Wohlfahrtswesen

Wohlfahrtswesen

Wohlfahrtswesen. Die sorgfältige Pflege der Wohlfahrt des Eisenbahnpersonals seitens der Eisenbahnverwaltungen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung und Hebung der Arbeitskraft und Arbeitslust des Personals. Sie ist daher eine überaus wichtige Aufgabe der Verwaltungen, die dieser auch in weitgehendem Maße gerecht zu werden bemüht sind. Die Fürsorgetätigkeit der Eisenbahnen zu gunsten ihres Personals umfaßt die Bestrebungen zur Besserung der Verhältnisse der Bediensteten in körperlicher, geistiger und sittlicher Beziehung. Die Wohlfahrtspflege der Eisenbahnen erstreckt sich auch auf die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienste infolge von Krankheit oder Invalidität und umschließt selbst die Familie, die Kinder wenigstens bis zur Volljährigkeit oder bis zum Eintritt der Erwerbsfähigkeit.

Soweit es sich um allgemeine Fürsorgeeinrichtungen, an denen auch Eisenbahnbedienstete teilnehmen können, handelt, werden sich die Verwaltungen darauf beschränken, das Personal zur Erlangung der ihm darin gebotenen Vorteile zu weisen und für Zwecke solcher Einrichtungen auch über den Rahmen gesetzlicher Verpflichtung angemessen zu fördern.

Von gesetzlich geregelten Fürsorgeeinrichtungen, an denen Eisenbahnbedienstete teilzunehmen verpflichtet sind, sind vor allem die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Altersversicherung zu nennen. Einschlägig sind ferner die Vorschriften über Arbeitshygiene, Gefahrenschutz, Dienst- und Ruhezeitregelung u.s.w. Neben den allgemeinen Fürsorgeeinrichtungen bestehen bei den Eisenbahnverwaltungen noch zahlreiche besondere Wohlfahrtsanstalten, die sie entweder selbst ins Leben rufen oder, sofern sie der Initiative des Personals entsprungen sind und als selbständige Organisationen bestehen (Genossenschaften, Vereine, Fonds), von den Eisenbahnen durch Beiträge, Besorgung der Verwaltungen oder sonstige Begünstigungen unterstützt und gefördert werden.

Hierher gehören vor allem die Einrichtungen, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit dienen. In die erstere Kategorie fällt zunächst die Vorsorge für die Beschaffung von Lebensmitteln und für andere Lebensbedürfnisse, u. zw. sowohl für die Zeit der Dienstleistung (Versorgung mit Speisen und Getränken in Kantinen, Suppenküchen, billige oder kostenfreie Verabreichung von alkoholfreien Getränken, Kaffee, Tee u. dgl.), Abgabe von Dienst- und Schutzkleidung, Vorsorge für Ruhe- und Übernachtungsräume, Abgabe von Kartoffeln und sonstigen Lebensmitteln, Heizmaterial, Stoffen, Kleidern u.s.w. unmittelbar durch die Verwaltungen oder durch besondere Lebensmittelmagazine, Konsumvereine, Kleiderkassen u.s.w. Große Mittel wenden ferner die Verwaltungen, namentlich seit der allgemeinen Wohnungsnot, die sich nach dem Weltkrieg überall empfindlich fühlbar macht, für Bedienstetenwohnungen auf, sei es, daß die Verwaltung Gebäude auf eigene Kosten baut und vereinzelt oder als Dienstwohnungen frei vergibt, sei es, daß sie Baugenossenschaften des Personals unterstützt. Erwähnt sei ferner die Errichtung von Schrebergärten auf Bahngrund sowie die Förderung der Kleintierzucht (Bienen, Kaninchen, u.s.w.).

Der Gesundheitspflege dient die Errichtung von Badeanstalten, Erholungsheimen, Ferienhäusern, Kolonien für Schulkinder u.s.w. Allgemein ist ferner von den Verwaltungen ein bahnärztlicher Dienst eingerichtet, sowohl zur Beratung der Dienststellen als des Personals in Krankheitsfällen.

Für die Bediensteten bestehen ferner meist Krankenkassen (Krankenvereine), die ihnen und in der Regel auch den Familienangehörigen freie ärztliche Behandlung sowie die nötigen Heilbehelfe gewähren. Vielfach werden von diesen Anstalten auch die Kosten der Spitalpflege oder des Aufenthalts in Heilanstalten und Badeorten übernommen. Bei größeren Eisenbahnnetzen sind von Kassen und Vereinen mit Beihilfe der Verwaltung oder von dieser selbst Genesungsheime, Tuberkuloseheilanstalten u.s.w. errichtet worden.

Gemeinnützige Vereine der verschiedensten Art (Spar-, Vorschuß- und Sterbekassen, Abstinenten-, Musik- und Sportvereine) helfen in Zeiten der Not oder sorgen für Stählung des Körpers und für Geselligkeit sowie im Zusammenhang damit für die Hebung des Gefühls der Zusammengehörigkeit.

Der Berufsbildung dienen Schulen, Unterrichtskurse, Lehrlingswerkstätten, Töchterhorte, Vorträge, Büchereien u.s.w. Für den Fall der Dienstunfähigkeit ist durch Sicherstellung von Ruhegenüssen und Invaliditätsrenten gesorgt. Für Witwen und Waisen von Beamten und Arbeitern sind gleichfalls Pensionen vorgesehen.

Bei der Vielgestaltigkeit oft selbständiger und unabhängig voneinander wirkender Wohlfahrtseinrichtungen ist eine einheitliche Leitung oder Überwachung (durch eine besondere Dienstabteilung oder einen besonderen Dezernenten) erwünscht, um ein richtiges Ineinandergreifen der verschiedenen Zweige der Wohlfahrtspflege sicherzustellen. Eine Hauptforderung der Wohlfahrtspflege ist die Mitwirkung des Personals. Diese soll auch, soweit sie nicht durch gesetzliche Bestimmungen oder allgemeine Verordnungen begründet ist, Platz greifen. Seine Vertreter und Vertrauensmänner sollen bei allen wichtigen Wohlfahrtsfragen zu Rate gezogen werden, wie dies dem Ziel der sozialen Fürsorge »Alles für das Personal durch das Personal« entspricht. Aufmerksamkeit ist auch der Aufklärungsarbeit zuzuwenden, damit dem Personal der Genuß der geltenden Einrichtungen voll zugute kommt und es über die Grenzen des Möglichen und Nützlichen belehrt wird (s. Arbeiterschutz, Arbeiterwohnungen, Altersversicherung, Badeeinrichtungen, Bahnärzte Beamtenvereine, Berufskrankheiten, Betriebssicherheit, Dienstwohnungen, Dienst- und Ruhezeiten, Eisenbahnhygiene, Eisenbahnschulen, Eisenbahnunterstützungsfonds, Erholungsheime, Kleiderkassen, Konsumvereine, Krankenfürsorge, Pensionswesen, Rettungswesen, Schrebergärten, Spar- und Vorschußkassen, Speiseanstalten, Töchterheime, Übernachtungsräume, Unfallfürsorge, Unterstützungskassen, Urlaube, Wohnungsfürsorge).


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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