Drucksachenverwaltung

Drucksachenverwaltung

Drucksachenverwaltung (service des imprimés; amministrazione dei stampati), Gebarung mit den Drucksachen, die bei den Eisenbahnverwaltungen zum Gebrauch der einzelnen Behörden und Dienststellen oder zum Verkaufe an Dritte bestimmt sind.

Zu den wichtigsten Drucksachen im Eisenbahnwesen gehören die Vordrucke (Formulare), die nur vorgedruckte Spalten u.s.w. oder einen Teil des Textes enthalten und in jedem Falle der Verwendung handschriftlich ergänzt werden.

Vordrucke werden im Eisenbahndienst in ausgedehntestem Maße verwendet, die Zahl der aufgelegten Muster erreicht bei größeren Verwaltungen oft mehrere Tausende. Ihre Verwendung ergibt eine bedeutende Ersparnis an Zeit und Arbeitskräften, da sonst auch der gesamte vorgedruckte Text u.s.w. in jedem einzelnen Falle handschriftlich eingetragen werden müßte. Die Auflegung von Drucksachen wird sich überall dort als wirtschaftlich erweisen, wo ein größerer Bedarf vorliegt.

Dienstliche Vorschriften und Anordnungen, die nur in geringer Zahl gebraucht werden, pflegen bei den einzelnen Verwaltungen mit eigenen Vervielfältigungsapparaten hergestellt zu werden.

Die Form und Einrichtung der bei den einzelnen Verwaltungen verwendeten Drucksachen ist im allgemeinen sehr verschieden, doch gibt es eine Reihe von Drucksachen, die entweder auf Grund von Verfügungen der Aufsichtsbehörden oder infolge von Vereinbarungen der beteiligten Verwaltungen einheitlich aufgelegt werden. So sind für den Bereich des VDEV. vielfach einheitliche Drucksachen, z.B. hinsichtlich der gegenseitigen Wagenbenutzung, der Abrechnung u.s.w., vereinbart worden, ebenso vom Deutschen Eisenbahnverkehrsverband für Materien, die den Verbandszweck betreffen, so z.B. für die Zoll-, Steuer-pp.-Vorschriften (Formulare zum Ladungsverzeichnis, Begleitschein I und II, Annahmeerklärung, Abmeldung von Waren, Deklarationen zum Warenein- und -ausgang u.s.w.), für die Dienstvorschriften der Eisenbahnen zu der Militärtransportordnung und zum Militärtarif für Eisenbahnen (Verzeichnis der auf Militärfahrschein abgefertigten Militärtransporte, Begleitzettel zum Militärfahrschein, Rechnung über gestundete Militär- und Frachtgelder u.s.w.), für die Desinfektionsvorschriften (Beklebezettel: »Zu desinfizieren« oder »Desinfiziert«, Tatbestandsaufnahme bei Entdeckung von Zuwiderhandlungen gegen die Desinfektionsvorschriften, Kontrollbuch der Desinfektionsstationen) u.s.w.

Die Drucksachen werden, wie bereits angedeutet, allgemein in solche, die zum Dienstgebrauch bestimmt sind, und in verkäufliche Drucksachen eingeteilt; mitunter, namentlich bei den österreichischen Verwaltungen, werden auch noch sog. streng verrechenbare Drucksachen unterschieden. Zu diesen gehören jene Drucksachen, die, wie z.B. Blankofahrkarten, Freifahrtausweise u.s.w., wegen der Gefahr einer mißbräuchlichen Verwertung einer besonders strengen stückweisen Verrechnung unterliegen und für die mit ihrer Ausgabe betrauten Dienststellen Geldeswert darstellen. Zu den verkäuflichen Drucksachen gehören alle jene, die entweder ausschließlich oder vorwiegend dazu bestimmt sind, zu festgesetzten Preisen an das Publikum verkauft zu werden, wie z.B. Frachtbriefe, Zolldeklarationen, statistische Anmeldescheine, Milchversandscheine, Anträge zur Erlangung von Fahrpreisermäßigungen, Preisverzeichnisse für Bahn wirtschaften, Stationstarife, Kursbücher, Wandfahrpläne, Wagenlisten u.s.w. Bei verkäuflichen Drucksachen haften die Dienststellen, die damit betraut sind, für den Verkaufswert.

Die zum dienstlichen Gebrauch eingeführten Drucksachen betreffen alle Dienstzweige; die meisten werden für das Kassen-, Rechnungs- und Kontrollwesen, im Abfertigungs- und Wagendienst sowie für die Statistik verwendet.

Sämtliche bei einer Verwaltung eingeführten Drucksachen werden gewöhnlich in einem besonderen Drucksachenverzeichnis zusammengestellt, das einerseits die zum Dienstgebrauch vorgeschriebenen Drucksachen in fortlaufender Reihenfolge – unter Offenhaltung einer entsprechenden Zahl von Nummern bei den einzelnen Abschnitten für spätere Zugänge – und die verkäuflichen Drucksachen mit Ausnahme der Tarife und Fahrpläne nachweist.

Änderungen eingeführter Drucksachen, Aufhebung veralteter und Einführung neuer Drucksachen sind in der Regel der Direktion oder der Zentralstelle vorbehalten; derartige Änderungen werden allen Dienststellen, die Drucksachen auf Grund des Drucksachenverzeichnisses anzufordern haben, zu dessen Richtigstellung in geeigneter Weise (durch das Amtsblatt u.s.w.) bekanntgegeben.

Die Beschaffung des Drucksachenbedarfs für einen bestimmten, meist mehrjährigen Zeitraum erfolgt gewöhnlich im Wege der vertraglichen Lieferungsvergebung an leistungsfähige Druckereien. Daneben gehen aber in neuerer Zeit einzelne Eisenbahnverwaltungen mehr und mehr dazu über, einen Teil ihrer Drucksachen, besonders Vordrucke, Umdrucksachen u.s.w., in eigenen Druckereien anfertigen zu lassen. Werden fremde Druckereien mit der Herstellung der Drucksachen betraut, so wird ihnen häufig auch die Aufbewahrung der Vorräte sowie die unmittelbare Verschickung der Drucksachen auf Anforderung der einzelnen Dienststellen unter Anrechnung der festgesetzten Preise für die abgegebenen Mengen übertragen. Abgesehen von der ebenerwähnten Einrichtung pflegen die einzelnen Dienststellen ihre auf Grund des Drucksachenverzeichnisses einzusendenden Bestellungen an die Dienststelle der in Frage kommenden Verwaltung zu richten, der die Verwaltung der Materialien überhaupt oder der Drucksachen insbesondere obliegt.

Die Verschickung der Drucksachen erfolgt in der Regel als Dienstgut mittels Bahn.

Der große Geldaufwand, den die Beschaffung der Drucksachen erfordert, läßt es notwendig erscheinen, den Verbrauch der einzelnen Dienststellen an Drucksachen in geeigneter Weise zu überwachen, um eine unwirtschaftliche Verwendung zu verhindern; mitunter sucht man eine sparsame Verwendung der Drucksachen z.B. durch Festsetzung bestimmter Verbrauchsmengen für jede Dienststelle und durch Gewährung von Prämien für Minderverbrauch oder durch Aussetzung von Geldpauschalien zu fördern, aus denen die Dienststellen die Auslagen für Drucksachen zu bestreiten haben.

Die außer Gebrauch gesetzten und verschriebenen Drucksachen werden entweder eingestampft oder nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes als Makulatur veräußert.

Wegen der Organisation der D. bei einzelnen Verwaltungen sei noch folgendes bemerkt:


Bei den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen werden die für den ganzen Staatsbahnbereich gemeinsamen Drucksachen (Dienstvorschriften, Dienstanweisungen u.s.w.) durch die im Teil I des Drucksachenverzeichnisses jeweils damit beauftragte Drucksachenverwaltungsdirektion (Berlin oder Breslau, Bromberg, Cöln, Erfurt, Hannover, Mainz) für alle Direktionsbezirke und das Eisenbahn-Zentralamt beschafft. Die Beschaffung sonstiger Drucksachen, sowie Schreib- und Zeichenmaterialien erfolgt durch jede der vorgenannten Drucksachenverwaltungsdirektionen für die ihr zugeteilte Gruppe von Direktionsbezirken, während die Drucklegung der Amtsblätter, Fahrpläne, Niederschriften und anderer Drucksachen, die zum einmaligen Gebrauch bestimmt sind, jeder Eisenbahndirektion für ihren Bezirk obliegt.

Bei den bayerischen Staatsbahnen werden die Drucksachen und Regiematerialien eingeteilt in:

a) Formblätter,

b) zahlbare Dienstpapiere und Tarife,

c) Dienstvorschriften, Dienstanweisungen und sonstige Drucksachen,

d) Schreib-, Zeichnungs- und Packmaterialien,

e) Materialien für den bahnärztlichen Dienst,

f) sonstige Materialien.

Die Drucksachen und Regiematerialien werden, soweit nicht in besonderen Fällen etwas anderes bestimmt wird, von der Eisenbahndirektion in München für den gesamten Bereich der Staatseisen bahn Verwaltung vergeben. Die übrigen Eisenbahndirektionen haben aus ihren Etatsmitteln nur für den eigenen Bezirk zum einmaligen Gebrauch bestimmte, sowie solche Drucksachen zu beschaffen, die aus Zweckmäßigkeitsgründen an Ort und Stelle zu beziehen sind, wie Bahnhoffahrordnungen, Plakate über das Verkehren von Sonderzügen, ferner Dienstvorschriften, Dienstanweisungen und Fahrplanbehelfe, deren Ausarbeitung und Drucklegung ihnen übertragen ist.

Mit der Anschaffung und Verwaltung der Drucksachen und Regiematerialien ist die Regieverwaltung mit dem Materialdepot bei der Eisenbahndirektion in München betraut. Sämtliche Drucksachen und Regiematerialien sind von den Dienststellen unmittelbar bei dem Materialdepot der Eisenbahndirektion in München anzufordern.

Bei den österreichischen Staatsbahnen werden die verschiedenen Drucksorten als Betriebsmaterialien verrechnet. Die Materialvorräte befinden sich teils in den Materialmagazinen, teils bei den als Depots bestimmten Dienststellen, teils auch auf Grund der von den liefernden Druckereien vertragsmäßig übernommenen Verpflichtungen bei diesen in Aufbewahrung. Die Anforderung der Drucksorten hat getrennt zu erfolgen a) für nicht streng verrechenbare, b) für streng verrechenbare und c) für verkäufliche. Die Materialmagazine haben über den Bedarf an Materialien bei Neubeschaffung oder Ergänzung der Be stände monatliche, Beschaffungspräliminarien abzufassen und der vorgesetzten Staatsbahndirektion vorzulegen. Die Beschaffung der Drucksorten erfolgt nach Maßgabe der hierüber geltenden Vorschriften durch öffentliche oder beschränkte Ausschreibung oder ohne solche durch Vertrag mit bestimmten leistungsfähigen Geschäftsfirmen.

Seydel.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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