- Lokomotivfahrdienst
Lokomotivfahrdienst. Dieser umfaßt alle bei im Betrieb stehenden Lokomotiven erforderlichen Verrichtungen vor, während und nach der Fahrt (Untersuchung, Instandsetzung u.s.w.), im engeren Sinne begreift er die Tätigkeit, die sich auf die Führung und Wartung von Lokomotiven nur während der Fahrt bezieht.
Die Ausübung des L. im weiteren Sinn obliegt außer dem Lokomotivführer und Heizer auch den Bediensteten der Heizhäuser (Lokomotivschuppen), während die Ausführung des L. im engeren Sinne, die die Sorge für die Lokomotive selbst betrifft und auf die zu gewährleistende Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs gerichtet ist, ausschließlich der Lokomotivmannschaft anvertraut ist.
I. Instandsetzung der Lokomotive für die Fahrt.
Die Instandsetzung der Lokomotive, die im Heizhaus in der Regel unter Mitwirkung der Lokomotivmannschaft vorgenommen wird, besteht im wesentlichen in der Reinigung und in der Durchführung etwa nötiger Ausbesserungen an der Lokomotive.
Die Reinhaltung erstreckt sich sowohl auf die äußeren sichtbaren Bestandteile, das Trieb- und Gangwerk (Treib- und Kuppelstangen, Steuerung u.s.w.) als auch auf das Innere des Kessels, auf die Reinigung der Feuerrohre, des Rauchfangs, der Funkenfangvorrichtungen, des Tenderwasserkastens u.s.w.
Die Reinhaltung aller Teile des Triebwerks ist besonders für die gründliche Untersuchung seines Zustandes unerläßlich und müssen deshalb alle Bestandteile, die ohne Zerlegung zugänglich sind, von Schmutzkrusten, Staub, Asche u.s.w. befreit werden. Das gleiche gilt für das Gangwerk. Tragfedern samt Gehänge, Ausgleichhebel, Achslagergehäuse, Rahmenbleche, Rahmenverbindungen u.s.w. können rasch und vorteilhaft durch Abspritzen mit warmem, unter Druck stehendem Wasser gereinigt werden. Die Reinigung des Kessels im Innern und vieler anderer Lokomotivbestandteile ist für ihre gute Wirkungsweise und für ihre längere Verwendungsdauer von Vorteil. So z.B. beeinträchtigen verlegte Feuerrohre und Funkenfangvorrichtungen den Luftzug und damit die gute Verbrennung, in weiterer Folge auch die Dampferzeugung. Kessel, die mit viel Kesselstein absetzendem Wasser gespeist werden, müssen nach kurzen, aus der Erfahrung sich ergebenden Zeitabständen oder nach bestimmten Höchstleistungen der Lokomotiven an Kilometern ausgewaschen werden. Die Reinigung der Feuerrohre hat möglichst häufig zu erfolgen, und werden vorteilhaft hierzu durch den Abdampf der zu reinigenden Lokomotive betätigte mechanische Hilfsmittel verwendet.
Das Auswaschen des Kessels (s.d.) ist von besonderer Wichtigkeit und ist im allgemeinen mit warmem Wasser vorzunehmen; wo dies nicht durchführbar ist, muß mit kaltem Wasser ausgewaschen werden. Um beim Warmauswaschen einem Verbrühen der diese Arbeit besorgenden Mannschaft vorzubeugen, soll die Temperatur des verwendeten Wassers nicht mehr als 60° betragen. Vor dem Auswaschen ist der Kessel zu entleeren und sind sämtliche für diesen Zweck am Kessel vorgesehenen Luken zu öffnen sowie die Auswaschbolzen zu entfernen. Sind die Kesselwandungen annähernd auf die Temperatur des Auswaschwassers erkaltet, so ist ein Wasserstrahl unter möglichst hohem Druck einzuleiten. Die Kesselwandungen sind kräftigst abzuscheuern. Hierzu dienen als Hilfswerkzeuge zweckmäßig gebogene und genügend starke Messingdrähte, mit denen, um den angelegten Kesselstein abzulösen, nach allen Seiten, insbesondere jedoch in die Ecken der Feuerbüchse und zwischen die Stehbolzen zu fahren ist.
Dieselbe Sorgfalt wird der Reinhaltung der Feuerbüchsdecke und deren Verankerung, sowie dem (unter Wasser befindlichen) Boden des Langkessels zuzuwenden sein.
Nach beendetem Auswaschen ist darauf zu achten, daß die Auswaschbolzen und Deckel wieder so gedichtet und befestigt werden, daß sie bei Druck im Kessel nicht zu blasen beginnen oder gar aus ihren Sitzen geschleudert werden.
Nach erfolgter genauer Untersuchung des Kesselinnern durch Fachorgane wird der Kessel in der Regel mit Wasser gefüllt. Unterbleibt dies aus irgend einem Grunde, so empfiehlt es sich, um das Anheizen leerer bzw. nicht entsprechend vollgefüllter Kessel zu verhindern, diese als nicht mit Wasser gefüllt zu bezeichnen (z.B. durch Anhängen einer Tafel).
Weiter ist zur Instandsetzung einer Lokomotive, wie schon erwähnt, die gründliche Untersuchung der Steuerung, der Gangwerksteile sowie aller Verbindungen durch Keile, Splinten und Schrauben, der Räder, Radreifen, Lager, Tragfedern, Lokomotiv- und Tenderkupplung, Bremsausrüstungen u.s.w. erforderlich.
Diese Untersuchung kann, weil sie im Heizhause erfolgt, eingehender, erforderlichenfalls durch Losnahme der Bestandteile vorgenommen werden.
Von Zeit zu Zeit werden insbesondere untersucht: die Räder in bezug auf die Stellung auf der Achse und in bezug auf die Abnutzung der Radreifen mit der Spurlehre; Achsen und Zapfen auf Abnutzung und Anbrüche, die Sicherheitsventile bzw. deren Federn und Federwagen sowie die Manometer auf richtige Wirkungsweise, die Kessel durch Herausnahme der Feuerrohre auf Abzehrungen u.s.w.
Alle Mängel, die im Heizhaus oder schon während der Fahrt an der Lokomotive festgestellt wurden, sind im Heizhaus gründlich zu beheben. Es müssen außer dem Triebwerk u.s.w. auch der Kessel und seine Armatur in bestem Zustand sich befinden (undichte Siederohre, abgerissene Siederohre u.s.w. dürfen nicht belassen werden). Funkenfangvorrichtungen und Aschkasten sind wirksam zu erhalten, damit Brände durch Funkenflug vermieden werden. Die Sandstreuvorrichtungen müssen gangbar sein. Die Signal- und Beleuchtungsmittel an Lokomotive und Tender sowie die Werkzeuge, mit denen jede Lokomotive ausgerüstet sein muß (Tenderausrüstungsgegenstände), sind in vorgeschriebener Stückzahl stets gebrauchsfähig zu erhalten.
Zur Vornahme dieser Ausbesserungen geringeren Umfangs sind in der Regel den Heizhäusern kleinere Werkstätten angegliedert.
Zu Beginn des Eisenbahnbetriebs war es üblich, den Lokomotivführer während der Zeit der Hauptreparatur seiner Lokomotive hierbei auch als Schlosser und Monteur in der Werkstätte zu verwenden. Es hat sich jedoch diese Art der Dienstleistung nicht bewährt, so daß die Lokomotivführer nur mehr zu kleineren laufenden Reparaturen an ihren Lokomotiven herangezogen werden.
Den Lokomotivmannschaften ist es ausdrücklich untersagt, eigenmächtige Änderungen an Bestandteilen der Lokomotiven und Tender, wie z.B. Verstellen der Steuerung, Überlasten der Sicherheitsventile, Verkeilen der Federwagen, Ändern der Spannung der Tragfedern u.s.w., vorzunehmen.
Ist die in gutem Zustande befindliche Lokomotive für den Dienst vorbereitet, so ist das Wasser im Kessel und Tenderkasten sowie das etwa fehlende Brennmaterial zu ergänzen. Vorratsmaterial, wie Schmier-, Beleuchtungs- und Dichtungsmaterial, Fackeln, Knallsignale u.s.w., muß im genügenden Ausmaß vorhanden sein.
Hierauf wird auf dem Rost Feuer angebrannt; hierbei muß die Entfernung der Roststäbe voneinander der vorwiegend zur Verwendung gelangenden Kohlengattung entsprechen, die Rauchkammertür, das Hilfsgebläse und der Regulator geschlossen sowie die Handbremse fest angezogen sein. Die Zylinderhähne und Aschkastenklappen sind offen zu halten, die Steuerung muß im Mittel stehen. Bei Dunkelheit muß der Wasserstandsanzeiger sowie das Kesselmanometer beleuchtet werden.
Beim Anheizen im Heizhaus soll die Lokomotive mit ihrem Rauchfang unter einem Rauchabzugrohr stehen, weil auf diese Weise ein besserer Luftzug erzielt, die Gefahr eines Brandschadens im Heizhaus sowie die Belästigung der im Schuppen beschäftigten Bediensteten durch den Rauch vermieden wird. Das Anheizen geschieht in größeren Heizhäusern durch eigene ausschließlich hierfür bestimmte Bedienstete, in kleineren durch die Mannschaft der Lokomotive selbst. Vor Ausfahrt aus dem Heizhaus ist die Lokomotive in allen Teilen zu schmieren, wobei auch darauf zu sehen ist, daß die Dochte der Schmiervorrichtungen in Ordnung sind; vor dem Schmieren ist etwa vorhandenes Wasser aus den Achs- und Stangenlagern sowie den Schmierbüchsen mittels einer Saugspritze zu entfernen. Ferner ist besonders zu beachten, ob die Wasserstands- und Probierwechsel, Speiseapparate, Sandstreu- und sonstige Vorrichtungen gut wirksam sind und ob die Verpackungen der Stopfbüchsen und die Dichtungen nicht blasen. Diese Überprüfung der Lokomotive hat rechtzeitig vor Abgang des Zuges zu erfolgen, so daß die Lokomotivmannschaft kleinere Nacharbeiten an der Lokomotive entweder noch selbst besorgen oder durch die Bediensteten des Heizhauses machen lassen kann.
Während der Fahrt an den Zug sind unter Beobachtung der nötigen Vorsicht die Zylinderhähne zu öffnen, und ist der richtige Gang aller beweglichen Teile zu beobachten. Das Anstellen der Lokomotive an den Zug hat vorsichtig zu erfolgen. Sobald die Lokomotive an den Zug gestellt und vorschriftsmäßig durch Einhängen der Kupplung zwischen Tender und erstem Wagen des Zuges, ferner der Brems- und Dampfheizleitung, Signalleine u.s.w. angekuppelt wurde, hat die Erprobung der guten Wirkung der Bremse, Dampfheizung u.s.w. zu erfolgen. Am Zug ist ferner die Schmierung der beweglichen Teile zu ergänzen.
II. Verrichtungen der Lokomotivmannschaft während und nach der Fahrt.
a) Bezüglich der Lokomotive. Zur Ingangsetzung der Lokomotive ist die Steuerung je nach der Richtung der Fahrt auf Vor- oder Rückwärtsgang ganz auszulegen, die Bremse zu lüften und hierauf der Regulator langsam zu öffnen.
Beim Anfahren mit 2 Lokomotiven an der Spitze des Zuges darf auf der zweiten Lokomotive erst dann Dampf gegeben werden, wenn die vordere Lokomotive schon angezogen hat. Bei Verwendung von Nachschiebelokomotiven ist zuerst die Nachschiebelokomotive langsam in Gang zu setzen und sobald der Führer der Zuglokomotive dies aus der Bewegung des Zuges bemerkt, auch die Zuglokomotive in Bewegung zu bringen. Zur Beseitigung des in den Dampfzylindern angesammelten Wassers sind die Zylinderhähne zu öffnen, um Wasserschläge zu verhindern, die leicht ein Verbiegen der Kolbenstange oder andere Beschädigungen (Bruch der Zylinderdeckel) zur Folge haben können.
Während der Fahrt sind die Feuerung, die Wasserspeisung des Kessels und während der Zugsaufenthalte die Schmierung der Lokomotive mit der größten Aufmerksamkeit zu besorgen, soweit nicht selbsttätige Schmiervorrichtungen, als Lubrikatoren, Schmierpumpen u. dgl., die während der Fahrt beobachtet werden können, vorhanden sind. Beim Nachfeuern ist auf die richtige Verteilung des Brennstoffs auf der Rostfläche zu sehen; freie Stellen am Rost sind zu decken und die Heiztür nicht länger als nötig offen zu lassen, um das Einströmen kalter Luft und deren schädliche Einwirkung auf die Feuerrohrwand zu vermeiden. Bei Verwendung von Brennstoff, der leicht mitgerissen wird, oder bei erhöhter Blasrohrwirkung ist von Zeit zu Zeit Wasser in die Rauchkammer zu spritzen und der Brennstoff am Tender zu benässen. Während der trockenen Jahreszeit ist zur Verhütung von Bränden der Funkenflug der Lokomotiven möglichst hintanzuhalten. Die Rauchverzehrungsapparate sind zweckentsprechend zu betätigen. Im übrigen ist auch durch sachgemäße Beschickung des Rostes, besonders in verbauten Stadtteilen auf eine Herabminderung der Rauchentwicklung hinzuwirken. Bei Einfahrt in Stationen und Fahrt durch diese ist die Feuerbedienung zu unterlassen. Um den Dampf- und daher auch den Brennstoffverbrauch möglichst herabzumindern, ist die Dehnung des Dampfes auszunutzen und der Regulator stets genügend weit offen zu halten. Es ist unzulässig, eine höhere, als die für den betreffenden Lokomotivkessel festgesetzte Dampfspannung anzuwenden. Die Dampfspannung soll möglichst gleichmäßig erhalten werden und dort, wo die Herabminderung der Dampfspannung erfolgen soll, muß dies allmählich geschehen.
Der Wasserstand im Kessel soll der jeweiligen Neigung der Bahnlinie entsprechen; auf ebenen Strecken ist das Wasser in der Regel bis zur Höhe des mittleren Probierhahns zu halten, doch darf das Wasser niemals bis unter die Marke des tiefsten Wasserstandes sinken; es muß daher beim Öffnen des unteren Probierhahns stets Wasser ausströmen. Bei Beurteilung des Wasserstandes ist auch auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß dieser bei geöffnetem Regulator infolge der im Wasser bei offenem Regulator entstehenden Dampfperlen höher erscheint, als er tatsächlich ist.
Die Wasserspeisung hat derart zu erfolgen, daß nicht durch das Einführen einer allzugroßen Menge kalten Wassers eine zu beträchtliche Abkühlung des Kessels eintritt. Die Speiseapparate (vgl. Dampfstrahlpumpen Bd. III, S. 248) sind abwechselnd zu benutzen. Vor Übergang von einer Steigung in ein bedeutendes Gefälle oder umgekehrt ist der Wasserstand im Bedarfsfall durch Betätigung beider Speiseapparate so hoch zu halten, daß eine Unterschreitung des für die zu befahrende Neigung besonders bezeichneten tiefsten Wasserstandes und damit auch das Bloßlegen der Feuerbüchsdecke sicher vermieden wird. Hierbei ist das rasche Abkühlen der Rohre durch entsprechende Feuerbehandlung hintanzuhalten. Von der Sandstreuvorrichtung ist zur Vermeidung des Gleitens der Räder, namentlich bei ungünstigen Witterungsverhältnissen bei Gefahr des Räderschleifens, öfter Gebrauch zu machen. Für trockenen Sand ist schon vor Abfahrt aus dem Heizhause durch Einfüllen von geröstetem Sand in die Sandkästen zu sorgen. Der Sand soll rein sein und möglichst wenig erdige oder lehmige Beimischungen enthalten. Statt Sand kann auch feine Schlacke (so z.B. Kupferschlacke) verwendet werden; vgl. Sandstreuvorrichtungen. Beim Befahren der Wechsel sind die Sandstreuer nicht zu betätigen.
Nächst den Bahnsteigen sind die Speiseapparate behutsam zu verwenden; das Abblasen der Sicherheitsventile ist zu vermeiden und das Nachfeuern in gedeckten Hallen auf das geringste Maß zu beschränken.
Muß der Zug wegen eines an der Lokomotive oder am Tender eingetretenen Gebrechens angehalten werden, so ist dieses auf die schnellste Weise zu beheben und die Lokomotive zur Fortschaffung des Zuges oder eines Teiles desselben, bzw. zur Leerfahrt bis zur nächsten Station geeignet zu machen. In den Dienstvorschriften für die Lokomotivmannschaften sind in der Regel Anleitungen zur sachlichen Abhilfe enthalten, doch lassen sich nicht für sämtliche Fälle bündige Verhaltungsmaßregeln vorschreiben, es muß vielmehr dem richtigen Verständnis und der Erfahrung des Lokomotivführers überlassen bleiben, jeweilig geeignete Maßnahmen zu treffen. Kann das Gebrechen an Ort und Stelle überhaupt nicht oder voraussichtlich nicht in jener Zeit behoben werden, innerhalb der eine Hilfslokomotive zur Stelle sein kann, so ist eine solche zu verlangen (vgl. Art. Hilfslokomotiven, Bd. VI, S. 192).
Beim Anhalten der Lokomotive hat als Regel zu gelten, daß der Regulator nicht plötzlich, sondern nach und nach zu schließen ist, damit heftige Stöße im Zuge vermieden werden. Nur in Notfällen und wenn für die Weiterfahrt Gefahr vorhanden wäre, muß der Regulator rasch geschlossen werden und ist nur in diesem Falle die Anwendung von Gegendampf, jedoch auch dann mit der nötigen Vorsicht, gestattet.
Bei längeren Aufenthalten und so oft der Lokomotivführer den Führerstand verläßt, ist die Steuerung auf die Mitte zu stellen, die Handbremse anzuziehen und sind die Zylinderhähne zu öffnen.
Die Aufenthalte in Zwischenstationen müssen nach Möglichkeit zur Schmierung der beweglichen Bestandteile der Lokomotive und zu ihrer Untersuchung bezüglich des guten und sicheren Ganges ausgenutzt werden. In Wasserstationen, die in der Regel auch mit Putzgruben versehen und häufig auch Kohlenabfaßstationen sind, müssen der Rost, Aschkasten und Rauchkasten von den Verbrennungsrückständen gereinigt, das Feuer gerichtet, und der Tender nach Erfordernis mit Wasser und Kohle ausgerüstet werden.
Im allgemeinen soll bei Annäherung an die Bestimmungsstation die Feuerung ermäßigt, der Wasserstand hochgehalten und der Rost mit Brennstoff bedeckt werden.
Im Falle baldiger Wiederverwendung der Lokomotive ist die Feuerung bei möglichst hohem Wasserstande mäßig zu unterhalten, und muß die Dampfspannung entsprechend vermindert werden.
Ist nach Vollendung einer Fahrt der Lokomotive bis zum Beginn ihrer nächsten Fahrt ein längerer Zeitraum festgesetzt, so ist das Nachfeuern zu unterlassen und die Lokomotive nach Reinigung des Rauch- und Aschkastens sowie nach vorgenommener Ausrüstung des Tenders, wenn nötig, auf der Drehscheibe zu drehen und ins Heizhaus einzustellen.
Der Lokomotivführer hat die Lokomotive noch zu untersuchen und über die erforderlichen Reparaturen Meldung zu erstatten, die zumeist in ein für diesen Zweck bestimmtes Meldebuch einzutragen ist. Nebst der Meldung über den Zustand der Lokomotive hat der Lokomotivführer nach Beendigung der Fahrt auch über alle Vorkommnisse während dieser, die die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs gestört oder nur bedroht haben, wie auch über sonstige besondere Ereignisse Meldung zu erstatten, die gleichfalls in ein in der Betriebskanzlei aufliegendes Buch einzutragen sind. In Österreich ist auch die anstandslos verlaufene Fahrt als solche zu melden.
b) Bezüglich des Verkehrs der Züge. Sobald die Lokomotivmannschaft mit der Lokomotive die Heizhausgleise verläßt, hat sie in bezug auf den Verkehrsdienst den Anordnungen des diensthabenden Verkehrsbeamten Folge zu leisten.
Fahrten außerhalb des Heizhausbereiches sollen nur in Begleitung eines Stationsbediensteten (Verschiebers) vorgenommen werden.
Das Anfahren an den Zug hat unter genauer Beachtung aller Signale und mit der gebotenen Vorsicht zu geschehen. Der Lokomotivführer wird vor der Abfahrt durch den Diensthabenden oder den Zugführer von der Bruttobelastung und Achsenanzahl des Zuges verständigt. Wenn der Zug eine größere als die nach der Fahrordnung zulässige Normalbelastung erhalten soll, hat dies im Einvernehmen mit dem Lokomotivführer, welch letzterer dann die Verantwortung für die Einhaltung der Fahrzeit trägt, zu geschehen.
Sollten Witterungsverhältnisse oder der Zustand der Lokomotive die Einhaltung der regelmäßigen Fahrzeit mit der vorgeschriebenen Belastung nicht gestatten, so kann der Lokomotivführer die Beigabe einer zweiten Lokomotive oder aber eine gewisse Herabminderung der vorgeschriebenen Belastung ansprechen.
Vor der Abfahrt aus der Zugausgangsstation ist die Uhr des Lokomotivführers mit jener des Zugführers bzw. des Verkehrsdiensthabenden zu vergleichen, ebenso in der ersten Station, in der der Zug nach dem Mittagsuhrenzeichen hält. Der Lokomotivführer wird vom Verkehr außergewöhnlicher Züge, sowie bei Ausfall gewöhnlicher Züge in den Dispositions- oder Zugausgangsstationen, gegebenenfalls auch in Stationen, wo ein Lokomotiv- oder Personalwechsel stattfindet, schriftlich gegen Bestätigung in Kenntnis gesetzt.
In Österreich hat auch der Lokomotivführer das anstandslose Funktionieren des Geschwindigkeitsmessers dem Diensthabenden der Ausgangsstation zu melden, der diese Meldung im Stundenpaß (Fahrbericht) einträgt; ebenso die Übereinstimmung der Uhren.
Die Abfahrt darf erst über gegebenes Signal des Zugführers erfolgen und muß die Ausfahrt aus der Station mit Rücksicht auf das Befahren der Wechsel, namentlich in großen Stationen, mit besonderer Vorsicht geschehen; überhaupt ist bei Durchfahren der Stationen die größte Aufmerksamkeit darauf zu richten, ob die Wechsel, die der Zug zu befahren hat, richtig gestellt sind.
Der Lokomotivführer ist für die genaue Einhaltung der in der Fahrordnung vorgeschriebenen Fahrzeiten verantwortlich und darf daher weder ungerechtfertigte Verspätungen machen, noch zu früh in den Stationen eintreffen.
Die Fahrt hat möglichst gleichmäßig, entsprechend der für die einzelnen Züge von Station zu Station vorgeschriebenen Fahrzeiten zu erfolgen. Der Lokomotivführer hat zu diesem Zweck die Angaben des Fahrgeschwindigkeitsmessers zu beobachten und hiernach den Gang des Zuges zu regeln (s. Fahrgeschwindigkeitsmesser). Außer der regelmäßigen Fahrzeit ist in den Fahrordnungsbehelfen auch noch eine kürzeste Fahrzeit vorgesehen, die in Verspätungsfällen dann anzuwenden ist, wenn es der Zustand der Bahn und der Fahrbetriebsmittel gestattet. Für die einzelnen Lokomotivgattungen sind die Geschwindigkeitsgrenzen festgesetzt und fast in allen Staaten auf dem Führerstande der Lokomotive innen angeschrieben. Es ist darunter jene größte Geschwindigkeit zu verstehen, die für die betreffende Lokomotive mit Rücksicht auf ihre Bauart zulässig ist.
Mit dieser Geschwindigkeit darf aber nur dann gefahren werden, wenn sie gleichzeitig auch die für den betreffenden Zug vorgeschriebene höchste zulässige Geschwindigkeit ist. Sollte ausnahmsweise z.B. bei Hilfsfahrten eine Lokomotive einen Zug zu befördern haben, dessen regelmäßige Fahrgeschwindigkeit größer ist als die Geschwindigkeitsgrenze der betreffenden Lokomotive, so hat der Lokomotivführer entsprechend verlängerte Fahrzeiten anzuwenden.
Im allgemeinen sind dem Lokomotivführer bezüglich der einzuhaltenden Geschwindigkeiten bei den Zügen, bei Leerfahrten, Verschiebungen u.s.w. bestimmte Vorschriften gegeben, die im wesentlichen folgendes betreffen: die größte zulässige Geschwindigkeit der Züge überhaupt; die Ermäßigung der Geschwindigkeit der mit durchgehenden Bremsen versehenen Züge bei Annäherung an Kopfstationen; die Regelung der Geschwindigkeit bei Zügen, denen nachgeschoben wird, beim Befahren der Wechsel, bei Fahrten mit Schneepflügen (sowohl mit an der Lokomotive selbst angebrachten, als auch mit solchen, die auf eigenen Rädern laufen), beim Verschieben, auf starken Gefällen sowie beim Befahren von Bahnkreuzungen in Schienenhöhe; die Verringerung der Geschwindigkeit bei Zügen, wenn der Tender der Lokomotive vorausgeht oder wenn die Lokomotive sich nicht an der Spitze des Zuges befindet u.s.w. Hinsichtlich des Befahrens von Bahnstrecken oder Objekten, die besondere Vorsicht erfordern, werden fallweise bestimmte Weisungen erteilt, die dem Lokomotivführer schriftlich bekanntgegeben werden und deren Kenntnis er zu bestätigen hat.
Der Lokomotivführer soll seine Aufmerksamkeit möglichst auf die zu befahrende Strecke richten, um in jedem Augenblick bei Eintritt eines unvorhergesehenen Ereignisses den Zug anhalten zu können.
Der Zug muß auf der Strecke angehalten werden: bei Wahrnehmung von Umständen, die die Sicherheit der im Zug befindlichen Personen, Güter, oder jene der allenfalls auf der Bahn befindlichen Tiere, Fuhrwerke u.s.w. gefährden können; auf einer doppel- oder mehrgleisigen Strecke, wenn ein für die Befahrung des anderen Gleises bedrohlicher Umstand wahrgenommen wird, damit durch den Zugführer das Nötige veranlaßt werden kann; bei Schnell- und Personenzügen im Falle der Betätigung der Notbremse und schließlich, wenn der Lokomotivführer durch irgend einen Umstand zur weiteren Führung bzw. Bedienung der Lokomotive dienstuntauglich wird.
In Österreich hat in diesem Falle der Lokomotivheizer die Lokomotive zum Stillstand zu bringen und den Zugführer zu verständigen, der die Beistellung einer Hilfslokomotive zu verlangen hat. Zu diesem Zweck ist jeder Heizer vor seiner Indienststellung als Heizer zu prüfen, ob er die hierzu nötigen Handgriffe in rascher und verläßlicher Weise bedienen kann.
Ist der Heizer als Lokomotivführer geprüft und streckenkundig, so kann er nötigenfalls an Stelle des Lokomotivführers unter anderweitiger Besetzung des Heizerpostens die weitere Führung der Lokomotive unter eigener Verantwortung übernehmen.
Ist der Heizer jedoch nur zur selbständigen Bedienung des Kessels berechtigt, so ist die Lokomotive bis zur Ankunft eines Lokomotivführers in Dampf zu erhalten. Trifft keine dieser Voraussetzungen zu, so hat er das Nachfeuern einzustellen, die Aschkastenklappe zu schließen, den Kessel mit Wasser anzuspeisen, das Feuer durchzustoßen und den Dampf abzulassen.
Bei Annäherung des Zuges an eine Station hat der Lokomotivführer seine Aufmerksamkeit auf etwaige Langsamfahr- oder Haltesignale zu richten und, falls er eine Station ohne Aufenthalt zu durchfahren hat, auch darauf, ob ihm etwa in- der Station selbst Signale gegeben oder von dort aus dem Zuge nachgesendet werden. Bei Beobachtung der Strecke und der Signale wird der Lokomotivführer auch vom Heizer unterstützt, was insbesondere für die auf der Heizerseite gelegenen Signale zu gelten hat.
III. Leerfahrten, Vorspanndienst, Schiebedienst, Schneepflugfahrten, Verschieben und Bereitschaft, Umdrehen und Umstellen der Lokomotiven.
Bei allein verkehrenden Lokomotiven (Leerfahrten), denen keine Zugbegleiter beigegeben werden, hat der Lokomotivführer auch die Pflichten des Zugführers zu übernehmen und alle Sicherheitsmaßregeln, die für die Züge gelten, anzuwenden. Er hat in diesem Falle auch den Stundenpaß (Fahrbericht) zu führen.
Der Lokomotivführer muß demnach die einschlägigen Verkehrsvorschriften genau kennen, um diese gegebenenfalls richtig anwenden und ausführen zu können.
Die Lokomotivmannschaft wird deshalb mit Dienstbüchern, die die Bestimmungen der Verkehrsvorschriften enthalten, beteilt, oder es werden diese Vorschriften der Instruktion für Lokomotivführer und Heizer angefügt.
In der Regel werden die Züge nur mit einer Lokomotive geführt, die sich an der Spitze des Zuges befindet. Falls die Zugkraft einer Lokomotive nicht ausreicht, was besonders bei großen Steigungen in Bergstrecken der Fall ist, wird eine zweite Lokomotive beigegeben.
Wird diese zweite Lokomotive an die Spitze gestellt (Vorspannlokomotive), so ist der Dienst durch besondere Vorschriften geregelt, in denen unter anderm die Bestimmung enthalten ist, daß die Beobachtung der Strecke, die Regelung des Ganges des Zuges sowie die Abgabe der Pfeifensignale in erster Linie dem Lokomotivführer der Vorspannlokomotive obliegt, während sich der Lokomotivführer der zweiten Lokomotive (Zuglokomotive) der Vorspannlokomotive anzupassen hat. Nur beim Anhalten des Zuges muß zuerst der Lokomotivführer der Zuglokomotive die erforderlichen Anstalten, wie Dampfabsperren u.s.w., treffen.
Wird eine zweite oder dritte Lokomotive jedoch rückwärts an den Zug gekuppelt oder nicht gekuppelt gestellt (Schiebelokomotive), so bestehen auch hier eigene Bestimmungen hinsichtlich der größten zulässigen Geschwindigkeit und des Vorganges beim Ingangsetzen und Anhalten des Zuges, sowie hinsichtlich des Zurückbleibens etwa nicht an den Zug gekuppelter Schiebelokomotiven an jenen Stellen der Bahnstrecke, wo der Schiebedienst zu beenden ist.
Bei Vorspann- und Schiebedienst ist auf die höchstzulässige Inanspruchnahme der Zugvorrichtungen Rücksicht zu nehmen, was jedoch durch die Festsetzung der Höchstbelastung für die betreffende Lokomotive, Strecke und Züge in den Dienstfahrordnungen zumeist von vornherein geschieht.
Schneepflugfahrten werden je nach örtlichen oft ganz verschiedenen Umständen mit fahrbaren auf eigenen Rädern laufenden Schneepflügen oder mit eigenen Fahrzeugen (Schneebeseitigungsmaschinen) vorgenommen, die die Schneelage entweder durchschneiden und beiseite legen oder durch Kreiselbewegung fortschleudern. Bei Schneefällen geringeren Umfanges genügen in der Regel die an der Lokomotive über Schienenhöhe angebrachten Schneepflugbleche oder die über die ganze Bahnbreite reichenden Schneepflüge (fixe Schneepflüge, vgl. Art. Schneepflüge).
Der Verschiebedienst, das ist das Rangieren von einzelnen Wagen, Wagengruppen oder ganzen Zügen behufs Zusammenstellung der Züge, Teilung der Züge zum Zweck der Umstellung einzelner Wagen, Abstellung von Wagen auf Neben-, Lade- oder Werkstättengleise soll stets nach Anordnung und unter Aufsicht eines Stationsbeamten oder Aufsichtsbediensteten (Verschubleiters) ausgeführt werden.
Die Fahrgeschwindigkeit beim Rangieren ist in Österreich im allgemeinen nicht begrenzt, doch muß die Verschiebung mit Vorsicht und Geschicklichkeit derart ausgeführt werden, daß weder die Sicherheit des Verkehrs, noch die persönliche Sicherheit der Bediensteten oder anderer Personen gefährdet wird.
Das Abstoßen von Wagen hat immer mit der größten Vorsicht zu geschehen und unter gewissen Verhältnissen ganz zu unterbleiben. Das Verschieben mit vorlaufender Lokomotive (englischer Verschub, Kunstfahrten, Abziehen der Wagen), wobei das Abkuppeln während der Fahrt erfolgt, ist im allgemeinen untersagt. Besondere Vorsicht beim Verschieben ist auch bei jenen Wagen anzuwenden, die durch Beklebezettel in dieser Hinsicht kenntlich gemacht sind (Gebrechen an Zug-, Stoßapparaten, Rädern u.s.w. oder aber, wo dies durch die Art der Wagenladung bedingt ist, Explosivgüter u. dgl.).
Zur Beschleunigung der Zusammenstellung der Züge wird auf eigenen Anlagen (Abrollanlagen) unter Zuhilfenahme verschieden stark geneigter Gleise (Rollberge) das Abrollen der Wagen auf die betreffenden Aufstellgleise bewirkt (s. Ablaufberge, Bd. I).
Der Bereitschaftsdienst (Reservedienst) besteht darin, daß in Stationen bzw. vor schwierigeren Steigungsstrecken Lokomotiven zur Übernahme unvorhergesehener Dienstleistungen bereit stehen. Hierzu ist es notwendig, daß die Lokomotive stets genügend ausgerüstet und in einem Zustande erhalten wird, der es möglich macht, in kürzester Zeit einen Zug zu übernehmen bzw. diesem Vorspann- oder Schiebedienst zu leisten oder eine Hilfsfahrt anzutreten.
Diese Lokomotiven werden häufig auch für den Rangierdienst herangezogen und unter Umständen für andere Nebendienste (Wasserschöpfen, Desinfektion u.s.w.) verwendet.
Vor Drehscheiben oder Schiebebühnen, auf denen die Lokomotive gewendet oder verschoben werden soll, hat sich der Lokomotivführer von der richtigen und gesicherten Stellung dieser Objekte zu überzeugen. Steht die Lokomotive auf der Drehscheibe, bzw. Schiebebühne, so hat der Lokomotivführer die Steuerung auf das Mittel zu stellen, die Lokomotiv- und Tenderbremse fest anzuziehen und die Zylinderhähne zu öffnen. Während des Umdrehens der Lokomotive bzw. des Verschiebens auf der Schiebebühne darf weder Führer noch Heizer seinen Platz auf der Lokomotive verlassen.
IV. Besetzung der Lokomotiven.
Rücksichtlich der Besetzung der Lokomotiven mit Personal ist zu unterscheiden, ob bei einer bestimmten Lokomotive immer ein und dieselbe Mannschaft den Dienst versieht (einfache Besetzung) oder ob die Lokomotive mit wechselndem Personal besetzt wird. Die wechselnde Besetzung kann eine doppelte und auch eine mehrfache sein, wobei fortwährend 2, bzw. mehrere bestimmte Bemannungen in der Dienstleistung bei einer Lokomotive abwechseln, oder eine Gruppenbesetzung, wobei die Dienstleistung abwechselnd, durch eine Anzahl von Bemannungen versehen wird, die kleiner ist als die Anzahl der von diesen Bemannungen zu bedienenden Lokomotiven (amerikanisches System).
Bei den europäischen Bahnen werden die Lokomotiven zumeist entweder einfach oder doppelt und nur zur Zeit des großen Verkehrs oder bei Maschinenmangel mehrfach besetzt. Die Gruppenbesetzung steht bei vielen amerikanischen, jedoch nur bei wenigen europäischen Bahnen in ständiger Anwendung.
Bei einfacher Besetzung bleibt die Lokomotive so lange in Betrieb, als die Dienstleistung der Bemannung dauert; bei wechselnder Besetzung so lange, als dies mit Rücksicht auf das Auswaschen der Kessel und die Vornahme von Ausbesserungen möglich ist.
Bei wechselnder Besetzung kann die Übergabe der Lokomotive sowie die Erstattung von Meldungen durch die jeweilige Lokomotivmannschaft an den diensthabenden Zugförderungsbeamten (Maschinenmeister) erfolgen, der die Lokomotive sodann der betriebübernehmenden Mannschaft weiter zu übergeben hat, oder die zu übergebende Lokomotive wird von der ankommenden Lokomotivmannschaft unter Beisein des Zugförderungsbeamten unmittelbar an die den Dienst übernehmende Mannschaft übergeben.
Für den Zustand der Lokomotive sind bei wechselnder Besetzung stets alle Personalpartien, die auf der betreffenden Lokomotive Dienst leisten, gemeinsam verantwortlich, falls nicht beim Auftreten eines Gebrechens das Verschulden einer Lokomotivmannschaft unzweifelhaft festgestellt werden kann.
In der Regel ist jede Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer und einem Heizer besetzt, in den seltensten Fällen, wenn der Heizer infolge besonders langer Dienstdauer und der Beschaffenheit der Strecke ununterbrochen angestrengt in Anspruch genommen wird, sowie bei Minderwertigkeit des Brennstoffs (beispielsweise bei Torf- oder Holzfeuerung) wird ein zweiter Heizer zur Aushilfe beigegeben.
Unter gewissen Verhältnissen kann es bei Sekundärzügen sowie bei Zügen auf Lokal- und Industriebahnen gestattet werden, die Lokomotive nur mit dem Lokomotivführer allein (einmännige Bedienung) zu besetzen, doch darf in diesen Fällen der Lokomotivführer nicht zu sehr durch die Feuerbedienung von der Streckenbeobachtung abgelenkt werden. Die einmännige Bedienung wird daher durch Verwendung flüssiger Brennstoffe begünstigt (vgl. Heizölfeuerungen, Bd. V). Bei dieser Betriebsart ist es erforderlich, daß ein Zugbegleiter auf die Lokomotive gelangen und den Zug zum Stillstande bringen kann und ist daher stets eine Verbindungsbrücke zwischen dem Dienstwagen und der Lokomotive vorzusehen.
V. Lokomotivmannschaft.
a) Befähigung, Ausbildung, Prüfung. Da von der sorgfältigen und gewissenhaften Ausführung des L. die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs in erster Linie abhängig sind, ist dieser Dienst seitens der Eisenbahnverwaltungen genauestens geregelt, und wird auch bei der Aufnahme der Lokomotivmannschaft mit besonderer Strenge vorgegangen. Außer einer kräftigen, gesunden Körperbeschaffenheit, ausgezeichneten Sinnesorganen und einer allgemeinen Vorbildung muß die Lokomotivmannschaft noch entsprechende Charaktereigenschaften, wie: Geistesgegenwart, Pflichttreue, Wachsamkeit, Mut und Nüchternheit besitzen. Zunächst wird der Anfänger in den Verrichtungen des Heizers eingeschult und erst dann, wenn er im stände ist, die Feuerung und Schmierung der Lokomotive, ferner das Anhalten zu besorgen, wird er zur selbständigen Dienstleistung als Heizer herangezogen. Bis dahin muß er sich auch die genaue Kenntnis der Signalvorschriften angeeignet haben.
Zur selbständigen Führung einer Lokomotive ist der Lokomotivheizer erst dann berechtigt, wenn er sowohl die gesetzlich vorgeschriebene als auch die etwa besondere amtliche Prüfung abgelegt hat. Zur Lokomotivführerprüfung werden in der Regel nur jene Heizer zugelassen, die das Staatsbürgerrecht besitzen, der Heerespflicht Genüge geleistet haben, im Alter zwischen dem 18. und 32. Jahre stehen, ein ehrenhaftes Vorleben aufweisen und bei denen ferner auf Grund bahnärztlicher Untersuchung eine kräftige Körperbeschaffenheit nachgewiesen wird. (Die ärztliche Untersuchung wird auch später, nach bestimmten Zeiträumen, bei der gesamten Lokomotivmannschaft [insbesondere hinsichtlich der Sehkraft] wiederholt.) Weiter wird eine genaue Kenntnis der Bauart der Lokomotive sowie aller Bedingungen für deren guten Gang und deren verläßliche Instandhaltung gefordert.
Zur Ablegung der Lokomotivführerprüfung werden vielfach, so beispielsweise in Österreich, nur jene Bediensteten zugelassen, die eine längere Zeit in einer Lokomotivfabrik, in der Lokomotivmontierung einer Eisenbahnwerkstätte oder in einem größeren Heizhaus als Schlosser gearbeitet haben, entsprechend lang als Heizer in Verwendung standen und vermöge ihrer allgemeinen Vorbildung die Bewältigung der späteren Obliegenheiten erwarten lassen.
Hat der Bedienstete die Lokomotivführerprüfung abgelegt, so wird er längere Zeit als Lokomotivführer bei Nebendienstleistungen beschäftigt und erst, wenn er die volle Verwendbarkeit als Lokomotivführer nachgewiesen hat, dauernd zur selbständigen Führung der Lokomotive verwendet.
In Deutschland sind nach den Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Juli 1892) für die selbständige Ausübung des Dienstes eines Lokomotivführers nachstehende besondere Bedingungen zu erfüllen:
Kenntnis der einfachen physikalischen Gesetze, namentlich über den Wasserdampf und dessen Wirkungen, der Eigenschaften und Behandlung der beim Maschinenbau zur Verwendung kommenden Materialien, der Lokomotive und ihrer einzelnen Teile, sowie ihrer Behandlung während der Fahrt und im kalten Zustande. Ferner die Kenntnis der Einrichtung und Handhabung der durchgehenden Bremsen, der Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands sowie der einschlägigen Vorschriften der anderen Eisenbahndienstzweige in dem für den Lokomotivführer notwendigen Umfang. Der Anwärter muß auch die Fähigkeit haben, einen Vorgang aus dem Dienstkreis des Lokomotivführers schriftlich in angemessener Form darzustellen und in den 4 Rechnungsgrundarten sowie mit gewöhnlichen und Dezimalbrüchen rechnen können. Schließlich muß er streckenkundig sein und eine einjährige Beschäftigung als Handwerker in einer mechanischen Werkstatt und eine einjährige Lehrzeit im L. nachweisen können.
In bezug auf Techniker, die sich dem höheren Maschinenfach widmen, bleibt die Festsetzung dieser Zeiträume den einzelnen Landesregierungen vorbehalten.
In Österreich dürfen nach der Verordnung des Handelsministeriums vom 15. Juli 1891 (RGB. Nr. 108) zur Bedienung und Überwachung von Dampfkesseln und zur Wartung von Lokomotiven nur solche Personen zugelassen werden, die das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben, einen nüchternen und verläßlichen Charakter besitzen, die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten sich angeeignet und ihre Befähigung durch Ablegung einer Prüfung nachgewiesen haben. Eine Ausnahme ist nur mangels qualifizierter Wärter während eines Krieges zulässig, doch müssen solche Personen für diese Dienstverrichtungen vollkommen geeignet sein und unverzüglich der Überwachungsbehörde namhaft gemacht werden. Anwärter, die eine entsprechende Vorbildung nicht durch Zeugnisse nachweisen können, haben sich einer Prüfung, die ungefähr den für Deutschland geltenden Bedingungen entspricht, zu unterziehen.
Bei den französischen Bahnen kann nach der Verordnung vom 15. November 1846 nur der als Lokomotivführer angestellt werden, der seine Eignung durch Beibringung eines Zertifikats, dessen Form vom Minister für öffentliche Arbeiten vorgeschrieben ist, nachweisen kann.
In den Niederlanden wird nach dem Gesetz vom 26. Mai 1890 nur der zum Lokomotivführer ernannt, der mindestens ein Jahr in einer Maschinenwerkstätte beschäftigt gewesen ist und nach einjähriger Lehrzeit als Lokomotivführerlehrling oder Heizer durch Ablegung einer Prüfung und Probefahrt einen Beweis seiner Fähigkeit und Kenntnis der einschlägigen Gesetze und Vorschriften erbracht hat. Die Direktion der Bahnverwaltung bescheinigt dem Lokomotivführer die Erfüllung vorstehender Bestimmungen und ist dieser verpflichtet, diese Bescheinigung dem mit der Aufsicht über die Eisenbahn betrauten Beamten über Verlangen vorzuweisen.
In der Schweiz wird als Bedingung zur Aufnahme in den Fahrdienst nach dem Dienstreglement für Lokomotivführer und Heizer nebst körperlicher Tauglichkeit genügende Schulbildung und Unbescholtenheit verlangt; vom Lokomotivheizer außerdem ein Alter von mindestens 20–30 Jahren, eine mindestens einjährige Verwendung als Arbeiter in einem Lokomotivdepot, einer Lokomotivwerkstätte und Lokomotivfabrik, die Fähigkeit, den Zug anzuhalten, falls dem Lokomotivführer ein Unfall zustoßen sollte, Kenntnis der Zusammensetzung der Lokomotive und Kenntnis der Dienstvorschriften; vom Lokomotivführer ein Alter von mindestens 23 Jahren, Ausbildung im Schlosserhandwerk, auch als Schmied oder Kupferschmied und nebst den für den Lokomotivheizer vorgeschriebenen noch besondere, durch eine Prüfung bei einem Oberbeamten nachzuweisende Fähigkeiten zur Erstattung schriftlicher Meldungen und Kenntnisse über die Behandlung der Lokomotive, die Bearbeitung der im Maschinenbau zur Verwendung kommenden Materialien, Verhältnisse der zu befahrenden Strecken u.s.w. Ohne diese, durch ein Zeugnis einer schweizerischen Eisenbahnverwaltung bescheinigte Eignung darf in der Regel niemand zur selbständigen Führung von Lokomotiven verwendet werden.
b) Dienstzeit. Bei Regelung der Dienststunden des Maschinenpersonales ist vorzugsweise darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Mannschaft nicht übermäßig lang und über ihre Kräfte Dienst zu machen habe, daß die Verschiedenartigkeit des Dienstes bei Schnell-, Personen- und Güterzügen berücksichtigt werde, und daß die Ruhepausen dem vorausgegangenen Dienst entsprechend, ausreichend bemessen und tunlichst so gelegt werden, daß sie nach Rückkehr der Lokomotivmannschaft in ihrer Domizilstation genossen werden können.
Es ist zweckmäßig, die Dienstzeit durch einen für jede Fahrplanperiode neu zu erstellenden Turnus (Diensteinteilung für die Lokomotivpersonale), der entsprechend den einzelnen Zuggattungen und Strecken in Turnusgruppen zerfällt, zu regeln. Dieser Einteilung wird gewöhnlich eine Höchstanzahl von Dienststunden im Monat, die Höchstdauer einer ununterbrochenen Dienstleistung sowie Bestimmungen über die Länge der Ruhepausen, der Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten, meist getrennt nach Haupt- und Lokalbahnen zu gründe gelegt. (Vgl. Dienst- und Ruhezeit, ferner Zugförderungsdienst.)
Die ununterbrochene Anwesenheit der Mannschaft auf einer vor dem Zuge befindlichen Lokomotive soll im allgemeinen 12 Stunden, einschließlich der Aufenthalte in den Stationen, nicht übersteigen.
c) Bezüge. Die Bezüge der Lokomotivmannschaft bestehen in festen und veränderlichen Bezügen.
Zu den ersteren gehören die Gehalte und Wohnungsgelder, zu den veränderlichen die Fahrgelder (Fahrdienstgebühren), die Prämien (s.d.) für Ersparungen an Brennstoff, Schmier-, Dichtungs-, und Beleuchtungsmaterialien, Prämien für gute Instandhaltung der Lokomotiven, sowie öfters auch sog. Regelmäßigkeitsprämien (für das Einbringen von Zugverspätungen in einzelnen Staaten eingeführt).
d) Dienstvorschriften. Mit Rücksicht auf die Mannigfaltigkeit der Anforderungen und Verrichtungen des L. und dessen hervorragende Wichtigkeit werden seitens der Bahnverwaltungen für die Durchführung dieses Dienstzweiges be sondere Vorschriften (Instruktionen) aufgestellt, die z. T. auf die Bestimmungen des einschlägigen gesetzlichen und behördlichen Erlässe beruhen. (In Deutschland auf den Bestimmungen der Betriebsordnung für Hauptbahnen und Bahnordnung für Nebeneisenbahnen, in Österreich auf den Grundzügen der Verkehrsvorschriften, in Frankreich auf dem Ges. vom 15. Juli 1845 und der Ordonnance vom 15. November 1846 u.s.w.)
In einzelnen Fällen werden im Interesse der Einheitlichkeit des Betriebsdienstes diese Vorschriften auch mit Geltung für sämtliche Eisenbahnen eines Landes aufgestellt.
Lokomotivführer und Heizer müssen außer mit diesen Vorschriften noch mit Signal- und einschlägigen Vorschriften der anderen Dienstzweige vertraut sein und diese während der Fahrt mit sich führen. Aus allen diesen Vorschriften wird die Lokomotivmannschaft wieder kehrend geprüft.
Melnitzky.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.