- Spannwerk
Spannwerk (wire compensator; tendeur de fil; apparecchio tenditore del filo), ein in die Doppeldrahtzugleitung der Stellwerke eingehängtes einfaches oder doppeltes Gewicht, das dazu bestimmt ist, die durch Wärmeschwankungen und Dehnung in den Leitungen auftretenden Längenänderungen auszugleichen. Wird die Drahtleitung bei zunehmender Wärme länger, so läßt sie das Spanngewicht sinken, wird die Leitung bei abnehmender Wärme kürzer, so sucht sie das Spanngewicht zu heben. Zum Ausgleich der Längenänderungen muß daher das Spanngewicht frei beweglich sein. Beim Umlegen des Stellhebels muß es dagegen festgehalten werden, damit die durch den Stellhebel auf die Stelleitung übertragene Bewegung voll auf den Weichen- oder Signalantrieb wirkt und nicht in dem Anheben des S. verzehrt wird. Zu dieser Sperrung des Spanngewichts wird der Spannungsunterschied benutzt, der während der Hebelumstellung in dem Zugdraht und Nachlaßdraht entsteht.
Abb. 104 zeigt ein S. für Signalleitungen. An dem einen Ende der beiden in einem Bock gelagerten zweiarmigen Hebel sind verstellbare Gewichte angebracht, an dem andern Ende tragen diese Hebel bewegliche Klemmbacken, zwischen denen eine kreisförmig gebogene, gezahnte Stange liegt (Abb. 105). Die Drahtleitung ist um Seilrollen geführt, von denen 4 in dem festen Gestell, 2 in den beweglichen Gewichtshebeln gelagert sind. Wird beim Umlegen des Stellhebels der eine Draht der Doppelleitung angezogen, der andere nachgelassen, so hebt sich das eine Gewicht, das andere senkt sich. Die Klemmbacken stellen sich schräg. Dabei greift die höher stehende unter einen Zahn der Sperrstange und hindert das weitere Anheben des Spanngewichts. In der Ruhestellung des Hebels, bei der die Spannungen der beiden Drähte gleich oder nur wenig verschieden sind, gleiten die Klemmbacken beim Auf- und Niedergehen der Gewichte an der Zahnstange entlang.
Abb. 106 stellt ein mit dem vorbeschriebenen im wesentlichen übereinstimmendes S. für Weichenleitungen nach der Einheitsform der preußischen Staatsbahnen dar.
Eine abweichende Bauart findet sich bei den sog. Hängespannwerken (Abb. 107), bei denen die Spanngewichte ohne Hebelübertragung in die Drahtleitung eingehängt werden.
Die S. haben aber nicht nur die Längenänderungen der Drahtleitung auszugleichen, sondern auch gewisse Sicherungsbedingungen zu erfüllen, die für den Fall eines Bruches der Drahtleitung gefordert werden. Nach diesen sog. Reißbedingungen soll:
bei einem Bruch in der Leitung eines Hauptsignals ohne Vorsignal das Hauptsignal in der Haltstellung festgehalten oder aus der Fahr- in die Haltstellung gebracht werden;
bei einem Bruch in der Leitung eines mit einem Vorsignal verbundenen Hauptsignals soll das Hauptsignal in der Halt- und das Vorsignal in der Warnstellung festgehalten oder in diese Stellung gebracht werden, wenn der Bruch zwischen Hebel und Hauptsignal eintritt;
bei einem Bruch der Leitung zwischen Hauptsignal und Vorsignal soll bei »Fahrt frei« wenigstens das Vorsignal in die Warnstellung gelangen;
bei einem Bruch in einer Weichen- oder Riegelleitung soll die Fahrstellung eines Signals verhütet werden, das von der Stellung dieser Weiche oder dieses Riegels abhängig ist, und endlich
bei Weichen- und Riegelleitungen jeder Drahtbruch im Stellwerk angezeigt werden.
Die hierzu erforderliche Einwirkung auf die Signal- und Weichenantriebe und die Weichen- und Riegelhebel bei Drahtbruch wird durch das den heil gebliebenen Draht nachziehende Gewicht des S. hervorgebracht. Die Spanngewichte müssen daher eine Fallhöhe haben, die auch bei größter Wärme, wo die Gewichte am tiefsten stehen, ausreicht, um den Draht so weit nachzuholen, als zur Erfüllung der Reißbedingungen nötig ist.
Die S. werden entweder unter der Hebelbank im Stellwerksgebäude oder im Freien aufgestellt.
Hoogen.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.