- Frachtzuschläge
Frachtzuschläge (surtaxes; sopratasse), Zuschläge zu den tarifmäßigen Beförderungsgebühren, die im Falle der unrichtigen Angabe des Inhalts der Sendung, des Gewichts oder der Stückzahl sowie bei Außerachtlassung der Sicherheitsvorschriften der nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Güter erhoben werden (wegen der rechtlichen Natur der F. vgl. Frachtrecht, internationales).
Nach § 60 des österreichisch-ungarischen BR. und der deutschen EVO. sind in den genannten Fällen, u. z. stets ohne Rücksicht darauf, ob ein Verschulden vorliegt oder nicht, F. zu entrichten. Der F. ist verwirkt, sobald der Frachtvertrag abgeschlossen ist.
Die Höhe der F. bewegt sich im Falle der bedingungsweise zugelassenen Gegenstände bei unrichtiger Inhaltsangabe sowie bei Außerachtlassung der Sicherheitsvorschriften für solche Gegenstände je nach deren Gefährlichkeit zwischen 12 K (12 M.) und 50 h (50 Pf.) für jedes Kilogramm Rohgewicht des Versandstückes, worin ein solcher Gegenstand enthalten ist. Der F. beträgt in anderen Fällen unrichtiger Inhaltsangabe, wenn sie keine Frachtverkürzung herbeiführen kann, IM. (1 K) für den Frachtbrief, sonst das Doppelte des Unterschieds zwischen der infolge der unrichtigen Angaben entstandenen und der richtig berechneten Fracht von der Versand- bis zur Bestimmungsstation.
Ein F. wird auch bei unrichtiger Angabe der Stückzahl oder des Gewichts einer vom Absender verladenen Sendung, wenn hierdurch eine Frachtverkürzung herbeigeführt werden kann, erhoben. Bei Überlastung des Wagens beträgt aber der F. das Sechsfache der Fracht von der Versand- bis zur Bestimmungsstation für das Gewicht, das die festgesetzten Belastungsgrenzen übersteigt. Diese Bestimmung gilt sinngemäß auch für Gegenstände, deren Fracht nicht nach dem Gewichte (z.B. nach der Ladefläche) berechnet wird. Wenn gegen mehrere Vorschriften gleichzeitig verstoßen wird, so werden die festgesetzten F. nebeneinander erhoben.
Der F. darf nicht erhoben werden
1. bei unrichtiger Gewichtsangabe oder bei Überlassung eines vom Absender beladenen Wagens, wenn die Eisenbahn zur Verwägung verpflichtet war;
2. bei einer während der Beförderung eingetretenen Gewichtszunahme ohne Überlastung, wenn der Absender nachweist, daß die Gewichtszunahme auf Witterungseinflüsse zurückzuführen ist;
3. bei einer während der Beförderung durch Witterungseinflüsse verursachten Überlastung, wenn der Absender nachweist, daß er bei der Beladung des Wagens das angeschriebene Ladegewicht nicht überschritten hat.
In solchen Fällen kann der Inanspruchgenommene im Rechtswege die Forderung auf Rückzahlung mit Erfolg geltend machen. Der Anspruch auf Zahlung oder Rückzahlung des Zuschlages verjährt in 1 Jahr.
Das Berner Internationale Frachtrechtübereinkommen enthält (Art. 7) ähnliche Bestimmungen (s. Frachtrecht, internationales).
In Belgien entspricht die Bestimmung, hinsichtlich der Außerachtlassung der Sicherheitsvorschriften jener des Berner Übereinkommens. Handelt es sich um andere Güter, so hat die unrichtige oder ungenaue Deklaration hinsichtlich der Natur der Güter, des Wertes der Sendungen des Tarifes Nr. 4 oder der Zahl der beförderten Tiere, außer der Nachzahlung der Frachtdifferenz von der Versand- bis zur Bestimmungsstation, die Erhebung eines F. in der Höhe des doppelten Betrages der wirklich geschuldeten Fracht zur Folge. Dasselbe tritt im Falle falscher Angabe der Herkunft oder Bestimmung der Sendungen sowie hinsichtlich des Verwendungszweckes der beförderten Güter und Tiere ein, wenn diese Verwendung einen Einfluß auf die Frachtberechnung hat. Bei unrichtiger Gewichtsangabe wird im allgemeinen, wenn der Gewichtsunterschied mehr als 2% beträgt, ein Zuschlag in der Höhe des doppelten Betrages der Fracht erhoben, die hinterzogen worden wäre; doch bestehen für zahlreiche Güter Ausnahmen. Im Falle der Überlastung eines vom Absender beladenen Wagens (mehr als 5% über das Ladegewicht) wird ein Zuschlagen der Höhe des zehnfachen Betrages der für das Übergewicht von der Versandstation bis zur Bestimmungsstation zu berechnenden Fracht erhoben.
In Dänemark wird bei falscher oder ungenauer Inhaltsangabe oder bei Außerachtlassung der festgesetzten Sicherheitsmaßnahmen, sofern es sich um Sendungen von nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenständen handelt, eine Konventionalstrafe von 10 K für jedes Kilogramm Rohgewicht erhoben; bei anderen Sendungen beträgt der F. für unrichtige Angabe des Inhalts oder Gewichtes den dreifachen Betrag der Fracht, die die Eisenbahn eingebüßt haben würde, wenn die unrichtige Angabe nicht aufgedeckt worden wäre.
In Frankreich kann die Eisenbahn, wenn sie eine falsche Angabe des Inhalts vermutet, sowohl bei der Auflieferung, als auch nach der Ankunft die Öffnung der Güter verlangen. Über das Ergebnis ist ein Protokoll anzunehmen. F. sind nicht festgesetzt.
In Italien ist die Eisenbahn berechtigt, den Preisunterschied nach dem anzuwendenden Tarif, sowie nach dem festgestellten Gewicht oder der Eigenschaft des Gutes zu erheben, zuzüglich eines Strafzuschlags, der diesem Unterschiede gleich ist und erhoben wird:
a) in einfachem Betrag, wenn es sich um falsche Angaben hinsichtlich der Eigenschaft des Viehs und des Gewichts der Güter handelt;
b) in doppeltem Betrag, wenn es sich um einen festgestellten Gewichtsunterschied bei Wagenladungsgütern handelt, infolge deren die Tragfähigkeit des Wagens um 10% überschritten wird; wenn es sich um falsche Angabe der Eigenschaft des Gutes, des Wertes von Sendungen baren Gelds oder Pretiosen handelt; sowie endlich in dem Fall, wenn die falsche Angabe den Zweck gehabt haben sollte, unberechtigterweise die Anwendung ermäßigter Tarifsätze zu erlangen.
Handelt es sich um gefährliche Güter oder Leichen, und Totenasche, so besteht der Strafzuschlag:
c) im fünffachen Betrag des geschuldeten Preises, mindestens aber 58 oder 51∙50 Lire, je nachdem das Gut in Eil- oder gewöhnlicher Fracht befördert wird, wenn die falsche Angabe die Eigenschaft explosiver, entzündbarer oder gefährlicher Güter betrifft;
d) im doppelten Betrag derselben Gebühr, wenn die innere Verpackung der fraglichen Güter den vorgeschriebenen Bedingungen nicht entspricht;
e) im dreifachen Betrag der geschuldeten Gebühr, wenn die falsche Angabe die Verheimlichung von Leichen, Leichenteilen oder Totenasche bezweckt.
Die unter c, d und e erwähnten Sendungen können außerdem je nach den Umständen zum Zweck der erforderlichen Vorsichtsmaßregeln auf Gefahr und Kosten der Zuwiderhandelnden während der Beförderung angehalten werden.
Die F. lasten auf den Sendungen, auf die sie sich beziehen – unbeschadet des der Verwaltung offenstehenden Vorgehens gegen den Versender oder Empfänger.
Der Versender, der ein Gut unter falscher Inhaltsangabe aufgibt, haftet für alle Folgen, die aus der unverschuldeten Unkenntnis der Verwaltung entstehen können und verfällt in die durch die geltenden Gesetze oder Bestimmungen festgesetzten Strafen. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft den Versender von gefährlichen, explosiven und entzündbaren Gegenständen, deren innere Verpackung von der vorgeschriebenen abweicht.
Bei unrichtiger Angabe der Eigenschaft unverpackt beförderter Güter wird ein Strafzuschlag nicht erhoben, sondern lediglich die Fracht nach Maßgabe der Tarife richtiggestellt, wenn die irrtümlichen Angaben beim ersten Anblicke und ohne chemische Analyse oder Expertise festgestellt werden können.
Wer in den Niederlanden Güter, deren Beförderung verboten oder nur bedingungsweise gestattet ist, der Eisenbahn unter falscher oder ungenauer Angabe zur Beförderung übergibt, ist, abgesehen von der wegen Übertretung des Reglements im Gesetze vorgesehenen Strafe, für den Schaden verantwortlich, der infolge der Annahme dieser Güter zur Beförderung entstehen kann. Im übrigen kann die Eisenbahn bei unrichtiger Angabe des Gewichts oder des Inhalts einer Sendung die Zahlung des dreifachen Betrages der verkürzten Fracht von der Versand- bis zur Bestimmungsstation vom Absender oder Empfänger erheben.
In Rußland ist bei Feststellung einer unrichtigen Angabe außer der Nachzahlung des Frachtunterschieds ein F. im Betrage des doppelten Unterschieds zwischen der vollen tarifmäßig für die ganze Beförderungsstrecke (einschließlich Nebengebühren) zu berechnenden und der ursprünglich auf Grund der Frachtbriefangaben berechneten Fracht zu entrichten. Ist eine Beschädigung des Wagens infolge Überlastung eingetreten, so hat der Absender der Eisenbahn auch den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
In der Schweiz bestehen keine bahnseitig zu erhebenden F. Es ist lediglich festgesetzt: wer unter falscher oder ungenauer Angabe Gegenstände, die von der Beförderung ausgeschlossen oder nur bedingungsweise zugelassen sind, aufgibt, haftet für allen etwa entstehenden Schaden. Die als F. zu erhebenden Beträge können auf der Ware nachgenommen werden. Überdies bleibt es vorbehalten, die strafrechtliche Verfolgung nach Umständen des Falles eintreten zu lassen. Im übrigen ist bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung, sowie im Falle der Überlastung eines vom Absender selbst verladenen Wagens, dieser, sofern er die Abwägung nicht verlangt hat, zur Nachzahlung des Frachtunterschieds und zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Im Wiederholungsfalle kann eine Polizeibuße im zwei- bis zehnfachen Betrage der verkürzten Fracht ausgesprochen werden. Auch in diesen Fällen bleibt die strafgerichtliche Verfolgung vorbehalten.
Rinaldini.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.