- Baurecht
Baurecht in Eisenbahnsachen, der Inbegriff der beim Eisenbahnbaue zu beachtenden materiellrechtlichen und formellen Vorschriften.
A. Materielles Eisenbahnbaurecht.
Seine Normen sind im wesentlichen, wie sich aus der geschichtlichen Entwicklung der Eisenbahnen erklärt, auf Privateisenbahnen zugeschnitten. Auf Staatsbahnen finden sie, soweit hierdurch Rechte Dritter begründet oder geschützt werden, Anwendung; die Vorschriften der Eisenbahngesetze über die Stellung und die Tätigkeit der Staatsbehörden beim Eisenbahnbaue sind hingegen bei den Staatsbahnen nicht als die Staatsverwaltung zwingende Rechtsnormen, wohl aber, mit den durch die Organisationsvorschriften für die Staatseisenbahnverwaltung gegebenen Änderungen und Ergänzungen, als Verwaltungsnormen in Geltung.
Die Normen des B. setzen fest, welche baulichen Anforderungen im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Verkehres an die Eisenbahnen zu stellen sind, inwieweit und in welcher Weise beim Bau einer Eisenbahn öffentlichen Bedürfnissen und privaten Rechten Rechnung zu tragen ist, insbesondere, auf welche Weise eine Ausgleichung der bei dem Eisenbahnbau sich ergebenden Kollisionen von Rechten und Interessen stattzufinden habe.
Der Charakter des B. wird dadurch bestimmt, daß es sich beim Eisenbahnbau um die Befriedigung öffentlicher Verkehrszwecke handelt, die mit den wichtigsten staatlichen und volkswirtschaftlichen Interessen in engstem Zusammenhange stehen. Es muß daher der Staatsverwaltung auf die Festsetzung des Bauplanes im allgemeinen und in seinen Einzelheiten ein entscheidender Einfluß gesichert sein; darum steht dem B. des Eisenbahnunternehmers die Baupflicht zur Seite; darum wird aber auch das B. des Eisenbahnbauunternehmers mit der Kraft ausgestattet, Widerstände einzelner durch die Enteignung zu überwinden; selbst eine voraussehbare oder eingetretene Schädigung privater Rechtskreise hat nicht das Verbot des Baues zur Folge, sondern zieht nur die Auflage von Vorkehrungen zur Vermeidung oder tunlichsten Herabminderung nachteiliger Einflüsse auf die Umgebung und die Verpflichtung zur Schadenvergütung nach sich.
Die überragende Bedeutung der Eisenbahn läßt es berechtigt erscheinen, bei der dem Ermessen der entscheidenden Behörden vorbehaltenen Abwägung widerstreitender öffentlicher Rücksichten andere sonst berechtigte Interessen in den Hintergrund zu stellen, während anderseits wiederum die vom Bau der Eisenbahn mitberührten öffentlichen Interessen hierbei kräftiger zur Geltung gelangen können. Behufs Erzielung der Einheitlichkeit der Eisenbahnanlage und des Eisenbahnbetriebs löst sich die Verhandlung über Eisenbahnentwürfe regelrecht nicht in eine Reihe von Einzelverhandlungen über die verschiedenen Rechtsgebieten (Wasser-, Straßen-, Berg-, Bau-, Eisenbahnrecht) zugehörigen Fragen auf; es werden vielmehr alle einschlägigen Fragen in einem einheitlichen Verfahren vereinigt, gemeinsam erörtert und in einer über den vorliegenden Entwurf als Ganzes zumeist unmittelbar von der höchsten Instanz (Preußen: Minister der öffentl. Arbeiten; § 4, Eis.-Ges. – Österreich: Eisenbahnministerium; § 19 der Bauverordnung. – Schweiz: Bundesrat; Art. 14, Eis.-Ges. – Frankreich: Minister der öffentl. Arbeiten; Art. 3, 9, 14 des Cahier des charges) ergehenden Gesamtentscheidung zur Lösung gebracht.
In dieser Gesamtverhandlung und Gesamtentscheidung wird der staatliche Einfluß auf den Eisenbahnbau in allen Richtungen zusammengefaßt, und die Zuständigkeit anderer Behörden, denen sonst die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher oder polizeilicher Interessen anvertraut ist, geht auf die entscheidende Zentralstelle über. Die Tätigkeit der Behörden, in deren Zuständigkeit sonst vermöge ihrer allgemeinen Stellung die Prüfung einzelner Teile der Bahnanlage fallen würde, beschränkt sich auf Mitwirkung und Begutachtung. Nur in Einzelheiten (z.B. Hochbauten, wasserrechtliche, gewerbliche Anlagen) bleiben nach manchen Gesetzen die sonst zuständigen Sonderbehörden neben der Plangenehmigungsstelle selbständig zur Entscheidung berufen.
I. Einfluß öffentlicher Interessen beim Bahnbau. Die Notwendigkeit der Baugenehmigung für jeden Eisenbahnbau gibt den Behörden die Möglichkeit, die aus öffentlichen Rücksichten zu stellenden Anforderungen, soweit dies nicht schon in den Konzessionsbedingungen geschah, anläßlich der Baugenehmigung auch dort näher festzustellen, wo besondere Normen hierüber nicht bestehen und, wie z.B. im preußischen Rechte, nur im allgemeinen die Wahrnehmung öffentlicher Interessen vorgeschrieben ist. (In Preußen ist § 4 des Eisenbahngesetzes, der dem Minister der öffentlichen Arbeiten »die Genehmigung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durchführung durch alle Zwischenpunkte vorbehält und ebenso die Konstruktion sowohl der Bahn als auch der anzuwendenden Fahrzeuge an diese Genehmigung bindet«, die einzige gesetzliche Regelung der Verhältnisse des Eisenbahnbaues zu den übrigen polizeilichen Interessen, besondere Gesetzesnormen fehlen hierüber gänzlich; der Schwerpunkt des B. liegt daher gänzlich in der Handhabung dieses Genehmigungsrechtes durch den Minister).
Die Abwägung widerstreitender Interessen gegeneinander und die Unterordnung der minder wichtigen Rücksichten unter wichtigere öffentliche Zwecke ist, soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen gegeben sind, eine Aufgabe des freien Ermessens der Behörden (vgl. Erl. d. preuß. Min. d. öff. Arbeiten, betr. Ausgleich von Meinungsverschiedenheiten zwischen Eisenbahn- und Ortspolizeibehörden bei Wahrung öffentlicher Interessen vom 18. Nov. 1897 und 3. Dez. 1902).
Diese für das Eisenbahnbauverfahren kennzeichnende Vereinigung der staatlichen Einwirkung auf die Anlage der Bahn in einer Hand kehrt in der Gesetzgebung der verschiedensten Staaten wieder.
1. In erster Reihe stehen beim Bau der Eisenbahn die öffentlichen Verkehrsinteressen, welche die größtmögliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eisenbahn bei weitestgehender Betriebssicherheit fordern.
Hierüber sind eingehende Vorschriften in Verordnungen und Normalien gegeben und bestehen in einzelnen Punkten (Spurweite der Bahngleise, Bauart des rollenden Materials u.s.w.) internationale Vereinbarungen (Berner Übereinkommen über die technische Einheit der Eisenbahnen vom 15. Mai 1886).
Die notwendige Einheitlichkeit des Bahnnetzes erfordert insbesondere, daß, abgesehen von kleinen, örtlichen Bedürfnissen dienenden Bahnen oder Schleppgleisen, die einzelnen Eisenbahnen untereinander in einer den Obergang der Fahrzeuge ermöglichenden Verbindung stehen. Bei Anlage einer neuen Bahn muß demnach für den Anschluß an die bestehenden Bahnen Sorge getragen werden. Der neuen Eisenbahn können die hierzu erforderlichen Maßnahmen bereits im allgemeinen durch die Konzessionsurkunde und dann im einzelnen als Bedingungen des Baukonsenses auferlegt werden. Bestehenden Eisenbahnen ist, unbeschadet besonderer Bestimmungen in den Konzessionsurkunden, die häufig die Bedingungen des Anschlusses, insbesondere von Lokalbahnen regeln, die Gestattung des Anschlusses zur Pflicht gemacht (vgl. z.B. Art. 41, Abs. 2, der deutschen Reichsverfassung; § 45 des preuß. Eis.-Ges.; § 10g des österr. Eis.-Konz.-Ges.; Art. 30 des Schweiz. Eis.-Ges.; Art. 61 des franz. Cahier des charges).
2. Einfluß militärischer Interessen auf den Eisenbahnbau. Militärische Interessen können durch den Bau von Eisenbahnen gestört und gefördert werden.
a) Positive Bestimmungen für den ersteren Fall sind gegeben durch die Vorschriften über Bauten im Festungsbereich und in der Nähe von militärischen Pulvermagazinen (Deutsch. Reichsges. vom 21. Dez. 1871; Ost. Direktiven über Bauten im Festungsrayon vom 21. Dez. 1859, in der Nähe von Pulvermagazinen vom 28. April 1848 und 7. Juli 1876).
b) Im übrigen ist regelrecht die Geltendmachung militärischer Interessen in den Gesetzen nur im allgemeinen vorgeschrieben (Art. 41 und 47 der deutschen Reichsverf.), im besonderen aber auf die Berücksichtigung in den Bedingungen der Konzessionserteilung oder des Baukonsenses angewiesen. Zu diesem Zwecke ist überall der Militärverwaltung die Teilnahme an den behördlichen Verhandlungen und die Mitwirkung bei der Verleihung von Eisenbahnkonzessionen sowie bei der Erteilung des Baukonsenses gesichert.
3. Einfluß wegepolizeilicher Interessen. Die Eisenbahnanlage wirkt auf die öffentlichen Verkehrswege (Straßen, Wege u.s.w.) in verschiedener Weise zurück; sie macht die Herstellung neuer Plätze und Wege notwendig; anderseits werden öffentliche Wege durch den Bahnbau geändert, ihre Auflassung und Ersetzung wird erforderlich; endlich können bestehende Straßen für die Eisenbahnanlage benutzt werden.
a) Bau und Erhaltung von Zufahrtsstraßen zu Eisenbahnstationen. Hierüber bestehen in Österreich Gesetze, deren wesentlicher Inhalt sich in folgendem zusammenfassen läßt (siehe auch Art. Zufahrtsstraßen).
Als Eisenbahnzufahrtsstraßen sind jene öffentlichen Straßen anzusehen, die die Verbindung der Bahnhöfe (Haltestellen) mit dem nächsterreichbaren öffentlichen Verkehrswege oder mit dem nächstgelegenen bewohnten Orte vermitteln. Bahnhofvorplätze werden als Bestandteile der betreffenden Eisenbahn betrachtet und in die Zufahrtsstraßen nicht einbezogen. Die Herstellung der Eisenbahnzufahrtsstraßen, nicht auch weiterer Verbindungen zur Eisenbahnstation, wenn bereits eine Eisenbahnzufahrtsstraße besteht, erfolgt im Konkurrenzwege, wobei die Eisenbahnverwaltungen mit einem Kostenteile, regelmäßig mit einem Drittel der Bau- und Erhaltungskosten belastet werden. Teilnehmer an der Konkurrenz sind überdies die berührten Gemeinden, Bezirke, allenfalls Privatinteressenten, denen die Zufahrtsstraßen besondere Vorteile bieten. Die Konkurrenzverhandlung wird in der Regel in das Planfeststellungsverfahren für die Eisenbahn selbst einbezogen.
In Preußen, in der Schweiz und in Frankreich fehlt es an gesetzlichen Normen über die Herstellung von Zufahrtsstraßen. Die Frage wird im Rahmen der Verhandlung und Entscheidung über den Eisenbahnbauplan im ganzen geregelt. In Italien sind die Eisenbahnen zur Herstellung und Erhaltung der Zufahrtsstraßen nicht verpflichtet.
b) Für die Verlegung, Änderung und Einziehung von Wegen anläßlich des Baues von Eisenbahnen gilt im allgemeinen der Grundsatz, daß die Eisenbahnunternehmungen verpflichtet sind, für den gestörten Verkehrsweg vollständigen Ersatz zu schaffen und die Mehrkosten der Unterhaltung (für besondere, früher nicht vorhanden gewesene Bauten die vollen Kosten der Herstellung und Erhaltung) zu tragen (vgl. z.B. § 10c des öst. Eis.-Konz.-Ges.; die bei Fritsch, Die Eisenbahnen. Berlin 1906, S. 53, abgedruckte Zusammenstellung).
c) Endlich können die öffentlichen Wege bei der Eisenbahnanlage insofern in Betracht kommen, als sie für die Eisenbahn benützt werden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Kreuzungen und Benützung des öffentlichen Weges als Bahnkörper. Erstere werden im Rahmen des Eisenbahnbauplanes (Detailprojektes) von der zuständigen Behörde gegen entsprechende Vorkehrungen zum Schutze und zur Entschädigung der Anrainer genehmigt (vgl. § 10c des öst. Eis.-Konz.-Ges.); letztere bedürfen überdies der Zustimmung oder Enteignung des Wegeeigentümers; für Bahnen niederer Ordnung ist häufig in den betreffenden Gesetzen die Benützung öffentlicher Wege als Bahnkörper ex lege gestattet (das öst. Lokalbahngesetz vom 8. August 1910, R. G. B. Nr. 149, Art. XV; Frankreich: Art. 10 bis 14 des Cahier des charges, Art. 20, 34 des Ges. vom 11. Juni 1880).
In der Regel bestehen eingehende technische Vorschriften über Straßenbau aus Anlaß der Anlage von Eisenbahnen.
4. Einfluß der wasserpolizeilichen Interessen.
Die Kreuzung öffentlicher Wasserläufe durch Eisenbahnen (mittels Brücken oder Tunneln), ebenso wie die Verlegung von Flußläufen, die Aufführung von Uferschutzbauten, Deichen und Dämmen beeinflussen wasserpolizeiliche Interessen; einer besonderen wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen sie in der Regel nicht; diese wird, soweit diese Anlagen Bestandteile der Eisenbahn sind, im Rahmen der Genehmigung des Eisenbahnbauplanes von der hierzu berufenen Stelle aus erteilt (§ 158 des preuß. Zuständigkeitsgesetzes, § 19 der öst. Bauverordnung). Hingegen bedürfen Wasserentnahmen sowie die Wasserkraftanlagen für Eisenbahnzwecke besonderer wasserrechtlicher Verhandlung und Bewilligung durch die nach dem Wasserrecht zuständige Behörde.
5. Einfluß baupolizeilicher Interessen.
Im allgemeinen wird die besondere baupolizeiliche Genehmigung durch jene des Eisenbahnbauplanes ersetzt. In den Baugesetzen und Bauordnungen ist in der Regel eine Befreiung der Eisenbahnbauten von deren Geltung und der Hinweis auf die besonderen Vorschriften der Eisenbahngesetze enthalten. Auch wird den Eisenbahnen ein entsprechender Einfluß auf die Festlegung des Bebauungsplanes (Lageplanes) gewahrt (s. Baupolizei).
6. Der Einfluß der Feuerpolizei auf die Eisenbahnanlagen äußert sich in den Bestimmungen über die feuersicheren Herstellungen an Bauten im Feuerrayon der Bahn anläßlich der Neuherstellung von Eisenbahnen (Inhalt dieser Verpflichtung ist nicht eine bestimmte Herstellung, sondern der Feuerschutz, daher die Verpflichtung so lange und nur so lange währt, als Feuersgefahr besteht) und in den Verpflichtungen der Anrainer in der Feuerzone bestehender Bahnen. Bei Bauführungen in der Nähe von Eisenbahnen ist hiernach der Eisenbahnaufsichtsbehörde der entsprechende Einfluß gewahrt.
Besondere Vorschriften gelten auch für die Anlage von Sprengmittelmagazinen, von Pulvermagazinen, von Schießstätten und Steinbrüchen, für die Lagerung feuergefährlicher Stoffe und für die Beschränkung der Waldwirtschaft in der Nähe der Eisenbahn, so insbesondere für die Anlage von Forstschutzstreifen und die Bannlegung von Wäldern im erforderlichen Umfange.
II. Einfluß privater Interessen auf den Eisenbahnbau.
Der Schutz der Privatinteressen beim Eisenbahnbau ist entweder ein präventiver oder ein repressiver. Dem präventiven Schutze auch des Privateigentums dienen mittelbar die aus baupolizeilichen, feuerpolizeilichen u.s.w. Rücksichten bei der Baugenehmigung oder auch nach dieser getroffenen Anordnungen; auf die Vermeidung von Schädigungen der privaten Vermögensinteressen wird auch im Enteignungsrecht für Eisenbahnen dem Zwecke entsprechend Rücksicht genommen. Daneben sind vielfach ausdrückliche Bestimmungen in den Eisenbahngesetzen getroffen, deren Inhalt dahin geht, daß die Eisenbahnunternehmungen Vorkehrungen zu treffen haben, damit die angrenzenden Grundstücke, Gebäude u.s.w. keinen Schaden leiden und gegen Gefahren und Nachteile in Benützung ihrer Grundstücke gesichert werden (§ 14 des preuß. Eis.-Ges.; § 10b des öst. Eis.-Konz.-Ges.).
Die zur Schadensverhütung notwendigen Vorkehrungen können in Einrichtungen an der Eisenbahn selbst bestehen, z.B. Dämme, Gräben am Bahnkörper, Rauchverzehrungsapparate der Lokomotiven; sie können aber auch an dem gefährdeten Objekte anzubringen sein (z.B. an Fernsprech- und Telegraphenanlagen anzubringende geerdete Schlingen und Drähte, Abschmelzvorrichtungen zum Schutze gegen die Kontaktgefahren der Schwachstromdrähte mit den Leitungen elektrischer Eisenbahnen). In letzterem Falle muß erforderlichenfalls die Duldung der Anbringung im Enteignungswege erzwungen werden. Die Verpflichtung zur Schadensverhütung kann naturgemäß nicht die unbedingte Verhinderung jeder nachteiligen Wirkung auf die Umgebung zum Inhalte haben, sondern sich nur darauf erstrecken, daß die Eisenbahn alle technischen Möglichkeiten der Schadensverhütung ausnutze, jedoch nicht so weit, daß damit der erste Zweck der Eisenbahn – ihr Betrieb in technisch und wirtschaftlich zweckmäßiger Weise – in Frage gestellt werde. Die aufgewendeten Kosten müssen auch in einem angemessenen Verhältnisse zu den Interessen stehen, die gewahrt werden sollen.
In zweiter Linie steht dann, wenn Nachteile durch zweckmäßige Schutzmaßnahmen nicht abwendbar sind oder trotz der angewendeten Vorsichten doch eine Benachteiligung der Anrainer eintritt, die Ersatzpflicht der Eisenbahn für verursachten Sachschaden. Ob diese Verpflichtung der Eisenbahnunternehmungen zur Schadensverhütung und Schadensvergütung bloß gegenüber der Staatsverwaltung bestehe (wie der Wortlaut der angeführten Bestimmungen vermuten läßt) oder auch den Anrainern hierauf gegenüber der Eisenbahn ein subjektives (öffentliches) Recht hierauf zustehe, ferner, wieweit diese Bestimmungen eine über die Normen des Zivilrechts hinausgehende Haftung des Bahnunternehmens begründen, ist in Theorie und Rechtsprechung verschieden beantwortet worden. Der Inhalt dieser Pflicht ist der Schutz der Anrainer gegen die schädigenden Einflüsse der Eisenbahn, so lange diese bestehen oder zu gewärtigen sind. Mit dem Wegfall der Gefährdung, z.B. durch Verbesserung der Technik des Betriebs, fällt auch der Rechtsanspruch der Anrainer und die Verpflichtung der Eisenbahn weg, die Schutzvorkehrungen weiter aufrecht zu erhalten (sofern diese in Einrichtungen an den gefährdeten Anlagen selbst bestanden, muß in diesem Falle eine Rückversetzung in den Zustand vor deren Anbringung erfolgen).
Einen rechtlich anderen Charakter hat die der Eisenbahn durch die Eisenbahnpolizeivorschriften auferlegte Pflicht zur Schadensverhütung. Sie ist sicherheitspolizeilicher Natur, ihre Ausübung erfolgt durch Polizeibefehle.
Besondere Regelung hat der Schutz des Bergwerkeigentums gegen Schädigungen durch die Eisenbahn (und umgekehrt) erfahren (s. Bergbaubeschränkungen).
B. Formelles Eisenbahnbaurecht.
Das formelle Baurecht (Bauverfahren) umfaßt die behördliche Planfeststellung, Baugenehmigung und Überprüfung der planmäßigen Ausführung der Bahnanlage.
Sehr ausführliche Vorschriften und eine übersichtliche Gliederung des Bauverfahrens findet sich im österreichischen B., das darum der folgenden Darstellung zunächst zu gründe gelegt werden soll
Das österreichische Verfahren. zur Planfeststellung bei der Herstellung von Hauptbahnen gliedert sich in drei Hauptteile: Die Trassenrevision, die Stationskommission und die politische Begehung. Es wird abgeschlossen durch die Erteilung des Baukonsenses und des Benutzungskonsenses.
Die Trassenrevision hat die Aufgabe, den Hauptzug der Eisenbahn festzulegen und hierbei die administrativen, kommerziellen und ökonomischen Rücksichten zu prüfen, die für eine bestimmte Linie oder die Auswahl aus vorliegenden Varianten sprechen, wobei auch die Interessen und erworbenen Rechte bestehender Transportanstalten in Erwägung zu ziehen sind. Zur Vorbereitung der Trassenrevision wird dem Eisenbahnministerium das sogenannte Generalprojekt (§ 2, Ministerialverordnung vom 25. Januar 1879), vorgelegt und nach vorläufiger Prüfung durch das genannte Ministerium der politischen Landesbehörde übermittelt. Gleichstücke der wichtigsten technischen Behelfe, insbesondere auch des technischen Berichtes, der die Begründung und Erläuterung des Entwurfes enthält, werden am Sitze der politischen Behörde I. Instanz 8 Tage lang zur allgemeinen Einsicht ausgelegt. Ort und Zeit der Einsichtnahme ist von den Vorständen der von der Bahn berührten Gemeinden zu verlautbaren. Den Interessenten steht es frei, Anträge und Wünsche zu dem Entwürfe schriftlich oder mündlich vorzubringen, die, in Vernehmungsbogen zusammengefaßt, nach Ablauf der Einsichtsfrist von der politischen Behörde I. Instanz mit ihrem Gutachten der Landesstelle vorgelegt werden.
Der Schwerpunkt der Verhandlung liegt in der hierauf abzuhaltenden Trassenrevisionskommission, die unter der Leitung der politischen Landesbehörde und, wenn notwendig, an Ort und Stelle abgehalten wird. An dieser Verhandlung nehmen als Kommissionsmitglieder Vertreter der Landesbehörde, des Eisenbahnministeriums, des Kriegsministeriums, des Landesausschusses, sonstiger beteiligter staatlicher und autonomer Behörden, der Handels- und Gewerbekammern, Landeskulturräte oder Landwirtschaftsgesellschaften u.a. Berufsorganisationen teil. Die Zahl der Mitglieder ist nicht begrenzt, sondern kann nach Maßgabe der berührten Interessen verstärkt werden.
Bei der Trassenrevision ist die Einvernahme von Parteien und Interessenten nicht obligatorisch, sondern nur fakultativ; ein Recht, bei der kommissionellen Verhandlung gehört zu werden, haben sonach Privatparteien nicht. Ebenso bleibt es der Kommission anheimgestellt, ob sie Erhebungen an Ort und Stelle pflegen oder lediglich an der Hand der vorgelegten Projektsbehelfe und mit Berücksichtigung der Vernehmungsbogen ihr Votum abgeben will. Der Konzessionswerber ist den Verhandlungen mit beratender Stimme beizuziehen.
Das Ergebnis der Trassenrevision, die auch bei auf Staatskosten zu erbauenden Eisenbahnen stattfindet, bildet zunächst die Grundlage für die Entscheidung über den Konzessionsantrag bei Privatbahnen, bzw. für die Schlußfassung, ob eine Staatseisenbahn gebaut werden soll. Nach erfolgter Konzessionserteilung, bzw. wenn die Willensentschließung der Regierung, die Linie auf Staatskosten zu bauen, vorliegt, wird nach Ergänzung des Entwurfes durch eingehendere technische Behelfe, allenfalls nach neuerlicher vollständiger oder teilweiser Trassenrevision die Genehmigung der Trasse ausgesprochen. Weder den Wünschen und Anträgen der Interessenten, noch auch denen der Kommissionsmitglieder kommt hierbei entscheidendes Gewicht zu. Das Eisenbahnministerium entscheidet vielmehr im Einverständnis mit den beteiligten Ministerien über die Feststellung der Trasse, zwar mit Bedacht auf das Kommissionsprotokoll und die Kommissionsanträge, aber nach freiem und unanfechtbarem Ermessen, ohne an die Parteienanträge und Kommissionsbestimmungen gebunden zu sein. Insbesondere hat (abgesehen von dem Konkurrenzlinien verböte des § 9 b Eis.-Konz.-Ges.) keine Privatpartei ein Recht auf die Führung der Trasse in einer ihr genehmen Richtung oder ein Widerspruchsrecht gegen eine ihr nicht genehme Richtung der Eisenbahn.
Die Entschließungsfreiheit der Regierung hinsichtlich der Trasse wird noch dadurch schärfer betont, daß die Feststellung der Trasse stets unter Vorbehalt nachträglicher Abänderung erfolgt, so daß selbst der Ausspruch, daß die Trasse in einer bestimmten Richtung geführt werden soll, den Parteien kein Recht hierauf gewährt (§ 7, Min.-Vdg. vom 25. Januar 1879).
Den zweiten Teil des Planfeststellungsverfahrens bei Eisenbahnen bildet die Stationskommission. Nach Vorlage der entsprechenden technischen Behelfe, in denen insbesondere auch die Herstellung von Zufahrtsstraßen vorzusehen ist, wird in derselben Weise wie bei der Trassenrevision die Stationskommission abgehalten, bei der Zahl und Lage der auszuführenden Stationen, deren Benennung sowie die Zufahrten und die Kostendeckung für die letzteren zu verhandeln sind. Die Zusammensetzung der Kommission und Stellung der Parteien bei der Verhandlung ist dieselbe wie bei der Trassenrevision. Die Entscheidung des Eisenbahnministeriums erfolgt auf Grundlage der Verhandlungsergebnisse, allenfalls, wenn sich hierzu die Notwendigkeit ergeben hat, unter Änderung der genehmigten Trasse. Auch diese Entscheidung ist dem Ermessen des Eisenbahnministeriums anheimgegeben und kann durch spätere Verfügungen der Eisenbahnaufsichtsbehörden abgeändert werden, wenn die seinerzeit genehmigten Stationen und Haltestellen den geänderten Verkehrsbedürfnissen nicht entsprechen.
Der dritte und wesentlichste Teil des Bauverfahrens ist die politische Begehung, die gleichzeitig die Enteignungsverhandlung im Sinne des Enteignungsgesetzes enthält.
Der Zweck der politischen Begehung ist, die Eisenbahnanlage in ihren Einzelheiten festzulegen und für die Ausführung vorzubereiten. Ein charakteristischer Unterschied dieses Teiles des Planfeststellungsverfahrens von der Trassenrevision liegt darin, daß er sich in Form und mit den Wirkungen einer administrativen Parteiverhandlung vollzieht und daß seine Ergebnisse subjektive Rechte auf eine bestimmte Art der Projektsausführung für die beteiligten Parteien zu begründen geeignet sind. Die auf Grund der Entscheidung über die Trassenrevision ausgearbeiteten Bauentwürfe, die der politischen Begehung zu gründe liegen, sind ihrem Zwecke entsprechend viel ausführlicher als die der Trassenrevision vorgelegenen (§ 14 der Min.-Vdg. vom 25. Januar 1879), insbesondere hat der Bauentwurf auch ein Verzeichnis der in Anspruch genommenen Grundstücke und Rechte und ein Verzeichnis der Namen und Wohnorte der Enteigneten zu enthalten. Der Bauentwurf wird vom Eisenbahnministerium einer vorläufigen Prüfung unterzogen, wenn es zur Ausführung geeignet erachtet wird, grundsätzlich genehmigt und an die politische Landesstelle zur Vornahme der politischen Begehung übermittelt.
Die Planbehelfe werden 14 Tage lang vor der Begehung zur öffentlichen Einsicht in den Ortsgemeinden ausgelegt, Ort und Frist der Einsichtnahme wird öffentlich kundgemacht. Eine persönliche Ladung der Interessenten ist nicht erforderlich. Hierbei wird auch die Frist bestimmt, innerhalb deren Einwendungen der Beteiligten bei der politischen Bezirksbehörde entgegengenommen werden. Diese Frist ist insofern keine Fallfrist, als Einwendungen der Interessenten gegen die ihre Interessen berührenden Teile des Bauplans auch vor der Kommission selbst bei der Begehung, jedoch nicht später, vorgebracht werden können. Im Gegensatze zur Trassenrevision werden die Verhandlungen über die Bauentwürfe in Form einer wirklichen Begehung, also stets an Ort und Stelle, durchgeführt. Die mit der politischen Begehung betraute Kommission besteht im wesentlichen aus denselben Mitgliedern wie die Kommission für die Trassenrevision und kann sowohl vom Eisenbahnministerium als auch von der Landesstelle durch Fachmänner, Vertreter industrieller oder landwirtschaftlicher Verbände und Abgeordnete der Behörden verstärkt werden. Die Aufgabe der Begehungskommission ist gemäß § 16 der Vdg. vom 25. Januar 1879, zunächst die Begutachtung des Bauentwurfes vom Standpunkte des öffentlichen Interesses, insbesondere in bezug auf die berührten Eisenbahnen, öffentlichen Straßen, Wege und Wasserläufe, die Lage und Abmessungen der Kunstbauten u.s.w., die Durchführung der Erhebungen, betreffend die Feststellung des Gegenstandes und Umfanges der Enteignung, ferner die Begutachtung der gegen den Bauentwurf erhobenen Einwendungen und der in diesen Beziehungen vorgebrachten Wünsche. Die Verhandlungen der Kommission sind kontradiktorisch, die Parteien werden vernommen, die Ergebnisse der gemachten Erhebungen und die gemachten Äußerungen werden zu Protokoll gebracht, wobei für jede Katastralgemeinde ein besonderes Protokoll herzustellen ist oder wenigstens die Entwurfsteile und Erklärungen der Interessenten gemeindeweise aufzunehmen sind. Es hat sich bei der Verhandlung der Eisenbahnentwürfe der Gebrauch herausgebildet, daß die Kommission am Schlüsse der Verhandlung zu den Äußerungen und gemachten Anträgen Stellung nimmt, ihre Anschauungen in einem Kommissionsgutachten zusammenfaßt und die Kommissionsanträge stellt. Die Verhandlungsprotokolle und Akten sind sodann von der politischen Landesbehörde, die ihr Gutachten beilegt, dem Eisenbahnministerium vorzulegen.
In dem Protokolle sind die von den Interessenten begehrten Abänderungen des Entwurfes zu erwähnen, während die nicht zur Abänderung beantragten Entwurfsteile, wie sie aus den technischen Berichten ersichtlich sind, als angenommen gelten. Werden seitens der Kommission unter Zustimmung der Behördenvertreter und des Vertreters der Bahnunternehmung Abänderungen beantragt, so sind diese, um im Falle der Zustimmung der zu Enteignenden sofort das Enteignungserkenntnisfällen zu können, sogleich in den Plan einzutragen, während, wenn dies nicht möglich ist, die Entscheidung des Eisenbahnministeriums einzuholen ist und dann erst die Enteignungserkenntnisse zu fällen sind. Auf Grund der Ergebnisse der politischen Begehung wird seitens des Eisenbahnministeriums im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien die Entscheidung über die auszuführende Bahnanlage gefällt und der Baukonsens erteilt. Ohne diesen darf kein Bau auf Eisenbahngrund ausgeführt werden (§ 19, Min.-Vdg. vom 15. Januar 1879). Von dem Baukonsense wird die politische Landesbehörde behufs Mitteilung an die Interessenten verständigt. Die Entscheidung der Zentralstelle über die politische Begehung (Baukonsens) enthält im Gegensatze zu der Entscheidung über die Trassenrevision auch Aussprüche über widerstreitende Parteiforderungen und ist der Rechtskraft fähig; sie kann subjektive Rechte der Parteien auf die Ausführung der Entwürfe in der im Baukonsens bestimmten Weise begründen, die durch nachträgliche Verfügungen nicht willkürlich abgeändert werden können. Da die ministerielle Zentralstelle mit Ausschluß des Instanzenzuges über die Eisenbahnentwürfe entscheidet, so ist eine Anfechtung der ergangenen Entscheidung nur im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshofe (ohne obligatorische Suspensivwirkung, § 17, G. vom 22. Oktober 1875, RGB. 36 ex 1876) und innerhalb des Zuständigkeitskreises dieses Gerichtshofes möglich. Es bleiben also immer der Anfechtung jene Teile der ministeriellen Entscheidung entrückt, die aus deren freiem Ermessen hervorgehen. So wird die technische Ausführung der Bauten, der Ort und die Einrichtung der Stationsanlagen u.s.w. im Rechtswege nicht angefochten werden können.
Durch den Baukonsens erwächst dem Bauwerber das Recht und die Pflicht, den Bau in der genehmigten Weise auszuführen. Abweichungen erfordern ein neues Verfahren. Mit dem Baukonsens müssen alle erhobenen Einwendungen erledigt und alle Verpflichtungen, die die Eisenbahn den Anrainern und den Vertretern öffentlicher Interessen gegenüber zu erfüllen hat, festgestellt werden. Der Baukonsens setzt naturgemäß – wenn er auch insbesondere bei Lokalbahnen vor Erteilung der Konzession ausgesprochen wird – voraus, daß die rechtlichen Grundlagen für die Entstehung der Eisenbahn als solche (Konzession) vorhanden seien, und tritt erst mit deren Schaffung in Kraft. Voraussetzung seiner Wirksamkeit ist ferner die Verfügung über den erforderlichen Baugrund, allenfalls nach Durchführung der Enteignung, für die wiederum die im Baukonsense enthaltene Feststellung der Einzelheiten und Maße der Entwürfe die Richtschnur gibt (§ 17, Eisenbahnenteignungsgesetz). Der Baukonsens wird regelmäßig für den ganzen Entwurf in einer auch formell einheitlichen Entscheidung erteilt, kann aber auch für die einzelnen Arbeiten, Erd- und Nebenarbeiten, Kunstbauten, Gleispläne sowie für die Hochbauten gesondert ausgesprochen werden oder aus der Genehmigung der für diese einzelnen Bestandteile der Eisenbahn aufgestellten Normalien in Verbindung mit dem anstandslosen Ergebnisse der politischen Begehung sich ergeben (§§ 20, 21 Bauverordnung). Hochbauentwürfe (§ 22, Min.-Vdg. vom 25. Januar 1879), sind vorerst von der eisenbahnfachlichen Seite zu prüfen, dann von der politischen Landesstelle vom Standpunkte der Landesbauordnungen und der Lokalinteressen zu begutachten und vom Eisenbahnministerium zu genehmigen.
Dem Eisenbahnministerium steht es frei, die politische Landesstelle bei der Übermittlung der Entwürfe zur politischen Begehung zur Erteilung des Baukonsenses für den Fall zu ermächtigen, daß die kommissionelle Verhandlung anstandslos verläuft (Baukonsens ex commissione). Eine allgemeine Betrauung zur Erteilung des Baukonsenses bei anstandslosem Ergebnisse der kommissionellen Verhandlung ist für die Staatsbahndirektionen bezüglich der Bauten auf Staatsbahnen im Organisationsstatute für die staatliche Eisenbahnverwaltung ausgesprochen.
Für Um- und Zubauten auf einer im Bau oder Betrieb stehenden Eisenbahn ist eine politische Begehung nur dann abzuhalten, wenn die Landesverkehrsverhältnisse, Wasserläufe oder Bergwerke beeinflußt werden, und ist das Verfahren genau so wie bei Neuanlage einer Eisenbahn dann durchzuführen, wenn eine Enteignung damit verbunden ist, während, wenn keine Enteignung notwendig ist, eine Abkürzung der Frist für die Auflage der Entwurfsbehelfe bei der politischen Behörde I. Instanz auf 8 Tage gestattet ist. Werden Wege, Wasserläufe oder Bergwerke nicht berührt, so entfällt die politische Begehung; die Enteignung ist dann gemäß § 21 des Eisenbahnenteignungsgesetzes in abgekürzter Form durchzuführen. Ist eine Enteignung nicht notwendig, so kann die Genehmigung für den Um- oder Zubau vom Eisenbahnministerium ohne weitere Verhandlung ausgesprochen werden.
Für Ergänzungs- und Erneuerungsbauten geringeren Umfanges ist auf den im Betriebe stehenden Privatbahnen ein vereinfachtes Verfahren, die kumulative Genehmigung des von den Bahnverwaltungen dem Eisenbahnministerium vorgelegten Programmes solcher Bauten, für zulässig erklärt worden.
Den Abschluß des B. bilden die technisch-polizeiliche Prüfung (die Feststellung der Betriebsfähigkeit der Eisenbahn) und die Kollaudierung (die Prüfung, ob die Bauausführung dem genehmigten Projekte entspricht). Zur Einleitung der technisch-polizeilichen Prüfung ist nach Vollendung des Bahnbaues ein mit den Plänen und Karten, die die Bahnausführung genau darstellen, versehenes Gesuch an das Eisenbahnministerium zu richten. Eine Kommission, in der die Generalinspektion und die politische Behörde vertreten sind, prüft hierauf, ob auf der Bahn ein regelmäßiger, ungestörter und sicherer Betrieb erwartet werden kann (§ 2 der Eisenbahnbetriebsordnung vom 16. Nov. 1851).
Zur Abnahme der Bahn gehört außerdem die Kollaudierung, die im wesentlichen festzustellen hat, ob alle Herstellungen den Entwürfen und sonstigen Bestimmungen entsprechend ausgeführt sind und ob die für die Unternehmung bestimmten Grundflächen tatsächlich übergeben wurden.
Wenn das Ergebnis der technisch-polizeilichen Prüfung ein günstiges war, wird der Benutzungskonsens (Eröffnungskonsens) seitens des Eisenbahnministeriums, für Erweiterungs- oder Erneuerungsbauten auf Privateisenbahnen seitens der Generalinspektion, für letztere Bauten auf Staatseisenbahnen seitens der Staatsbahndirektion erteilt. Der Benutzungskonsens kann an den Vorbehalt der nachzutragenden Kollaudierung des ganzen oder eines Teils der Bahnanlage geknüpft, die Eröffnung einer Station von der Herstellung der Eisenbahnzufahrtsstraße in fahrbarem Zustande abhängig gemacht werden.
Ergänzungen und Abänderungen der genehmigten Entwürfe können (wie § 46 der Bauverordnung besagt) vom Eisenbahnministerium jederzeit zur Wahrung öffentlicher Interessen, insbesondere der Betriebsicherheit, im Einvernehmen mit der Eisenbahnunternehmung angeordnet werden.
Für Eisenbahnen niederer Ordnung (Lokal-, Kleinbahnen) ist durch die Vdg. vom 29. Mai 1880, Z. 57, ein abgekürztes Verfahren für zulässig erklärt worden, das im wesentlichen auf einer Zusammenfassung der Trassenrevision und Stationskommission mit der politischen Begehung oder der beiden ersteren beruht.
Ähnlich wie in Österreich verläuft das Bauverfahren auch in anderen Staaten, wenn auch daselbst im allgemeinen keine so eingehenden Vorschriften hierüber bestehen.
In Preußen hat nach § 4 des Gesetzes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 die Gesellschaft alle Vorarbeiten zur Begründung der Genehmigung der Bahnlinie auf ihre Kosten zu beschaffen. Zur rechtlichen Begründung des Unternehmens (Konzessionserteilung) sind allgemeine Vorarbeiten erforderlich, während zur Feststellung des Eisenbahnbauplanes noch ausführliche Vorarbeiten angefertigt werden.
Die äußere Einrichtung der letzteren ist durch eingehende Bestimmungen geordnet (Erl. des Staatsmin. v. 30. November 1838 und 26. April 1897, Bestimmungen für die Aufstellung der technischen Vorarbeiten für Eis.-Anlagen vom 9. August 1845, revidiert im Oktober 1871); die Baupläne und ergänzenden Berichte müssen alle Anlagen am Bahnkörper selbst, wie auch die Nebenanlagen zur Darstellung bringen, so daß die Prüfung in wirtschaftlicher und eisenbahntechnischer Hinsicht sowie vom Standpunkte der Landesverteidigung ohneweiters ermöglicht ist.
Der Beurteilung vom Standpunkte der örtlichen, öffentlichen und privaten Interessen dient zunächst die landespolizeiliche Prüfung (Zirkularreskript des Min. d. öffentl. Arbeiten vom 12. Oktober 1892). Zuständig hierzu ist die Landespolizeibehörde, die jedoch hierbei nur als Organ des Ministers tätig ist; der ersteren steht demnach auch nur die Erörterung, nicht aber die Entscheidung zu; diese wird gemäß § 4 des Eis.-Ges. vom Minister der öffentl. Arbeiten gefällt.
Der Antrag auf landespolizeiliche Prüfung ist von der Eisenbahnunternehmung an den Präsidenten derjenigen Regierung zu richten, in deren Gebiet die Anlagen liegen sollen. Über das Verfahren bestehen keine besonderen Vorschriften. Erforderlich ist Erörterung an Ort und Stelle nach erfolgter Bekanntmachung des Termins durch allgemeine Aufforderung oder in besonderen Fällen durch persönliche Ladung der Interessenten, zu denen vor allem die benachbarten Grundbesitzer gehören. Die Eisenbahnaufsichtsbehörde, die Ortspolizeibehörde sowie die sonstigen Vertreter berührter öffentlicher Interessen sind besonders zu laden.
Die Verhandlungen erstrecken sich im allgemeinen unter Ausscheidung eisenbahntechnischer, wirtschaftlicher und militärischer Gesichtspunkte auf alle Einwendungen und Anträge der Beteiligten und sollen klarstellen, daß der Entwurf die örtlichen Verhältnisse so weit berücksichtigt, als dies mit dem Zwecke der Anlage vereinbar ist; allenfalls ist festzustellen, welche Abänderungen oder Ergänzungen der Entwurf im öffentlichen Interesse oder zur Verhütung von Nachteilen und Gefahren für die Anwohner erfahren muß. Das Ergebnis wird protokollarisch festgehalten.
Die landespolizeiliche Prüfung ersetzt jede andere Prüfung vom Standpunkte polizeilicher Interessen, die nach dem Gesetz erforderlich wäre; sie bildet die Unterlage für die ministerielle Feststellung der Eisenbahnbaupläne. Diese aber erstreckt sich in erster Linie auch auf die (eisenbahntechnischen, wirtschaftlichen und militärischen) Interessen, die außerhalb des Rahmens der landespolizeilichen Prüfung geblieben waren.
Behufs Einholung der ministeriellen Genehmigung sind die erforderlichen Pläne sowie das Protokoll der landespolizeilichen Prüfung und die dazu ergangene Verfügung des Regierungspräsidenten, dem Minister vorzulegen. Die Genehmigung, der die Zustimmung des Kriegsministers und des Reichseisenbahnamtes vorausgehen muß, erfolgt schriftlich unter Zugrundelegung der Baupläne, Erläuterungsberichte, Protokolle und der Erklärung der Landespolizeibehörden; Bauwerke und Anlagen, die vorgeschriebenen Mustern entsprechen, bedürfen keiner ausdrücklichen Genehmigung.
Die ministerielle Genehmigung ist nur dann endgültig, wenn es zur Erwerbung des erforderlichen Grundes und Bodens nicht der Ausübung des Enteignungsrechtes bedarf.
Sonst ist sie nur als vorläufige Feststellung insofern anzusehen, als im Enteignungsverfahren nach dem Gesetze über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juli 1874 eine nochmalige Feststellung des Planes stattfindet, die Änderungen oder Ergänzungen des Planes, jedoch – wenn dadurch die Bahnlinie selbst oder die baulichen und Betriebsverhältnisse geändert werden – nicht ohne vorherige Genehmigung des Ministers für öffentliche Arbeiten, zur Folge haben kann.
Die Entscheidung des Ministers gemäß § 4 des Eis.-Ges. ist eine im Rechtswege nicht anfechtbare polizeiliche Verfügung, auch soweit sie Angelegenheiten betrifft, die sonst (wie z.B. Einziehung öffentlicher Wege, Stromverlegungen, Eingriffe in Stadtbebauungspläne) gesetzlich einem besonderen Verfahren und der Entscheidung anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte vorbehalten sind. Sie gibt dem Eisenbahnbauunternehmer Recht und Pflicht zur Herstellung der Bahn in der genehmigten Form.
Neben der ministeriellen Planfeststellung bleibt jedoch erforderlich: die baupolizeiliche Genehmigung für Hochbauten die Genehmigung für neue Ansiedelungen in einzelnen Provinzen und die gewerbepolizeiliche Genehmigung einzelner Anlagen (Werkstätten, Gasanstalten, stehende Dampfkessel).
Vor Übergabe der Bahn in den Verkehr ist nach § 22 des Eis.-Ges. die landespolizeiliche und technische Abnahme der Bahnanlagen durch die Landespolizei- und Eisenbahnaufsichtsbehörde sowie die Erteilung der Genehmigung zur Betriebseröffnung durch den Minister der öffentlichen Arbeiten erforderlich.
Mit dem dargestellten preußischen Verfahren stimmt im allgemeinen jenes von Baden und Württemberg überein. Auch in Sachsen findet ein dem preußischen Planfeststellungsverfahren ähnlicher Vorgang statt.
In Bayern (kgl. Vdg. v. 20. Juni 1855) setzt die Erbauung einer Eisenbahn für den öffentlichen Verkehr die Bewilligung zu den Vorarbeiten (Projektierungskonzession), sowie jene zum Bau und Betriebe der Bahn voraus. Vor dem Baubeginn sind die Einzelpläne zur Genehmigung vorzulegen. Diese erfolgt im allgemeinen durch das Ministerium, bezüglich der Hochbaupläne durch die Baupolizeibehörde. Die Eröffnung des Betriebs erfordert die vorherige Genehmigung des Verkehrsministeriums; derselben hat eine genaue technische Prüfung der Bahn und des Betriebsmaterials vorauszugehen.
Auf wesentlich anderer Grundlage beruht das Bauverfahren in Elsaß-Lothringen, wo in der Hauptsache noch die französische Gesetzgebung gilt.
In der Schweiz ist nach Art. 14 des Ges. über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872 der Bauplan dem Bundesrat in seiner Gesamtheit sowie in den Einzelheiten zur Genehmigung vorzulegen. Diese ist namentlich erforderlich für die Bahntrasse, die Stationen mit Einrichtung sowie für sämtliche größere Kunstbauten, einschließlich der wichtigeren Hochbauten. Die Eisenbahnunternehmung soll jeweilig vor Beginn der einzelnen Bauarbeiten die Pläne vorlegen. Nachträgliche Abweichungen von diesen Plänen sind nur nach nochmals eingeholter Genehmigung gestattet.
Der Bundesrat gibt den Kantonsregierungen und durch deren Vermittlung auch den Lokalbehörden Gelegenheit, bezüglich der Trasse der Gestaltung der Wegübergänge, der Lage der Stationen, der Verbindungsstraßen u.s.w. ihre Interessen geltend zu machen. Er hat dabei seinerseits die militärischen Interessen gebührend zu wahren.
Das Verfahren zur Feststellung der Eisenbahnbaupläne wird (Art. 9–24 der Verordnung zum Eisenbahngesetz vom 1. Februar 1875) mit dem Enteignungsverfahren (Art. 10 ff. des Expropriationsgesetzes vom 1. Mai 1850) in ähnlicher Weise verbunden wie in Österreich.
In Frankreich unterliegt die gesamte Bahnanlage nach Art. 3 des Cahier des charges der Genehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten (bei Lokalbahnen des Conseil géneral im allgemeinen, des Präfekten hinsichtlich der einzelnen Arbeiten, mit gewissen Vorrechten für den Minister der öffentlichen Arbeiten, Art. 3 des Ges. vom 11. Juni 1880). Diese Genehmigung umfaßt den ganzen Entwurf, einschließlich der Bahnhofshochbauten nach Zahl, Ort der Errichtung und Ausdehnung, Wegekreuzungen, Beeinflussung der Flußläufe (Art. 9, 14 ff. des Cahier des charges); spätere Änderungen der Bahnanlagen bedürfen einer nochmaligen Genehmigung. Das Prüfungsverfahren ist ähnlich wie in Österreich (Circulaires ministériels du 25. janvier 1854, 21. février 1877 u.a.m., vgl. Picard, Traité des chemins de fer 1887, Tome deuxième, S. 650 ff).
In Italien sind Zuständigkeit und Verfahren geordnet durch die Art. 7, 242 ff., 262 ff. der Legge sulle opere pubbliche del 25. giugno 1865, no 2359, Art. 38 ff. der Legge 17. giugno 1900 (Art. 77) (vgl. Gasca, L'esercizio di strade ferrate 1909, Libro I, S. 57 ff.).
Literatur: Art. Eisenbahnrecht (von Fritsch) im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, hgg. von Conrad, Elster, Lexis und Loening, Jena, 3. Aufl. – Gleim, Das Recht der Eisenbahnen in Preußen. Berlin 1892, Bd. I. – Krasny, im Österr. Staatswörterbuch, hgg. von Mischler und Ulbrich, 2. Aufl., Bd. I., S. 750 ff. – Picard, Traité de chemins de fer, Bd. II, S. 643 ff. – Gasca, L'esercizio delle strade ferrate Torino 1909, S. 64 ff, und die sonst gebräuchlichen Handbücher des Eisenbahnrechts.
Krasny.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.