- Britisch-Zentralafrika
Britisch-Zentralafrika. Hier kommt vor allem die Schire-Hochlandbahn in Betracht. Im Jahre 1899 wurde in Blantyre von englischen Interessenten eine Eisenbahnverbindung zwischen dem Nyassa-See und dem Schire- und Sambesi-Fluß angeregt; daraufhin erhielt im Jahre 1901 die Schire-Hochland-Eisenbahngesellschaft die Konzession zum Bau einer Eisenbahn von Port Herald, dem in der südlichsten Spitze des Protektorats gelegenen Hafen am Schire, über Chiromo und Blantyre nach Fort Johnston am Südende des Nyassa-Sees. Am 1. September 1904 wurde die Strecke Port Herald-Chiromo, 48 km lang, in Kapspur erbaut, dem Verkehr übergeben. Zwischen Chiromo und Blantyre besteht ein Höhenunterschied von mehr als 900 m, dessen Überwindung erhebliche Schwierigkeiten verursachte. Die Herstellung der Fortsetzung von Chiromo über Blantyre bis zum Nyassa-See wurde von der British Central Africa Company übernommen.
Die 192 km lange Bahn zwischen Port Herald und Blantyre ist nach Herstellung einer 34 m langen Brücke über den Schire bei Chiromo seit dem 23. Januar 1909 vollendet und im Betriebe.
Die Bahn hat während der letzten trockenen Jahre wesentliche Dienste geleistet. Ohne ihre Mitwirkung hätte die reiche Baumwoll-, Tabak- und Kaffee-Ernte kaum aus dem Lande herausgebracht werden können, da der Zustand des unteren Schire-Flusses die Verschiffungen über Port Herald hinaus tatsächlich unmöglich macht.
Der Dampferbetrieb auf dem Schire und Sambesi, der bei Chinde in den Indischen Ozean mündet, liegt in der Hand folgender drei Gesellschaften: der African Lakes Corporation Limited, der African International Flotilla and Transport Company und der British Central Africa Company.
Infolge der Wasserstandsverhältnisse des Schire-Flusses ist bei trockenen Zeiten Port Herald nicht mit dem Dampfer zu erreichen und anderseits ist die Strecke von Fort Johnston bis Mimbi auch nur etwa 3 Monate im Jahr, wenn die Regenzeit normal ist, für Dampfer befahrbar. Auch scheint die Barre an der Mündung des Sambesi bei Chinde wegen ihrer fortdauernden Veränderungen immer schwieriger für die Schiffahrt zu werden.
Die englische Gesellschaft hofft, daß die Bahn südlich am Nyassa-See vorbei, in westlicher Richtung nach Fort Jameson in Rhodesia weiter gebaut wird. Sie würde dann auch der Erschließung der Kupfer- und Bleigruben des Katangabezirkes im Süden des Kongostaats und im Bezirk der Tanganjika Conzessions Limited in Kasanshi im Flußgebiet des Kafue in Nordost-Rhodesia, und in Kambove (Katanga) dienen können (s. Katangabezirk und Belgisch-Kongo).
Eine Bahn vom Schire nach Quelimane, die vom Hafen Quelimane, nordöstlich von Chinde, durch Mosambik nach Port Herald und Chiromo gehen und durch die die Bahn von Port Herald zum Nyassa die kürzeste Verbindung mit der Küste erhalten würde, scheint neuerdings aufgegeben zu sein, seitdem von englischen Kolonialfreunden ein Anschluß der Schire-Hochlandbahn durch eine Bahn von Port Herald in südlicher Richtung an den Sambesi und mit Überbrückung dieses Stromes bei Ungundani am Zusammenfluß von Schire und Sambesi, nach dem portugiesischen Hafen Beira mit Nachdruck verfolgt wird. Damit ist zugleich der alte Plan einer Bahn von Beira nach Sena (am Sambesi) wieder aufgenommen und durch die ins Auge gefaßte nördliche Verlängerung bis Port Herald erweitert. Mit Zustimmung der portugiesischen Regierung unterstützt die britische Regierung diesen Plan, indem sie für den Bau der Bahn Port Herald-Sambesi eine neue Gesellschaft ins Leben gerufen hat. Dabei soll das Britische Nyassaland-Protektorat die Landflächen, auf die die Schire-Hochlandbahn-Gesellschaft nach ihrem Vertrage mit der Regierung einen Anspruch hat, für 180.000 ₤ wiedererwerben und auf zehn Jahre eine 4%ige Zinsbürgschaft auf das Kapital der neuen Gesellschaft bis zur Höhe von 500.000 ₤ übernehmen. Die Eisenbahnverbindung Beira-Port Herald-Blantyre-Fort Johnston, rund 600 km, würde nur das südliche Anfangsglied eines zusammenhängenden großen portugiesisch-englischen Verkehrsweges von 1600 km Länge sein, der Beira mit dem Nyassa-See und weiter mit dem Südende des Tanganjikasees verbinden soll. Der Nyassa-See würde auf rund 600 km benutzt werden, und daran würden sich 400 km, allerdings zum Teil sehr schwieriger Bahnbauten von Karonga am Nyassa nach Kituta am Tanganjika anschließen. Da der Sambesi in seinem Unterlaufe von Ungundani ab höchstens von Dampfern bis zu 200 t befahren werden könnte, müßte der Verkehr von Ungundani ab den Weg über die Bahn nach Beira nehmen. Die Verwirklichung dieses Planes ist noch zweifelhaft. Für die Schire-Hochlandbahn würde die Gewinnung eines Anschlusses an den Sambesi und mit dem portugiesischen Hafen Beira an den Indischen Ozean von größter Bedeutung sein.
Baltzer.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.