- Spanische Eisenbahnen
Spanische Eisenbahnen (mit Karte, Taf. II.).
Inhaltsübersicht: 1. Geschichte. a) Bis 1876. b) Die neuere Zeit. c) Der gegenwärtige Zustand. – 2. Bau. – 3. Betriebsmittel. – 4. Betrieb. – 5. Verkehr und Tarifwesen. – 6. Nebenbahnen. – 7. Aufsichts- und Verwaltungsbehörden.
1. Geschichte.
a) Bis 1876.
Der im Mittelalter so blühende Handel und Verkehr Spaniens war im Lauf der Jahrhunderte immer mehr zurückgegangen. Besonders das von jeher arg vernachlässigte Straßenwesen entsprach in keiner Weise den Bedürfnissen des Verkehrs. Erst unter Carl XIII. wurden etwa 2000 km Landstraßen gebaut, im übrigen gab es nur für Reiter und Viehherden zugängliche Saumpfade und Wege.
Mit dem Aufschwung des Eisenbahnwesens schien auch für Spanien eine bessere Zeit anbrechen zu wollen. Die erste Konzession wurde schon 1830 erteilt, u.zw. für eine Eisenbahn von Jerez nach der Hafenstadt Santa Maria Rota nördlich von Cadiz. Allein diese Bahn kam nicht zur Ausführung. Erst gegen 1843 nach Beendigung der Bürgerkriege wurden wieder Eisenbahngenehmigungen erteilt, so für Barcelona-Mataro und für Madrid-Aranjuez. Erstere Linie wurde 1848 als erste Eisenbahn der pyrenäischen Halbinsel eröffnet. Infolge Genehmigung weiterer Eisenbahnen – Madrid-Cadiz, Avila-Léon – wurden durch königliche Verordnung vom 31. Dezember 1844 die ersten Grundsätze für Eisenbahnbewilligungen festgestellt Ein vom Generalrat der Ingenieure auf Veranlassung der Regierung erstatteter Bericht empfahl Unterstützung der Bewerber, Forderung der Vorlage vollständig ausgearbeiteter Bau- und Betriebspläne und Stellung eines Haftgeldes von 1/10 der veranschlagten Baukosten. Die Regierung trat diesem Gutachten mit der Maßgabe bei, daß vorläufige Genehmigungen jedem Bewerber erteilt werden sollten. Hierbei sollten für Vorlage des Bauplans und des Haftgeldes 12–18 Monate Frist bewilligt und es sollte den Bewerbern das Vorrecht vor anderen Bewerbern zugestanden werden. Die Folge hiervon war ein schwungvoller Handel mit Baugenehmigungen. Wenn alle damals genehmigten Eisenbahnen zur Ausführung gekommen wären, würde Spanien das dichtmaschigste Eisenbahnnetz Europas haben. Statt dessen entwickelte sich dieses recht langsam.
Es waren im Betrieb: 1848 28 km, 1855 475 km, 1860 1912 km, 1865 4823 km, 1870 5469 km, 1875 6134 km, 1880 7537 km, 1885 8933 km. Von allen in den Jahren 1845/46 genehmigten Bahnen sind, abgesehen von Barcelona-Mataro, zunächst nur die Linien Madrid-Aranjuez (eröffnet 1852), Sama de Langreo-Gijon (eröffnet 1852) und Valencia-Jativa (eröffnet 1854) ausgeführt worden.
Der Mangel eines einheitlichen, weitausblickenden Anlageplans oder vielmehr das Unterlassen einer folgerichtigen Durchführung eines solchen, ferner der Kampf der Gesellschaften untereinander trugen nicht wenig dazu bei, viele Erwartungen und berechtigte Hoffnungen zu täuschen. Auf Grund weitläufiger, jedoch ungleichwertiger Vorarbeiten wurde im Jahre 1854 der erste allgemeine Plan eines Eisenbahnnetzes veröffentlicht. Er umfaßte 7798 km Eisenbahnen mit einem Kostenvoranschlag von 1296 Mill. Pesetas1, wobei der Staat eine Beihilfe in unterschiedlicher Form, als gewöhnliche Unterstützung, rückzahlbare Vorschüsse oder Zusatzunterstützung bis zu 421/2% des Voranschlags, zu leisten sich verpflichtete.
Um dem Handel mit Baugenehmigungen entgegenzuwirken, brachte die Regierung 1848 einen Gesetzentwurf ein, der die vorläufigen Bewilligungen untersagte und den Unternehmern eine 6%ige Kapitalsverzinsung zusicherte. Zugleich ließ sie Ermittlungen über den Bau von 4 großen, von Madrid ausgehenden Bahnen anstellen nach Frankreich, Portugal, Cadiz und einem Mittelmeerhafen. Obwohl der Entwurf nicht Gesetz wurde, dienten seine Grundsätze doch als Richtschnur für die Verwaltung.
1850 erschien ein neuer Gesetzentwurf, der die Eisenbahnen in solche allgemeiner und solche örtlicher Wichtigkeit einteilte, für jede Baugenehmigung ein besonderes Gesetz verlangte und eine Zinsgewähr von höchstens 6% vorsah. Auch diese Vorlage blieb Entwurf, es wurde dann 1851 ein vorläufiges Gesetz erlassen, das 6% Zinsgewähr vorsah, aber die Unternehmer verpflichtete, der Zinsgewähr zu entsagen, wenn das endgültige Gesetz sie verweigern sollte. Die politischen Wirren verhinderten die Annahme des Gesetzes, die Regierung wandte indessen seine Bestimmungen eigenmächtig auf die Bahnen Madrid-Aranjuez und Madrid-Irun an. Einen weiteren, sich an belgisches Vorbild anlehnenden Gesetzentwurf bereitete der Minister der öffentlichen Arbeiten Reinoso vor, der aber auch nicht beraten, trotzdem jedoch von der Regierung für rechtsgültig erklärt wurde, die auf ihn gestützt mit dem bekannten Finanzmann José Salamanca zur Erbauung der Bahnen Madrid-Miranda- und Miranda-Burgos Verträge abschloß, die aber später hinfällig wurden. Gleichzeitig kaufte die Regierung die Linie Madrid-Aranjuez und baute für Rechnung des Staates die Linien Malaga-Almodovar del Rio, Soenellasnos-Cuidad Real und Sevilla-Cadiz. Der Betrieb wurde der Salamanca-Eisenbahn auf 5 Jahre verpachtet. Um sich die nötigen Mittel zu verschaffen, gab sie ferner »Aktien der Eisenbahnen und Straßen« aus und erteilte trotz des Widerspruchs des königlichen Rates weitere Baugenehmigungen mit Unterstützungen oder Zinsgewähr von 6%. Allein dieses und weiteres ungesetzliches Verhalten der Regierung regte die öffentliche Meinung in hohem Grade auf und führte wesentlich mit zur Revolution von 1854. Die neue Regierung beschäftigte sich alsbald wieder mit der Eisenbahnfrage. Zuvörderst setzte sie einen Ausschuß ein zur strengen Untersuchung der seitherigen Genehmigungs- und Vertragswirtschaft. Er erklärte die meisten Bewilligungen für nichtig, die anderen wurden durch besondere Verordnungen geregelt.
Ein Ausschuß wurde mit Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs über Eisenbahnen betraut. Das von ihm unterm 3. Juni 1885 vorgelegte Gesetz bestimmte folgendes:
1. Die Eisenbahnen werden eingeteilt in solche allgemeiner und solche besonderer Bedeutung. Von den ersteren sind die von Madrid ausgehenden Hauptbahnen erster Ordnung und sollen als Bestandteil des Staatseigentums behandelt werden.
2. Die Genehmigung von Linien, die vom Staat oder Privaten gebaut werden, kann nur die Regierung aussprechen mit Bewilligung von Unterstützung oder Zinsengewähr. Genehmigungen sind Gegenstand öffentlichen Zuschlags, ihre Dauer ist bei Hauptbahnen 99 Jahre und ihr hat eine Haftgeldbestellung von 1% des Anschlags vorherzugehen.
3. Die Spurweite der Hauptbahnen beträgt 1·674 m.
4. Die Tarife setzen sich aus Wegegeld und Beförderungsgebühr zusammen.
5. Die Bauausführung hat auf Grundlage der von Staatsbaubeamten oder von Gesellschaften aufgestellten Pläne zu erfolgen.
Dieses Gesetz bildet die Grundlage für spätere Eisenbahngesetze ebenso wie eine am 14. November 1855 erlassene Polizeiverordnung für ähnliche Verordnungen.
Die Revolution von 1868 änderte vorübergehend wieder alles, dem Eisenbahnbau wurden die vollsten Freiheiten gewährt, dagegen die den Gesellschaften bewilligten Unterstützungen aufgehoben. Doch schon ein Gesetz von 1870 billigte wieder kilometrische Beihilfen bis zu 60.000 Franken zu.
Anfangs war es englisches Geld, später auch französisches, das unter anscheinend günstigen Bedingungen zum Eisenbahnbau herangezogen wurde. Die Regierung entschloß sich auch noch zur Gewährung weitgehender Steuer- und Zollbefreiungen. Letzteres schien geboten, weil in Spanien weder Eisenbahnbau-, noch rollendes Material erzeugt wurde. Den Genehmigungsanträgen war zu diesem Zweck ein Verzeichnis der einzuführenden Gegenstände, ihr ungefährer Wert, Gewicht, etwaige Höhe des Zolles und Angabe des Einfuhrhafens beizufügen. Die Zollbefreiung für festes und rollendes Material erstreckte sich auf 10 Jahre nach Vollendung des Baues. Die Gesellschaft hinterlegte den Zoll, doch war das Erstattungsverfahren langwierig.
Durch ein Ges. vom 31. Dezember 1891 wurden alle früheren Verordnungen über Zollbegünstigungen aufgehoben und wesentlich abgeänderte Vorschriften über die Verzollung einzuführender Eisenbahnmaterialien erlassen.
Das Genehmigungswesen lag in den ersten Jahrzehnten des spanischen Eisenbahnbaues ziemlich im argen. Viele Genehmigungen wurden planlos nachgesucht und erteilt, oft gar nicht oder nur stückweise, meist zunächst die leichtesten Strecken verwirklicht. Schon in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts hatten der Mangel einer namhaften Industrie und politische Wirren viele Unternehmungen trotz oder vielleicht gerade wegen der verhältnismäßig hohen Genehmigungstarife in eine mißliche Lage gebracht. Um aber einem Bankrott der Eisenbahnen vorzubeugen, verfügte das Cortesgesetz vom 12. November 1869, daß Eisenbahngesellschaften, die Zinsen- und Tilgungsbeträge zu zahlen nicht in der Lage seien, den Gläubigern einen Vergleich (convenio) anbieten können durch Vermittlung des Gerichts, das entsprechende Fristen zur Erklärung der Gläubiger festsetzt. Häufig kam es der hohen Kosten wegen auch zum außergerichtlichen Vergleich. Aber auch wenn die Gesellschaft für bankbrüchig erklärt wird, darf der Betrieb doch keinesfalls unterbrochen werden.
1856 wurde einem Pariser Finanzmann die Genehmigung für den Bau der nordspanischen Eisenbahn erteilt, d.h. für die Hauptlinie Madrid-Irun nebst Zweigbahn Venta de Bagnos-Alar del Rey. Diese erste Bahn nach Frankreich wurde am 15. August 1864 bis Irun eröffnet. Die nordspanische Eisenbahn dehnte ihr Netz aus, geriet aber in Geldschwierigkeiten. Es gelang ihr jedoch, sich emporzuarbeiten, so daß sie 1885 das ganze Netz der asturischen, galicischen und der Eisenbahnen bei Leon an sich bringen, bald nachher auch die französische und katalonische Inhabergruppe von Aktien mit sich vereinigen konnte. Die spanische Nordbahn (s.d.) hatte als Hauptwettbewerberin zunächst die Tarragona-Barcelona Francia- und die Almansa-Valencia-Tarragona-, sodann die Madrid-Saragossa-Alicante-Eisenbahn, es kam aber im Lauf der Jahre zu Verständigungen, besonders als eine Gesellschaft der großen spanischen Zentralbahn auftrat. Die erstgenannten Bahnen wurden von der spanischen Nordbahn erworben. Die Grundlage der großen spanischen Zentralbahn aber bildeten die Madrid-Caceres-Portugal-Eisenbahn und die spanische Westbahn. Bei beiden war die königlich portugiesische Eisenbahngesellschaft beteiligt (s. Portugiesische Eisenbahnen).
Um das Jahr 1895 hatten sich die spanischen Eisenbahnverhältnisse einigermaßen gefestigt und es hatten sich die 4 großen spanischen Eisenbahnnetze gebildet, deren Gesellschaften noch heute die Hauptverkehrsbeziehungen Spaniens regeln.
b) Die neuere Zeit.
In den Jahren 1876 und 1877 wurden die Grundlagen für den Begriff der öffentlichen Arbeiten und was damit zusammenhängt in Spanien gesetzlich festgelegt. Darnach sind öffentliche Arbeiten entweder allgemeine, oder provinziale, oder Gemeindearbeiten. Zu den allgemeinen öffentlichen Arbeiten gehören die Eisenbahnen von nationaler Bedeutung und die übrigen Eisenbahnen von allgemeiner Bedeutung hinsichtlich der Bewilligung überhaupt, der Prüfung und Genehmigung der Entwürfe, der Aufsicht und Sicherheit. Die öffentlichen Arbeiten können ausgeführt und ausgebeutet werden entweder durch die Verwaltung, d.h. durch den Staat, die Provinz, die Gemeinde, oder durch Vertrag, d.h. durch Übertragung der Arbeiten an einen Dritten. Die öffentlichen Arbeiten unterstehen einer Generaldirektion, die dem Ministerio di fomento, d.h. dem Ministerium für Volkswohl angehört.
Die Eisenbahnen werden in der Regel durch Privatunternehmungen gebaut, aber unter Mitwirkung des Staates. Letztere kann bestehen 1. in einem Zuschuß zum Bau, 2. in der Einreihung der Eisenbahnen in das öffentliche Eigentum und der Erklärung des öffentlichen Nutzens für die Enteignung, 3. in der Verleihung der Baubewilligung, 4. in der Regelung des Betriebs, der Polizei u.s.w.
Die Bestimmungen über Bahnbau, Betrieb und Polizei finden sich in dem noch gültigen Eisenbahngesetz vom 23. November 1877 und in dem Polizeigesetz vom gleichen Tage sowie in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen vom 24. Mai und 8. September 1878. Nach dem Gesetze werden die Eisenbahnen eingeteilt in Linien für den allgemeinen Dienst und für besondere Zwecke. Die ersteren sind für die Beförderung von Personen und Gütern, die letzteren ausschließlich für private Zwecke bestimmt. Dem Bau hat ein Genehmigungsgesetz vorherzugehen.
Voraussetzung für jede Bewerbung um eine Eisenbahnlinie ist, daß sie in den von der Regierung aufgestellten Generalplan aufgenommen ist oder durch besonderes Gesetz aufgenommen wird. Dieser gesetzlich festgelegte und nur gesetzlich abänderbare Generalplan ist eine Besonderheit der spanischen Eisenbahnen. Ursprünglich wohl aufgestellt, um die Baulust anzuregen und den einzelnen Landesteilen die Fürsorge der Regierung vor Augen zu führen, hat er sich in seiner gesetzlichen Starrheit dem Eisenbahnbau eher hinderlich als förderlich erwiesen.
Will ein Unternehmer eine Bahnlinie bauen, so hat er sich mit seinen Vorschlägen unter Aufbringung einer dem Voranschlag entsprechenden Hinterlegungssumme von 1, 3, 5% an die Regierung zu wenden. Diese trifft mit dem Unternehmer ein vorläufiges Übereinkommen und sucht bei den Cortes um die zuständige Ermächtigung nach. Diese Ermächtigung ist indes noch keine endgültige, weil der Zuschlag von Eisenbahnen wie der aller öffentlichen Bauten an den Meistbietenden bzw. Wenigstfordernden zu geschehen hat. Die Unternehmer können aus öffentlichen Mitteln Unterstützung erhalten, indem sie entweder mit solchen bestimmte Bauten ausführen, oder in bestimmten Fristen einen Teil des aufgewendeten Kapitals als Zuschuß, oder die Benutzung bereits bestehender Bauten zu Eisenbahnzwecken eingeräumt erhalten, oder endlich durch Bewilligung von Steuerbegünstigung. Als Grundlage für die Ausbietung und den Zuschlag dient die vom Gesetz bestimmte Beisteuer, auf deren Unterbietung sich die Steigerer einzurichten haben. Die Genehmigung wird höchstens auf 99 Jahre erteilt, nach deren Ablauf die Bahnen an den Staat heimfallen sollen.
Wird eine Gesellschaft aus irgend einem Grund aufgelöst, sei es freiwillig oder unfreiwillig, so ergreift der Verkehrsminister von der Eisenbahn mit allem Zubehör Besitz und übernimmt den Betrieb durch einen Verwaltungsrat, in dem die Aktionäre, Hypothekeninhaber und die Gläubiger der Unternehmer Vertretung finden. Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Eigentum der Eisenbahnen ist verboten.
Auch die Befugnis, eine Eisenbahn zu betreiben, ist Gegenstand öffentlicher Ausbietung, doch betreiben eine Eisenbahn im allgemeinen diejenigen, die die Baugenehmigung erhalten haben.
Diese auf dem Gesetz von 1877 beruhenden Bestimmungen haben in den Jahren 1881 und 1883 einige wesentliche Abänderungen erfahren, die wohl auf den Einfluß der bestehenden großen Privateisenbahngesellschaften zurückzuführen sind. Nach Art. 2 der königlichen Verordnung vom 10. Juni 1881 wurde die Bestimmung, daß die für eine Bahnlinie beantragte Staatsunterstützung für eine Bahn des allgemeinen Dienstes nur auf Grund öffentlicher Ausschreibung genehmigt wird, dahin abgeändert und eingeschränkt, daß diese Ausschreibung nicht von Amts wegen zu veranlassen ist, sondern nur erfolgen darf, wenn sie von privater Seite beantragt wird unter gleichzeitiger Hinterlegung der gesetzlichen Sicherheit von 1% des Kostenanschlags. Ein Ges. vom 16. August 1883 hob die Bestimmung der Ausführungsverordnung vom 24. Mai 1878 auf, wonach dem Urheber des ausgebotenen Entwurfs unter bestimmten Voraussetzungen gestattet war, in das Bestgebot einzutreten. Es liegt auf der Hand, daß namentlich die letztgenannte Einschränkung wenig geeignet war, zur Anregung von Eisenbahnbauten zu ermutigen. Diesem Umstand wird es mit zuzuschreiben sein, daß manche vom Verkehrsbedürfnis geforderte, wichtige Eisenbahnlinien noch heute der Ausführung harren, zum Vorteil der bestehenden Bahnen, denen dadurch ein lästiger Wettbewerb erspart wurde. Den hierdurch erwachsenen offenbaren Übelständen abzuhelfen, entschloß sich die Regierung durch ein Ges. vom 25. Dezember 1912. Darnach soll neben dem bestehenden Generalplan ein »Sonderplan zur Ergänzung des Hauptbahnnetzes« angelegt werden. In diesen werden die Hauptbahnlinien aufgenommen, die von besonderer Verkehrsbedeutung sind, zur Abkürzung der im Betrieb befindlichen Linien dienen, aus Rücksichten der Landesverteidigung gefordert werden müssen, oder die geeignet sind, wichtige Hafenorte untereinander oder mit dem Landesinnern zu verbinden. Dieser Ergänzungsplan wird ebenso wie der Hauptgeneralplan in Gruppen eingeteilt. Bestimmend für die Zusammenfassung der einzelnen Gruppen ist aber im Gegensatz zum Generalplan nicht nur die geographische Lage der einzelnen Linien zur Hauptstadt Madrid, als vielmehr ihr Verkehrswert. Als erste Gruppe des Ergänzungsplans sind folgende Linien vorgesehen:
1. Von Zamora nach Orente am Minho, wodurch Madrid eine erheblich verkürzte Verbindung nach der Küste des Atlantischen Ozeans, besonders dem Handelshafen Vigo erhält.
2. Von Segovia nach Burgos über Aranda am Duero, wodurch der Weg nach Bilbao, San Sebastian und Südfrankreich wesentlich abgekürzt wird und der spanischen Nordbahn ein starker Wettbewerb droht, wenn sie nicht selbst den Bau der Linie zugeschlagen erhält.
3. Von dem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt Medina del Campo nach Benevente, wodurch ebenfalls die Verbindung nach dem Atlantischen Ozean verbessert wird.
4. Von Cuenca, dem Endpunkt der von Madrid über Aranjuez kommenden Stichbahn, nach Utiel zum Anschluß an die Bahn nach Valencia. Der Weg von Madrid nach Valencia wird hierdurch so bedeutend abgekürzt, daß die sehr erheblichen Baukosten durch die zu erwartenden Verkehrseinnahmen voraussichtlich reichlich werden aufgewogen werden. Es ist sogar zur Erwägung gestellt, direkt von Madrid nach Utiel eine neue Linie zu bauen, was den Weg nach Valencia noch weiter kürzen würde.
5. Von Soria nach Castejon, einer Teilstrecke der bereits durch Ges. vom 25. Juni 1911 genehmigten, aber nicht zur Ausführung gekommenen Bahn von Soria nach Sanguesa am Südfuß der Pyrenäen.
6. Von Lerida nach St. Girons, Station der französischen Südbahn, soweit die Linie auf spanischem Gebiet liegt. Der Pyrenäentunnel soll den Paß von Salau unterfahren.
Die Frage eines Pyrenäendurchstichs spielt schon viele Jahre. 1864 wurden spanische Ingenieure nach Frankreich gesandt, um die Sache zu studieren. Ein königliches Dekret vom 14. Oktober 1881 genehmigte den Bau einer Bahn von Huesca nach der französischen Grenze durch den Col de Somport bei Confranc. Die Bahn wurde 1893 bis Jaca eröffnet. Zum Pyrenäendurchstich kam es damals nicht, da der Plan auf Widerspruch stieß bei den Verfechtern der Bahn durch das Val Noguera Pallaresa mit Tunnel bei Salau. Spanien stimmte 1889 auch diesem Plan zu. 1907 kam es zum Staatsvertrag darüber zwischen Spanien und Frankreich, der im Gesetz vom 25. Dezember 1912 niedergelegt ist. Näheres bei Decomble (s. Literatur). Hiermit in Verbindung stehen noch verschiedene weitere wichtige Baupläne. Als der Präsident Poincaré am 10. Oktober 1913 seinen amtlichen Besuch in Cartagena abstattete, wurde vereinbart, daß die Confrancbahn normalspurig und daß eine neue Bahn Saragossa-Caminreal gebaut werden sollte zur Herstellung einer direkten Verbindung französische Grenze-Valencia, auf die Frankreich wegen des Weges nach Algier hohen Wert legte. Infolge der politischen Wirren wurde die Ausführung aufgehalten. Da erschien plötzlich im spanischen Staatsblatt vom 27. Januar 1914 die Nachricht, daß eine Abteilung des Ausschusses für transpyrenäische Eisenbahnen beauftragt sei, schleunigst einen Vorentwurf für eine normalspurige, zweigleisige, elektrisch zu betreibende Bahn Madrid-französische Grenze auszuarbeiten, um eine allerschnellste und unmittelbare Verbindung mit Frankreich zu schaffen. Sie soll vom Staat gebaut und betrieben werden, als Schule für Eisenbahnpersonal und für Kriegszwecke dienen, also Truppentransporte ohne Umladung ermöglichen. Anschluß an die im Umbau für elektrischen Betrieb befindliche französische Südbahn soll größtmögliche Zugfolge sichern. Die Linie Saragossa-Caminreal ist inzwischen genehmigt und gebaut und da die in letzter Zeit im Bau geförderte Verbindung Jaca-Confranc durch den Tunnel von Somport im Jahre 1915 fertiggestellt sein sollte – ob es geschehen, war wegen des Krieges nicht festzustellen – so würde dadurch eine direkte Verbindung Paris-Valencia geschaffen sein, die etwa 100 km kürzer ist wie die bisherige über Miranda. Es ist anzunehmen, daß die meisten dieser neuen Linien, soweit sie den Anschluß nach Frankreich haben, normalspurig gebaut werden sollen. Die Beseitigung der überlebten und für den Durchgangsverkehr immer lästiger werdenden spanischen Breitspur und ihre Ersetzung durch Normalspur ist in den letzten Jahren zwar in Anregung, aber über die Erörterung des Kostenbedarfs kaum hinausgekommen. Nur bei einigen, die Fortsetzung der aus Frankreich kommenden direkten Linien bildenden Bahnen nimmt man an, daß sie umgebaut oder bei Neubauten gleich normalspurig angelegt werden, so die Verbindung Madrid-Valencia, namentlich eine etwaige direkte Bahn Madrid-Utiel und die nach Algeciras führende Linie der andalusischen Bahnen, ein Glied der großen Linie Paris-Algeciras-Fez. Übrigens hat ein Abgeordneter die Regierung ersucht, die Frage einer allgemeinen Einführung der Normalspur zu prüfen, und die Regierung hat schleunige Prüfung zugesagt.
Von Gesetzen, die die Verwaltung der Eisenbahnen betreffen, ist hier hervorzuheben ein Gesetzentwurf vom Jahre 1912 über die Beziehungen der Eisenbahngesellschaften zu ihrem Personal. Er enthält Vorschriften über Schiedsgerichte, bedroht den Streik mit Verlust aller persönlichen und vermögensrechtlichen Ansprüche des Personals, soweit nicht höhere Strafen verwirkt sind, und macht die Wiederannahme vom Urteil des Arbeiterausschusses abhängig. Hierbei sind aber diejenigen ausgeschlossen, die ihre Streitfragen nicht zunächst vor den Ausschuß gebracht haben. Der Entwurf enthält außerdem Strafbestimmungen gegen den Betrieb hindernde Sachbeschädigung (Sabotage). Wird dabei ein Mensch verletzt, so tritt Gefängnisstrafe (bagno) ein; die Höchststrafen werden gegen solche Personen angedroht, die nicht Eisenbahner sind, was vom Gesichtspunkt der Disziplin aus zu beanstanden ist.
Gegen diesen Gesetzentwurf, der in erster Linie Ausständen vorbeugen sollte, erhob sich lebhafter Einspruch. Die Konservativen verwarfen ihn, weil sie den Eisenbahnerstreik als Kraftprobe herbeiwünschten, die Gesellschaften, weil sie eine übermäßige Belastung befürchteten und die Verhältnisse ihres Personals selbst regeln wollten, wohl mit dem Hintergedanken, durch Zugeständnisse an dieses eine Verlängerung ihrer Genehmigung zu erzielen. Die Republikaner bekämpften verzweifelt das Streikverbot, da ihnen der Eisenbahnerverband als Kampfmittel dienen sollte. Wie die Entscheidung gefallen ist, ist nicht bekannt geworden.
c) Der gegenwärtige Zustand.
Die Mißstände im Eisenbahnwesen scheinen in den letzten Jahren erfolgreich bekämpft worden zu sein und scheinen eine günstigere Entwicklung der S. bewirkt zuhaben. Ende 1914 waren in Spanien im ganzen 15.205 km Eisenbahnen im Betrieb, darunter etwa 1/3 Nebenbahnen. Die Herstellungskosten betrugen f.d. km im Durchschnitt:
km Pesetas Spanische Nordbahn 3692 312.964 Madrid-Saragossa- Alicante-Eisenbahn 3683 270.893 Andalusische Eisenbahnen 1083 248.747 Madrid-Caceres-Portugal-Ges. 429 222.677 Plasencia-Astorga-Ges. 348 290.828 Spanische Südbahn 332 341.193
Abgesehen von den Gesellschaften unter 1–3 waren die Eisenbahnen in Spanien bis in die neuere Zeit nichts weniger als ertragsreich. Außer den genannten Bahnen gibt es in Spanien noch eine große Anzahl kleinerer und kleinster Bahnen, nach französischen Quellen 81–208 Eisenbahngesellschaften, doch sind in letzterer Zahl die Klein- und Trambahnen zweifellos mitenthalten. Die Madrid-Saragossa-Alicante-Bahn zahlt seit 1902, die Nordbahn seit 1908 Gewinnanteile. Abgesehen von der Armut des Landes lag die Ursache der geringen Ertragsfähigkeit einmal in der Höhe der ersten Anlagekosten bei meist großen Geländeschwierigkeiten und dann sehr wesentlich darin, daß die Gesellschaften alle Abgaben an den Staat in Gold leisten müssen, während sie ihre Einnahmen in entwerteten Peseten bezogen. Hierzu kommt, daß die großen Linien der zubringenden Nebenbahnen und Landstraßen entbehrten. Hierin ist nun in den letzten Jahren eine wesentliche Besserung eingetreten. Das Nebenbahnenwesen beginnt sich zu heben, wie am Schluß dieses Artikels gezeigt werden wird. Einige Jahre vor Ausbruch des Weltkriegs waren die Einnahmen der Hauptlinien sehr wesentlich in die Höhe gegangen. Die Nordbahn hatte 1912 und 1913 24% Dividende verteilt, die Madrid-Saragossa-Bahn 1913 desgleichen. Von 1909–1913 stiegen die Eisenbahneinnahmen in Spanien durchschnittlich jährlich um 13 Mill. Pesetas. Der Krieg brachte vorübergehend einen Rückschlag, einzelne kleinere Bahnen mußten den Betrieb sogar einstellen, die Nordbahn und die Madrid-Saragossa-Bahn konnten 1914 noch 15% Gewinnanteil zahlen, für 1915 sind für die Aktie 18% verteilt worden. Der Grund der Steigerung lag fast ausschließlich in der Hebung des Güterverkehrs und dem Darniederliegen der Küstenschiffahrt infolge des Krieges. Letzterer beeinflußte auch die Ausgaben durch Steigerung der Kohlen- und Materialienpreise, doch halten sich die Ausgaben infolge niedriger Löhne und bedürfnisloser Einrichtungen im allgemeinen so niedrig, daß die Betriebszahl 50 kaum überschritten wurde.
2. Bau.
Die vorwiegend gebirgige Beschaffenheit des Landes brachte es mit sich, daß viele kostspielige Kunstbauten erforderlich wurden. Bis auf die neuere Zeit hat man wenig darauf gesehen, den Mittelpunkt des Landes mit den äußeren Grenzbezirken, besonders mit den Häfen zu verbinden, obwohl sich dort die Hauptgewerbebetriebe befinden und das gewerbliche Leben Spaniens abspielt. Auch der beliebte Weg, den Bau durch kilometrische staatliche Unterstützungen zu fördern, hat schädlich gewirkt, indem man die Längenentwicklung der Bahnen über Bedarf ausdehnte, um die größere Unterstützung einzustecken. So z. B, beträgt bei der Strecke Madrid – Coruna die Eisenbahnlinie 831 km, die Kartenlinie 630 km, bei Madrid-Sevilla 500 bzw. 320 km, Madrid-Irun 633 bzw. 450 km u.s.w., wobei die vielfach vorhandenen Geländeschwierigkeiten die künstliche Längenentwicklung doch nicht rechtfertigen. Andererseits harren noch weite Gebiete des Eisenbahnaufschlusses. Die Küstenorte untereinander sind nur in wenigen Fällen durch Eisenbahnen verbunden. An Kunstbauten seien unter den vielen Tunneln der 3074 m lange Tunnel bei Perruca, Linie Leon-Gijon, und der 2954 m lange Tunnel bei Oazazin an der Bahnstrecke Madrid-Irun erwähnt. Unter den Viadukten verdienen der bei La Chanca mit 283 m Länge, an der Bahn Palencia-La Carogna und der bei Ormairtegui an der Linie Madrid-Irun mit 284·4 m Länge genannt zu werden, unter den Brücken die beiden Brücken über den Guadiana von 564 m und 605 m, erstere auf der Linie Ciudad-Real-Badajoz, letztere auf der Linie Merida-Sevilla, beide mit je 11 Öffnungen. Die große Zahl tief eingeschnittener Flußtäler machte eine große Zahl von Brücken und anderen Kunstbauten erforderlich. Zu erwähnen ist die 172 km lange Bahnstrecke Leon-Gijon, auf der 58 Tunnel zu durchfahren sind. Dabei beträgt zwischen den Stationen Busdongo und Puente de los Fierros die geradlinige Entfernung 11 km, der Höhenunterschied 767 m, was eine Längenentwicklung der Bahnlinie von 42 km bedingt. Für die Bewältigung der ganzen 172 km langen Strecke braucht der Schnellzug 61/2 Stunden. 1884 überschritten 5 Eisenbahnen den asturischen Gebirgszug: von Alsasua über den 658 m hohen Gebirgszug des Puerto de Idiogabal nach Guipuzcoa und Irun, von Miranda nach Bilbao, von Palencia durch das tiefe Tal des Besaya nach Santander, von Leon durch den Pajares nach Oviedo und über Montannas de Leon nach Corunna.
Die Steigungen bewegen sich zwischen 30‰ und 15‰, letztere bildet im allgemeinen die Regel.
Das Signalwesen ist wegen der verhältnismäßig geringen Zugfolge auf den S. weniger ausgebildet, früher gab es meist nur Einfahrtsignale; Morse- und mehr noch Zeigertelegraphen.
Der Oberbau besteht vorwiegend aus Vignolestahlschienen im Gewicht von 30 kg/m, die auf 2·8 m langen Schwellen aus Eichen- oder Fichtenholz ruhen. Die Anzahl der Querschwellen beträgt 7 auf eine Schienenlänge von 6 m, erhöht sich in den Krümmungen unter 400 m. Letztere gehen in der Regel nicht unter 300 m, ausnahmsweise bis auf 250 m Halbmesser herab.
In neuerer Zeit ist, besonders auf denjenigen Strecken, auf denen schnell fahrende Züge verkehren, ein schwererer Stahlschienenoberbau eingeführt worden (42 kg, seltener 35 kg Gewicht f.d. laufenden Meter).
Die meisten spanischen Bahnlinien sind von französischen Baumeistern ausgeführt und ähneln infolgedessen den französischen Bahnen.
3. Betriebsmittel.
Auch die Betriebsmittel der S. haben ihr Vorbild in Frankreich. Die Personenwagen sind des heißen Sommerklimas wegen meist doppelwandig. Auf größeren Durchgangslinien stehen die Personenwagen den besten Europas gleich.
Die Lokomotiven sind der Steigungsverhältnisse halber im allgemeinen von schwerer Bauart. Sie stammen gleich den Wagen meist aus Frankreich, z. T, sind auch englische, belgische und deutsche Lokomotivfabriken beteiligt.
Aus einem der letzterschienenen Annuario de Ferrocarriles stammen die nachstehenden relativen Ziffern über das rollende Material der S.:
392 Lokomotiven für Personenzüge 1060 Lokomotiven für gemischte Züge 1141 Lokomotiven für Güterzüge
zusammen 2593 Lokomotiven mit nahezu 1,560.380 Pferdekräften. Hiervon sind 2198 Lokomotiven für spanische Normalspur und 395 für Schmalspur. Der Bau von Bahnen mit eigentlicher Normalspur (1·435 m) wird selbstverständlich auch den Lokomotiv- und Wagenbau beeinflussen.
Der Gesamtfuhrpark an Personenwagen betrug insgesamt 6334 Wagen mit 270.032 Plätzen.
An normalspurigen Güter- und Viehwagen waren vorhanden: 1943 Packwagen für Gepäck, 22.749 bedeckte Güter- und Viehwagen, 30.375 offene Güter- und Plattformwagen.
Die Schmalspurbahnen besaß: 305 Packwagen, 1316 bedeckte Güterwagen, 5669 offene Wagen.
Der Bestand an Spezialwagen beträgt 699, der gesamte Fuhrpark der S. besteht aus 61.351 Einheiten.
4. Betrieb.
Im allgemeinen weicht der Betrieb der S. insofern von dem anderer Länder ab, als der bauliche Zustand die Anwendung größerer Geschwindigkeiten vielfach verbietet. Auch ist die Zahl der Züge auf den einzelnen Linien häufig eine geringe. Nur auf den großen, nach Frankreich und Portugal führenden Linien verkehren gute Schnellzüge, die den französischen nicht nachstehen. Diese führen z.T. nur I. und II. Klasse, die Luxuszüge nur I. Klasse; in den Expreß- und Luxuszügen gibt es Speise- und Schlafwagen. Daneben gibt es Omnibuszüge I.-III. Klasse, die im wesentlichen den deutschen Personenzügen entsprechen, gemischte Züge mit II. und III. Klasse und Arbeiterzüge mit III. Klasse. Die Einrichtungen für den Personenverkehr auf den Bahnhöfen sind meist sehr einfacher Art. In neuerer Zeit ist man daran, Abhilfe zu schaffen, wohl auf Grund der königlichen Verordnung vom 6. Oktober 1905, die bestimmt ist, den Fremdenverkehr nach Spanien zu heben. Sie setzte einen besonderen Ausschuß ein, der unter dem Vorsitz des Ministers für Landwirtschaft, Handel, Industrie und öffentliche Arbeiten seine Tätigkeit auf folgende Punkte richten sollte: 1. Bekanntgabe im Ausland der besten Reisewege nach Spanien und der zweckmäßigsten Reiseeinteilung, 2. Schaffung besserer Eisenbahntarife und bequemerer Züge, 3. Verbesserung der spanischen Gasthofsverhältnisse und 4. Verbreitung im Ausland von Veröffentlichungen über die Sehenswürdigkeiten Spaniens. Zur Deckung der dem Ausschuß erwachsenden Kosten sollte ein Betrag im Staatshaushalt ausgeworfen werden.
5. Verkehr und Tarifwesen.
Die Personentarifsätze sind im allgemeinen auf den S. einheitlich. Die Einheitssätze sind 12 Ct. für die I. Kl., 9 Ct. für die II. Kl., 5·4 Ct. für die III. Kl. Rückfahrkarten bestehen nicht, wohl aber Vergünstigungen durch Kilometer- und Rundreisehefte, die z.T. auf die Hälfte des einfachen Preises herabgehen. Es kosten:
Einfache Fahrt Kilometerhefte Rundreisehefte km I. Kl. II. Kl. I. Kl. II. Kl. I. Kl. II. Kl. 1500 187·50 146·25 – – 129·90 97·70 2000 250 195 173·60 127·80 162·10 126·25 2600 325 253·50 225·35 165·55 189·70 148·30 3200 400 312 277·10 203·50 216·15 170·15 3800 475 370·15 328·35 241·45 246·05 192 4400 550 429 365·45 274·35 267·90 211·55 5000 625 487·50 403·60 305·85 288·60 227·65 6000 750 585 470·30 350·90 311·60 247·20
Zu erwähnen ist noch, daß die meisten größeren Bahnen Stadtgeschäftsstellen haben, die die Abfertigung, auch des Gepäcks, wesentlich erleichtern, und daß zur Sicherheit der Reisenden, namentlich in den weniger bevölkerten Gegenden, die Züge durch Gendarmerie begleitet werden, die den anerkennenden Spitznamen la benemerita führt.
Bezüglich der Gütertarife besteht bei den S. keine Einheitlichkeit. Sie werden bei jeder Baugenehmigung von der Regierung in den Höchstsätzen nach den fallweisen Verhältnissen festgesetzt, so daß auf den verschiedenen Strecken derselben Gesellschaft abweichende Frachtsätze gelten können. Im übrigen haben die Gesellschaften freie Hand, gesetzlich sind sie berechtigt, Wege- (Bahn-) Geld und den eigentlichen Beförderungspreis zu erheben. Dem Mangel an Einheit im Tarifwesen wollte das königliche Dekret vom 26. Juni 1882 abhelfen. Es berief einen Ausschuß, dem Senatoren, Cortesmitglieder, Vertreter der Eisenbahngesellschaften und Staatsbeamte angehörten. Sein Bericht vom Sommer 1884 schlägt Erhöhung des Einflusses der Regierung auf die Gesellschaften und Verstärkung des Aufsichtspersonals vor. Es wird Prüfung des Anlagekapitals der Eisenbahnen gefordert, um darnach die Angemessenheit der Tarifsätze beurteilen und diese möglichst einheitlich gestalten zu können. Auch die Einführung einer einheitlichen Güterklasseneinteilung wird empfohlen. Ermäßigungen der Höchstsätze sind der Regierung anzuzeigen.
Spezialtarife zwischen 2 Stationen sollen auf die zwischenliegenden Stationen derart einwirken, daß nie der Satz für eine kürzere Strecke höher ist als der für eine längere, ausgenommen bei der Schiffahrt und bei den ausländischen Verbandverkehren. Bei letzteren sollen die Tarife von der Regierung bezüglich ihres Einflusses auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Inlands nachgeprüft werden, wobei Änderungen verfügt werden können. Zulässig sollen Verträge sein über Beförderung bestimmter Gütermengen zu verabredeten Preisen. Solche Zugeständnisse sollen aber auch anderen zu gute kommen, die sich den betreffenden Vertragsbedingungen unterwerfen. Der Ausschuß befürwortete auch eine genügende Veröffentlichung der Tarife. Inwieweit seine Vorschläge Geltung gewonnen haben, ließ sich nicht feststellen.
6. Nebenbahnen.
Neben den Hauptbahnen werden in Spanien noch Sekundär-, ökonomische und sog. strategische Bahnen unterschieden. Als Sekundärbahnen werden die Zuleitungslinien zu den Hauptlinien, die einem bedeutenden Verkehr dienen sollen, bezeichnet. Sie haben z.T. die spanische Normalspur von 1·674 m, meist aber eine bis unter 1 m herabgehende Spurweite. Für die Bemessung der letzteren sind die Geländeverhältnisse und die Kostenfrage maßgebend. Zu den ökonomischen Eisenbahnen rechnen die Linien, die vorwiegend dem Ortsverkehr zu dienen haben. Ihre Spurweite darf nicht mehr als 1 m betragen und die Anlagekosten sollen möglichst niedrig gehalten werden. Das spanische Neben- und Kleinbahngesetz vom 26. März 1908 hatte diesen Gegenstand geregelt, jedoch ohne den erhofften Erfolg. Zwar konnten von den 10.000 km des zum Gesetz gehörenden Generalplans mehr als die Hälfte zur Ausführung genehmigt werden, auch fehlte es nicht an Gesuchen um Aufnahme neuer Linien in den Generalplan. Allein diese Erfolge waren nur scheinbare, es stand die zu einer Änderung des Gesetzes drängende Tatsache gegenüber, daß von den genehmigten 5254 km nur 88 km in Angriff genommen wurden, die übrigen Genehmigungen aber ihren Erwerbern nur zur Erlangung von Abfindungssummen dienten. Zur Behebung letzteren Übelstandes hatte im Jahre 1911 der Verkehrsminister einen Gesetzentwurf eingebracht, der an die Stelle des im geltenden Gesetz vorgesehenen privaten Ausbietungsverfahrens mit Staatsunterstützung grundsätzlich die Erbauung der Neben-(Klein-) Bahnen durch den Staat vorsah. Dieser Entwurf hat die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften nicht gefunden. Unterm 23. Februar 1912 wurde ein Abänderungsnachtrag zum Gesetz von 1908 eingebracht und angenommen, der bestimmt ist, die hauptsächlichsten Mängel des letzteren zu beseitigen. Grundsätzlich ist auch bei den Nebenbahnen an dem staatlich aufgestellten Generalplan festgehalten, nur den in diesem enthaltenen Linien wird staatliche Zinsbürgschaft zugesichert bis zur Höhe von 5% des Baukapitals. Hierbei muß jedoch der Unternehmer im Fall der Unterwirtschaft den Fehlbetrag zwischen der Roheinnahme und den Betriebskosten ausschließlich selbst tragen. Als Neben- (Klein-) Bahnen im Sinn des Gesetzes sind alle Bahnen anzusehen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, mit Maschinen betrieben werden und im ersten Kapitel des Eisenbahngesetzes vom 23. Februar 1877 nicht erwähnt sind. Hierdurch ist ihr Begriff gesetzlich festgelegt. Bei den strategischen Bahnen überwiegt die militärische Bedeutung die für den öffentlichen Verkehr, anderseits sind auch Nebenbahnen ohne staatliche Zinsbürgschaft zugelassen. Die im Gesetz von 1908 allgemein auf 1 m festgesetzte Spurweite soll nach dem neuen Gesetz von Fall zu Fall bestimmt werden. Auf Antrag der Provinzial- und Kommunalbehörden dürfen unter besonderen Voraussetzungen weitere Linien von örtlicher oder allgemeiner Bedeutung in den Generalplan aufgenommen werden. Der Verkehrsminister kann ebenso wie jeder Privatunternehmer die Ausführung von Vorermittlungen für eine oder mehrere Linien veranlassen, um die Unterlagen für die Bau- und Betriebsbedingungen und einen Kostenanschlag zu erlangen. Auf Grund der Ergebnisse wird ein Wettbewerb unter denjenigen veranstaltet, die Entwürfe für die betreffende Nebenbahn bearbeitet haben. Aus letzteren wählt die Regierung den ihr am bauwürdigsten scheinenden aus und legt ihn der nun vorzunehmenden öffentlichen Ausbietung zu gründe. Dieses an manchen Bedenken leidende Ausbietungsverfahren ist also beibehalten. In demselben wird auf Grund der eingereichten Angebote über die Höhe der Zinsbürgschaft, die Genehmigungsdauer und den Betriebskoeffizienten verhandelt, ein Verfahren, das nicht ein gesundes genannt werden kann. Der Bestbieter, d.h. der den geringsten Prozentsatz für die Staatsbürgschaft, die geringste Genehmigungsdauer verlangt und die für die angenommene Ertragsberechnung günstigste Betriebszahl angibt, erhält den Zuschlag, der Eigentümer des der Ausbietung zu grunde gelegten Entwurfs ist berechtigt, in das Bestgebot einzutreten. Lehnt er dies ab, so hat ihm der Bestbieter die vor Eintritt in das Verfahren festgesetzte Entschädigung für seine Aufwendungen zu zahlen. Auch die beteiligten Gemeinden und Kreise sind berechtigt, in das Bestgebot einzutreten. Nach längstens 99 Betriebsjahren fällt die Bahn an den Staat, der berechtigt ist, die Bahn gegen festzustellende Entschädigung in einer bei der Genehmigung festzusetzenden kürzeren Frist zu erwerben. Das Heimfallrecht wird übrigens nur in wenigen Fällen für den Staat von Vorteil sein, weil die Nebenbahnen nur selten sich genügend verzinsen, geschweige ihr Anlagekapital innerhalb der Heimfallfrist getilgt haben werden.
Von den Bestimmungen, die für alle Neben-(Klein-) Bahnen gelten, sind noch zu nennen: Das Enteignungsrecht, die 10jährige Befreiung von der Transportsteuer, die Benutzung öffentlicher Anlagen und andere Erleichterungen, die gewährt werden können. Bau und Betrieb werden vom Staat überwacht. Das Heimfallrecht umfaßt den kostenlosen Übergang in das Eigentum des Staates.
Schließlich möge erwähnt werden, daß der Stadt Madrid der Bau einer 4 Linien umfassenden Untergrundbahn genehmigt ist.
7. Aufsichts- und Verwaltungsbehörden.
Die Oberaufsicht über die S. liegt in der Hand des Ministerio di fomento. Es ist zuständig für die Genehmigung der Hauptbahnen, soweit sie im Generalplan stehen. Darüber hinaus entscheiden die Ćortes. Neben dem Ministerium stehen dem königlichen Rat bezüglich der Eisenbahnen gewisse Befugnisse zu. Die Baupläne prüft der Minister, die Bauaufsicht erfolgt durch die staatlichen Baubehörden. Nach der Polizeiordnung vom 23. November 1877 werden Verstöße der Genehmigungsträger oder Pächter gegen das Bedingnisheft oder andere Verordnungen mit Geldstrafen von 250–2500 Pesetas geahndet. Sie werden vom Statthalter der beteiligten Provinz verhängt und können nur vom Minister im Einvernehmen mit dem Staatsrat erlassen werden.
Den Betrieb und Verkehr beaufsichtigen nach der Verordnung vom 8. September 1878 technische und Verwaltungsbehörden. Die einzelnen Netze sind ähnlich wie in Frankreich in sog. Divisionen geteilt und unterstehen in technischer Hinsicht der Aufsicht eines Oberingenieurs.
Literatur: Kupka, Arch. f. Ebw. 1896. – Weltverkehr und Weltwirtschaft. 1912–1916; L'information Paris. 1912–1916; – Adolfo Posada, Span. Staatsrecht in »Das öffentl. Recht der Gegenwart« von Huber, Jellinek, Laband und Piloty. Bd. XXIV. – Carl Andrees, Geographie des Welthandels, 1912, Bd. II. – Dr. Manuel Campos, Spanisches Staatsrecht. Freiburg i Br. 1889, Akad. Buchhandl. F.C.B. Mohr. – Berichte über Handel und Industrie, zusammengestellt im Reichsamt des Innern, Bd. XIV, H. 10. – Angel-Marvand, L'Espagne au XXéme Siècle. Paris 1913. – Annuaire des chemins de fer et des tramways (ancien Marchal), 29e année, Paris 1914. – Schrader, Arch. f. Ebw. 1913; Ztschr. f. Kleinb. 1911–1913. – Ztg. d. VDEV. – Clément Decomble, Les chemins de fer transpyrénéens, leur histoire diplomatique, leur avenir économique. Toulouse 1913, A. Nouge (Doktorbewerbungsschrift). – José Torino, Legislacion de Ferrocariles.
Firnhaber.
1 1 Pesetas = 0·80 M. = 0·95 Kr.
http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.