- Budget
Budget (Etat) ist die planmäßig, in bestimmter Form aufgestellte Übersicht, in der die Staatsverwaltung oder eine sonstige öffentliche Wirtschaft für einen bestimmten Zeitabschnitt die von ihr in Aussicht genommenen Aufwendungen den zu ihrer Deckung vorgesehenen Einnahmen gegenüberstellt.
Auch für einzelne in sich abgeschlossene Teile der Staatsgemeinschaft gebraucht man den Ausdruck B., und spricht in diesem Sinne auch von dem staatlichen Eisenbahnbudget.
Man unterscheidet zwischen Brutto- und Nettobudget. – Bei ersterem werden sämtliche Einnahmen und Ausgaben, also auch die Bereitschaffungs- und Erhaltungskosten vorgetragen. Beim Nettobudget sind diese Kosten in Abzug gebracht. Das Nettobudget war früher das vorherrschende. In der verfassungsmäßigen Staatswirtschaft drang die Volksvertretung auf Ersetzung des Nettobudgets durch das Bruttobudget.
Im B. ist die wichtigste Scheidung jene des ordentlichen vom außerordentlichen B. Ersteres umfaßt die Ausgaben, die regelmäßig wiederkehren. Zum außerordentlichen B. gehören, soweit das Eisenbahnwesen in Frage kommt, beispielsweise Ausgaben für den Bau neuer Linien, für die Vermehrung der Fahrbetriebsmittel, für die Legung zweiter und weiterer Gleise sowie stärkeren Oberbaues, wodurch die Leistungsfähigkeit der Bahn gesteigert wird u.s.w.
Die gesetzliche Gültigkeitsdauer des B. heißt Budget- oder Finanzperiode. Die Regel bildet heute die einjährige Finanzperiode. Der Beginn des Budgetjahres ist in den einzelnen Staaten verschieden geregelt (zumeist 1. Januar, wohl auch 1. April und 1. Juli).
Die Gebahrung der Staatsbahnen bildet in einer Reihe von Staaten (Deutschland, Österreich, Ungarn, Belgien, Italien, Rußland, Schweiz u.s.w.) einen außerordentlich wichtigen Teil des Staatsbudgets (in Preußen bilden die Einnahmen der Staatsbahnen im Jahre 1911, 53% der Gesamteinnahmen, die Ausgaben der Staatsbahnen 48% der Gesamtausgaben, in Österreich für dasselbe Jahr 28% und 23%, in Ungarn 22% und 17%) und den Gegenstand eingehendster Erörterung im Parlament gelegentlich der Budgetverhandlungen.
Neben dem B., das in den meisten Staaten regelmäßig für je ein Jahr, in manchen Staaten für je zwei Jahre aufgestellt werden muß, kann ein »Finanzplan« bestehen, der den Zweck hat, der Wirtschaft eines öffentlichen Haushaltes für längere Zeit bestimmte Richtlinien zu geben. Finanzplan und B. verhalten sich zueinander wie Ursache und Wirkung. Wo ein Finanzplan besteht, ist das B. die konkrete, auf einen kurzen Zeitabschnitt begrenzte Verwirklichung der allgemeinen Grundsätze, die der Finanzplan aufgestellt hat.
Die Vorbereitung des B. vollzieht sich von unten nach oben. Jede Dienststelle eines Ressorts ermittelt für ihren Wirkungskreis das Erfordernis unter Begründung etwaigen Mehraufwandes gegenüber dem Vorjahre. Von den Zentralstellen werden die Voranschläge der einzelnen Dienststellen gesammelt, überprüft und ergänzt durch den eigenen Bedarf an das zuständige Ministerium geleitet. Die B. sämtlicher Ministerien geben den Hauptfinanzetat des Staates.
Die Genehmigung des B. der Staatsbahnen als eines Bestandteiles des allgemeinen Staatsbudgets steht im allgemeinen den gesetzgebenden Körpern zu. Einzelne Verfassungen (z.B. Süddeutschland) beschränken im Gegensatz zu den meisten übrigen (Preußen, Österreich, Ungarn) das Budgetrecht auf die Bewilligung von Steuern und auf die Prüfung des B., das hiernach kein Gesetz bildet und auch eine Reihe von Positionen enthält, die der ständischen Genehmigung nicht bedürfen. Immerhin gibt auch die bloße »Prüfung« des B. den Parlamenten reichlich Gelegenheit, ihren Einfluß geltend zu machen.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.