- Bettungsziffer
Bettungsziffer (elasticity or resilience of the ballast; élasticité du ballast; elasticità della massicciata) nennt man eine Größe, die als Maß für die elastische Verdrückbarkeit des Bettungskörpers dient. Sie wird mathematisch ausgedrückt durch die von Winkler aufgestellte Beziehung
C = p/y.
Hierbei bedeutet C die Bettungsziffer, p den Druck der Schwelle auf die Bettung an irgend einem Punkt der Schwellenunterfläche, ausgedrückt in kg|cm2 und y die diesem Druck entsprechende Senkung der Schwelle an dem betrachteten Punkt in cm gemessen. Die B. ist also das Verhältnis des auf die Bettung ausgeübten Flächendruckes zu der dadurch entstehenden Senkung der drückenden Fläche, wobei kg und cm als Maßeinheiten dienen.
Man kann aber auch die B. als den Flächendruck in kg/cm2 bezeichnen, der einer Schwellensenkung von 1 cm entspricht.
Winkler benutzte zunächst zur Berechnung der B. die Versuchsergebnisse M. M. v. Webers (Stabilität des Gefüges der Eisenbahngleise, Weimar 1869) und erhielt aus den von M. M. v. Weber beobachteten Einsenkungen von 0∙05 bis 0∙60 cm Werte für die B., je nach der Nachgiebigkeit der Bettung von C = 4 bis C = 45 (E. Winkler, Vorträge über Eisenbahnbau. Heft 1, 3. Aufl. 1875).
Später wurde durch Versuche auf der Rheinischen Bahn die B. zu C = 9 bis C = 16 gefunden (Hoffmann, Der Langschwellenoberbau der Rheinischen Bahn, Berlin 1880).
Da die B. mit der Art des Bettungsstoffes wechselt, ist sie offenbar abhängig von physikalischen Eigenschaften des Bettungsstoffes. Es liegt daher der Gedanke nahe, durch theoretische Betrachtungen aus bekannten physikalischen Eigenschaften des Bettungsstoffes die B. abzuleiten. Diesen Weg hat Kreuter eingeschlagen und aus dem Raumgewicht und dem Reibungswinkel der Bettungsstoffe die B. zu berechnen versucht (Zentralblatt der Bauverwaltung. 1885). Die auf diesem Wege gefundenen Werte waren offenbar zu klein, so daß Kreuter am Schlusse seiner Abhandlung die Werte
C = 2 bei ganz frischer,
C = 9 bei älterer,
C = 16 bei ganz fest gewordener Bettung
vorschlug, bis Sicheres über die fragliche Angelegenheit vorliege.
Später versuchte Borschke, auf Grund der Rebhannschen Erddrucktheorie eine »Theorie der B.« zu entwickeln. Aber auch er hält die Nachprüfung seiner ziffermäßigen Ergebnisse durch entsprechende Versuche für notwendig (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens. 1907).
Es dürfte aber überhaupt sehr fraglich sein, ob es jemals gelingen wird, die verwickelten Vorgänge, die sich bei der Druckübertragung durch Erdkörper abspielen, mathematisch fassen zu können. Vielmehr wird der Versuch und die Einkleidung der Versuchsergebnisse in mathematische Formen eher zu dem gewünschten Ziele führen können.
Zimmermann nimmt in seinem Buche (Die Berechnung des Eisenbahnoberbaues. Berlin 1888):
C = 3 für Kiesbettung ohne Packlage
und
C = 8 für Kiesbettung mit Packlage
und stützt sich dabei auf umfangreiche Versuche, die von Häntzschel bei den Reichseisenbahnen ausgeführt wurden. (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, Zimmermann 1888, Häntzschel 1889).
Die von Häntzschel gefundenen Zahlenwerte kann man, wie folgt, zusammenfassen:
Die Versuche wurden an Lang- und Querschwellenoberbau angestellt und haben auch ergeben, daß die aus der Senkung der Schwellen berechnete B. nicht allein von dem Bettungsstoff und dem Grad der Unterstopfung der Schwellen abhängig ist. So ergab sich auch, daß die Größe C mit der Lagerbreite der Schwelle wächst, wie Engesser schon früher gezeigt hatte (Organ für Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1888).
Engesser setzt
C = α + β/b,
wobei α eine Zahl zwischen – 1 und + 5, β = 120 und b die Lagerbreite der Schwelle in cm ist.
Ferner ist aus den Häntzelschen Zahlenwerten sofort zu erkennen, daß die Größe C nicht allein von dem Bettungskörper, sondern auch in hohem Maße von den elastischen Eigenschaften des Unterbaues abhängig ist.
Der Einfluß des Unterbaues auf den Wert C wurde dann auch von Wasiutyński durch seine aufsehenerregenden Versuche an der Warschau-Wiener Eisenbahn zahlenmäßig festgestellt (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens. 1899, S. 62 und 293; Bulletin de la Commission internationale. 1900, I. Bd.). Wasiutyński hat zu seinen Versuchen sinnreiche, feine Apparate benutzt, die die Bewegungen des Oberbaues und des Unterbaues vergrößert aufzeichneten und damit einen tiefen Einblick in das Verhalten des Oberbaues unter dem fahrenden Zuge gewährten.
Da nun die Größe C nicht nur den Einfluß des Bettungskörpers, sondern auch den des Unterbaues auf die Steifigkeit des Gleises enthält, schlägt Wasiutyński vor, C die »Nachgiebigkeitsziffer der Schwellenunterlage« oder kurz »Ziffer der Schwellenunterlage« zu nennen. Wasiutyński findet für C Werte von 3∙4 bis 6∙1. Dabei scheint C für einen Oberbau mit stärkeren Schienen unter sonst gleichen Verhältnissen größer zu sein als für schwächere Schienen. Die Veränderlichkeit von C mit der Größe der Druckfläche, die bereits Engesser und Häntzschel gefunden hatten, wurde auch durch diese neuen Versuche an der Warschau-Wiener Bahn bestätigt.
Wasiutyński fand die eigentliche B. dadurch, daß er von der Gesamtsenkung die Senkung des Unterbaues in Abzug brachte und aus der Differenz die B. berechnete. Es ergaben sich dann für die eigentliche B. Werte K = 4∙6 bis 9∙0. Auffallenderweise zeigte Granitschotter eine größere elastische Nachgiebigkeit als ein Grubenkies mit viel Sand, u. zw. war für letzteren K = 9∙0, für ersteren K = 6∙5.
Aus der Ziffer der Schwellenunterlage C und der eigentlichen B. K kann man die »Unterbauziffer« N berechnen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Unterbau sich gleichmäßig zusammendrückt, also nicht nur auf die Schwellenbreite, sondern auch zwischen den Schwellen, wie dies Schubert für eine gewisse Stärke der Bettung und einen gewissen Schwellenabstand auch für weichen Unterbau nachgewiesen hat. Bezeichnet man mit a den Schwellenabstand und mit b die Lagerbreite der Schwelle, so ergibt sich die Einsenkung für den Flächendruck p = 1 zu
Wasiutyński fand hiermit die Unterbauziffer zu N = 4∙4 bis 5∙9.
Im Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1906, veröffentlicht Bastian seine Versuche zur Feststellung der Verdrückungen der Erdrinde und der Bettungskörper unter Belastungen. Er benutzt hierzu ein zuerst von Föppl angegebenes Verfahren und übt den Druck auf die Erdunterlage durch quadratische oder kreisrunde, zentrisch belastete Platten aus.
Hierbei ergab sich, daß die Senkungen der Platten ebenso wie die Formänderungen der Steine und des Betons sich aus einer elastischen und einer bleibenden Senkung zusammensetzen und daß bei den Beobachtungen die elastischen Nachwirkungen berücksichtigt werden mußten.
Ferner bestätigte sich die Winklersche Annahme
y = p/C
nicht, sondern die Versuchsergebnisse stimmten mit dem Potenzgesetz
y = α . pm
befriedigend überein. Für eine quadratische Platte von 550 cm2 ergaben sich:
α = 0∙1548; m = 1∙74.
Diese Größen sind aber bei kreisrunden und quadratischen Druckflächen verschieden und nehmen mit der Größe der Druckfläche ab.
Für das Potenzgesetz kann man mit guter Annäherung das gradlinige Gesetz
setzen. Bastian berechnete aus seinen Versuchsergebnissen nach diesem gradlinigen Gesetz die Einsenkungen in cm. wie folgt:
für quadratische Platten von 550 cm2
für quadratische Platten von 137∙5 cm2
für kreisrunde Platten von 550 cm2
Innerhalb gewisser eng gezogener Grenzen kann man aber auch mit guter Annäherung; das Winklersche Gesetz
C = p/y
benutzen, und Bastian findet für die Grenzen p = 0∙05 bis 0∙10 kg/cm2:
für die quadratische Platte von 550 cm2
C = 8∙8,
für die quadratische Platte von 137∙5 cm2
C = 20∙4,
für die kreisrunde Platte von 550 cm2
C = 9∙8,
für die kreisrunde Platte von 137∙5 cm2
C = 19∙0.
Demnach ist C ungefähr umgekehrt proportional der Größe der Druckfläche.
Ferner fand Bastian, daß die Einsenkungen an der Oberfläche der Kiesbettung und am Untergrund mit wachsender Höhe des Kiesbettes kleiner werden, daß aber von einer gewissen Höhe des Kiesbettes an die Senkungen durch Vergrößerung der Bettungshöhe nicht wesentlich mehr vermindert werden können (vgl. Borschke). So eingehend und sorgfältig diese Versuche auch zur Feststellung des Gesetzes zwischen Bettungsdruck und Einsenkung durchgeführt sind, so sind sie doch auf die Eisenbahnbettung nicht ohne Einschränkung anwendbar, weil Bastian mit erheblich kleinerem Bettungsdruck gearbeitet hat als der Druck der Eisenbahnschwellen auf die Bettung ist.
Den Einfluß der B. auf die Biegungsmomente der Schienen hat Löwe theoretisch untersucht (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens. 1883, S. 125, 177) und dabei festgestellt, daß selbst für die Werte der B. c = 4 und C = 40 die größten Biegungsmomente der Schienen nicht sehr verschieden sind, wenn sich auch die Maximalmomente bei der kleineren B. ein wenig größer ergeben. Es wäre aber falsch, aus dieser Rechnung schließen zu wollen, daß die Güte des Bettungsstoffes ohne Einfluß auf die Steifigkeit des Gleises unter bewegten Lasten ist.
Die B. kann niemals allein zur Beurteilung der Güte und der Wirtschaftlichkeit eines Bettungsstoffes dienen, da hierüber nur einwandfreie Dauerversuche, wie sie Schubert (Zeitschrift für Bauwesen. 1896, S. 39, Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens. 1899, S. 118) angestellt hat, oder solche auf Versuchs bahnen Aufschluß geben können.
Hager.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.