Ansageverfahren

Ansageverfahren

Ansageverfahren nennt die deutsche sowie auch die österreichische und ungarische Zollgesetzgebung jenes Verfahren, das zur Sicherung der Eingangszölle dort eingeleitet wird, wo das Grenzzollamt nicht unmittelbar an der Zollinie aufgestellt ist und daher an dieser ein besonderer Ansageposten errichtet ist. In solchem Falle hat der Warenführer dem Ansageposten die mitgeführten Papiere über die Ladung zu übergeben; der Ansageposten versiegelt dieselben in Gegenwart des Warenführers, stellt einen an das Grenzzollamt adressierten Ansageschein aus und übergibt Papiere und Ansageschein einem Finanzorgan, das das Fuhrwerk oder Schiff zum Grenzzollamte begleitet, wo sodann das weitere Zollverfahren nach Maßgabe der besonderen Bestimmung der Waren vorgenommen wird.

Wo es im Bedürfnis des Verkehrs liegt und eine amtliche Begleitung tunlich erscheint, kann dieses Verfahren auch in anderen Relationen, z.B. zwischen einem Grenzzollamt und einem Zollamte im Innern des Zollgebiets, oder zwischen zwei Innerlandszollstellen oder zur unmittelbaren Durchfuhr zwischen zwei Grenzzollämtern eingeleitet werden. (Deutsches Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869, Zoll- und Staatsmonopolsordnung.)

Ein gleiches abgekürztes Anweisungsverfahren sehen die österreichischen und ungarischen Zollgesetzgebungen für den Verkehr auf den Eisenbahnen vor. Dieses (im Gegensatze zum speziellen A. zwischen Ansageposten und Grenzzollamt) summarisches A. genannte Verfahren findet nicht nur im Wareneingang, sondern auch in der durch die Eisenbahn ermittelten Aus- und Durchfuhr sowie im Streckenzuge (Zwischenauslandsverkehr) statt.

Behufs Einleitung dieses Verfahrens in der Einfuhr hat der Bestellte der Eisenbahn (Zugsführer) dem Grenzzollamte unmittelbar nach dem Einlangen des Eisenbahnzuges die Ladelisten (in der Regel dreifach) nebst den zugehörigen Warenerklärungen, Frachtbriefen etc. sowie – wenn Waren für mehrere Abfertigungsstationen mit demselben Zug befördert werden – eine Hauptübersicht (in einfacher Ausfertigung) zu überreichen.

Nach Übernahme der Ladungslisten überzeugt sich das Zollamt, allenfalls im Benehmen mit dem ausländischen Austrittsamt von dem vorschriftsgemäßen Zustand der Fahrmittel, von der Übereinstimmung der Hauptübersicht mit den Ladungslisten sowie der letzteren mit den beigeschlossenen Urkunden und den Nummern u.s.w. der Wagen. Sodann erfolgt der Verschluß der Ladungsräume. Ist an den aus dem Ausland eingelangten und weitergehenden Wagen der ausländische Zollverschluß noch vorhanden und genügend sicher, so wird derselbe belassen. Das Zollamt fertigt hierauf für jeden einzelnen Bestimmungsort einen Ansageschein aus, schließt ein Exemplar der Ladeliste dem Ansageregister bei und übergibt den oder die Schlüssel zum Wagenverschluß, dann den Ansageschein mit einem Exemplar der Ladeliste, samt den zugehörigen Papieren unter versiegeltem an das Zollamt des Bestimmungsorts adressiertem Umschlag oder versperrter Tasche, das dritte Exemplar der Ladeliste aber offen der Begleitungsmannschaft, oder wenn amtliche Begleitung nicht stattfindet, dem Zugsführer. Am Bestimmungsort werden die unter Siegel oder Verschluß gelegten Papiere dem Zollamt übergeben, das sich sodann von der Unverletztheit des Raumverschlusses an den Frachtwagen und von der Übereinstimmung der letzteren mit den Begleitpapieren, endlich von dem Vorhandensein der hierin aufgeführten Urkunden überzeugt und hierauf vor allem die Abfertigung der Effekten der Reisenden vornimmt. Hinsichtlich der übrigen Frachtgegenstände überzeugt sich das Zollamt nach Öffnung der Wagen von der Übereinstimmung der Ladung in bezug auf die Menge und äußere Beschaffenheit der Kolli mit den Ladungslisten, bestätigt auf der Rückseite des Ansagescheins die Zeit des Eintreffens und sendet den Ansageschein nach erfolgter Verbuchung in dem Erklärungs- oder dem neuen Ansagescheinregister an das Amt, das ihn ausstellte, zurück. Die Warenkolli werden unter Beiziehung des Bestellten der Eisenbahn auf Grundlage der Ladeliste in die amtlichen Magazine aufgenommen. Die eingelagerten Waren werden weiterhin jener Abfertigung unterzogen, die ihrer, aus der bereits vorliegenden oder nachträglich beizubringenden Erklärung ersichtlichen Bestimmung entspricht.

In der Ausfuhr werden regelmäßig nur solche Waren im summarischen A. abgefertigt, deren Austritt wegen eines auf ihnen ruhenden Zoll- oder Steueranspruchs besonders zu erweisen ist und deren Ausfuhrsamtshandlung bereits bei einem Zollamte im Innern des Zollgebiets erfolgen soll. Nach erfolgter Ausfuhrbeamtshandlung werden diese Waren unter amtlicher Aufsicht in die zur Anlegung des Ladungsraumverschlusses eingerichteten Eisenbahnfrachtwagen, u. zw. abgesondert von anderen (im Austritte nicht zu erweisenden) Ausfuhrgütern verladen und die einzelnen Wagen, bzw. Wagenabteilungen unter zollamtlichen Verschluß gelegt. Auf Grund der von der Eisenbahnverwaltung auszustellenden Ladelisten wird sodann die gesamte Warensendung mittels eines Ansagescheines an das Zollamt, über das der Austritt auf der Eisenbahn zu erfolgen hat, angewiesen; dem Zugsführer wird ein Exemplar der Ladungsliste offen, das andere samt dem Ansageschein und dem Schlüssel zum Wagenverschluß unter versiegeltem Umschlag oder versperrter Tasche übergeben. Das Austrittszollamt hat nach Einlangen des Zuges den Ansageschein samt Ladungslisten zu übernehmen, deren Übereinstimmung mit dem Wagen sowie die Unverletztheit des Ladungsraumverschlusses zu prüfen, diesen Verschluß zu öffnen und, wenn ein Anlaß zur Untersuchung der Ladung nicht vorhanden ist, diese über die Zollinie zu entlassen. Ein Exemplar der Ladungsliste sowie der Ansageschein geht sodann mit den erforderlichen Vormerkungen versehen an das Zollamt, das den Ansageschein ausstellte, zurück; das letztere hat diese Dokumente seinem Ansagescheinregister beizuschließen, auf den bei der Ausfertigung des Ansagescheins zurückbehaltenen amtlichen Ausfertigungen (Begleitscheinen oder Deklarationsscheinen) die vorgeschriebenen Ergänzungen vorzunehmen und die Bestätigungen über Durchfuhrsendungen und solche Ausfuhrsendungen, deren Austritt von der Partei nachgewiesen werden muß, auszuhändigen.

Unter ähnlichen Modalitäten erfolgt die Anwendung des summarischen A. bei Durchfuhrwaren, sei es, daß die Waren das Zollgebiet in ununterbrochenem Eisenbahntransport durchziehen (unmittelbare Durchfuhr) oder daß eine zwischenzeitige Niederlegung derselben im Zollgebiete stattfindet (mittelbare Durchfuhr).

Das A. kann auch auf die im inländischen Verkehr die Zollinie berührenden Waren (sog. Streckenzugsgüter) angewendet werden, soweit ein solcher Verkehr entweder für die betreffenden Waren oder für die betreffende Strecke überhaupt gestattet ist. Eine Voraussetzung für die Anwendung dieses Verfahrens bildet der Umstand, daß die ausländische Wegstrecke ohne Umladung und Verletzung des amtlichen Verschlusses zurückgelegt wird.

Jener Bestellte der Eisenbahn, unter dessen Fertigung die im vorstehenden erwähnten Ladelisten überreicht werden, wird als hierzu von der Eisenbahnverwaltung bevollmächtigt angesehen. Dem Zugsführer eines im A. abgefertigten Warentransportes obliegen unter Haftung der Eisenbahnverwaltung die gesetzlichen Verpflichtungen eines Warenführers. Die Haftung der Bahn begreift insbesondere die Verpflichtung in sich, im Fall der unterbliebenen Stellung der angewiesenen Ware für den entfallenden Eingangszoll nach dem höchsten Satze des Tarifes, sowie für die hiernach zu bemessende Gefällsstrafe aufzukommen. Diese Haftung trifft, wenn die Beförderung nacheinander durch mehrere Eisenbahnen bewerkstelligt wurde, zunächst jene Bahnverwaltung, gegen die der Beweis vorliegt, daß die in der Ladeliste aufgeführte Ware auf ihrer Bahnstrecke in Verstoß geraten ist oder unterschlagen wurde. Liegt hierüber jedoch ein Zweifel vor, so haften sämtliche in Betracht kommenden Eisenbahnverwaltungen gemeinsam.

Pilz.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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