Ferner rechnet das Komitee für die S. hierher auch noch Ausgaben, die sich als eine Folge des großen Unternehmens darstellen, so:


Bau von Stadt und Hafen Dalni18,850.000 Rubel
Unterstützung oder Begründung
von Dampferlinien auf dem
Stillen Ozean11,427.000 Rubel
Verbesserung der Wasserwege
in Sibirien10,321.000 Rubel

Wenn auch zugegeben werden mag, daß die vorstehenden Ausgaben eine Folge sind, mindestens im Zusammenhang mit dem Bau der Bahn stehen, so würde es anderseits doch sehr das Bild über die Kosten der Bahn verschieben, wenn solche Nebenunternehmungen gleichfalls dem Konto des Bahnbaues zur Last gebracht würden. Es ist deswegen in der vorstehenden Zusammenstellung eine Trennung streng durchgeführt worden.

Aus allem ergibt sich, daß es sich zurzeit noch nicht übersehen läßt, was das sibirische Unternehmen schließlich kosten wird.

Die Form der Aufbringung der großen Geldmittel läßt sich auch nicht klar erkennen. Dem äußeren Anschein nach sind die notwendigen Beträge von der Reichsduma für jedes Baujahr besonders aus den verfügbaren Mitteln bewilligt; ob es der Finanzverwaltung geglückt ist, diese großen Aufwendungen wirklich, wie es gedacht war, aus etwaigen Einnahmeüberschüssen zu decken oder ob ausländische Anleihen helfen mußten. In seiner Wirkung ist es aus dem Grund bedeutungslos, woher das Geld stammt, weil das russische Reichsbudget sehr häufig, um nicht zu sagen in der Regel, Zugänge aus »finanziellen Operationen« notwendig macht, um Einnahme und Ausgabe ins Gleichgewicht zu bringen.


IV. Verkehr.


Der Verkehr auf den Bahnen Sibiriens hat sich schnell entwickelt, wie das der 16jährige Beobachtungsabschnitt deutlich zeigt. Im besonderen haben die Jahre 1904 und 1905 Aufnahme gefunden, um zu zeigen, was diese Bahnen, die ihre Erbauung nicht zuletzt politisch-militärischen Erwägungen verdanken, während des Krieges mit Japan zu leisten vermochten, obgleich sie bautechnisch nur in der Hauptsache fertiggestellt waren.

Im Personenverkehr (einschließlich Militär) gelangten zur Beförderung auf der Bahn:


Sibirische Eisenbahn

Im Güterverkehr wurden bewegt auf der Bahn:


Sibirische Eisenbahn

Mertens.

Abb. 85. Karte der sibirischen Eisenbahn.
Abb. 85. Karte der sibirischen Eisenbahn.
1

Es handelte sich in der Zeit vom 28. August bis 28. September 1900 nur um 40.052 Mann, 10.125 Pferde und 1976 Fuhrwerke nebst Zubehör.

2

Für das hier behandelte Thema kommt nur diese Strecke in Betracht, weil sie die Verbindung mit Wladiwostok herstellt. Das Unternehmen der chinesischen Ostbahn umfaßt jedoch auch die Strecke Charbin-Mukden-Port-Arthur und Kuantschenzsy-Dalni, rd. 1050 Werst (= 1170 km). Die Vereinbarung über den Bau dieser Strecke wurde am 21. März 1898 geschlossen

3

Staatssekretär Kulomsin: Die S. in Vergangenheit und Gegenwart. Festschrift zur Feier des 10jährigen Bestehens des Komitees der S. (1893–1903). Petersburg 1903.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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