Türkische Eisenbahnen

Türkische Eisenbahnen

Türkische Eisenbahnen. (Mit Karte, Taf. XI.)


Inhaltsübersicht: I. Europäische Türkei, Geschichtliches, Technische Anlage; II. Salonik-Monastir; III. Salonik-Dedeagadsch; IV. Asiatische Türkei.


I. Europäische Türkei.

Geschichtliches.


Die ersten in der europäischen Türkei eröffneten Bahnen waren die heute zu Rumänien gehörige, von einer englischen Gesellschaft erbaute Linie Konstantza-Czernavoda, eröffnet am 4. Oktober 1860 (s. Rumänische Eisenbahnen) und die am 7. November 1866 in Betrieb genommene Linie Rustschuk-Varna, die (von 1873–1888 von der Betriebsgesellschaft der orientalischen Eisenbahnen betrieben) einen Bestandteil der bulgarischen Eisenbahnen (s.d.) bildet.

Sie waren jedoch Sackbahnen und insolange ohne größere Bedeutung, als sie nicht mit einem in sich geschlossenen Eisenbahnnetz in Verbindung standen. Die Bestrebungen wegen Schaffung eines solchen reichen bis in den Beginn der Sechzigerjahre zurück.

1868 kam zwischen der Pforte und einem französisch-belgischen Unternehmen ein Übereinkommen zustande, demzufolge eine Hauptlinie von Konstantinopel über Adrianopel durch Rumelien und Bosnien an die Save mit Abzweigungen an die serbische Grenze und nach Salonik, sowie eine Linie von Varna über Adrianopel nach Enos zur Verbindung des Schwarzen Meeres mit dem Ägäischen Meer hergestellt werden sollte. Allenfalls sollte die Hauptlinie bei gleichzeitiger Vertagung des Baues der bosnischen Strecke unmittelbar durch Serbien an die Save geführt werden.

Dadurch, daß seitens der ursprünglichen Konzessionäre eine Reihe von Bedingungen unerfüllt blieb, erlosch jedoch diese Konzession; nach vielfachen Verhandlungen übertrug die türkische Regierung mit Vertrag vom 17. April 1869 den Bau der Eisenbahnen in der europäischen Türkei an Baron Hirsch bzw. an die von ihm gebildete »Société impériale des chemins de fer de la Turquie d'Europe«.

Hierbei war die Herstellung folgender Linien vorgesehen:

1. der Hauptlinie von Konstantinopel über Adrianopel, durch Bulgarien, Serbien, Bosnien nach Doberlin im Anschluß an eine von Österreich auszuführende Linie Sissek-Doberlin;

2. einer Linie nördlich zur damaligen serbisch-türkischen Grenze bei Nisch und südlich über Üsküb nach Salonik;

3. einer Linie von Philippopel über Jamboli nach Burgas längs des südlichen Balkanabhangs;

4. einer Linie von Jamboli über Adrianopel nach Enos oder Dedeagadsch.

Für dieses Netz von beiläufig 2500 km Länge gewährte die türkische Regierung eine jährliche Ertragsgarantie von 14.000 Fr. f.d. km und versprach außerdem mit Rücksicht auf die hohen Baukosten der bosnischen Strecke entsprechende Subventionen. Ferner sollte die Verwaltung, die den Betrieb zu übernehmen gehabt hätte, und als die die österreichische Südbahngesellschaft in Aussicht genommen war, einen jährlichen Pacht von mindestens 8000 Fr. f.d. km entrichten.

Auf Grund der von der türkischen Regierung gewährleisteten Garantie wurde am 15. und 16. März 1870 eine öffentliche Subskription auf 750.000 Stück Prämienobligationen ausgeschrieben, jede zu 400 Fr.; diese wurden später in die Türkenlose umgewandelt.

Alsbald wurden auch von 4 verschiedenen Punkten (Konstantinopel, Dedeagadsch, Salonik und Doberlin) die Arbeiten begonnen und ziemlich rüstig gefördert, so zwar, daß bereits am 4. Januar 1871 die 10∙4 km lange Teilstrecke von Jedikule (Konstantinopel) nach Kutschuk-Tschekmedsche dem Betrieb übergeben werden konnte.

Bald trat jedoch ein Stillstand ein; der europäisch gesinnte Großvezier Aali Pascha war gestorben, und an seine Stelle der Alttürke Mahmud Pascha getreten, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger einer Verbindung mit Zentraleuropa abgeneigt war und den Anschluß an die russischen Bahnen über Rumänien anstrebte. Als die Türkei überdies ihren Verpflichtungen gegen die Société impériale nicht nachkommen konnte, legte diese am 18. Mai 1872, bevor noch eine der Hauptlinien ausgebaut war, ihre Konzession in die Hände der türkischen Regierung zurück, wogegen diese letztere die unmittelbare Haftung für die Verzinsung und Tilgung der Türkenlose auf sich nahm. Die Sociétßé impériale übernahm als Generalbauunternehmung nunmehr auf Grund eines neuen Vertrags die Fertigstellung des türkischen Staatsbahnnetzes, das sich aus folgenden Linien zusammensetzen sollte:

1. Konstantinopel-Adrianopel bis Bellova oder Sarambey mit den Abzweigungen von Adrianopel nach Dedeagadsch und von Tirnovo-Semenli nach Jamboli;

2. Salonik-Üsküb-Mitrowitza;

3. Doberlin-Banjaluka (hierüber s. Näheres im Art. Bosnisch-hercegovinische Eisenbahnen).

Das nunmehr aufgestellte Eisenbahnnetz besaß eine beiläufige Länge von 1230 km; für dessen Herstellung reichte das durch die Türkenlose aufgebrachte Kapital aus.

Ihrerseits verpflichtete sich die türkische Regierung, aus Staatsmitteln eine Linie von Jamboli über den Balkan nach Schumla im Anschluß an die Bahn Varna-Rustschuk, sowie die Strecke Sarambey-Sofia-Üsküb herzustellen. Durch erstere sollte das türkische Bahnnetz an die Donau geführt werden, um so eine Verbindung mit den rumänisch – russischen Bahnen zu schaffen, durch letztere die Strecke Salonik-Mitrowitza dem Hauptnetz angegliedert und damit erträgnisfähiger gemacht werden.

Überdies erklärte sich die Pforte bereit, die Herstellung der nötigen Zufahrtsstraßen zu den Stationen, der erforderlichen Hafenanlagen, Lagerhäuser u.s.w. aus eigenen Mitteln vorzunehmen.

Die im vorbesprochenen Vertrag von der Generalbauunternehmung zur Herstellung übernommenen Linien waren bis zum Jahre 1875 fertiggestellt, u.zw. wurden die Linie Konstantinopel-Adrianopel-Sarambey 1871–1873, die Flügel Adrianopel-Dedeagadsch und Adrianopel-Jamboli 1872 bzw. 1874, die Linien Salonik-Üsküb 1872–1873, Üsküb-Mitrowitza im Jahre 1874, Banjaluka-Doberlin im Jahre 1872 eröffnet.

Der Betrieb der bereits fertiggestellten und noch fertigzustellenden Linien wurde an die durch Baron Hirsch mit einem Aktienkapital von 50 Mill. Fr. begründete Betriebsgesellschaft (Compagnie générale pour l'exploitation des chemins de fer de la Turquie d'Europe) pachtweise übertragen. Dieses Pachtverhältnis wurde auf die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen, gerechnet vom Zeitpunkt der Betriebsübergabe aller im Vertrag bezeichneten sowie der von der Regierung herzustellenden Linien (an Stelle dieses Zeitpunkts wurde durch Vertrag vom April 1893 das Jahr 1958 festgesetzt). Mit Ablauf eines Jahres nach erfolgter Inbetriebsetzung sämtlicher Strecken hatte die Betriebsgesellschaft eine jährliche Rente von 8000 Fr. f.d. km an den Staat zu entrichten. In der Zwischenzeit sollte ein Pachtschilling nur dann bezahlt werden, wenn die Durchschnittseinnahmen der in Betrieb befindlichen Strecken 12.000 Fr. f.d. km übersteigen und sollte er dann 80% des Überschusses über 12.000 Fr., bis die Höchstrente 8000 Fr. erreicht, betragen.

Infolge des Staatsbankrotts, der Unzulänglichkeit der damaligen Verwaltungsbehörden, und in nicht geringem Maß auch infolge der Kriegsereignisse der Jahre 1877 und 1878, durch die die Türkei über Gebiete, auf denen die von ihr auszuführenden Verbindungsstrecken zum Teil gelegen waren, die Verfügung verloren hatte, konnte die Pforte den ihrerseits durch die Verträge von 1872 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen. Anderseits wurde aber auch der Bruttoertrag von 12.000 Fr. niemals überschritten (die in den Jahren 1877 und 1878 erzielten Überschüsse wurden vertragsmäßig zur Deckung früherer Abgänge verwendet); die Betriebsgesellschaft weigerte sich daher, mit Berufung auf den abgeschlossenen Vertrag für die von ihr tatsächlich betriebenen Linien eine Pachtsumme zu bezahlen.

Um sich aus diesen auf die Länge unhaltbaren Verhältnissen zu befreien, drohte die türkische Staatsverwaltung mit der Sequestrierung der Bahneinnahmen. Da dies aber einer Konfiskation von Privateigentum gleichgekommen wäre, legte sich Österreich ins Mittel, worauf man seitens der Türkei davon Abstand nahm, und die Sache schon damals vor das in den Verträgen von 1872 vorgesehene Schiedsgericht bringen wollte. Doch auch hier blieb es nur bei der Absicht, bis endlich die Betriebsgesellschaft, die sich gleichwie die Baugesellschaft in der Hand des Barons Hirsch befand, sich aus anderen Ursachen bewogen fand, diesem Zustand ein Ende zu machen.

Zu Beginn der Siebzigerjahre hatte die damals bestandene Société impériale für die planmäßige Fertigstellung der von ihr übernommenen Arbeiten eine Kaution von 25 Mill. Fr. geleistet, die nach erfolgter endgültiger Übernahme der Bahnen zurückgestellt werden sollte. Da aber nur eine vorläufige, niemals eine endgültige Übernahme erfolgte, so war auch trotz aller erhobenen Einsprüche nur ein Teil der Kaution zurückgezahlt worden. Solange der übrige Teil noch ausständig war, konnte jedoch die als Baugesellschaft fortbestandene Sociétßé impériale, die nach Fertigstellung der vertragsmäßigen Linien ihre Aufgabe beendet hatte, nicht in Liquidation treten und insolange auch nicht ihrer Verpflichtungen enthoben werden. War die Pforte nun auch gegenüber der Betriebsgesellschaft machtlos, so konnte sie doch der Baugesellschaft dadurch, daß sie eine endgültige Übernahme verweigerte, Schwierigkeiten bereiten. Mit Rücksicht darauf beschloß Baron Hirsch, sich mit der türkischen Regierung ins Einvernehmen zu setzen, und so wurde gelegentlich eines zu Ende des Jahres 1885 seitens der Betriebsgesellschaft mit der Türkei gegen 7% Verzinsung und 1% Amortisation abgeschlossenen Anlehens von 23 Mill. Fr. auch eine Regelung dieser Streitpunkte angebahnt. Die noch übrige Kautionssumme sollte zurückgezahlt werden, während die Betriebsgesellschaft die unbedingte Bürgschaft für die Erledigung jener Anstände auf sich nahm, die sich bei der endgültigen Übernahme ergeben sollten.

Außerdem wurde an Stelle des früheren Teilungsschlüssels festgesetzt, daß die Betriebsgesellschaft 7000 Fr. f.d. Jahr und km vorab zur Bestreitung der Betriebsauslagen erhalten solle, und der Rest des Bruttoertrags in der Weise zu teilen sei, daß die Betriebsgesellschaft 55%, die Regierung 45% bekomme, wobei erstere die Bürgschaft dafür übernahm, daß der Anteil der Regierung mindestens den Betrag von 1500 Fr. f.d. km erreiche. Diese Beteiligung des Staates diente nunmehr als Unterpfand für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe.

Ferner wurde vereinbart, daß der vorläufige Betrieb nach erfolgter Untersuchung der einzelnen Strecken durch eine technische Kommission mit schiedsrichterlicher Gewalt in einen dauernden überzugehen habe.

Eine Reihe von anderen, meist vermögensrechtlichen Fragen, die sich auf Leistung einer Pachtsumme seitens der Betriebsgesellschaft an die Regierung, auf Bezahlung einer Entschädigung für Kriegsschäden, auf Schaffung eines Garantiefonds u.s.w. bezogen, wurde vorderhand unberührt gelassen, bis auch diese Fragen zu Ende des Jahres 1888 durch den Schiedsspruch des Dr. Gneist ihre Lösung fanden. Während die soeben berührten Verhandlungen zwischen Baron Hirsch und der Türkei noch in Schwebe waren, hatte die auf Grund des Berliner Vertrags (1878) in Wien zusammengetretene »Conférence à quatre« durch die Eisenbahnkonvention vom 9. Mai 1883 die Frage über die Anschlüsse der türkischen Bahnen an das westliche Europa endgültig geregelt. Zufolge Art. 3 des Konferenzbeschlusses verpflichtete sich die kaiserlich ottomanische Regierung, die Anschlußstrecken Bellova-Vakarel (s. Art. »Bulgarische Eisenbahnen«) und Üsküb-Sibeftsche an die bulgarisch-rumelische, bzw. serbische Grenze herstellen zu lassen und bis zum 15. Oktober 1886 gleichzeitig dem Betrieb zu übergeben.

Die Ausführung dieser beiden Strecken wurde einer unter Beihilfe des Comptoir National d'Escompte gebildeten Société de construction des lignes de raccordement de Roumélie übertragen. Die Herstellungskosten wurden mit 175.000 Fr. f.d. km festgesetzt. Die Eröffnung der Linie Üsküb-Sibeftsche erfolgte am 25. Mai 1888, die der Linie Bellova-Vakarel gleichzeitig mit der Strecke Tsaribrod-Vakarel am 7. Juli 1888; damit war endlich der direkte Schienenweg zwischen Mitteleuropa einerseits, Salonik und Konstantinopel anderseits hergestellt.

Bis zur Austragung der zwischen Baron Hirsch und der Türkei obwaltenden Schwierigkeiten wurde der Betrieb auf der Linie Üsküb-Sibeftsche gemäß des Vertrags vom 25. Februar 1888 vorläufig der Société des raccordements überlassen. Als dann Ende 1888 durch den früher erwähnten Schiedsspruch die letzten Streitpunkte mit Baron Hirsch beseitigt waren, wurde dieser Vertrag gekündigt; die Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen (s.d.) übernahm nunmehr auch den Betrieb dieser Linie. Die Linie Bellova-Vakarel ist nach ihrer Fertigstellung sofort seitens Bulgariens okkupiert und dem bulgarischen Staatsbahnnetz einverleibt worden. Die finanzielle Seite dieser Angelegenheit wurde später einverständlich geregelt. Die Orientalischen Eisenbahnen hatten nunmehr, d.i. im Jahre 1888, eine Gesamtlänge von 1263∙7 km.

Das rumelische oder Hauptnetz umfaßte die Hauptlinie Konstantinopel-Bellovo (561∙1 km) sowie die Zweiglinien Adrianopel-Dedeagadsch (148∙9 km) und Tirnovo-Semenli-Jamboli (105∙7 km). Das mazedonische oder Saloniker Netz begriff in sich die Linie Salonik-Üsküb-Sibeftsche (328∙5 km) und die Flügelbahn Üsküb-Mitrowitza (119∙5 km).

Hiervon wurden schon im Jahre 1908 von der bulgarischen Regierung die sog. ostrumelischen Strecken (Ljubimetz (Grenze)-Bellova und Tirnovo-Semenli-Jamboli) in einer Länge von 309∙6 km nach der Souveränitätserklärung Bulgariens besetzt. Die finanzielle Regelung erfolgte 1919 gleichzeitig mit der Schlichtung verschiedener Streitfragen zwischen der ottomanischen Regierung und der Betriebsgesellschaft.

Durch Vertrag vom 7./20. Juli 1910 wurde den orientalischen Eisenbahnen seitens der türkischen Regierung die Konzession zum Bau und Betrieb einer 45∙62 km langen Zweiglinie von Babaeski nach Kirkkilisse erteilt, welche Strecke am 20. Juli 1912 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Außerdem wurde der Gesellschaft am 20. Juli/12. August 1912 die Konzession zum Bau und Betrieb einer Linie von Üsküb nach Gostivar über Kalkandelen übertragen. Der Bau wurde kurz vor Beginn der Balkankriege begonnen.

Infolge dieser Kriege, während deren Dauer der Betrieb der Gesellschaft auf 112 km gesunken war (Teile der Linien Salonik-Üsküb-Konstantinopel – Tschataldscha und Salonik-Monastir), gingen folgende Strecken in das Eigentum anderer Staaten über: an Bulgarien 856 km (Svilengrad-bulgarische Grenze und Grenze bei Demotika-Dedeagadsch), an Serbien 376∙7 km (Gewgheli-Üsküb-Mitrowitza und Üsküb-Sibeftsche), an Griechenland 77∙3 km (Salonik-Gewgheli).

In den Friedensverträgen der Türkei mit Bulgarien, Serbien und Griechenland sind diese Staaten in alle Rechte und Pflichten gegenüber der Betriebsgesellschaft eingetreten.

Der Betrieb der in Neuserbien gelegenen Linien wurde auch fernerhin von den serbischen Staatsbahnen weitergeführt. Die mit der serbischen Regierung geführten Ablösungsverhandlungen waren noch im Zuge, als der Weltkrieg ausbrach; sie konnten daher nicht zum Abschluß gebracht werden.

Die Linien auf bulgarischem und griechischem Gebiet sind von der Gesellschaft bis Oktober 1915 weiter betrieben worden.

Infolge einer freiwilligen Gebietsabtretung seitens der Türkei an Bulgarien sind weitere 142∙5 km der gesellschaftlichen Linien (Svilengrad-Adrianopel-Küleli Burgas-Demotika) an Bulgarien übergegangen; die bulgarischen Staatsbahnen haben am 7. Oktober 1915 den Betrieb dieser 142∙5 km und der infolge des Balkankriegs auf Bulgarien entfallenen 85∙6 km an sich genommen. Die eingeleiteten Verhandlungen über die Ablösung des Betriebsrechtes der Gesellschaft an Bulgarien gelangten 1916 zum Abschluß.

Desgleichen hat die griechische Regierung am 3. Oktober 1915 den Betrieb der auf ihrem Gebiet liegenden 77∙350 km langen Teilstrecke Salonik-Gewgheli der orientalischen Bahnen übernommen.

Der Betrieb der Gesellschaft erstreckte sich Ende 1916 nur mehr auf die Strecke von Konstantinopel an die neue türkisch-bulgarische Grenze zwischen Uzunköprü und Küleli Burgas mit einer Baulänge von 278 km und auf die Zweiglinie Alpullu-Kirkkilisse mit einer Länge von 45∙6 km.


Technische Anlage.


Konstantinopler Netz. Linie Konstantinopel-Bellova (561∙1 km). Ausgangspunkt ist der am Ostende des Goldenen Horns gelegene Bahnhof von Konstantinopel. Anfänglich längs des Marmarameers durch welliges Hügelland fortführend, überschreitet sie unter Steigungen von 12∙5 bis 15 die Wasserscheide bei Sinikli und senkt sich in das Maritzatal herab. Über die Maritza selbst führt eine in den Jahren 1912–1914 mit einem Kostenaufwand von 11/4 Mill. Fr. neuerbaute eiserne Brücke mit 7 Öffnungen von 50 m Spannweite. An diese schließen sich außerdem zu beiden Seiten Flutbrücken an. Am rechten Maritza-Ufer verbleibend, übersetzt die Bahn oberhalb Adrianopel einen Nebenfluß der Maritza, die Arda, mittels einer eisernen Brücke von 4 Öffnungen zu je 57∙33 m Spannweite (Fachwerkträger, Fahrbahn unten, gemauerte Pfeiler) und erreicht in Bellova den Anschluß an die Bahnlinie Bellova-Vakarel.

Der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt 225 m (bei Konstantinopel), sonst 275 m, die größte Steigung 15‰.

Linie Adrianopel-Dedeagadsch (148∙9 km). Dieser an das Ägäische Meer führende Flügel zweigt von der Station Kuleliburgas der Hauptlinie ab und überschreitet, den Abhängen längs des rechten Ufers der Maritza folgend, mittels einer Steigung von 11 den Mahamlysattel. Auf dem Scheitel ist ein Ausweichgleis angeordnet, um längere Züge geteilt die Rampe hinaufbefördern zu können. Bei Feredjik schließt die Linie Salonik-Dedeagadsch an.

Linie Tirnova-Semenli-Jamboli (105∙7 km). Diese vermittelt den Anschluß der Hauptbahn an die Linie Jamboli-Burgas und damit an das Schwarze Meer. Nach Übersetzung der Maritza mittels einer Brücke von 9 Öffnungen mit je 29 m lichter Weite wendet sie sich einem Seitental dieses Flusses zu und tritt sodann in die dem Balkan vorgelagerte Ebene ein, in der die Endstation Jamboli liegt. Ausgenommen die Maritzabrücke und den Beginn der im oben erwähnten Seitental gelegenen Teilstrecke, bot der Bahnbau keine bedeutenden Schwierigkeiten.

Diese beiden Linien liegen nunmehr ebenfalls auf bulgarischem Gebiet.

Saloniker Netz. Linie Salonik-Üsküb-Sibeftsche (448 km). Nach Überbrückung des Gallico folgt diese bis hinter Üsküb dem Lauf des Vardar, wendet sich sodann dem Gebiet der Morava zu und erreicht, in nördlicher Richtung fortschreitend, bei Sibeftsche die serbisch-türkische Grenze. Der weitaus größte Teil dieser Linie führt durch gebirgiges Land. Gleich hinter Salonik tritt sie in ein durch Wildbäche durchbrochenes Gelände und setzt zu wiederholten Malen über den Vardar. Die bedeutendste dieser Brücken besitzt 16 Öffnungen mit zusammen 310 m lichter Weite. Durch die Gebirgsschluchten des Vardar, worunter bemerkenswert die Schlucht von Demirkapu und jene hinter Köprülü, erreicht sie Üsküb. Auf einer Brücke aus Eisenkonstruktion mit kontinuierlichen Trägern von 120 m Länge und 3 Öffnungen zu je 40 m Spannweite überschreitet sie ein letztes Mal den Vardar und gelangt in das Gebiet der Morava. Der ausgesprochene Gebirgscharakter der Bahn machte zahlreiche Tunnelbauten nötig, worunter der Tunnel in der Schlucht hinter Köprülü der wichtigste ist. Er ist 300 m lang, nicht ausgemauert und führt durch mürben Gneis.

Die Steigung beträgt durchschnittlich 10 der kleinste Krümmungshalbmesser 275 m.

Von dieser Linie sind infolge der Balkankriege die 77∙350 km zwischen Salonik und Gewgheli an Griechenland, der übrige Teil an Serbien gefallen.

Linie Üsküb-Mitrowitza (119∙5 km). Am Beginn durch ebenes Gebiet führend, wendet sie sich in die Gebirgsenge von Katschanik. In dieser Strecke befinden sich 20 Brücken und 8 Tunnel von 100–200 m Länge, sämtlich durch druckhaftes Gestein führend. Das bisher benutzte Tal der Neredinka verlassend, senkt sich die Bahn zum berühmten Amselfeld (Kosovo polje) und zur Endstation Mitrowitza. Die größte Steigung findet sich in der Schlucht von Katschanik mit 17, sonst beträgt sie durchschnittlich 10 der kleinste Krümmungshalbmesser 275 m.

Diese Linie ist infolge der Balkankriege ganz an Serbien gefallen.

Von Mitrowitza sollte die sog. Sandschakbahn (s.d.) ausgehen, die schon in den ersten türkischen Bahnprojekten vorgesehen war, und für die die Betriebsgesellschaft der orientalischen Eisenbahnen im Jahre 1909 neue eingehende Pläne und Entwürfe aufgestellt hat.


II. Salonik-Monastir.


Diese Linie wurde mit Firman vom 15./27. Oktober 1890 an ein deutsches Syndikat konzessioniert. Die seitens der Pforte gewährte Ertragsgarantie sichert eine jährliche kilometrische Mindestbruttoeinnahme von 14.300 Fr. zu. Die Konzession lautet auf 99 Jahre und setzt den Eintritt des staatlichen Rückkaufsrechtes nach 30 Jahren fest.

Die Linie (219 km) ist in einer Länge von 96 km, d.i. bis Vertekop, am 9. Dezember 1892 eröffnet worden, während der restliche Teil bis Monastir am 13. Juni 1894 dem Verkehr übergeben wurde. Die Betriebführung der Linie wurde gegen eine feste Entschädigung der Betriebsgesellschaft der orientalischen Eisenbahnen überlassen. Eine Verlängerung an das Adriatische Meer ist in Aussicht genommen.

Der Bau gestaltete sich ziemlich schwierig; schon in der Nähe von Salonik waren zahlreiche Wildbacharbeiten und unweit davon mehrere größere Brückenbauten notwendig, so die 158 m lange Brücke über den Gallico und die Eisenbrücke von 330 m Länge zu 12 Öffnungen von je 27∙36 m Lichtweite über den Vardar. Die Bahn überschreitet sonach den Gebirgskamm Vodena in anhaltender Steigung von 25‰. In diesem Teil der Bahn ergab sich die Notwendigkeit zahlreicher Kunstbauten; auf einer Länge von 14 km befinden sich 13 Tunnel und 9 große Viadukte.

Infolge der Balkankriege sind 213 km dieser Linie auf griechisches Gebiet, die übrigen 16 km mit der Endstation Monastir auf serbisches Gebiet zu liegen gekommen.

In den Betriebsverhältnissen war jedoch keine Änderung eingetreten, bis anfangs Oktober 1915 die griechische Regierung den Betrieb übernahm.

An Fahrbetriebsmitteln besaß die Bahn damals 13 Lokomotiven und 289 Wagen.


III. Salonik-Dedeagadsch.


Die Konzession wurde im Oktober 1892 einem unter der Firma »Compagnie des Chemins de fer de jonction Salonique-Constantinople« durch die Banque impériale Ottomane in Verbindung mit belgisch-französischen Bankinstituten gebildeten Konsortium erteilt.

Die Pforte gewährt eine Ertragsgarantie, u.zw. sichert sie eine jährliche Bruttoeinnahme von Fr. 15.500 f.d. km zu.

Die Konzessionsdauer beträgt 99 Jahre; nach 30 Jahren kann die Bahn rückgekauft werden.

Die Linie (519 km), die in den Jahren 1894 und 1895 eröffnet worden ist, wurde hauptsächlich zu strategischen Zwecken errichtet.

Ausgangspunkt ist. die Stadt Salonik, Endpunkt der Hafen Dedeagadsch am Ägäischen Meer; außerdem bestehen Abzweigungen, von denen die eine die Station Karasouli mit der Linie Salonik-Üsküb verbindet, die andere bei Feredjik die Verbindung mit der Linie Dedeagadsch-Adrianopel herstellt.

Infolge der Balkankriege kamen die Strecken Dedeagadsch bzw. Feredjik-Okschilar (143 km) an Bulgarien, die Strecken Okschilar-Salonik bzw. Karasouli (376 km) an Griechenland.

Das bulgarische Stück ist seit Oktober 1915 den bulgarischen Staatsbahnen einverleibt, während das griechische Stück bis Oktober 1915 im Betrieb der Gesellschaft verblieb.


IV. Asiatische Türkei.


Es befinden sich folgende Eisenbahnen in Betrieb:


1. Hedjasbahn (s.d.):


Länge in km
Hauptlinie Damaskus-Medina1305
Abzweigung von Déraa-Caiffa 163 1468

Diese Bahn wurde von der Regierung erbaut und wird auch von ihr betrieben. Zu den Baukosten haben die Mohammedaner der ganzen Welt beigesteuert. Die kilometrischen Einnahmen betrugen im Jahre 1911 4100 Fr.


2. Jaffa-Jerusalem:

Die Konzession datiert vom Jahre 1888 und wurde auf 71 Jahre erteilt. Die Bahn ist schmalspurig (Länge 87 km). Zwei in der Konzession vorgesehene Zweiglinien (nach Naplus, Länge 50 km, und nach Ghaza, Länge 70 km) sind nicht gebaut worden. Die Regierung liefert keine Garantie. Die jährlichen kilometrischen Einnahmen schwankten in den Jahren 1906–1911 zwischen 12.931 und 13.963 Fr.


3. Damas-Hamah et Prolongements:


Länge in km
a) Beyrut-Damaskus147
b) Verbindung mit dem Hafen
in Beyrut 2
c) Damaskus-M'zerib100
d) Rayak-Aleppo331
e) Homs-Tripoli (Syrien)102 682

Die Konzession für die erste Linie Beyrut-Damaskus (Länge 147 km, schmalspurig) wurde im Jahre 1889 erteilt. Die Regierung leistete keine Garantie, die Gesellschaft hat im Gegenteil jährlich einen Betrag von 1200 türkischen Pfund (rd. 27.500 Fr.) an die Regierung zu erlegen.

Die Konzession für die Abzweigung von Damaskus nach M'zerib (Länge 100 km, schmalspurig) wurde im Jahre 1890 erteilt, ebenfalls ohne Leistung einer Garantie seitens der Regierung, die für die Verlängerung von Damaskus nach Biredschik über Homs-Hamah-Aleppo im Jahre 1893. Letztere Bahn wurde jedoch vorerst bis Aleppo normalspurig in einer Länge von 331∙5 km gebaut, u.zw. nicht von Damaskus aus, sondern von Rayak bei km 65 der Linie Beyrut-Damaskus. Die staatliche Garantie beträgt 13.600 Fr. f.d. Jahr und km.

Die normalspurige Zweiglinie Homs-Tripoli (in Syrien) mit einer Länge von 102 km wurde im Juni 1911 dem Betrieb übergeben; sie genießt keine Staatsgarantie.

Die kilometrischen jährlichen Einnahmen der Linie Beyrut-Damaskus-M'zerib betrugen in den Jahren 1907–1911 16.729–19.040 Fr., diejenigen der Linie Rayak-Hamah-Aleppo 5977–8063 Fr.


4. Mersina-Tarsus-Adana:

Die Konzession für diese Linie (67 km) datiert vom Jahre 1883. Die Bahn wurde im Jahre 1886 dem Betrieb übergeben.

Die Gesellschaft (türkische Aktiengesellschaft) war später Gegenstand einer finanziellen Reorganisation und ging in deutschen Besitz über.

Die kilometrischen Einnahmen betrugen:


Türkische Eisenbahnen

5. Anatolische Eisenbahnen (s.d.):


Länge in km
a) Eski-Chehir-Konia445
b) Ismidt-Angora486
c) Haidar Pascha-Ismidt 93
d) Abzweiglinie Arifié-Adabasar 9 1033

6. Bagdadbahn (s.d.):


Länge in km
a) Konia-Eregli-Bulgurlu-
Ulukischla-Karapunar292
b) Dorak bis zum Fuße des
Taurus via Adana115
c) Abzweigung von Toprak
nach Alexandrette 60
d) Radschu über Aleppo-
Dscherablisse bis zum Amanus305
e) von Bagdad gegen
Norden bis Samara119 891

7. Aîdin Railway:


Länge in km
a) Smyrna-Aîdin-Diner (Hauptlinie)376
b) Diner-Eguirdir (Hauptlinie) 93
c) Abzweiglinie Torbali-Tireh 48
d) Abzweiglinie Tschatal-
Karagatsch-Eudemish 25
e) Abzweiglinie Paradisio-Budscha 2
f) Abzweiglinie Ghasi-Fumer-
Seidliköi 1
g) Abzweiglinie Südlüdsche-
Tschivril 31 576
h) Abzweiglinie Baladschik-Seukié 22 576
i) Abzweiglinie Gondscheli-Denizli 9 607

Die ursprüngliche Konzession für diese Linie wurde im Jahre 1856 erteilt; es ist dies also die älteste Eisenbahn in der Türkei. Der Staat hatte der Gesellschaft eine Verzinsung des Anlagekapitals von 6% f.d. Jahr gesichert, welche Bestimmung aber im Jahre 1888 aufgehoben wurde. Die Gesellschaft hatte von da an das Netz ohne jede Belastung der Regierung weiter betrieben. Die kilometrischen Bruttoeinnahmen schwankten in den Jahren 1907–1911 zwischen 14.332 und 16.938 Fr.

8. Smyrna-Kassaba et Prolongements:


a) Smyrna-Kassaba-AlachéirLänge in km
(Hauptlinie)169
b) Abzweiglinie Jonction-Burnabat 5
c) Abzweiglinie Magnésie-Soma 92
d) Abzweiglinie Soma-Panderma183
e) Alachéir-Afion-Karahissar253 702

Im Jahre 1894 wurde dem belgischen Staatsangehörigen Georges Nagelmackers, dem bekannten Gründer der internationalen Schlafwagengesellschaft, für die schon bestandenen Linien: Smyrna-Kassaba Alachéir, Magnésia-Soma Birum-Abat, im ganzen 266 km, eine neue Betriebskonzession und für eine Linie von Alacheir nach Afium-Karahissar, 247 km, eine Bau- und Betriebskonzession erteilt. Die Regierung garantierte für die schon bestehen den Linien eine Annuität von 2,310.000 Fr. während 99 Jahren, und für die zu bauenden Linien eine jährliche kilometrische Bruttoeinnahme von 830∙76 türkischen Pfund (rund 18.880 Fr.). Die kilometrischen Jahreseinnahmen stiegen in den Jahren 1907–1911 auf den alten Linien von 14.816 Fr. auf 18.670 Fr., auf den neuen Linien von 5.065 Fr. auf 7.194 Fr. Der Vertrag für die Linie Soma-Panderma wurde erst im Jahre 1910 abgeschlossen. Die Regierung hatte der Gesellschaft 77.832 4%ige Staatsobligationen zu 500 Fr. zu übergeben. Den Betrieb hat die Gesellschaft auf ihre Rechnung und Gefahr gegen eine Entschädigung nach folgender Formel zu besorgen: Präzipuum 2300 Fr. f.d. km und Jahr, 20% von den Bruttoeinnahmen für den Verkehr, 80 Ct. f.d. beladenen Zugkm für die Zugförderung, 90% von den Hamalgebühren.


9. Mudania-Brussa:

Die Konzession wurde im Jahre 1891 an den Gründer der Schlafwagengesellschaft Nagelmackers erteilt. Von der in dieser Konzession erteilten Ermächtigung, die Linie bis nach Tschitli weiterzuführen, ist bisher kein Gebrauch gemacht worden.

Wenn die jährlichen kilometrischen Ein nahmen 10.000 Fr. überschreiten, sind 25% von dem Überschuß an die Regierung abzuführen. Die kilometrischen Einnahmen schwankten in den Jahren 1907–1911 zwischen 6366 und 11.581 Fr. Alle diese Eisenbahnen sind nach dem Ursprung der investierten Kapitalien wie folgt zu trennen:


I. Ottomanisches Kapital: km
Hedjasbahn1468
II. Deutsches Kapital:
Anatolische Eisenbahnen1033
Mersina-Tarsus-Adana 67
III. Deutsches und französisches
Kapital:
Bagdadbahn 891
IV. Französisches Kapital:
a) Smyrna-Kassaba et
Prolongements einschließlich
Soma-Panderma 702
b) Damas-Hamah et Prolongements 682
c) Jaffa-Jerusalem 87
V. Französisch-belgisches Kapital:
Mudania-Brussa 41
VI. Englisches Kapital:
Aîdin Railway 607
Zusammen 5578

Die unter IV–VI angeführten Eisenbahnen, bei denen englisches, französisches und belgisches Kapital investiert ist, sind im August 1915 von der türkischen Regierung beschlagnahmt und in den Staatsbetrieb übernommen worden.

Im September 1916 hat die türkische Deputiertenkammer ein provisorisches Gesetz votiert, wonach alle diese Bahnen auf Grund einer Expertise verstaatlicht werden sollen.

Tafel XI.
Tafel XI.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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