- Beförderungsvertrag
Beförderungsvertrag (convoyance contract; contrat de transport; contratto di trasporto), Vereinbarung über die Beförderung von Personen und Gütern auf Eisenbahnen, von Station zu Station. Der B. ist ein Arbeits- oder Werkverbindungsvertrag, demzufolge der eine Teil, die Eisenbahn, sich verpflichtet, die Ausführung der Beförderung unter bestimmten Bedingungen zu bewirken, der andere Vertragsteil (Transportnehmer) dafür den festgesetzten Beförderungspreis (Fahr- oder Frachtgebühr) zu leisten.
Das durch den B. begründete Rechtsverhältnis unterscheidet sich vorweg wesentlich von jenem des gewöhnlichen Fuhrmanns und Frachtführers durch den gesetzlich festgestellten Kontrahierungszwang; während letzterem volle Freiheit bezüglich Eingehung des B. zukommt, besteht für die Eisenbahnen innerhalb gewisser Grenzen eine gesetzliche Beförderungspflicht, derzufolge sie eine ihnen unter den veröffentlichten Bedingungen angebotene Beförderung anzunehmen und auszuführen haben. Die Beförderungspflicht beruht rücksichtlich des internationalen Güterverkehrs auf den Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (Art. 5) rücksichtlich des innerstaatlichen Personen- und Güterverkehrs auf den Vorschriften der innerstaatlichen Reglements (§ 6 der deutschen Verkehrsordnung und des österr.-ungar. Betriebsreglements, § 5 des schweizerischen Transportreglements, Art. 4 des italienischen Regolamento, Art. 2 des russischen Eisenbahngesetzes vom 12. Juni 1885 u.s.w.). In Frankreich beruht die Beförderungspflicht rücksichtlich der Güter auf der Ordonnance vom 15. November 1846 und Art. 49 des Cahier des charges, rücksichtlich der Personen auf Art. 43 des letzteren. Die Beförderungspflicht erleidet eine Einschränkung durch die Bestimmungen der Betriebsreglements, wonach die Beförderung von Personen, Tieren und Sachen verweigert werden darf, wenn außergewöhnliche Hindernisse oder höhere Gewalt entgegenstehen oder die regelmäßigen Transportmittel nicht ausreichen. Die Beförderungspflicht ist auch weiters dahin eingeschränkt, daß einzelne Personen von der Fahrt ausgeschlossen werden dürfen, daß ferner gewisse Güter zur Beförderung nicht zugelassen werden. Überdies ist die Beförderungspflicht bezüglich einiger Gegenstände insofern beschränkt, als die Beförderung derselben nur unter ganz besonderen Bedingungen gestattet wird.
Abgesehen von der Beförderungspflicht, besteht ein weiteres wesentliches Merkmal der Beförderung auf Eisenbahnen darin, daß hier mit Rücksicht auf die Massenhaftigkeit der Beförderungsfälle die fallweise Festsetzung des Beförderungspreises und der Bedingungen entfällt und der B. auf Grund der allgemeinen Bedingungen abgeschlossen wird, die im Betriebsreglement (s.d.) und in den gehörig zu veröffentlichenden Tarifen enthalten sind.
Die Beförderung auf Eisenbahnen zerfällt in zwei Hauptgruppen, die besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, nämlich einerseits die Beförderung von Personen, dann die hiermit im Zusammenhang stehende Beförderung von Reisegepäck, anderseits die Beförderung von Gütern.
Bei der Beförderung von Personen und Reisegepäck tritt der Transportnehmer anonym auf und erfolgt auch die Ausfolgung des Gepäcks an den Vorzeiger des Gepäckscheins ohne Prüfung der Legitimation.
Bei der Güterbeförderung muß sich dagegen der Transportnehmer durch Namensunterschrift unter dem Frachtbrief nennen, und darf die Eisenbahn nur seinen Weisungen in den Grenzen der Bestimmungen des Frachtvertrags folgen, bis die Abnahme des Gutes, bzw. Einlösung oder Empfangnahme des Frachtbriefs durch den Adressaten erfolgt ist. Der B. wird allerdings sowohl bei der Personen- und Gepäck-, als auch bei der Güterbeförderung schriftlich abgeschlossen (die Vertragsurkunde besteht in der abgestempelten Fahrkarte, dem Gepäckschein, Frachtbrief, Expeditionsausweis u.s.w.), jedoch tritt im Gegensatz zum Frachtgeschäft beim Personenverkehr die Vorstellung eines förmlichen Vertrags, der mit dem einzelnen Reisenden aus Anlaß seiner Beförderung abgeschlossen wird, ganz in den Hintergrund. Der Vertragsabschluß vollzieht sich durch Ausfolgung der Fahrkarte nach vorausgegangenem Erlag des Fahrpreises.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Personenbeförderung liegt in der besonders strengen, zumeist durch Sondergesetze geregelten Haftung für die den Reisenden während der Beförderung etwa zustoßenden körperlichen Schäden. Diese Haftpflicht ist für die Bahnverwaltungen von weit einschneidenderen Folgen als jene für das beförderte Gut, die überdies durch reglementarische Bestimmungen mehrfache Einschränkungen in Umfang und Geldwert erleidet.
Literatur: Hilscher, Das österr.-ungar. und internationale Eisenbahntransportrecht. Wien 1902. – C. L. Gasca, L'esercizio delle strade ferrate, libro II, Torino 1910.
v. Röll.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.