- Pfeiler
Pfeiler (pillars; piliers, piedroits; pilari, pilastri), Bauwerke oder Bauwerksteile aus Stein, Holz oder Eisen, deren Höhenabmessungen gegen die Maße der Grundfläche meist überwiegen und die entweder vollständig freistehen oder sich nur mit einer Seitenfläche an andere Baukörper anschließen. Ihr Zweck ist, etwas zu stützen oder zu tragen; sie haben demnach vornehmlich lotrechte oder schräg gerichtete Drücke aufzunehmen. In letzterem Fall heißen sie Strebepfeiler, wenn sie, an der Außenseite von Mauern angebracht, diese gegen den Seitendruck von Erdmassen oder von Gewölben zu verstärken haben, auch Widerlagspfeiler, wenn sie eine Gewölbe-, Bogen- oder Sprengwerksanordnung abstützen.
Eine wichtige Rolle spielen die P. im Brückenbau. Die Brückenpfeiler bilden den Unterbau und die Stützen für das Tragwerk oder den sog. Überbau der Brücke. Man unterscheidet End- oder Uferpfeiler, auch Widerlager genannt, an die sich nur einseitig eine Brückenöffnung anschließt, und Mittel- oder Zwischenpfeiler, die je 2 Brückenöffnungen trennen. Das vorwiegend angewendete Baumaterial ist Stein, doch werden Mittelpfeiler auch aus Holz oder Eisen ausgeführt. Auch die Bauweise in Stampfbeton und Eisenbeton hat in neuerer Zeit auf den Pfeilerbau, namentlich der mit gleichartigem Tragwerk gebauten Brücken, Anwendung gefunden.
P., die in fließendem Wasser stehen, nennt man Strompfeiler; solche, die ganz im trockenen oder nur zeitweise überfluteten Gelände stehen, Landpfeiler. Letztere erhalten im Steinbau rechteckige Grundrißgestalt, erstere werden bis auf Hochwasserhöhe mit sog. Vorköpfen, d. s. vortretende Abrundungen oder Zuschärfungen der Stirnflächen, versehen. Die P. der Talbrücken (Viadukte) zeichnen sich meist durch große Höhe aus. Bei gewölbten Viadukten mit einer größeren Zahl von Öffnungen unterscheidet man schwächere Tragpfeiler, die nur bei beiderseitig wirkendem Gewölbschub stabil sind, und stärkere Standpfeiler oder Trennungspfeiler, die auch einseitigem Gewölbschub zu widerstehen vermögen. Man gibt den P., auch wenn sie keinen wagrechten Kräften ausgesetzt sind, bei größerer Höhe eine vom Pfeilerkopf zum Pfeilerfuß zunehmende Stärke, u.zw. entweder durch Absätze oder häufiger durch schwach geneigte Seitenflächen, deren Anlauf 1/20–1/40 der Höhe beträgt, bei hohen P. sich gegen den Fuß zu auch noch vergrößert. Die Stärke der Mittelpfeiler am Pfeilerkopf kann für Bahnbrücken mit der Spannweite l in m (nach Bühler, Eisenbau, 1913) nach folgenden Regeln angenommen werden:
für einfache Träger b = 0∙44 √l für kontinuierliche Träger b = 0∙33 √l für Bogenträger b = 0∙55 √l.
P. und Widerlager, die wagrechten Kräften (Bogenschub, Erddruck) ausgesetzt sind, erfordern eine Stärkenbemessung und Formgebung auf Grund statischer Untersuchung. Das Pfeilermauerwerk wird gewöhnlich aus lagerhaftem Bruchstein hergestellt, bei Strompfeilern an den Seitenflächen mit Quadern oder Hackelsteinen verkleidet. Meist gibt man in Höhenabständen von 3–4 m ganz durchbindende Quaderschichten und unter den Auflagsteinen des Tragwerks je nach der Größe der Belastung 1–3 Druckverteilungsschichten.
Über die Gründung der P. s. Gründung.
Über die Bauart der hölzernen Zwischenpfeiler (Joche) s. Holzbrücken.
Eisenpfeiler unter Brückentragwerken sind entweder in Form einer senkrecht und quer zur Brückenlängsachse stehenden Wand ausgebildet, Wandpfeiler, oder als ein turmartiges Fachwerk gestaltet mit 4 (bei älteren Ausführungen auch mehr) Eckpfosten, die durch Gitterwerk verbunden sind, Gitter- oder Turmpfeiler. Sie gelangen an Stelle von Steinpfeilern dort zur Ausführung, wo es sich, wie besonders bei Straßenübersetzungen, um möglichst geringe Einschränkung der lichten Durchfahrtsweiten oder bei hohen P. um geringere Belastung des Baugrundes handelt. Niedere P. werden aus Säulen oder Röhren, hohe P. als Fachwerke ausgestaltet. Die Säulenpfeiler bestehen aus einzelnen oder einer Reihe von Stützen, die früher aus Gußeisen hergestellt wurden, jetzt aber häufiger aus Schmiedeeisen gebaut werden. Während die älteren Ausführungen durchwegs flach aufgesetzte, mit dem Unterbau verankerte Säulen zeigen, ist jetzt die Ausbildung zu Scharnier- oder Pendelstützen, die oben und unten gelenkig gelagert sind, die übliche.
Nach Art der Holzjoche sind die eisernen Piloten- oder Jochpfeiler gebildet. Sie bestehen aus in den Boden eingeschraubten, gußeisernen oder eingerammten schmiedeeisernen Pfählen, die reihenförmig angeordnet und untereinander durch Kreuzverstrebung verbunden sind. Für leichte Brücken kleinerer Spannweite, geringe Wassertiefen und leichten Boden sind solche Jochkonstruktionen aus gerammten -Pfählen nicht unzweckmäßig, jedenfalls haben sie den Vorzug der Billigkeit.
Eiserne Turmpfeiler sind zum ersten Male (1853) beim Crumlinviadukt, dann durch Nördling bei einer Anzahl großer Viadukte der Orléansbahn zur Ausführung gekommen. Diese P. erhielten Pyramiden- oder Obeliskform und gußeiserne röhrenförmige Ständer, die durch wagrechte Riegel und Diagonalkreuze aus Schmiedeeisen untereinander verbunden sind. Später, u.zw. schon bei den 1875–1877 erbauten Viadukten der schweizerischen Nordostbahn u.a., wurde als Baustoff nur Schmiedeeisen verwendet. In Österreich wurden 1892 die ursprünglich mit Gußeisenständern ausgeführten Gitterpfeiler des Iglawaviadukts der österreichisch-ungarischen Staatsbahn durch ganz aus Schmiedeeisen hergestellte P. ersetzt.
Eine besondere Ausbildung der Turmpfeiler sind die Gerüstpfeiler, die vorwiegend in Amerika, in neuerer Zeit aber auch in Europa Anwendung gefunden haben. Die 4, einen P. zusammensetzenden Ständer stehen in 2 parallelen, lotrechten und nach der Brückenquerachse gestellten Ebenen und sind untereinander wieder durch Horizontalriegel und Diagonalkreuze verbunden. Quer zur Brückenlängsachse sind die Ständer geneigt, dagegen unterscheiden sich die Gerüstpfeiler von den obeliskartigen Turmpfeilern dadurch, daß sie in der Richtung der Brückenlängsachse breiter sind, nach oben sich nicht verjüngen, daher den Überbau nicht bloß in einem Punkt stützen, sondern eines überspannenden Tragwerks bedürfen. Die Ständer des P. stehen auf getrennten Mauersockeln, wobei sie bei abfallendem Gelände auch verschieden hoch sein können.
Die bei größerer Höhe ebenfalls fachwerkartig ausgebildeten Wand- oder Pendelpfeiler bestehen bloß aus einer Reihe, meist nur aus 2 in einer lotrechten Querebene stehenden Stützen, die untereinander durch Ausfachung verbunden sind. Die Ständer sind oben und unten gelenkig gelagert, so daß in ihnen nur axiale Kräfte auftreten können.
Melan.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.