- Einschienenbahnen
Einschienenbahnen (single-rail railways; chemins de fer monorail, chemins de fer à rail unique ou porteur monorail; ferrovie elevate a rotaia unica) nennt man alle Bahnen, die die auf ihnen verkehrenden Fahrzeuge lotrecht nur in einer Längslinie, meist der Mittellinie, unterstützen.
Die E. entspricht der Verfolgung zweier Zwecke, einerseits der Verringerung der Bewegungswiderstände, woraus sich die Entwürfe für einschienige Schnellbahnen entwickelten, anderseits möglichst weitgehender Vereinfachung des Bahnkörpers, namentlich zur Überwindung welligen Geländes für billige Kleinbahnen, Einschränkung des erforderlichen Platzes in teurer Umgebung, wie Stadtbahnen, und zu schnellstem Vorstrecken in erst aufzuschließenden Ländern.
Die Bewegungswiderstände werden, abgesehen von den auch bei anderen Bahnen verwendbaren Mitteln, durch das günstige Abrollen der walzenförmigen Räder auf einer Schiene, durch die leichte Bewegung der Fahrzeuge in Gleisbogen und durch die Minderung des Einflusses von Höhenfehlern vermindert.
Die bislang ausgeführten E. sind hauptsächlich ihrer großen Schmiegsamkeit in Aufriß und Grundriß wegen entstanden.
Unter den ausgeführten E. sind zu unterscheiden:
I. Unechte E. mit Zwangführung,
II. wirkliche E.
a) Hängebahnen,
b) Standbahnen, Kreiselbahnen.
I. Unechte Einschienenbahnen.
Bei den unechten E. ruht zwar die Last der Fahrzeuge auf nur einer Schiene, die Fahrzeuge werden aber seitlich zwangläufig durch weitere Schienen geführt, daß sie nicht beliebig um eine wagerechte Längsachse schwingen können, sondern bezüglich ihrer Querneigung einem durch die Lage der wagerechten Führung bedingten Zwange unterliegen. Hierdurch geht eine wichtige Eigenschaft der wirklichen E. verloren. In der Tat sind mehrere Schienen da, die Anlage ist eine »unechte« E.
Einen wesentlichen Nachteil aller zwangläufigen Bauarten bilden die wegen der zwangläufigen Führung bei größerer Geschwindigkeit auftretenden, für die Reisenden unerträglichen Stöße, die noch dadurch verstärkt werden, daß es unmöglich ist, drei oder fünf Schienen genau nach den ihnen zugehörenden Krümmungshalbmessern zu biegen. Die Querneigung im Bogen ist, wenn überhaupt vorgesehen, nur für eine bestimmte Geschwindigkeit richtig, wie bei zweischienigen Standbahnen.
Zu diesen unechten E. gehören die Bauarten Lartigue, Behr, Meigs, Cook, Dietrich, Enos, Lehmann.
I a. Bauart Lartigue (Abb. 1).
Lartigue setzt die Wagen mit den Triebrädern auf eine Schiene, die auf der Spitze von dreieckigen Böcken oder von einem dreieckigen Träger ruht. Böcke oder Träger werden von den Wagen sattelartig übergriffen. Zur Führung dienen wagerechte Führungsrollen, die sich gegen zwei tiefer liegende Schienen stützen. Die Bahn ist also dreischienig.
Die Stützschiene geht annähernd durch den Wagenschwerpunkt, so daß die wagerechten Kräfte hauptsächlich von den Flanschen der Laufräder auf die Stützschiene übertragen werden. Ein Aufsetzen der Böcke oder Träger auf höhere eiserne Unterbauten zwecks Ausbildung der Bahn als Hochbahn ändert an der Bauart grundsätzlich nichts.
Eine bemerkenswerte Ausführung dieser Art ist die Bahnlinie Listowel-Ballybunion1.
I b.
Der Entwurf von Behr für eine Schnellbahn Liverpool-Manchester, der 1888 auf einer 16 km langen Versuchstrecke in Irland zur Ausführung kam, hat dieselbe Anordnung wie Lartigue, nur vier statt zwei wagerechter Führungsrollen und vier entsprechende Schienen (Abb. 2). Die Bahn ist also fünfschienig. Auf einer Versuchsstrecke bei Brüssel soll die Fahrgeschwindigkeit im Jahre 1897 in der Geraden 135 km/Std. betragen haben.
I c.
Meigs (Abb. 3) legt das Laufwerk, um das Innere des Wagens nicht zu beeinträchtigen, ganz unter den Wagenboden in zwei Drehgestelle, um auch ganz scharfe Bogen durchfahren zu können. Die gegen die Wagenkasten abgefederten Drehgestelle greifen mit zwei langen dreieckigen Ansätzen sattelartig über einen stützenden Träger, der große Seitensteifigkeit besitzen muß und ganz mit Beton gefüllt ist. Zwei unter 45° geneigte, mit Keilnuten versehene Laufräder laufen auf den am Trägeruntergurte befestigten Tragschienen und stützen den Wagen lotrecht und wagerecht. Zur wagerechten Führung dienen außerdem zwei in wagerechter Richtung verstellbare Triebräder, die sich gegen eine eisenbeschlagene Holzschiene auf dem Trägerobergurte legen. Diese Räder dienen gleichzeitig zur Bremsung und greifen mit Flanschen unter die Blockschienenkanten, um das Abheben des Wagens zu verhindern. Bei der hohen Lage des Schwerpunktes des Wagens ergeben sich erhebliche Verdrehungsmomente für die stützenden Träger.
Eine Probestrecke dieser Bauart ist von der »Rapid Transit Commission« in Boston, Mass., gebaut und betrieben, ist aber nicht zur Einführung gelangt.
I d.
Die Anordnung von Dietrich zeigt einen seitlich steifen Kastenträger, der die lotrechte Last oben und den Seitenschub unten aufnimmt (Abb. 4). Die oberen Trag- und Trieb-Räder eines besondern Triebwagens stehen nach außen geneigt auf einem gleichfalls geneigten Gleise, und zwar so, daß der vom Triebwagen geleistete Gegendruck durch den Schnittpunkt der Wagenmitte mit der Ebene der untern wagerechten Stützung geht, so daß die unteren Rollen genau wagerecht beansprucht werden. Die Schrägstellung der Tragrollen ist vorgenommen, um das Abpendeln der Wagen in gegen den Wagen hin gewölbten Gleisbogen zu verhüten; sie bewirkt aber zugleich Vergrößerung des wagerechten Druckes in nach dem Fahrzeuge zu hohlen Bogen. Gegen Entgleisungen dient eine auf dem Wagendache angeordnete Gegenrolle; auch steht der Anbringung von Fangbügeln nichts im Wege. Derartige Strecken sind auch versuchsweise nicht ausgeführt worden.
I e.
Cook kehrt die Aufhängung um (Abb. 5). Der untere Gegendruck wirkt schräg nach oben. Der größte Teil der Last soll unten aufgenommen werden. Die oberen geneigten Räder dienen nur zur Führung, die Triebräder sitzen unten. Der ausladende Querträger ist vermieden. Ein gegen die untere Schiene angepreßtes drittes Rad verhindert Entgleisungen.
Eine Gleisklotzbremse gegenüber dem untern Führungsrade entlastet bei Bremsung die unteren Laufräder und nutzt unter hohem Drucke die gleitende Reibung voll zur Bremsung aus. Der elektrische Antrieb sitzt auf der Triebradachse. Die Stromzuführung geschieht durch eine Kupferschiene unter der obern Führungschiene.
Der Vorteil der beiden Bauarten Dietrich und Cook liegt in der Ausnutzung eines Stützträgers für zwei Gleise. Da der Wagen sich mit Kraft wagerecht gegen den Träger legt, werden bei dessen genügend steifer Ausbildung und fehlerloser Verlegung Schwankungen vermieden. Ein Nachteil liegt in der Erzeugung erheblicher verwindender Momente aus lotrechter Belastung, die mit zunehmender Wagenbreite wachsen. Eine Einschränkung der Wagenbreite vermindert aber die Leistungsfähigkeit. Ein Modell lief 1893 auf der Weltausstellung in Chicago.
I f.
Enos (Abb. 6) legt für jedes Gleis eine Schiene auf einen Träger. Die Träger sind an einer dreieckigen Kopfauskragung der Stützung aufgehängt und in ihren Untergurten gegeneinander abgesteift. Die Aufhängung geschieht durch Hängebügel, die zugleich die Triebmaschinen tragen. Gegen den Untergurt sich legende Leiträder verhindern das Abheben. Die Träger erfahren auf gerader Strecke aus lotrechter Belastung keine Verdrehung. Aus wagerechten Kräften treten aber wegen der sehr tiefen Lage des Schwerpunktes erhebliche verwindende Momente auf.
I g.
Die Anordnung von Lehmann (Abb. 7) kam in Amerika versuchsweise in Newyork und neuerdings vorschlagsweise bei der Bahn Nizza-Monte Carlo in Frage. Das Wagengewicht ruht auf einer einzigen, unter dem Wagen befindlichen Schiene. Gegen seitliches Kippen ist der Wagen durch eine zweite, oberhalb des Wagens angeordnete Schiene gesichert, gegen die sich auf dem Dache des Wagens befestigte Laufrollen oder Klauen legen. Die Führungschiene ist an Rahmen befestigt, die die vorgeschriebene Umrißlinie frei lassen. Im Bogen kann durch seitliche Verschiebung der obern Schiene nur eine einer bestimmten Geschwindigkeit entsprechende Querneigung der Fahrzeuge hergestellt werden.
II. Wirkliche Einschienenbahnen.
Wirkliche E. sind die Hänge- oder Schwebebahnen mit oberer, und die Kreiselbahnen mit unterer Trag- und Lauf-Schiene.
Beide Bahnarten haben in Bau und Betrieb gegenüber den zwangläufigen, unechten E. und den zweischienigen Standbahnen gemeinsame Vorteile. Diese sollen zunächst erläutert werden.
Die bei der zweischienigen Standbahn in der Geraden, mehr noch im Bogen auftretenden Erscheinungen des Schleifens der verkehrt kegelförmigen Räder auf den Schienen fallen bei der E. fast fort, wenn man den Radreifen mit zwei Spurkränzen flach hohl bildet und auf einem etwas stärker gewölbten Schienenkopfe laufen läßt. Bei Schrägstellung der Wagen im Bogen wälzen sich die beiden Flächen aufeinander ab, ohne daß eine Änderung im Rollzustande eintritt. Der Rollwiderstand ist also auf einer Schiene geringer, so daß man in Krümmung und Neigung und damit in der Linienführung und Anschmiegung an das Gelände größern Spielraum hat, als bei Zweischienenbahnen. Für die einschienige Bahn fällt außerdem die Vergrößerung der lotrechten Lasten durch die Kippmomente aus seitlichen Kräften fort. Die Lage der Lastrichtung zur ersten Hauptachse des Schienenquerschnittes und die Aufnahme der ganzen Last durch nur einen Träger sind günstig.
Die Schienen- und Rad-Abnutzung sowie das Wandern sind wegen gleichmäßigen Laufens des hohlen Radreifens auf dem gewölbten Schienenrücken in geringer Breite gering.
Die alten Schienenformen können auch für E. beibehalten werden.
Während bei der zweischienigen Standbahn durch die Schienenüberhöhung nur eine Schrägstellung der Wagen für alle Geschwindigkeiten erzwungen wird, stellen sich die Wagen bei der E. selbsttätig richtig nach Geschwindigkeit und Bogenhalbmesser ein. Der Schiene die der mittlern Geschwindigkeit entsprechende Neigung im Bogen zu geben, ist nicht unbedingt nötig, aber leicht möglich. Ein Fehler in der Schienenneigung macht sich wegen des freien Kippens des Rades auf der Schiene nicht bemerkbar, wie anderseits ein Fehler in der Höhenlage der Schiene wohl lotrechte Schwankungen, aber kein Kippen der Fahrzeuge bedingt.
Unter Voraussetzung gleicher Umrißlinien beansprucht die E. geringere Breite.
II a. Hänge- oder Schwebebahnen.
Bauart Langen.
Die ursprünglich nach Abb. 8 noch zwangläufig als zweischienige Schwebebahn gedachte Bauart Langen ist, als wirklich einschienige Schwebebahn (Abb. 8 a), nach Errichtung einer Probestrecke in Deutz, für die 13∙3 km lange Städtebahn Vohwinkel-Elberfeld-Barmen verwendet (siehe Elberfeld-Barmen-Schwebebahn) worden.
Der Gedanke der Zusammenlegung von Fernschnellbahnen mit den Hauptbahnen kann vielleicht durch Anlage von Schwebebahnen über diesen verwirklicht werden, da die Schwebebahn auch bei Schnellverkehr den vorhandenen Bogen folgen kann (Abb. 9, 10 und 11). (Organ 1901.) Die Wagen stellen sich in den Krümmungen selbsttätig und stoßfrei ein. Lange Übergangsbogen ermöglichen allmähliche Drehung in die Gleichgewichtslage mit geringen Pendelschwingungen. Das Tragwerk der Schwebebahn Elberfeld-Barmen erlaubt einen Ausschlagwinkel von 15° entsprechend einer Fahrgeschwindigkeit von 55 km/Std. im Bogen von 90 m Halbmesser.
Auf einer Versuchsbahn in Deutz wurden Ausschwingungen von 26° erprobt, so daß Bogen von 90 m Halbmesser mit 75 km/Std., solche von 350 m Halbmesser mit 150 km/Std. durchfahren werden könnten.
Faßt man das Rad als Kreisel auf, so erkennt man, daß das Ausschwingen c1 im Rechtsbogen (Abb. 12) mit der Raddrehung b als Drall die Drehung a1 des Rades um die lotrechte Achse im Sinne des Laufes im Rechtsbogen befördert. Diese Drehung a, verstärkt durch die Führung des Rades an der Schiene, bewirkt aber, zusammen mit dem Umlaufe b des Rades als Drall ein Kreiselmoment, dessen Richtung c derjenigen der Ausschwingung c1 entgegengesetzt ist. Der Umlauf der Räder bremst also das Ausschwingen ab.
Ein Entwurf einer Schwebebahn über der Stadtbahn in Berlin (Organ 1901) zeigt die Anordnungen, die bei Erbauung von Schwebebahnen über bestehenden Standbahnen in Frage kommen, namentlich die Einführung in die Bahnhöfe, den Ausbau dieser und die Anordnung auf Brücken, unter möglichster Ausnutzung der bestehenden Verhältnisse.
Gegenüber den zweischienigen Standbahnen auf Dämmen sind die Kosten für Grunderwerb bei Schwebebahnen geringer, würden gegenüber den zweischienigen Standhochbahnen größer werden und bei Anordnung von Schwebebahnen über bestehenden Standbahnen nicht in Frage kommen. Die Ersparungen an Erdbewegungen würden gegenüber den Standbahnen durch die Kosten für die eisernen Stützen und Träger ausgeglichen, wenn nicht überwogen werden. Kleine Brücken und Wegeübergänge kommen für Schwebebahnen nicht in Betracht. Die großen Brücken erhalten die gleichen Spannweiten und Stärken, wie die Standbahnbrücken. Im Falle des Zusammenlegens der Bahnen übereinander sind die Pfeiler für die neuen Träger zu verstärken.
Von den Entwürfen zu Schwebebahnen für Hamburg und Berlin ist bislang (abgesehen von dem Modelle einstieliger Stützen in der Brunnenstraße in Berlin) noch keiner ausgeführt. Die Probestrecke zeigt eine neue Gestaltung des Traggerüstes2.
II b. Kreiselbahnen.
Einschienige Standbahnen mit Kreiselbetrieb sind bislang über den Stand von Versuchsausführungen nach Scherl und Brennan nicht hinausgekommen.
Bei Anordnung einschieniger Standbahnen ist auf Ersparnis an Grunderwerbskosten zu rechnen infolge besserer Anschmiegung der Bahn an das Gelände, Verlegung der Gräben in Einschnitten unter die Fahrzeuge und Verschmälerung der Dammfüße, da die Last nach der Gleismitte rückt, Böschungen und Stützungen daher steiler gehalten werden können. An Einschnitten und Dämmen kann gespart werden, da die zulässigen Steigungen steiler sein können. Auch werden manche Bauwerke überflüssig und die auszuführenden nehmen kleinere Maße an. Die Streckenbauwerke einschieniger Standbahnen erfordern für die eine Schiene nur einen Träger, also sehr schmale Fahrbahn und können im übrigen offen bleiben. Trogbrücken werden schwerere Quer- und Längsträger erhalten müssen, das Mehrgewicht würde durch den Wegfall der Hälfte der Zahl der Längsträger ausgeglichen werden.
Die günstigere Belastung der Dämme durch einschienige Standbahnen läßt geringere Güte des Schüttbodens zu. Die Querentwässerung wird von der einschienigen Anlage günstig beeinflußt. Die sich unter den Schwellen bildenden harten Rippen lassen den Wasserablauf nach beiden Seiten frei.
Die Druckverteilung und der Widerstand gegen wagerechte Verschiebungen lassen sich durch geeignete Schwellenform günstig gestalten, ohne bei gleicher Last die Reibung zu vermindern. Die zur Verhinderung von Seitenbewegungen erforderliche Bettungsbreite ist bei E. vergleichsweise gering, zumal sich die Form des Stützkörpers der Schiene so wählen läßt, daß den Querverschiebungen und dem Wandern eine große Druckfläche in der Bettung gegenübersteht.
Die Gleisverbindungen der einschienigen Standbahn sind sehr einfach, namentlich wenn bei elektrischem Betriebe kein Wenden der Fahrzeuge nötig ist. In Weichen legen sich an das im Grundrisse zugeschärfte Ende der Fahrschiene wechselweise zwei krumme Zungen, deren Wurzeln die Enden des geteilten Stranges bilden. Aufschneiden ist möglich, wenn man die abliegende Zunge durch die Fliehkraft der ersten Achse anlegen läßt und beide Zungen kuppelt; andernfalls ist die Weiche Entgleisungsweiche. Auch Schleppweichen können verwendet werden. Da alle Kreuzungs- und Herz-Stücke wegfallen, ist die Weiche einfach.
Da sich bei neueren Bahnanlagen für Ortsverkehr mehr und mehr das Bestreben geltend macht, diese zu ringförmig geschlossenen Einzelstrecken zusammenzusetzen, weil die Leistungsfähigkeit einer Linie durch Gabelung in Zweige so vielmal herabgesetzt wird, als Zweige vorhanden sind, spielen die Weichen bei neueren Anlagen nur noch eine geringe Rolle (Stadtbahn in Paris).
Die Vereinfachung der Weichen führt auch zu Vereinfachungen der Stellwerke.
Untergestell und Kasten der Fahrzeuge ruhen mit Hauptquerträgern auf den Gestelldrehzapfen, die wegen Fehlens der seitlichen Stützung schwer werden.
Die Drehzapfen müssen Verdrehungen gestatten um die lotrechte Achse in Gleisbogen und um die wagerechte Querachse in Neigungsbrüchen, keine Verdrehung jedoch um die wagerechte Längsachse. Durch einen belasteten Kugelzapfen und seitliche Kragstücke unter dem Kasten an einem mittlern Längsträger ist dies erreichbar. Das Drehgestell wird gegen die Achsen abgefedert. Die Drehgestelle fallen einfach aus, daher ist dreiachsige Anordnung leicht möglich. Trotz Aufnahme der ganzen Last durch nur eine Reihe von Rädern werden diese wegen der günstigen Auflagerung auf den Schienen günstig beansprucht. Die Achsen werden gleichfalls leicht. Heizung, Bremsung, Beleuchtung, Zug- und Stoß-Vorrichtungen bieten nichts Besonderes.
Vier lotrecht verstellbare, elektrisch auslösbare Stempel, die schnell hinabgelassen werden können, bilden für stillstehende Wagen Seitenstützen mit kleinen Rollen. Die stromlos gewordenen Kreisel halten bei 50 Umläufen in der Sekunde den Wagen noch etwa 30 Minuten aufrecht.
Bei dem Wagen von Brennan3 treibt eine Gleichstromtriebmaschine zwei Blindwellen durch Zahnräder, jede Blindwelle ist durch Kurbel und gegengewogene Kuppelstange mit einer inneren Achse eines der zweiachsigen Drehgestelle verbunden. Der Drehzapfen läßt Drehungen um die lotrechte und die wagerechte Querachse, nicht aber um die wagerechte Längsachse zu.
Die Kreisel mit wagerechter querliegender Dreh- und lotrechter Verstellungs-Achse tragen die Anker für Nebenschlußtriebmaschinen, die Kreiselgehäuse die Ankerlager mit Weißmetall, Ölumlauf unter Pressung und Kühlung. Der Wagen ist auf einer Neigung von 77‰ gelaufen.
Der Petroleummotor, der Stromerzeuger und die Kreisel nebst Verstellung sind in einer Bude auf einem Ende des sonst offenen Wagens untergebracht.
Bei dem Wagen von Scherl trägt je eine innere Achse jedes der beiden zweiachsigen Drehgestelle eine Triebmaschine. Die Stromzuführung geschieht durch einen Scherenrollenabnehmer aus Kupferleitungen neben der Fahrschiene.
Ursprünglich erforderte der Drall beider Kreisel zusammen 37 P.S. Nach Einhüllung und Absaugung der Luft aus dem Gehäuse ist der Widerstand jedes Kreisels auf 0∙37 P.S. heruntergegangen.
Ein Fahrschalter bedient alle Maschinen. Die Gehäuse der lotrecht stehenden Kreisel unter den Sitzen sind an den wagerechten, querliegenden Verstellungsachsen durch Kurbeln, Schubstangen, Winkelhebel und Zahnbogen so gekuppelt, daß die Verstellung beider Kreisel genau gegenläufig erfolgen muß. Die Zusatzverstellung erfolgt durch eine Ölpumpe und einen »Servomotor«, der unter Ölpressung ohne toten Gang anspricht und die Verstellung beschleunigt, sobald das Kippen des Wagens eine Verstellung einleitet. Die künstliche Verstellung bildet einen Bruchteil der natürlichen und steht zu dieser in geradem Verhältnisse.
In Abb. 13 sind
a) die Kreisel,
b) die Triebachsen,
c) die Kreiselkuppelung,
d) die Ölpumpe,
e) der Servomotor für künstliche Zusatzverstellung,
f) die Fahrschalter,
g) die Stromabnehmer.
Bezüglich der Wirkungsweise des Kreisels muß wegen Raummangels auf die Quellen verwiesen werden, nur bezüglich des Sinnes des aus Drall K und Verstellung V des Kreisels folgenden Kreiselmomentes M möge betont werden, daß die drei Größen, ohne Rücksicht auf ihre Werte, nur dem Sinne nach, als rechtwinkeliges Kugeldreieck auf der Achtelkugel in der Reihenfolge K, V, M aufgetragen gedacht, umlaufende Pfeilrichtung ergeben müssen. Läuft ein Kreisel des Wagens (Abb. 14), von oben gesehen, mit K rechts um und kippt der Wagen, von hinten gesehen, nach rechts um eine Längsachse mit V, trägt man den Pfeil K auf der Kugel im Viertelkreise so auf, daß sein Ende den V darstellenden Kreis erreicht, setzt man nun V als zweiten Viertelkreis an, so gibt der dritte, schließende Viertelkreis den Sinn des vom Kreisel ausgeübten Momentes M, das in diesem Falle also das obere Ende des Kreiselgehäuses um die wagerechte Querachse nach hinten kippt. Nun wird diese wagerechte Querachse Verstellungsachse, um die eine durch die künstliche Zusatzverstellung über das aus M folgende Maß der Verstellung hinaus gesteigerte Beschleunigung V1 eintritt. Damit ist der in Abb. 15 dargestellte Zustand eingetreten. Der wieder mit der Spitze bis zu dem nun die Verstellung V1 darstellenden Kreise aufgetragene Drall K1 und, pfeilrecht anschließend, die Verstellung V1 liefern ein Kreiselmoment M1 im geschlossenen Dreiecke, dessen Sinn der Richtung des ursprünglichen Kippens entgegengesetzt ist, das den Wagen also aufrichtet.
Die in Abb. 15 stark gestrichelten Viertelkreise zeigen, daß das Kreiselmoment M1 seinen Sinn behält, wenn man gleichzeitig den Drall K2 und die Verstellung V2 umkehrt. Gegenläufige Kreisel mit gegenläufiger Verstellung liefern also gleichgerichtete Kreiselmomente.
Bei dem geringsten Bestreben des Wagens, seitlich zu kippen, tritt die Kreiselachse sofort aus der Lotrechten heraus. Der Kreisel muß also im allgemeinen als um eine geneigte Achse laufend angesehen werden. Die Neigung der Kreiselachse hat auch eine Neigung der Achse des aufrichtenden Momentes zur Folge, so daß der Wagen, neben dem Aufrichten, auch um eine lotrechte Achse gedreht wird, also zum Entgleisen neigt. Um diese Wirkung aufzuheben, werden zwei gegenläufige Kreisel mit gegenläufiger Verstellung angebracht, die gemäß Abb. 16 aufrichtende Momente gleichen, aber Entgleisungsmomente entgegengesetzten Sinnes erzeugen.
Bei Einleitung dieses zweistufigen Vorganges durch Kippen des Wagens mittels einseitiger Belastung oder durch Fliehkraft im Bogen geht infolge des Luftwiderstandes und der Kreiselzapfenreibung ein Teil der Kreiselwirkung verloren, so daß die natürliche Kreiselwirkung den Wagen auf die Dauer nicht halten kann. Auch müßte erst ein merkliches Kippen eintreten, bevor die Kreiselverstellung so weit wächst, daß ein genügendes Kreiselmoment erzeugt wird. Der Wagen würde in wachsende Schwingungen geraten und schließlich umfallen.
Dem kann man durch augenblickliche Vergrößerung des Dralles, der Kreiselmaße oder der Verstellung entgegenwirken. Von diesen Mitteln ist die künstliche Verstellung gewählt. Sobald die Kreiselachse bei Querkippen des Wagens längs kippt, steuert sie den Öldruck im Servomotor so, daß dieser die Verstellung vermehrt, und zwar steht diese Vermehrung in geradem Verhältnisse zur Stärke des Kippbestrebens. Das aufrichtende Moment vergrößert sich demnach selbsttätig und unverzüglich mit dem kippenden Momente, dieses stets sofort übertreffend. Der Erfolg ist, daß ein Wagen, den man nach einer Seite umzukippen sucht, beträchtlich nach der entgegengesetzten Seite zu kippen anfängt, dann aber sofort in die aufrechte Ruhestellung zurückkehrt.
Die künstliche Verstellung der Kreisel ist an enge Grenzen gebunden. Die Verstellung muß aber mit der Belastung des Wagens wachsen, weil eine größere Last das Umsturzmoment vergrößert. Die einschienigen Kreiselbahnen sind daher an engere Grenzen der Überlastung gebunden als die kreisellosen Schwebebahnen und die Zweischienenbahnen.
Literatur: Über Ausgestaltung von Hochbahnen vgl. Glasers Annalen 1895, S. 1, 40, 71, 117; Deutsche Bau-Ztg. 1895, Nr. 14, 16. Febr.; Zentralbl. d. B. V. 1895, S. 3, 17, 24. – Über einschienige Bahnen vgl. Organ für die Fortschr. d. E. W.: 1885 S. 85; 1887 S. 41, 259; 1888 S. 253; 1889 S. 184, 252; 1895 S. 47, 129. – Bauart Lartigue. Organ 1889, S. 131, 184; Organ 1895, S. 130; Organ 1904, S. 72. – Bauart Behr. Organ 1901, Heft 5, S. 92; El. Kraftbetr. u. Bahnen. 1910, S. 458. – Bauart Meigs. Organ 1886, S. 32; Organ 1895, S. 130. – Bauart Dietrich. Organ 1885, S. 131. – Bauart Cook. Organ 1895, S. 131. – Bauart Enos. Organ 1889, S. 252, Organ 1895, S. 131. – Bauart Lehmann (Tunis). Organ 1904, S. 72; Organ 1910, S. 324; Zeitschr. d. Österr. Ing. u. Arch.-V. 1903, S. 556; El. Kraftbetr. u. Bahnen. 1910, S. 458; Buch für Alle. 1912, Heft 6, S. 585. – Über Anordnung von Schwebebahnen vgl. Organ 1895, Heft 6, S. 132; Organ 1901, Heft 5, S. 89; Organ 1908, S. 56, 109; Zeitschr. f. Elektrotechn. u. Maschinenbau. 1901. – Über Anordnung von Kreiselbahnen: Bauart Brennan. Organ 1908, S. 49; Organ 1910, S. 146; Le Génie civil 1909, S. 410; E.K.B. 1909, S. 660; E.K.B. 1910, S.336. – Bauart Scherl. Organ 1909, S. 148; Organ 1910, S. 154, 171; E.K.B. 1909, S. 641; E.K.B. 1910, S. 116; Electrical Railway Journal 1910, S.228. – Über Kreiselwirkung: Organ 1908, S. 49; Organ 1.910, S. 171. – F. Klein und A. Sommerfeld, Über die Theorie des Kreisels. Leipzig 1910, B. G. Teubner (besonders Heft IV: Die technischen Anwendungen des Kreisels). – A. Föppl, Mechanik; Zur Theorie des Kreiselwagens der Einschienenbahn. E.T.Z. 1910, 27. Jan.; E.T.Z. 1919, Heft IV. – L. Prandtl, Beitrag zur Frage der praktischen Kreiseltheorie. Zeitschr. für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt. 1. Jahrg., Heft 1 und 2. – Brecht, Die Wirkungsweise der Kreisel im Einschienenwagen. E.K.B. 1910, S. 137. – O. Martienssen, Physikalische Bedenken gegen die Einschienenbahn des Herrn Scherl. E.K.B. 1910, S. 593. – Vgl. ferner: Schimpff, Die technischen und wirtschaftlichen Aussichten der einschienigen Kreiselbahn. E.K.B.. S. 441. – Dr.-Ing. Würth, Die technischen und wirtschaftlichen Aussichten der einschienigen Kreiselbahn. E.K.B. 1910, S. 593. – O. Wiesinger, Zur Frage der einschienigen Kreiselbahnen. E.K.B. 1910, S. 633. – E. A. Ziffer, Mitteilungen des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens. Wien 1910, Heft IV. – Über ringförmig geschlossene Einzelstrecken vgl. Organ 1889, S. 131. – Der Schnellverkehr und die Schwebebahnen von Dolezalek. Organ 1901. – Über Schnellverkehr vgl.: 200 km in der Stunde und das Eisenbahngleis, von R. Petersen. E.K.B. 1904, S. 125, 144. – Schnellbetrieb auf Hauptbahnen mit 200 km in der Stunde, von R. Petersen. E.K.B. 1904, S. 317.
Barkhausen, v. Schleinitz.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.