Abfertigungsdienst

Abfertigungsdienst

Abfertigungsdienst (Expeditionsdienst), (expedition service; service des expéditions; servizio di spedizione), die bahnseitige Vorbereitung, der Abschluß und die völlige Abwicklung des Beförderungsvertrages (Personen, Gepäck, Expreßgut), bzw. des Frachtvertrages (Eilgut, Frachtgut) mit Ausnahme der Ausführung der Beförderung selbst, die Sache des Betriebs- (Verkehrs-) Dienstes ist. Die Sorge hierfür von dem Augenblicke an, wo der Reisende, bzw. der Absender des Gutes an die Eisenbahn herantritt, bis zur Erfüllung des Beförderungs-, bzw. Frachtvertrages obliegt den Personen-, Gepäck- und Güterabfertigungsstellen. Der A. ist durch Vorschriften geregelt, die teils das Rechtsverhältnis zwischen den Reisenden, bzw. Verfrachtern und der Eisenbahn regeln (rechtliche Bestimmungen), teils lediglich interne Dienstvorschriften sind (Abfertigungsvorschriften, Instruktionen); diese können daher für den Reisenden oder Verfrachter weder Rechte noch Verpflichtungen begründen.

Rechtliche Bestimmungen enthalten die im Wege eines Gesetzes oder im Wege einer Verordnung der Regierung erlassenen Vorschriften (Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, Handelsgesetz, Eisenbahnbetriebsreglement, Verkehrsordnung) und die in den Tarifen enthaltenen Festsetzungen der Eisenbahnverwaltungen (Ausführungsbestimmungen, Zusatzbestimmungen und sonstige Tarifbestimmungen). Als innere Dienstvorschriften kommen sowohl die von Eisenbahnvereinen und Verbänden vereinbarten gemeinsamen Abfertigungsvorschriften (Gemeinsame Abfertigungsvorschriften des VDEV., Allgemeine Abfertigungsvorschriften des Deutschen Eisenbahnverkehrsverbandes, Gemeinsame Manipulationsinstruktion der österr., ungar. und bosn.-herc. Eisenbahnen), als auch die besonderen Dienstvorschriften der einzelnen Bahnverwaltungen in Betracht.

Der A. wird durch nachstehende Dienststellen besorgt: a) Fahrkartenausgabe (Personenkassen), b) Gepäckabfertigungsstelle (auch für Expreßgut, in Deutschland auch für Leichen auf Beförderungsschein und in einzelnen Stationen auch für lebende Tiere mit Begleitung auf Beförderungsschein), c) Eilgutabfertigungsstelle und d) Frachtgutabfertigungsstelle. Nur in großen Stationen besteht jede dieser Dienststellen für sich; in kleineren Stationen sind in der Regel mehrere dieser Abfertigungsstellen zu einer Dienststelle vereinigt. Den Gegenstand des A. bildet: A. bei der Abfertigung von Personen: die Ausgabe der Fahrkarten (Edmonsonsche [Karton-] Fahrkarten, Buchfahrkarten, zusammenstellbare Fahrscheinhefte, Blankokarten), die Annahme der Bestellung von Wagenabteilen (Coupes) und ganzen Wagen sowie von Sonderzügen (diese erfolgt nicht bei den Fahrkartenschaltern, sondern durch den Stationsvorstand), die Rücknahme und. der Umtausch von Fahrkarten, die Bestätigung der Fahrtunterbrechung (durch den Betriebs- [Verkehrs-] Beamten), das Verfahren bei Betriebsstörungen und Zugsverspätungen, die Prüfung und Abnahme der Fahrkarten. B. bei der Abfertigung von Reisegepäck: die Annahme des Gepäcks, seine Verwägung und Bezettelung, die Ausfertigung des Gepäckscheines und der Begleitpapiere (Packmeisterkarte), die Übergabe in Anschluß- und Grenzstationen, die Auslieferung in der Bestimmungsstation, die Leitung über Hilfsstrecken, die Behandlung von verschlepptem und unanbringlichem Gepäck, die Besorgung des Ermittlungsverfahrens bei beschädigten oder mit Gewichtsverminderung vorgefundenen sowie fehlenden und überzähligen Gepäckstücken. C. bei der Abfertigung von Eil- und Frachtgütern: die Annahme der Güter, die Prüfung der Tauglichkeit der Verpackung, die Ermittlung des Gewichtes, die Bezettelung der Frachtstücke, die Vornahme der bahnseitigen Eintragungen in den Frachtbrief, die Berechnung der Fracht, die Erteilung der Aufnahmsbescheinigung (Frachtbriefduplikat etc.), die Ausfertigung der bahnseitigen Begleitpapiere (Frachtkarten) oder die Verbuchung der Sendung im Absendbuch der Versandstation, die Verladung der Güter, die Ausfertigung des die Wagen begleitenden Verladescheines (Verzeichnis der in einem Wagen verladenen Güter), soweit ein solcher ausgestellt wird, die Plombierung und Bezettelung der Wagen, das Verfahren bei Verschleppungen und Betriebsstörungen, die Ausführung nachträglicher Verfügungen des Absenders, die Übergabe und Übernahme der Güter in Grenz- und Anschlußstationen, die Erfüllung der zollamtlichen Vorschriften unterwegs, die Vornahme der nötigen Umladungen unterwegs, die Ausladung und Einlagerung der Güter in der Bestimmungsstation (soweit sie bahnseits zu besorgen ist), die Nachprüfung der Gebühren in der Bestimmungsstation, die Benachrichtigung der Empfänger über die Ankunft der Güter oder die Veranlassung der Zuführung durch den bahnseits bestellten Rollfuhrunternehmer, das Verfahren bei Ablieferungshindernissen und die Besorgung des Ermittlungsverfahrens bei beschädigten oder mit Gewichtsverminderung vorgefundenen sowie bei fehlenden und überzähligen Gütern.

v. Rinaldini.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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