- Frachterstattung
Frachterstattung ist die Erstattung eines infolge unrichtiger Frachtberechnung erhobenen Frachtbetrages. Die unrichtige Frachtberechnung kann in unrichtiger Anwendung des richtigen Tarifes, in Rechnungsfehlern oder in der Anwendung eines unrichtigen Tarifes oder in der Nichtanwendung des dem Interesse des Absenders am meisten entsprechenden Tarifes liegen. Die Erstattung ist nicht abhängig von einem Antrage, sondern erfolgt unter Umständen von Amts wegen. Entschädigungsberechtigt ist, wer die Mehrzahlung an die Eisenbahn geleistet oder seine Ansprüche aus dem Frachtvertrage rechtmäßig an den Fordernden abgetreten hat. Alle Ansprüche aus unrichtiger Zahlung der Frachten und Nebengebühren verjähren nach den Bestimmungen des Berner Übereinkommens und nach deutschem, österreichischem, ungarischem, russischem und schweizerischem Rechte in einem Jahre, nach belgischem Rechte in 6 Monaten und nach italienischem Rechte, wenn die Beförderung in Europa ausgeführt wurde, in 6 Monaten, wenn außerhalb Europas, in einem Jahre vom Tage der unrichtigen Zahlung an. Die Verjährung wird durch die schriftliche Anmeldung des Anspruchs bei der Eisenbahn gehemmt (siehe auch § 71 der deutschen EVO. und des österr.-ungar. BR.).
Die Regelung von Frachterstattungsansprüchen im Bereich des Vereins der deutschen Eisenbahnverwaltungen ist durch das Übereinkommen zum Vereinsbetriebsreglement erfolgt. Als Frachterstattungsansprüche gelten hier:
a) Ansprüche aus unrichtiger Anwendung des Tarifes oder aus Rechnungsfehlern bei der Festsetzung der Frachtgelder sowie Ansprüche infolge Irrungen in der Gewichtsannahme;
b) Ansprüche auf nachträgliche Anwendung anderer als der der Frachtberechnung zu grunde gelegten Tarife, sei es auf dem Beförderungsweg, sei es auf einem anderen Wege.
Frachterstattungsansprüche sind von der Verwaltung zu regeln, an die Zahlung geleistet ist.
Nach den Bestimmungen des geannten Übereinkommens hat die regelnde Verwaltung Ansprüche, die nach den gesetzlichen, reglementarischen und tarifarischen Vorschriften berechtigt sind, selbständig zu erledigen. Bei Anträgen, denen lediglich aus Billigkeitsrücksichten entsprochen werden kann, hat die regelnde Verwaltung im allgemeinen das Einverständnis der an der F. beteiligten Verwaltungen einzuholen und nur in folgenden Fällen selbständig vorzugehen:
a) wenn der Erstattungsbetrag lediglich von ihr zu tragen ist;
b) wenn der Antrag durch eine ungenaue, aber von der Versandstation nicht beanstandete Angabe der Bestimmungsstation veranlaßt worden ist und nicht mehr als die Hälfte der entstandenen Mehrfracht vergütet wird;
c) wenn eine billigere gebrochene Frachtberechnung verlangt wird;
d) im übrigen, wenn der Erstattungsbetrag für einen Antrag nicht mehr als 50 Mark, 60 Kronen, 30 Gulden Niederl. W., 62∙50 Franken beträgt.
Die Erstattungsbeträge sind auf die an der F. beteiligten Verwaltungen aufzuteilen, mit Ausnahme solcher bis zu 3 Mark, 3∙6 Kronen, 1∙8 Gulden Niederl. W., 3∙75 Franken, die von der regelnden Verwaltung zu tragen sind.
Erstattungsanteile bis 1 Mark, 1∙20 Kronen, 0∙60 Gulden Niederl. W., 1∙25 Franken für eine Verwaltung und einen Erstattungsantrag sind von der regelnden Verwaltung allein zu tragen.
Die Schwerfälligkeit des Verfahrens bei der F. und vielfache Klagen von Parteien über die Verzögerung in der Erledigung der Frachterstattungsansprüche hat auch eine Reihe von anderen Verbänden veranlaßt, Maßnahmen zur Vereinfachung des Verfahrens bei der F. zu vereinbaren, insbesonders der regelnden Verwaltung angemessene Vollmacht zur selbständigen Erledigung von Frachterstattungsansprüchen zu erteilen.
Eine Reihe wichtiger Ausnahmetarife schreibt vor, daß ihre Anwendung erst nachträglich auf besonderen Antrag gewährt wird; in solchen Fällen wird zunächst der regelrechte Frachtsatz berechnet und erhoben und erst später bei Vorlage der im Tarif vorgeschriebenen Beweismittel der Unterschied zwischen diesem und dem Ausnahmefrachtsatz vergütet.
Der außerordentlich starke Güterverkehr, die Schwierigkeit, sich eine genaue Tarifkenntnis zu verschaffen und zu erhalten, sowie die häufigen Fehler und Unrichtigkeiten in der Tarifberechnung haben in einigen Ländern die Entstehung privater Reklamationsbureaus zur Folge gehabt, die sich gewerbsmäßig mit dem Nachprüfen von Frachten und mit der Hereinbringung von Mehrgebühren im Auftrage der Reklamationsberechtigten oder auf eigene Rechnung befassen. (Wegen Fahrgelderstattung s.d.)
Literatur: Ztschr. f.d.i. Eisenbtr. 1913, Nr. 9, S. 280 u. ff.
Grunow.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.