Schienenüberhöhung

Schienenüberhöhung

Schienenüberhöhung (superelevation of the outer rail; surhaussement du rail; sopraelevazione della rotaia), die Höherlegung des äußeren gegen den inneren Schienenstrang. Sie wird in schärferen Krümmungen angewendet, um der Fliehkraft der Fahrzeuge entgegenzuwirken, somit der Gefahr der Entgleisung und allzu großen Abnutzung der äußeren Schienen vorzubeugen und um außerdem die in den Bogenein- und -ausläufen auftretenden Seitenkräfte zu mildern. Die TV. über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupt- und Nebenbahnen von 1909 (§ 7, 3) empfehlen unverbindlich, in Krümmungen den äußeren Schienenstrang mit Berücksichtigung des Halbmessers und der Fahrgeschwindigkeit so viel über den inneren Strang zu erhöhen, daß die Abnutzung beider Stränge tunlich gleich wird. Die deutsche BO. von 1904 (mit ergänzenden Bestimmungen von 1907 und 1913) beschränkt sich auf die Forderung, daß die Überhöhung des äußeren Stranges gekrümmter Gleise auf eine möglichst große Länge, mindestens aber auf das 300fache ihres Betrags auslaufe (§ 10, 2), ohne eine Vorschrift über die S. selbst zu geben, weil auf diese hie und da beispielsweise in Weichenkrümmungen und Aufstellgleisen ganz verzichtet werden kann und muß (vgl. Erläuterungen zur BO.). Dagegen enthält die Vorschrift für die Herstellung, Erhaltung und Erneuerung des Oberbaues der preußisch-hessischen Staatsbahnen von 1915 unter Berücksichtigung der für die Krümmungen in Betracht kommenden Halbmesser und Fahrgeschwindigkeiten in der Anlage 3 genaue Bestimmungen über die Bemessung der S., betont aber (in § 3, 2), daß diese im allgemeinen für Durchschnittsverhältnisse gelten.


1. Theoretische Begründung.


Unter der Voraussetzung, daß die Achsen der Fahrzeuge sich unabhängig voneinander in die Richtung des Halbmessers einstellen können und daß das Ergebnis aus Gewicht und Fliehkraft rechtwinklig zur Ebene des Gleises (genauer zu der durch die Oberkanten beider Schienen gebildeten Kegelfläche) stehen soll, ergibt sich die Neigung (tg α) dieser Fläche gegen die Wagrechte und damit die Überhöhung h der äußeren über die innere Schiene bei einer Entfernung s der Schienenmitten und einem Halbmesser r für eine Geschwindigkeit v nach Abb. 206 folgendermaßen:


1)

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2)

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Hierin bedeuten: m die Masse des Fahrzeugs, g = 9∙81 die Erdbeschleunigung (m/Sek.) und v die Fahrgeschwindigkeit in m/Sek. Führt man statt dessen die übliche Angabe der Geschwindigkeit in km/Std. V ein, so erhält man:

3)

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4)

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Diese Grundformel ergibt für die vorwiegend üblichen 3 Spurweiten mit entsprechenden Schienenkopfbreiten von etwa 65, 50 und 45 mm (etwas abgerundet) folgende Werte:


5)

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Die Formel hat demnach, sobald die größte für die betreffende Strecke zulässige Geschwindigkeit festgesetzt ist, die Gestalt


6)

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wie sie häufig verwendet wird. Für die folgenden Geschwindigkeitsgrenzen (in km/Std.) erhält man nach Gleichung 5 a, b und c für k die zugehörigen Werte (abgerundet) folgendermaßen:


SpurV= 2030405060708090
1∙435k = 4∙711193043587696
1∙000k = 3∙37∙513
0∙750k = 2∙55∙610

2. Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der S.

Die theoretische Formel (Gleichungen 4 und 5 ac) gilt nur für eine freilaufende Achse. Diese Voraussetzung trifft jedoch im allgemeinen nicht zu, da sich insbesondere die führenden Vorderräder der Fahrzeuge um so weniger nach der Mittelpunktsrichtung einstellen können, je kleiner der Bogenhalbmesser und je größer der Radstand ist. Der Zug bildet vielmehr in der Krümmung ein Sehnenvieleck, wobei nur das äußere (führende) Vorderrad jedes Wagens an der Außenschiene anstreift, das äußere Hinterrad dagegen nicht. Außer der Fliehkraft treten aber bei der Fahrt durch Krümmungen noch andere auf eine Entgleisung hinwirkende Kräfte auf, denen gegenüber die S. keine Vorteile bietet (u.a. Entlastung des führenden äußeren Vorderrades unter Begünstigung des Aufsteigens desselben). Erfahrungen und Versuche haben erwiesen, daß ein Umkanten der Schienen und der Fahrzeuge schon allein durch die im Gleis nach innen wirkenden Kräfte verhindert wird und die S. für die Sicherheit der Fahrt ziemlich belanglos ist.


Beachtenswert ist in dieser Hinsicht eine Außerung des hervorragenden englischen Fachmannes Herrn Findlay, seinerzeit Generaldirektor der englischen Nordwestbahn (Ztg. d. VDEV. 1892, S. 814). Darnach lehre die Erfahrung, daß unter sonst günstigen Verhältnissen Bogen von 300, 200, 160, ja 120 m Halbmesser ohne S. noch mit verhältnismäßig hohen Geschwindigkeiten ohne Gefahr der Entgleisung befahren werden. Eine Geschwindigkeit von 96 km im Bogen von 400 m und von 64 km im Bogen von 200 m Halbmesser gehe nicht viel über die in England übliche hinaus und komme häufig vor. Nur das Hinzutreten starken Seitenwindes lasse solche Verhältnisse bedenklich erscheinen.

In Übereinstimmung damit hat sich (nach Mitteilung von Lancrenon, Morandière und Le Chatelier) bei den von der französischen Regierung 1890 angeordneten, sehr eingehenden Versuchen bei Noisy le Sec ergeben, daß die S. vollständig unterbleiben könne, ohne die Sicherheit eines Zuges selbst bei hohen Geschwindigkeiten zu gefährden. Die betreffende Versuchsstrecke, die besonders zu diesem Zweck gebaut war, enthält längere Bogen von 300, 200, 150 und 100 m Halbmesser, die anfangs ganz ohne, dann mit 80 und später mit 160 mm S. ausgeführt wurden (vgl. Congrès international des chemins de fer, 1892, Question IX, S. 17 u. 38). An anderer Stelle wurden sogar Bogen von 75 m Halbmesser den Versuchen unterworfen.

Auch Rüppell ist der Ansicht, daß die Fortlassung der S. weniger schade als deren Übertreibung, daß aber die von ihm seinerzeit für die linksrheinische Bahn vorgeschriebene Formel


h = 0∙75 V/r


(s.u.) solche Übertreibung verhüte.

Bei den englischen Bahnen scheint die S. nach den spärlichen darüber vorliegenden Nachrichten erheblich geringer bemessen zu werden, als es auf dem Festland üblich ist. Dagegen ist dort in Bogen von 200 m oder kleinerem Halbmesser die Anordnung erhöhter Leitschienen neben der inneren Bogenschiene (mit etwa 44 mm Rillenbreite) z.B. bei den Londoner Stadtbahnen gebräuchlich und soll auch allgemein üblich sein. Dadurch wird der Entgleisung in wirksamer Weise vorgebeugt und es muß dahingestellt bleiben, ob Findlay bei den mitgeteilten Erfahrungen nicht etwa das Vorhandensein solcher Leitschienen als selbstverständlich voraussetzt. (Leitschienen werden übrigens trotz vorhandener S. u.a. auch von den preußischen, sächsischen und österreichischen Staatsbahnen in Bogen mit r < 500, 400 bzw. 125 m verwendet.)


Für die Bemessung der S. sind daher weniger theoretische Gründe als die Rücksicht auf die Annehmlichkeit der Fahrt und wirtschaftliche Erwägungen maßgebend geworden. Die Anordnung einer mäßigen S. gestaltet den Lauf der Züge durch die Krümmungen erheblich ruhiger, da das Auftreten von Seitenkräften, die bei den meisten Reisenden ein unbehagliches Gefühl hervorrufen, hintangehalten wird. Unter diesen Gesichtspunkten muß sie jedoch sehr sorgfältig hergestellt und erhalten werden, weil jede Unregelmäßigkeit mehr oder minder starke Schwankungen der Seitenkräfte, d.h. lästige Seitenstöße herbeiführt. Aus Rücksichten auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ist eine gewisse S. zur Erzielung einer tunlich gleichmäßigen Abnutzung der Schienen beider Stränge und damit einer gleichmäßigen Nutzungsdauer zweckmäßig, ein Gesichtspunkt, der auch in den Bestimmungen der TV. (§ 7, 3) klar zum Ausdruck kommt. Die Außenschiene erfährt infolge des Anlaufens der Außenräder der Vorderachsen vornehmlich eine seitliche Abnutzung, während die Innenschiene von den Rädern beider Achsen auf der oberen Lauffläche angegriffen wird, wozu unter Umständen noch ein seitlicher Angriff der Schienenköpfe durch die Innenräder der Hinterachsen tritt. Die Vergrößerung der S. verringert den Angriff der Außenschiene und vermehrt jenen der Innenschiene. Sie soll daher ein gewisses Maß umsoweniger überschreiten, als hierdurch die Innenschiene eine Neigung nach außen – von der Gleismitte aus gesehen – erhält, die wegen der Standsicherheit und Widerstandsfähigkeit der Schienen nicht zu weit getrieben werden darf. Je nach der Neigung, mit der die Schienen auf den Unterlagsplatten ruhen – 1 : 20 oder 1 : 16 – sollte im Hinblick hierauf die S. 100 bis 125 mm nicht erheblich überschreiten. Immerhin ist eine kräftige S. auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht unzweckmäßig.


In den Jahren 1884–1899 vom VDEV. durchgeführte Versuche mit nach verschiedenen Formeln bemessenen S. haben nämlich im großen und ganzen ergeben, daß hinsichtlich der gleichmäßigen Abnutzung beider Schienenstränge von Krümmungen sich besonders in Gleisen mit vorwiegendem Personenverkehr, aber auch in solchen mit vorwiegendem Güterverkehr die erprobten stärkeren S. nicht ungünstiger als die niedrigeren erwiesen haben. Auch aus den Kosten der Gleisunterhaltung lassen sich keine Schlüsse zu gunsten der niedrigeren Überhöhungswerte ziehen (Organ 1899, S. 238 u. 244). Überdies hat sich bei den vorerwähnten Versuchen von Noisy le Sec ergeben, daß der Zugwiderstand in Gleisen mit 80 und 160 mm S. um 20 und 30% geringer als in nicht überhöhten Gleisen war, eine Beobachtung, die allerdings auf den letztgedachten Versuchsstrecken im Gebiet des VDEV. keine Bestätigung gefunden hat und somit nicht als allgemein gültig angesehen werden kann.


Zusammenfassend darf wohl die Nützlichkeit der S. an sich und die Zweckmäßigkeit der Anwendung nicht zu kleiner Überhöhungsmaße als feststehend angenommen werden, wenngleich zugegeben werden muß, daß die sonstigen auf die Sicherheit und Ruhe der Fahrt sowie auf die Kosten der Gleisunterhaltung und die Abnutzung der Schienen einwirkenden Umstände von viel erheblicherer Bedeutung als die Größe der S. sind und daß selbst bei anscheinend gleichen Anlage- und Verkehrsverhältnissen gleich scharf gekrümmter Bogen sich mitunter verschieden große Überhöhungsmaße als die örtlich zweckmäßigsten erwiesen haben.

3. Bemessung der S. bei verschiedenen Bahnverwaltungen.


Nach vorstehendem erscheint es begreiflich, daß die Außenschienen der Gleisbogen wohl fast allgemein überhöht werden, daß aber die tatsächlich angewendeten Maße der S. bei den einzelnen Bahnverwaltungen sehr verschieden sind. Mitunter wird auch heute noch die theoretische Formel (Gleichung 5) angewendet, in der Regel sind dieser aber noch gewisse Berichtigungswerte hinzugefügt oder es stehen andere, rein erfahrungsmäßige Formeln in Gebrauch. So hat beispielsweise die frühere Main-Weser-Bahn die Formel


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benutzt, die aber die Geschwindigkeit ganz außer acht läßt. Die französischen Staatsbahnen verwenden die der Gleichung 6 entsprechende Formel


h = k/r,


in die, je nachdem die Krümmung im Gefälle, in der Wagrechten oder in der Steigung befahren wird, k mit 75, 60 oder 50 eingeführt wird und in der sonach die Geschwindigkeit nur bedingt (80, 71 bzw. 65 km) zum Ausdruck gelangt. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den nordamerikanischen Eisenbahnen, die nach W. M. Camp (Notes of Track, Chicago 1903) die d. A. n. zu große S. liefernde theoretische Formel nicht benutzen, sondern eine solche von der allgemeinen Formel


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anwenden und in diese die Festzahlen α und β, je nachdem es sich um Nebenbahnen (V < 50 km), um Hauptbahnen mit vorwiegendem Güterverkehr (V < 70 km), mit gemischtem Personen- und Güterverkehr (V > 70 km) oder mit vorwiegendem Personenverkehr (V > 90 km) handelt, mit verschiedenen Werten einführen.

Richtiger ist es jedenfalls, die für jede einzelne Gleiskrümmung maßgebende größte Zuggeschwindigkeit zu berücksichtigen. Um hierbei die Mängel der theoretischen Formel auszugleichen, bieten sich verschiedene Wege.

Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der Vorgang der Philadelphia and Reading Ry., die die S. jenem Pfeil gleich bemißt, der der von einem Schnellzug in einer Sekunde durchfahrenen Bogenlänge entspricht


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dabei aber das Maß von 20∙3 cm nicht überschreitet. Im Jahre 1893 hat Rüppell (Vorschriften der linksrheinischen Bahn) die Formel


h = γ · V/r


(γ = 0∙75 – 0∙50) aufgestellt, die zurzeit von den meisten deutschen Bahnverwaltungen übernommen ist. Die Einführung der niedrigeren (ersten) Potenz von V an Stelle von V2 entsprang der Absicht, für niedrigere Geschwindigkeiten größere und für höhere Geschwindigkeiten kleinere Überhöhungswerte als nach der theoretischen Formel zu erhalten und dadurch auch den Einfluß der Güter- und Schnellzüge einigermaßen auszugleichen. Die österreichische Südbahn verwendet die theoretische Formel, führt in diese jedoch nur 80% der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein und ermäßigt hierdurch die S. auf 64% ihres theoretischen Wertes. Die österreichischen Staatsbahnen verwenden für geringe Geschwindigkeiten (bei welchen ein erheblicher Unterschied zwischen den Fahrgeschwindigkeiten der Personen- und Güterzüge nicht obwaltet) die theoretische Formel. Für höhere Geschwindigkeiten wird die S. durch die Tangente begrenzt, die im Endpunkt der nach dieser Formel angewendeten Parabel an diese gelegt ist. Außerdem ist bei den österreichischen Staatsbahnen für die gedachten höheren Geschwindigkeiten ein zulässiger Höchst- und Mindestwert der S. festgesetzt, zwischen welchen beiden Werten je nach wirtschaftlichem Bedarf die tatsächlich angewendete S. schwanken darf.

Für Schmalspurbahnen sind die theoretischen Formeln (Gleichungen 5 b und 5 c) ohneweiters verwendbar und vorzugsweise gebräuchlich. Daneben kommt beispielsweise bei den württembergischen Schmalspurbahnen die Rüppellsche Formel mit γ = 0∙2 für 1 m-Spur und 0∙16 für 0∙75 m-Spur zur Anwendung.

Auch auf Zahnbahnen wird trotz deren geringer Fahrgeschwindigkeit häufig die S., u.zw. in der Regel nach der theoretischen Formel angewendet.


Die nachstehende Zusammenstellung gibt eine Übersicht über einige von verschiedenen Bahnverwaltungen bei Ausbildung des Oberbaues in Gleiskrümmungen befolgte Gesichtspunkte.


Zusammenstellung A.


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4. Anzunehmende Geschwindigkeitsgrenzen.

Bei Festsetzung der für die S. maßgebenden Geschwindigkeitsgrenzen in den einzelnen Bogen kommt innerhalb der für die ganze Bahnlinie zugelassenen Größtwerte auch die in den schärferen Krümmungen erforderliche Ermäßigung der Fahrgeschwindigkeit in Betracht.

Die in verschiedenen Ländern für das Befahren von Gleiskrümmungen bestimmten Halbmessers angewendeten Höchstgeschwindigkeiten, die z.T. – wie in Deutschland durch die BO. § 66, 4 – durch gesetzliche Bestimmungen geregelt sind, sind aus nachstehender Zusammenstellung ersichtlich:


Zusammenstellung B.


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Es würde jedoch nicht richtig sein, die nach solchen Vorschriften äußerstenfalls zulässigen Geschwindigkeiten ohneweiters in allen Fällen als maßgebend für die S. anzunehmen. Vielmehr können sie durch ein vorhandenes Gefälle (vgl. BO. § 66, 3), durch die Nähe von Bahnhöfen oder andere Umstände, endlich durch die Eigenart der Bahn enger begrenzt sein. Auch ist es in manchen Fällen begründet, bei 2gleisigen Bahnen in starker Neigung die zulässige Geschwindigkeit und damit auch die S. in dem Berg- und Talfahrtgleis verschieden zu bemessen.


Es ist demnach zweckmäßig, für die einzelnen Krümmungen oder doch für die einzelnen, in ihren Neigungs- und Krümmungsverhältnissen verschiedenen Teilstrecken derselben Bahnlinie die anzunehmenden Geschwindigkeitsgrenzen entsprechend den auf diesen Strecken verkehrenden Zügen festzusetzen, so daß hierüber jeder Bahnmeister für die in seinem Bezirk vorkommenden Bogen außer Zweifel ist und somit auf Grund einer für die verschiedenen Geschwindigkeiten und Halbmesser berechneten Zusammenstellung die S. richtig ausführen kann.

Der verschiedene Einfluß der auf der betreffenden Teilstrecke verkehrenden Züge – Schnell-, Personen- und Güterzüge – auf das Gleis ist bei Bemessung der S. nach der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit in der Regel schon in dem Bau der verwaltungsseitig vorgeschriebenen Überhöhungsformel berücksichtigt, wodurch auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen ist, die gerade bei den schnellfahrenden Zügen besonders stark auftretenden Fliehkräfte für die Reisenden möglichst unwirksam zu machen.

Bemerkt zu werden verdient, daß die die theoretische Formel benutzenden sächsischen Staatsbahnen der S. eingleisiger Strecken den Mittelwert aus den größten, für die beiden Fahrtrichtungen gestatteten Fahrgeschwindigkeiten zugrundelegen.


5. Ausführung der S.

Diese erfolgt in der Regel lediglich durch Hebung der äußeren Schiene, obwohl die z.B. von den schweizerischen Bundesbahnen geübte Drehung der Gleisebene um die Mittelachse, also die gleichzeitige Senkung der inneren und Hebung der äußeren Schiene je um die Hälfte der S. den Vorteil bietet, daß der Schwerpunkt der Fahrzeuge in richtiger Höhenlage verbleibt. Solche Art der Ausführung verlangt indessen eine nicht immer leicht zu bewerkstelligende nachträgliche Vertiefung der einen Gleishälfte und damit zugleich eine ungünstige Verminderung der Bettungsstärke an einer Seite, sofern nicht schon bei Herstellung des Unterbaues die entsprechende Querneigung der Bahnkrone bewirkt ist. Deshalb wird von der Senkung des inneren Schienenstrangs in der Regel abgesehen. Bei Nebenbahnen mit schmalem Bahnkörper ist man jedoch gelegentlich zu diesem Verfahren genötigt, indem andernfalls bei einseitiger Hebung der Außenschiene die Breite der Bahnkrone bisweilen zu gering ist, um vor den Schwellenköpfen noch Platz für den Bettungsstoff zu bieten.


In durchgehenden Gleisen, die (bis zu etwa 1 km) vor oder innerhalb von Bahnhöfen liegen, auf denen alle Züge halten, wird die S. meist um 1/51/2 ihres Regelbetrags ermäßigt. Wenn schnellfahrende Züge Bahnhöfe mit unverminderter Geschwindigkeit durchfahren, sollte eine Verminderung der S. überhaupt nicht oder nur in sehr beschränktem Maße platzgreifen. In Nebengleisen wird die S. fast allgemein fortgelassen.

Weichenbögen erhalten in der Regel keine S. In gleichlaufenden Krümmungsweichen ist jedoch der äußere Schienenstrang des Stammgleises zu überhöhen, während dieser in ungleichlaufenden Krümmungsweichen nur dann überhöht werden darf, wenn das abzweigende Gleis langsam befahren wird.

Schließen an solche Krümmungsweichen andere Weichen unmittelbar oder in geringer Entfernung an, so muß die S. ersterer innerhalb enger Grenzen gehalten und die Fahrgeschwindigkeit demgemäß vermindert werden.


Zur Überprüfung der in den Gleisen tatsächlich vorhandenen S. dienen verschiedene Vorrichtungen, u.zw. teils unmittelbar ablesbare Handgeräte (Richtscheit mit Wasserwage, entsprechend ausgestattete Spurlehren u. dgl.), teils selbstaufschreibende, auf Rädern laufende Vorrichtungen (Gleismesser von Dorpmüller, Spur- und Überhöhungsmesser von Hill, Simplex-Fahrrad von Maas-Geesteranus u. dgl.).

6. Allmähliche Einleitung der S.

Diese muß an den Bogenanfängen durch eine tunlich sanfte Ansteigung (1 : n) der äußeren gegen die innere Schiene herbeigeführt werden, damit bei der Ausfahrt aus der Krümmung die auf der windschiefen Gleisfläche unvermeidliche Entlastung des führenden äußeren Vorderrades der Fahrzeuge nicht zu erheblich und zu plötzlich eintritt, weil dadurch die Gefahr der Entgleisung entstehen kann. Diese Ansteigung der äußeren Schiene wird im allgemeinen gleichmäßig, also durch eine in senkrechter Ebene geradlinige »Überhöhungsrampe« gebildet, deren Länge l auf vollspurigen Bahnen mindestens das 300fache, besser das 500–1000fache der S. h betragen sollte. Würde als kleinste Länge der Ansteigung nur das 200fache der S. angeordnet werden, dann würde – Achsen ohne lotrechtes Spiel im Gestell vorausgesetzt – bei großen Radständen durch Entlastung des äußeren Vorder- oder inneren Hinterrades schon ein Schweben des Radreifens über der Schiene von merklicher Höhe entstehen (bei 7 m Radstand 35 mm, bei 10 m sogar 50 mm).

Die bei einigen Bahnverwaltungen gebräuchlichen Ansteigungsverhältnisse der Überhöhungsrampen, die jedoch allenthalben nach Tunlichkeit noch weiter verflacht werden, sind in Spalte 6 der Zusammenstellung A auf S. 336 u. 337 angeführt.


Hervorgehoben zu werden verdient übrigens, daß die Neigung dieser Rampen auch von ausschlaggebendem Einfluß auf die Ruhe der Ein- und Ausfahrt in die Krümmungen ist. Theoretische Erwägungen, die auf die Gleichheit der beim Übergang von nicht überhöhten in überhöhte Gleise auftretenden Seitenkräfte abzielen, ergeben, daß diese Absicht erreicht wird, wenn die Überhöhungsrampe sich in gleichem Maße mit der Zunahme der Geschwindigkeit verflacht. Auf den Österreichischen Staatsbahnen diesbezüglich angestellte Beobachtungen haben erwiesen, daß die wünschenswerte Ruhe der Fahrt gewährleistet ist, wenn das Ansteigungsverhältnis der Überhöhungsrampen n = 6∙25 ∙ V, d.h. für V = 50, 80, 100 km rd. n = 300, 500, 600 beträgt. Hallade (Rev. gén. d. chem. 1910) ist der Ansicht, daß »unfühlbarer« Bogeneinlauf gewährleistet sei, wenn n = 6∙37 ∙ V betrage, und daß Gleisbogen, ohne Unzukömmlichkeiten befürchten zu müssen, mit einer um die Hälfte größeren Geschwindigkeit als jener befahren werden können, für die die S. nach der theoretischen Formel ausgeführt ist.

Die am Anfangs- und Endpunkt der Überhöhungsrampe im Verlauf des äußeren Schienenstrangs entstehenden Neigungsbrüche werden zweckmäßig durch lotrechte Ausrundungsbogen von etwa 5000 m Krümmungshalbmesser ausgeglichen.


Die volle S. soll am Anfangspunkt des Kreisbogens vorhanden sein, die Überhöhungsrampe mithin in voller Länge vor jenem Punkt liegen. Dadurch würde jedoch in der geraden Linie vor dem Bogen eine allmählich zunehmende Schiefstellung der Fahrzeuge herbeigeführt werden, die in Ermanglung der Fliehkraft an dieser Stelle nicht begründet wäre und eine unrichtige Überlastung der inneren Schiene bewirken würde. Um das zu vermeiden, sollen überall da, wo nicht unüberwindliche Hindernisse vorliegen, also auf freier Strecke stets, Übergangsbogen von der Länge der Überhöhungsrampen l = n ∙ h eingelegt werden, deren Krümmungshalbmesser von der geraden Linie (ρ = ∞) bis zu dem Kreisbogen (ρ = r) stetig überleitet, u.zw. so, daß in jedem Punkt S. und Krümmungshalbmesser einander nach gleichem Gesetz entsprechen, wie die voll erreichte S. h dem Kreishalbmesser r. Beim Übergang aus einem flacheren (R) in einen schärferen Kreisbogen (r) verteilt sich die Übergangslänge (l = lrlp) zu gleichen Hälften beiderseits des gemeinsamen Tangentenpunkts und der Übergangsbogen von der 300–500fachen Länge des Überhöhungsunterschiedes leitet auch hier von ρ = R bis ρ = r stetig über. (Näheres über die theoretische Bestimmung des Übergangsbogens als kubische Parabel s. Art. Übergangsbogen.)


Die früher übliche Wahl einer zu steilen, also zu kurzen Überhöhungsrampe (etwa l = 200 ∙ h) hat den Irrtum veranlaßt, daß es »erfahrungsmäßig« bewährt sei, die Rampen doppelt so lang zu machen als die Übergangsbogen, so daß am Anfang desselben – also in der Geraden! – schon die halbe Überhöhung vorhanden sei, ein Verfahren, das die vorangegangene rechnungsmäßige Bestimmung des Übergangsbogens wieder vollständig umwirft. Dieses Verfahren ist durchaus nicht begründet, das Entscheidende ist lediglich die Länge der Überhöhungsrampe. Ihre Verlängerung ist gegenüber zu steiler Neigung ohne Zweifel von Nutzen. Mehr aber noch, wenn man zugleich den Übergangsbogen auf die gleiche Länge ausdehnt, also rechnungsgemäß mit der flacheren Ansteigung ausführt, so daß die unrichtige Schiefstellung der Fahrzeuge vermieden wird.


7. Länge der Zwischengeraden.

Die Frage nach der Länge der zwischen Bogen verschiedenen und gleichen Sinnes erforderlichen Zwischengeraden hängt unmittelbar mit der Länge der Überhöhungsrampe zusammen. Die TV. (§ 29, 3) und die BO. (§ 7, 4) bestimmen, daß entgegengesetzte Krümmungen der durchgehenden Hauptgleise durch eine Gerade zu verbinden sind, die zwischen den Endpunkten der Überhöhungsrampen bei vollspurigen Hauptbahnen mindestens 30 m, bei solchen Nebenbahnen mindestens 10 m lang sein muß. Diese reine, nicht erweiterte und überhöhte Zwischengerade erscheint bei hinreichend langen Überhöhungsrampen zur Erzielung eines ruhigen und stetigen Aus- und Einlaufs der Fahrzeuge in die Gegenkrümmungen wohl nicht unbedingt erforderlich. Um jedoch den bei rascher Fahrt etwas plötzlichen Übergang der Fahrzeuge aus der einen in die entgegengesetzte Querneigung zu mildern, ist es jedenfalls zweckmäßig, sie einzuschalten. Einige Bahnverwaltungen (vgl. Spalte 7 der Zusammenstellung A auf S. 336 u. 337) halten hierfür auch eine Schienenlänge für ausreichend, nach Tunlichkeit wird aber immer getrachtet, möglichst lange Zwischengeraden zu erhalten.


Im übrigen empfehlen die TV. (§ 39, 3), zwischen (den nicht überhöhten) Gegenkrümmungen eines Verbindungsgleises zweier Weichen eine Gerade von wenigstens 6 m Länge einzuschalten. Fehlt es an Länge für die volle Ausbildung der Überhöhungsrampen, so ist es besser, die S. und (wenn dadurch bedingt) die örtlich zulässige Fahrgeschwindigkeit zu ermäßigen, als die Rampenneigung zu erhöhen. Die österreichischen Staatsbahnen schreiben dies beispielsweise ausdrücklich vor und gestatten eher, Überhöhungsrampen bei kurzen Übergangsbogen in den reinen Bogen fortzusetzen, als sie vor dem Anfangspunkt der Übergangsbogen beginnen zu lassen. Bei den Londoner Untergrundbahnen kommen mehrfach Gegenkrümmungen ohne Zwischengeraden vor, und unter den Ergebnissen der erwähnten französischen Versuche wird bemerkt, daß solche Zwischengeraden »nur in Hinsicht auf das Spiel der Buffer von Nutzen seien«.


Zwischen Krümmungen gleichen Sinnes sind kurze, gerade Linien unter 40–50 m tunlich zu vermeiden und durch Korbbogen zu ersetzen. Namentlich sollte man nicht etwa zu gunsten geradliniger Herstellung von Brücken solche kurze Geraden einlegen. Vielmehr sind derartig kürzere Bauwerke den Krümmungen der Bahnlinie anzupassen, andernfalls wird durch die rasche Senkung und Wiederansteigung der einen Seite der Fahrzeuge deren Gang ungünstig beeinflußt, zumal wenn die Länge der Geraden nicht zur vollen Entwicklung beider Überhöhungsrampen ausreicht. In den TV. (§ 7, 6) wird deshalb empfohlen, die S. auch in der Geraden durchzuführen, wenn zwischen 2 in gleichem Sinn gekrümmten Bogen zwischen den Überhöhungsrampen nicht mindestens 30 m ohne S. verbleiben. Zweckmäßiger ist unbedingt die Einlegung eines beide Kreise berührenden größeren Kreisbogenstücks und Benutzung desselben zur sanften Überleitung aus einer S. in die andere. Wo aber einmal solche kurze Zwischengeraden bestehen und für die beiderseitigen Überhöhungsrampen nicht ausreichen, da dürfte auch der u.a. bei der Bahn Landquart-Davos gebräuchliche Vorgang nachahmungswert sein, die zusammentreffenden Neigungen (nach Abb. 207) mit sanfter Abrundung ineinander überzuleiten.


Der Halbmesser dieser Abrundung wird etwa gleich oder über 2000 m zu nehmen sein. Bei der Anlage neuer Linien wird man jedoch unter Beachtung dieses Umstandes solche kurze Geraden zwischen Bogen gleichen Sinnes von vorneherein vermeiden, die zwischen Gegenkrümmungen aber so lang machen, daß sie für die Übergangsbogen bzw. Überhöhungsrampen den nötigen Platz bieten.

Zu erwähnen ist noch, daß bei gekrümmter Bahnhofseinfahrt sowie in gekrümmten Bahnhofsgleisen überhaupt, zwischen dem Ende der Überhöhungsrampe und der nächstgelegenen Weichenspitze ein gerades, rampenfreies Gleisstück mindestens von der Länge des größten Radstandes unbedingt erforderlich ist, damit das führende äußere Vorderrad ohne Entlastung in die Weiche (mit der ohnehin etwas erniedrigten Zungenspitze) eintritt. Diese Vorgerade soll nach den TV. (§ 36, 2 bzw. 39, 4) mindestens 10 bzw. 6 m vor Einfahrtsweichen von Bahnhöfen, bzw. vor in Bahnhöfen selbst liegenden Weichen betragen. Die österreichischen Staatsbahnen bestimmen, daß vor Weichen, die gegen die Zungenspitze mit mehr als 60 km/Std. befahren werden, ein gerades Gleisstück von tunlich 35, mindestens aber 20 m Länge liegen muß, in das auch eine Überhöhungsrampe nicht hineinreichen darf.


Literatur: Hb. d. Ing. W., 5. Teil, Bd. II u. VII, Leipzig 1906 u. 1910. – Eis. T. d. G. 1908, Bd. II, 2. Abschnitt. – Berichte des Internationalen Eisenbahnkongresses 1892 (Question IX) u. 1910 (Frage II). – Organ 1896, 1898 (Beilage XXI), 1899, 1905 u. 1912. – Zentralbl. d. Bauverw. 1899 u. 1907.

Trnka.

Abb. 206.
Abb. 206.
Abb. 207.
Abb. 207.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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