Stationsgebühr

Stationsgebühr

Stationsgebühr. Unter dieser Bezeichnung stand bei den österreichischen Staatsbahnen 1906 bis 1909 eine Nebengebühr in Geltung, die als Entgelt für die bei der Auf- oder Abgabe von Gütersendungen in der Versand- oder Bestimmungsstation erwachsenden besonderen, nicht durch die Manipulationsgebühr und die sonstigen tarifmäßigen Nebengebühren gedeckten bahnseitigen Leistungen eingehoben wurde. Die S. war von der Länge des Beförderungsweges unabhängig und wurde, gleichviel ob nur die Aufgabe oder nur die Abgabe oder die Auf- und Abgabe in Stationen der österreichischen Staatsbahnen erfolgte, berechnet. Sie war nach Tarifklassen und Ausnahmetarifen abgestuft.


Die S. betrug für gewöhnliches Eilgut 12 h, ermäßigtes und besonders ermäßigtes Eilgut 8 h, für die Klassen I und II 8 h, für die Klassen A und B sowie den Spezialtarif 14 h, für die Klasse C und die Spezialtarife 2 und 3 (ausgenommen Düngemittel und Rohmaterialien zur Kunstdüngerfabrikation), ferner für Güter des Ausnahmetarifs I (ausgenommen mineralische Kohlen und Zuckerrüben) und des Ausnahmetarifs II (ausgenommen Scheideschlamm, Zuckerrübenabfälle, Rübenschnitze und Rübenschnitzabfälle der Zuckerfabrikation) 2 h für 100 kg. Für Düngemittel und Rohmaterialien zur Kunstdüngerfabrikation sowie für Zuckerrüben, Zuckerrübenabfälle, Rübenschnitze und Rübenschnitzabfälle der Zuckerfabrikation und für mineralische Kohlen wurde eine S. von nur 1 h für 100 kg eingehoben. Gänzlich befreit von der Einhebung der S. waren Sendungen, die mit direkten Frachtbriefen nach dem Zollausland befördert wurden oder für die ein nur nach dem Zollausland gültiger Frachtsatz Anwendung fand, ferner die Güter der Ausnahmetarife VI und VIII sowie die unter dem Titel »Besondere Bestimmungen für einzelne Stationen« und »Überfuhrsgebühren« zur Einhebung gelangenden Gebühren, Sendungen von Privatwagendecken, Ladegeräten, Wärme- und Kälteschutzmitteln und schließlich rückbeförderte Ausstellungsgüter und Ausstellungstiere. Außerdem wurde auch in zahlreichen, durch den Wettbewerb fremder Bahnlinien beeinflußten Verkehrsverbindungen von der Einhebung der S. Abstand genommen.


Die Einführung der S. wurde dadurch veranlaßt, daß sich die Verwaltung der österreichischen Staatsbahnen unvermittelt vor die Notwendigkeit gestellt sah, dem Personal bedeutende Zuwendungen zu machen und für den hieraus entfallenden Mehraufwand in kürzester Zeit die budgetäre Bedeckung zu finden.

Die Anwendung der S. stieß auf große Schwierigkeiten; waren schon die Bestimmungen über die Anwendung der S. sehr verwickelt, so gab die Unbestimmtheit der Leistung, für die sie als Entgelt eingehoben wurde, sowie der Umstand, daß ihre Verlautbarung lediglich im Kundmachungswege und nicht im Tarifwege erfolgt war, den Verfrachtern Anlaß, den Rechtsbestand der Gebühr – vielfach mit Erfolg – anzufechten. In den Reformgütertarif der österreichischen Staatsbahnen vom 1. Jänner 1910 wurde infolgedessen die S. nicht mehr als besondere Nebengebühr aufgenommen, sie wurde aber bei der Erstellung der neuen Manipulationsgebühren insofern berücksichtigt, als diese Gebühren im allgemeinen eine dem Ausmaß der S. entsprechende Erhöhung erfuhren.

Pichler.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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